Montag, der 30. November 1970

03-0855

Die interministerielle Sitzung über die EG-Verhandlungen kam zu
keinem bedeutenden Ergebnis. Der Bericht wurde zur Kenntnis genommen.
Reiterer meinte als Vorsitzender des Vorbereitungskomitees würde er
erst in diesem seine Vorschläge betreffend die neuen Arbeitskreise
erstatten. Ich verlangte von ihm, dass er bei dieser interministeriel-
len Sitzung bereits mitteilte, wie wir uns eine weitere Arbeit
für das Globalabkommen vorstellen. Pfusterschmid entwickelte eine,
wie ich glaube, vollkommen richtige Taktik, nämlich jetzt bereits
der EG unsere Vorschläge konkret in Plänen und Papieren 2 – 3 Stück
vorzulegen. Die EG selbst wird ja kaum irgendwelche Vorschläge er-
statten, sondern höchstens immer wieder erklären, was sie an unseren
Vorschläge für nicht gangbar hält. Dadurch kommen wir nicht in die
Situation, dass wir eventuelle Vorschläge der EG als für uns unakzep-
tabel zurückweisen müssen. Dann wären wir erst in der Defensive.

Mit Min.Rat Kinscher hatte ich die erste Besprechung wegen der Be-
rufung von Senatsrat Jagoda zur Sektionsleitung. Kinscher teilte mir
mit, dass er sich persönlich gar nicht an irgendjemanden gewendet
hatte, sondern dass er von zwei Stellen, nämlich dem Präsidium und
der Personalvertretung eben für diesen Posten vorgeschlagen wurde. Ich
erklärte ihm, dass er auch in der Arbeiterkammer einen sehr guten
Ruf hat und Kammeramtsdirektor Dr. Scheer ihn bestens empfohlen hat.
Ich teilte ihm mit, dass mir Böhm gesagt hatte, dass er für die Leitung
der Abteilung der Frau Min.Rat Mache nach deren Pensionierung, d.h.
auch die Zusammenlegung der Abteilungen 11 und 11 a, vorgesehen sei.
Diesen Plan begrüsste ich und fragte ihn, wie weit er überhaupt Inter-
esse daran hätte, wenn Frau Min.Rat Carmine in Pension geht, er ge-
gebenenfalls diese Agenden mit übernimmt. Ein diesbezüglicher Vorschlag
so erzählte ich ihm, war mir von Böhm gemacht worden und er sollte
sich mit Min.Rat Böhm, dem Leiter der Personalabteilung, ins Einver-
nehmen setzen. Der Hinweis, dass ich nicht zuletzt, um im Hause eine
entsprechende Ruhe zu haben, einen Mann von ausser Haus zur Sektions-
leitung berief, beantwortete er, dass er diese Entscheidung selbstver-
ständlich zur Kenntnis nehmen müsse.



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Das Büro hat mir wieder einmal einen falschen Termin angegeben,
die 10-Jahresfeier der amerikanischen Handelskammer mit Anwesen-
heit und Ansprache des US-Finanzminis-ters Kennedy fand nicht
statt und ich war glaube ich der einzige Gast, der im Hotel Inter-
continental diese Veranstaltung suchte. Das Positive daran war, dass
ich an Stelle des mir wirklich zuwideren internationalen SCHLICK
die gute Arbeiterkammer-Werksküche geniessen konnte.

Der Nationalrat setzte die unterbrochene Tagesordnung fort und da ich
bei zwei Punkten direkt mich angesprochen fühlte oder sogar angesprochen
wurde, musste ich zur Klarstellung als Minister das Wort ergreifen.
In dem einen Fall behauptete Zigmeier, dass wir die Margarine-Steuer-
Absenkung von 5,5 auf 1,7 nur aus politischen Gründen machten und Mussil
wies in seinem Diskussionsbeitrag sogar darauf hin,,dass wir die Roh-
stofflieferanten für Margarine und Öle aus den ehemaligen Kolonial-
gebieten besser behandeln als die Erdäpfelbauern im Waldviertel.
Ich stellte fest, dass die derzeitige österreichische Regierung nur
wieder gut macht, was die vorhergehende den Konsumenten angetan hat
und dadurch eine Preiserhöhung für Margarine nicht wie Zigmeier um
20 Groschen sondern um 30 Groschen das Viertel verhindert werden konnte
Der zweite Angriff war eine Behauptung von Abg. Scherer, dass eine
Vereinbarung zwischen Finanzminister und Handelsminister bestand,
durch das Budgetüberschreitungsgesetz die notwendigen Mitteln freizugeben,
die durch das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz der Bürges genommen
wurden. Ich stellte sofort klar, dass eine solche Vereinbarung nicht
aktenkundig sei und deshalb mein Vorgänger in Verantwortung seiner
damaligen Ministerschaft noch am 20. April 1970 eben die Bürges-Aktion
vorläufig einstellte. Mitterer meldete sich dann zu Wort und erklärte
nur, dass es auch mündliche Vereinbarungen gäbe, dass andererseits
man hoffen würde, dass die SPÖ-Regierung immer alle ÖVP-Vorschäge
akzeptieren würde. Dies war ein sehr schwacher Rückzug.

