Die Landesfremdenverkehrsreferenten der einzelnen Länder hatten sich
immer vor den Sitzungen in der Fremdenverkehrswerbung getroffen, um
ihre Taktik festzulegen. Noch niemals war ein Minister bei ihren Be-
sprechungen anwesend. Ich beabsichtigte deshalb, auf alle Fälle ein-
mal in dieses erlauchte Forum vorzudringen. Zu meiner grössten Ver-
wunderung – Min.Rat Langer-Hansel sagte mir, dies sei nicht gerne
gesehen – waren die Fremdenverkehrsreferenten sehr entzückt, dass
ein Minister einmal zu ihnen kam. Sicherlich haben sie bei ihren Vor-
besprechungen bisher keinen Vertreter der Zentralbehörde gewollt, da sie
natürlich ihre Taktik gegenüber den Zentralstellen festlegen wollen.
Ich nützte aber die Gelegenheit, um erstens wieder zu versichern,
dass ich nur in engstem Einvernehmen mit ihnen vorgehen wollte und
konnte auch konkrete Massnahmen ihnen vorschlagen. Das Haus hatte mir
vorgeschlagen, man sollte die Sitze in der Generalversammlung abändern.
Derzeit hat der Bund 12 allerdings nur 11 besetzt, die Bundesländer 9
und die Handelskammer 8 Vertreter. Die Handelskammer wünscht nun einen
Vertreter mehr und mein Haus hat mich sogar vorgeschlagen, dass jeweils
nur 9, d.h. ein Drittel, jeweils auf Bund, Länder und Handelskammer ent-
fallen sollen. Ich hatte diesen Vorschlag niemals akzeptiert. Da nun
auch von den einzelnen Ländern Widerstand kommt, die Handelskammer
einen Vertreter mehr zu geben, so erklärte ich, ich würde mich dem
Wunsch der Bundesländer akomodieren und auf alle Fälle die Sitzver-
teilung jetzt unverändert lassen. Darüber waren die Ländervertreter
sehr froh, weil sie wahrscheinlich auf dem Standpunkt stehen, je
weniger in diesem Punkt geändert wird, umso weniger Scherereien haben
sie, die Änderung im eigenen Land vertreten zu müssen. Ich ersuchte
sie auch , dass sie mit ihren Landesfinanzreferenten sprechen sollten,
da ich die vielen Aktionen zur Zinsstützung koordinieren und wenn irgend
wie möglich konzentrieren möchte. Sie waren von dieser Idee sehr begei-
stert und erklärten ihre Unterstützung, Wie mir erst nachher berichtet
wurde, hatten sie auch das Problem des Geschäftsführers in der Fremden-
verkehrswerbung besprochen. Langer-Hansel hatte bei der letzten
Sitzung des Arbeitsausschusses versucht zu testen, ob er sich wieder
als Geschäftsführer vorschlagen könnte. Der Vertreter der Länder aber
hat bei dieser Arbeitsausschusssitzung sowie Dr. Zedig von der Handels-
kammer sofort erklärt, dass dies noch zu früh sei. Hofrat Geisbacher,
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der neue steirische Vertreter im Arbeitsausschuss, meinte, dies könnte
ja dann das Direktorium beschliessen. Der Vertrag von Langer-Hansel
läuft erst im Frühjahr 1971 ab. Die Mentalität, die Langer-Hansel
immer wieder zeigt, kann eben nicht auf einen positiven Widerhall bei
den Ländern stossen. Wenn er mit einem Land irgendeine Auseinanders-
etzung hat, so steht er auf dem Standpunkt, den lass ich mir kommen,
den hau ich zusammen und dann ist eine Ruhe. In Wirklihckeit natürlich
muss er mit den Ländern gut auskommen und wenn er glaubt, mit Gewalt-
methoden aus der Welt zu schaffen, so irrt er. Wenn er ein schwächerer
Mann ist, dem er etwas anschaffen könnte, dann wir er trotzdem wenn er
von ihm nach Strich und Faden zusammengeschissen wird, um diesen brutalen
Ausdruck zu gebrauchen, immerhin nach Rache sinnen. Bei den Länderver-
tretern im Fremdenverkehr aber ist es überhaupt so, dass sie ja als kompe-
tent zuständige Leute natürlich sich zu wehren wissen. Ich bin überzeugt
davon. dass Langer-Hansel mit dieser Methode, obwohl er sehr fleissig
war, und sich sehr bemüht hat, in Wirklichkeit sich nur Feinde geschaffen
hat und kaum Aussicht hat, bei der neuen generalversammlung neurdings
als Geschäftsführer gewählt zu werden.
Im Ministerrat wurde der neue Bericht über die Aufteilung des 1,2 Mia
betragenden Überschusses des Familienlastenausgleiches zur Kenntnis ge-
nommen. Firnberg war ein bisschen verärgert, da sie bei dieser Gelegenheit
auch gleich die Studiengebühren auf den Hochschulen unterbringen wollte.