Im wirtschaftlichen Ministerkomitee legte Veselsky das erste Mal
Unterlagen vor. Punkt 1) Bericht über die mittelfristige Wirtschafts-
prognose 1970 – 1974 des Österr. Instituts für Wirtschaftsforschung.
Kreisky hatte diesem Institut einen diesbezüglichen Auftrag gegeben.
Jetzt bei Vorlage des Berichtes, den alle das erstemal jetzt sahen,
kamen ihm Bedenken über die Zweckmässigkeit, diesen zu veröffentlichen,


03-0857
Er befürchtet, dass wenn jetzt die Abschwächungstendenzen, die der
Bericht zum Ausdruck bringt, tatsächlich bekannt werden, Unternehmungen
sich in ihren Investitionsentscheidungen z.B. mehr zurückhalten würden
als sie es vielleicht auf Grund der wirtschaftlichen Situatuion tun müssten.
Dadurch würden die wirtschaftliche Abschwächung nur noch verstärkt.
Mein Einwand gegen diesen Bericht war, dass erstens wir überhaupt
nicht hätten das Wirtschaftsforschungsinstitut beauftragen sollen,
da es eine Arbeitsgruppe über mittelfristige Prognose von der AK
und der HK gibt und dass zweitens das Wirtschaftsforschungsinstitut
jetzt mit Plausibilitätsbeweisen ohne eine wirklich konkrete wissen-
schaftliche Methode entwickelt zu haben, einen Bericht erstellt, von
dem kein Mensch sagen kann, wie weit er wissenschaftlich einwandfrei
ist. Veselsky behauptete, er hätte die Arbeitsgruppe heranziehen wol-
len, aber der Arbeitsgruppenleiter Dr. Weissel von der Arbeiterkammer
hätte sich ausserstande erklärt, irgendwelches Material liefern zu
können. Da das Institut bereits jetzt überall herumerzählt, dass es
eine solche Wirtschaftsprognose gibt, müssen wir meiner Meinung nach
und dies schlug ich auch vor, diese Prognose zur allgemeinen Diskus-
sion freigeben. Wenn wir diese Prognose dem Fordinstitut und den ein-
zelnen Wirtschaftsverbänden zustellen, womöglich über die Paritätische
Kommission, dann werden wir sicher eine fachliche Kritik und Diskussion
in den nächsten Monaten über diesen Bericht haben. Die Bundesregierung
ist dann ausser Obligo und kann dann abwarten, was die einzelnen Dis-
kussion ergeben.

Als zweiter Punkt war ein Entwurf für ein Wohnbauprämiengesetz vorge-
sehen. Veselsky erkärte, der Finanzminister sei grundsätzlich damit
einverstanden, er müsse nur erst überprüfen, was es kostet. Ich hatte
Androsch vorher gefragt, was er zu diesem Punkt sagte und er erklärte
mir, er sei mit dieser Lösung überhaupt nicht sehr glücklich. Seiner-
zeit musste die Soz. Partei, weil die Experten den Einbau und die
Abschaffung des Bausparens geforderte hatte, als Gegenzug Prämien
für die Wohnbausparer in Aussicht stellen. Dies war aber nur gedacht
als Ablöse des Bausparens. Unsere seinerzeitige Grundidee war, an
Stelle von steuerlichen Absetzbeträgen für das Bausparen, Bauspar-
prämien zu geben.Der jetzige Entwurf würde beide Möglichkeiten vor-
sehen und damit den Finanzminister natürlich wesentlich mehr Mittel
kosten.



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Der dritte Punkt war die Refinanzierung der österr. Kommunalkredit AG.
Veselsky wollte mir einreden, dass wir aus dem Budget des Handels-
ministeriums 2 Mill. S der Kommunalkredit AG für ein Jahr als Zinsen-
zuschuss für 100 Mill. S Kapital zur Verfügung stellten sollten.
Er hoffte damit, da ja Kreisky seinerzeit bei der österr. Kommunal-
kredit AG ein bedeutender Funktionär war, dass er die Unterstützung
von Kreisky haben würde. Interessanterweise gelang Veselsky dies nicht
einmal in diesem Fall. Mein Einwand, dass ich an Banken doch keinen
Zinszuschuss geben könnte, sondern höchstens an Betriebe, wurde sofort
akzeptiert. Ich verwies auch noch darauf, dass ich seinerzeit die
im Gesetz vorgesehenen 3 Mill. S Zuschuss zur Kontrollbank dadurch
begründen konnte, dass diese Mittel für die zusätzliche Kredithilfe,
die Österreich den Rumänen im Zuge der Hochwasserkatastrophe geben
will, der Kontrollbank überweisen würde. Die Kontrollbank erwartet
1970 für 23 Mill. S Rückflüsse und hat vom ERP-Fonds in den vergan-
genen Jahren 10 Mill. und in diesem Jahr 20 Mill. S bekommen. Aller-
dings hat sie 1969 nur insgesamt 70 Mill. Darlehen gegeben und 1970
bereits im ersten Halbjahr 77 Mill. S. Insgesamt seit dem Jahr 1958
hat die Bank ca. 700 Mill. S Volumenkredithilfe gegeben, sodass, wenn
man das Dreifache rechnet, 2,1 Milliarden Schilling damit mobilisiert
werden konnten.

Der letzte Punkt Wirtschaftsannoncen Österreichs in ausländischen Zei-
tungen konnte nicht mehr behandelt werden, da wir zwischendurch im
Sitzungssaal wegen der Abstimmung abwesend sein mussten und dann be-
reits die Vorbesprechung zum Ministerrat stattfand.

Die Ministerratsvorbesprechung befasste sich eigentlich nur mit einer
wichtigen Wirtschaftsfrage, nämlich wie man die Preisregelung-. Preis-
treiberei- und Rohstofflenkungsgesetze über die Nationalratsbühne
bringt. Da Kreisky mich fragte, wie die ganze Gesetzesmaterie be-
handelt wird, erklärte ich, ich glaube, dass die ÖVP bereit ist, einer
befristeten unveränderten Verlängerung der Gesetze zuzustimmen. Da
dies Verfassungsgesetze sind, benötigen wir dazu die Zweidrittelmehr-
heit. Pittermann meinte, dass dies alles nicht sicher sei und er
deshalb Besprechungen mit Koren aufnehmen würde. Broda wieder war
der Meinung, man sollte versuchen, ob die FPÖ diesem Gesetz zustimmen
würde. Ich persönlich glaube, dass die FPÖ nicht bereit ist, diesen
Gesetzesänderungen ihre Zustimmung zu geben, schon allein um zu be-

haupten und zu beweisen, dass sie eine selbständige Wirtschafts-


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politik betreibt und andererseits aber wir aber von einer Zustimmung
gar nichts haben, weil für Verfassungsbestimmungen die Zustimmung der
ÖVP notwendig ist. Wir werden ja sehen, wie sich die Frage weiter ent-
wickelt.

Nach Schluss der Haussitzung um 21 Uhr hatte die ÖGB-Fraktion und
die Regierungsmitglieder mit dem Präsidium der Partei eine Bespre-
chung in der Hohenstaufengasse. Selbstverständlich kam insbsondere
die Express-Problematik zur Diskussion. Es stellte sich auch dort
heraus, dass es einige Genossen gibt, die nicht verstehen können,
dass alle finanziellen Transaktionen in Wirkkichkeit nur von einem
kleinen Kreis gemacht werden können. Da sowohl der Express als auch
– wie am Samstag diskutiert – die Neue Zeitung entsprechende Verlust-
träger sind, die die Partei auf die Dauer unmöglich mitschleppen
konnte und kann, muss eine entsprechende neue Konstruktion gesucht
werden. Da andererseits insbesondere der Express aber ans Pressehaus
gebunden werden musste, um entsprechende Druckaufträge zu haben
blieb gar nichts anderes übrig als den einzigen potenten Käufer dieser
Zeitung nämlich Dichant und Falk, auch tatsächlich zu überantworten.
Ich erlebe nun zum zweitenmal wie in meinem erlernten Beruf und
im graphischen Gewerbe und in der Journalistik und der Zeitungsheraus-
habe, die wirtschaftliche Macht, nämlich der Druckauftrag, den Be-
sitzer einer Druckerei zwingt, sich mit den Zeitungsherausgebern zu
arrangieren. Beim Kreis, dem seinerzeitigen Pächter von Waldheim-Eberle,
wo ich Präsident des Aufsichtsrates war, ist dies bei Polsterer seinem
Kurier so gegangen. Beim Pressehaus muss derzeit die INGEBE, d.h.
in Wirklichkeit die BAWAG alle Anstrenungen unternehmen, um die
Kronen-Zeitung und den Express im Pressehaus als Druckauftrag zu er-
halten. Der von Molden abgeschlossene Druckauftrag mit der Kronen-
zeitung hätte einen jährlichen Verlust von 20 Mill. S gebracht. Aus
diesem Grund musste der auf 5 Jahre abgeschlossene Druckauftrag umge-
wandelt werden und dies war nur möglich, indem man Falk und Dichant
an dem Pressehaus beteiligte. Was nun aus dem Prozess Olah, Dichant, Falk
Piatnik herauskommt, weiss noch keiner. Zum Glück hat der ÖGB seinerzeit-
auch die Kausa Kronenzeitung dem Gericht angezeigt und es bleibt nun
in der Öffentlichkeit hoffentlich nicht der Eindruck zurück, dass
der ÖGB hier mit unsauberen Karten gespielt hat. Das Gericht hat damals
auf Grund der Rechtslage die Angelegenheit Kronenzeitung aus dem Ver-
fahren gegen Olah ausgeschieden. Ich fürchte nur, dass diese verzwickten


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Verhältnisse, die für einem kaum zu überblicken sind und natürlich
in der Öffentlichkeit nur ungute Stimmung machen können, von der
breiten Masse unserer Funktionäre oder gar Mitglieder nicht verstanden
w erden kann und wird.



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Tagebuchaufzeichnung vom 30. November 1970

Im Folgenden wieder einige Vorschläge zur weiteren
Überlegung:

1. Befragung der Wirtschaftstreibenden über das Handels-
ministerium

Einem Meinungsforschungsinstitut sollte der Auftrag
erteilt werden das "Image" das das Handelsministerium
unter den Wirtschaftstreibenden genießt zu erforschen,
sowie festzustellen welche Erwartungen diese an den
Slogan "Service für die Wirtschaft" knüpfen – welche
Wünsche sie diesbezüglich haben.

Begründungen:

– Die seinerzeitige Arbeiterkammerumfrage ähnlicher
Art hat heilsame Wirkungen gezeitigt; man sollte
es auch hier versuchen.

– Den Beamten würde ein Spiegel vorgehalten aus dem
sie entnehmen könnten, daß das Sozialprestige auf
das sie so erpicht sind weniger von der formellen
Stellung abhängt, als vielmehr von der Leistung.
Das Schlechteste für das Image ist es, sich auf's
hohe Roß zu setzen.
– Aus den Umfrageergebnissen wären wahrscheinlich
"Schwachpunkte" in der Organisation erkennbar, die
die Handhabe und Legitimation liefern könnten organi-
satorische und personelle Änderungen herbeizuführen.
– Die Frage nach den Wünschen könnte neben vielen
unbrauchbaren auch einige brauchbare Ideen und An-
regungen liefern.



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– Die Tatsache der Veranstaltung einer solchen Umfrage
käme dem Ruf des Handelsministers zugute, legte sie
doch Zeugnis ab von seiner Aufgeschlossenheit und
seinem Bemühen.

Zur Durchführung:

– Dem uns nahestehenden IFES – Institut würde es
endlich die Möglichkeit geben, seinen gefährdeten
Interviewerapparat einzusetzen; daneben sollte aber
auch das FESSEL-Institut eingeschaltet werden
a) um die politische Balance herzustellen und
b) weil das FESSEL – Institut in Wirtschaftskreisen
wahrscheinlich etwas besser eingeführt ist, als
das IFES – Institut

– die Umfrage sollte gemeinsam mit der Personalvertretung
geplant werden; diese müßte für den Plan durch auf-
klärende Gespräche vorher gewonnen werden.

2. Berichterstattung über die EWG-Verhandlungen

a Bericht an den Nationalrat

Der Usus, daß die Regierung den Nationalrat periodisch
über den Stand der Integrationssituation berichtet, sollt
in etwas abgeänderter Form, wieder aufgenommen werden.

Begründung
– Das Parlament sollte sich gut "bedient" fühlen (Pflege
der Beziehungen zu den Volksvertretern)
- Die Wahrnehmung der Kompetenzen durch das ho. Ressort
kann darin dokumentiert werden.
– Innerhalb des Hauses geht von solchen Berichten der
heilsame Zwang aus, sich mit der ganzen Komplexität
der Integration zu beschäftigen; bisher wird die Inte-
gration viel zu sehr nur unter handelspolitischen Ge-
sichtspunkten gesehen; so könnten z.B. auch die industrie
politischen Bestrebungen der EWG stärker in das Bewußtsein


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der Herren hier im Hause gebracht werden.

– Man könnte auch aus der Tätigkeit der EWG jene Aktivi-
täten herausstreichen, an welchen wir ein besonderes
Interesse haben. Das heißt, Aktivitäten die zeigen,
daß die EG-Organe in sehr fortschrittlicher und moderner
Weise an die Lösung verschiedener Probleme herangehen;
dadurch könnten erstarrte innerösterreichische Fronten
durch den immer recht wirksamen Hinweis auf aus-
ländische Beispiele aufgelockert werden.

Als solche Gebiete bieten sich z.B. an: Die Industrie-
politik und die Wettbewerbspolitik sowie die
ver-
schiedenen Mitbestimmungsmodelle die innerhalb der EWG
zur Diskussion stehen.

Hier könnte auch der Gedanke des "Vorvollzuges" bereits
angedeutet werden.

b b Verhandlungsprotokolle

So wie bei den vorangegangenen acht Verhandlungsrunden
mit der EWG unter Bock sollten auch über die jetzigen
Verhandlungen minutiöse Protokolle geführt werden.
Bock legte seinerzeit größten Wert darauf und er wußte
auch genau warum.

Im Gegensatz zu früher sollten diese Verhandlungsproto-
kolle aber tatsächlich allen Herren im Hause zur Ver-
fügung stehen die mit der Integration zu tun haben, also
auch außerhalb der Sektion I kursieren. Immer wieder be-
klagen sich Herren außerhalb der Sektion I, daß sie zwar
für Integrationsarbeiten herangezogen werden, daß Ihnen
aber der Gesamtüberblick fehlt.

Auch hier kann nur immer wieder herausgestrichen werden,
daß die Integration weit mehr ist als ein bloß handels-
politischer Tatbestand.

Ein Gedanke zur Verhandlungsführung für das Globalab-
kommen mit der EWG:

Die Beziehungen zwischen Reiterer und Marquet sind so
emotionell aufgeladen, daß eine Teamarbeit nie zustande
kommen wird, wenn einer der beiden über den anderen gesetzt


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wird (noch dazu wenn wie dies bei Marquet der Fall ist,
der Rangniederere dem Höheren gewissermaßen überge-
ordnet wird).

Ich halte es daher für bedenklich, einen der beiden
zur Verhandlungsführung zu bestimmen. Die Wahl sollte
auf einen D r i t t e n fallen. Wenn kein anderer in
Frage kommt, dann ist Leitner unter diesen Gesichts-

punkten jedenfalls die bessere Lösung als Marquet.
Kirchschläger müßte dafür auch Verständnis haben.

3. Personelle Rotation für verschiedene Dienstposten.

Man sollte fallweise einzelne Personen unterhalb der
Abteilungsleiter-Ebene wechselseitig austauschen und
auch temporär auf anderen Gebieten im Hause arbeiten
lassen.
Begründung:

- Gegen Betriebsblindheit; Förderung der geistigen Mobili-
tät (es muß ja zu einer geistigen Verknöcherung führen,
wenn man durch Jahre, ja durch Jahrzehnte immer nur den-
selben kleinen Arbeitsabschnitt behandelt. Es führt
besonders bei den jüngeren Kräften zu Frustrations-
erscheinungen).
- Leistungsvergleiohs-Möglichkeiten; bessere Kontroll-
Möglichkeiten.

- Förderung des wechselseitigen Verständnisses, der Koordi-
nation und der Zusammenarbeit.
- Auf unauffällige Weise könnte man ungeeignete Personen
von wichtigen Gebieten abservieren, weil das bei einem sol-
chen Changement nicht so auffällt.

Durchführung:

- Bekanntgabe dieses Gedankenganges in einer Sektions-
leiterbesprechung; Vorschläge der Herren Sektionsleiter
und Abteilungsleiter können direkt dem Minister oder
seinem Büro übermittelt werden.

- Später könnte man überlegen dieses Verfahren auch auf
Abteilungsleiter auszudehnen.



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4. Konsumentenpolitik
Bei der Präsentation dieser Politik müßten wir, so
scheint mir, erst geschickte und zweckmäßige Formulierun-
gen finden. Vom Standpunkt der Aufgabenstellung dieses
Ressorts kann Konsumentenpolitik natürlich nicht
Konsumentenschutzpolitik sein ( daher scheint mir auch
die diesbezügliche Bezeichnung einer Arbeitsgruppe
als nicht sehr glücklich).

Man müßte Formulierungen finden, die es allen Erzeugern
völlig einsichtig machen, daß das eine Politik in ihrem
Interesse ist. Dabei müßte man auch zu Begründungen aus
der Wirtschaftstheorie greifen und unsere Absichten mit
gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaft untermauern.

Durchführung:
Prof. Theuer von der Hochschule für Welthandel wäre
zu beauftragen ein kurzes Arbeitspapier zu liefern,
(gegen entsprechende Honorierung). Dieses Mansukript
sollte nach entsprechender Überarbeitung in einer
führenden Fachzeitschrift untergebracht werden, wobei
man diesen Artikel je nach Bedarf dann immer wieder
zitieren könnte.

5. Analyse des Zustandekommens von Gesetzen und Ver-
ordnungen im Aufgabenbereich des ho. Ressorts

Fragestellung:

– Ist die Initiative zum Zustandekommen der betreffenden
legistischen Akte von auswärts an das ho. Ressort von
einer Organisation herangetragen werden und wenn ja von
wem?

Oder aber

– ist die Initiative aus dem Schoße dieses Hauses heraus
geboren worden?

Begründung:
Die beschämende Bilanz, daß praktisch alle Initiativen
von der Handelskammer ausgegangen sind, könnte den
Ehrgeiz der Beamten anstacheln und sie zu initiativerem


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– 6 -

Verhalten anspornen.

6. Dienstreisen

a) Um zu dokumentieren, daß initiatives Vorgehen
und gute Arbeit in dem Sinne honoriert wird, daß
dem Betreffenden dann höhere Verantwortung über-
tragen wird sollte Dr. Michitsch, dem Leiter des
Büros für die Integrationsvorbereitungsarbeiten,
die Entscheidungen ob und wann er nach Brüssel
fahren soll in die eigene Verantwortung übertragen
werden.

Begründung:

– Demonstrationsbeispiel

– Weiterer Schachzug gegen das " Abmauern" durch Reiterer.
– Für die Verhandlungen ist das gute Zusammenspiel
zwischen der Mission und dem Hause hier von essentieller
Bedeutung. Ein Liaison-Dienst ist daher ohnedies notwendig
b) Den Dienstreiseanträgen sollte in Zukunft in der Regel
auch eine kurze Notiz beiliegen, aus der hervorgeht
.) welche Vorbereitungsarbeiten getroffen wurden ( Ab-
haltung interministerieller Sitzungen zur Abstimmung
des österreichischen Standpunktes usw.)

.) welche Linie der ho. Vertreter zu vertreten gedenkt.
Begründung:

Folgende Mentalität ist leider weit verbreitet:

Eine Materie beginnt erst dann interessant zu werden,
wenn eine Dienstreise am Horizonte auftaucht. Nach
Absolvierung der Dienstreise wird dann ein Einlegeakt
produziert und damit ist die Angelegenheit erledigt.
Die proponierte Vorgangsweise könnte dieser Mentalität
entgegenwirken.

03_0854_01

Tagesprogramm, 30.11.1970

03_0854_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Personalvertretung HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vorst. Institut f. Absatzwirtsch.
    GND ID: 170024563


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Botschafter, Onkel v. Louis Marquet; evtl. Falschidentifikation


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Finanzminister
        GND ID: 118503049


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 118761595


          Einträge mit Erwähnung:
            GND ID: 119096137


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Kammeramtsdir. AK Wien


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Justizminister


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: wirtsch.wiss. Abt. AK Wien, VWL-Doz. AK-Sozialakad., Doz. f. Sozialpol. Uni Wien
                            GND ID: 122269667


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Beamter HM? Falschschreibung?


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg. bis 1975, Dir. Volksbank AG


                                  Einträge mit Erwähnung:


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: ehem. ÖVP-Vizekanzler, Präs. Donaueurop. Institut, AR-Vors. Leykam


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        GND ID: 118937308


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Beamter HM


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                                GND ID: 12254711X


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                  GND ID: 118723189


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                                                    Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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