Das heisst, sie wollte die Freistellung von diesen Gebühren für alle
Studenten und den Ersatz aus dem Familienlastenausgleich-Fonds. Ich per-
sönlich aber glaube allerdings, dass es zielführender ist, die Schulbücher
und die Fahrtkostenvergütung für die Pflicht- und Oberschüler.
Da ich die Werbewirtschaftliche Tagung Konzerthaus, die um 10 Uhr be-
gann nicht eröffnen konnte, da gleichzeitig Ministerrat war, kam ich
aber nach der Ministerratssitzung zu dieser Veranstlatung ins Konzert-
haus. Ich wollte zuerst den Saal gar nicht betreten, da ich Jazz-Klänge
aus diesem Saal hörte an stelle einer Diskussion oder eines Vortrages.
Zu meiner grössten Verwunderung hatten die Werbewirtschaftler eine neue
Form der Tagungseröffnnng gefunden und ein Jazzteam erzeugte dort
nicht nur hohe Phons, sondern gab auch ganz moderne Rhytmen zum besten.
Ich konnte nach dieser musikalischen Einbegleitung das Wort ergreifen
und wies darauf hin, dass der Ministerrat heute eine Novelle zum Unlaute-
ren Wettbewerbsgesetz beschlossen hatten , wo insbesondere die Wahrheit
und Klarheit der Werbung in Zukunft gesetzlich statuiert wird. Es wird
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und darauf wies ich besonders hin, Aufgabe der Werbewirtschaftler sein,
in Zukunft in stärkerem Masse als dies bisher möglich und gesetzlich not-
wendig war, die irreführende Werbung zu unterlassen.
In der Bundesfraktion des ÖGB musste ich ganz kurz bis Androsch kam, um
über die Einkommensteuernovelle zu referieren, über die preisdämpfenden
Massnahmen Bericht erstatten, Ich war zwar darauf nicht vorbereitet,
konnte aber doch aus den Unterlagen, die mich auch Tommy zur Verfügung
stellte, einen ziemlich lückenlosen Bericht kurz gefasst geben. Ich ver-
mutete, dass Hofstetter mich ersuchte, über dieses Problen zu berichten,
damit der Gewerkschaftsbund nicht so sehr ins Schussfeld der Zollsenkungen
und Ausgleichssteuerbefreiungen der einzelnen Gewerkschaften kommt. Tommy
ist dagegen der Meinungn, dass er deshalb nicht berichten sollte, weil
Hofstetter nicht wünscht, dass er so stark in Erscheinung tritt. Ich sagte
ihm, dies glaube ich kaum, denn in der Diskussion stellte sich die Richtig-
keit meines Arguments heraus. Die Bauarbeiter meldeten sich sofort und
wiesen darauf hin, dass unter gar keinen Umständen z.B. Ziegeln in irgend-
einer Weise angetastet werden dürften. Sie erinnerten daran, dass sie bei
den Vorgängern von mir durch Demonstrationen und Vorspachen erreicht
hätten, dass Ziegel nicht aus dem Osten verbilligt importiert werden
durften und haben diese Anordnungen letzten Endes auch wieder zum Ver-
schwinden gebracht. Sie erzählten das Beispiel, dass sie Ziegel um 35 Gr.
aus Ungarn hergelassen hatten und dann hier in Wien und Umgebung um 76 Gr.
von den Importeuren, die oft gleichzeitig Funktionäre der Handelskammer
waren, verkauft wurden. Ich replizierte darauf, dass ich mir jeden ein-
zelnen Fall sehr genau anschauen werde, dass ich aber vor Demonstrationen
und Aussprachen keine wie immer geartete Angst hätte sondern mich selbst
verständlich auch mit den Bauarbeitern herumschlagen würde, wie ich dies
auch mit anderen Gewerkschaftsgruppen ja tun musste und wahrscheinlich
auch in Zukunft werde tun müssen.
In der Sektionsleiterbesprechung konnte endlich einmal Min.Rat Steiger
seine Konzepte und seine Vorgangsweise bei den EWG-Verhandlungen leg-
en. Dieser Mann war war seinerzeit Sekretär bei Bock [evtl. Falschidentifikation, Anm.]ist zweifelosohne ein
prononzierter ÖAAB-Ler aber hat nicht nur Verstand sondern hat auch wirklich
Initiative. Ich hoffe, dass ich ihm mit diesem Vortrag Gelegenheit gegeben
habe, mehr in Erscheinung zu treten, und dass er sich insbesondere in den
nächsten Monaten noch mehr profiliert bei den Verhandlungen mit der EWG.
Ich bin überzeugt davon, dass er bei entsprechender Ulerstützung meinerseits
die interministeriellen Besprechungen und insbesondere die Koordinierung
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im Hause in diesem Punkte wird erfolgreich durchführen können. Die
EFTA-Verhandlungen über das 4. u. 5. Durchführungsgesetz und über
die Regelung der Ausnahmeklausel Artikel XX zogen sich in den letzten
Wochen sehr dahin. Dadurch kommen wir in einer furchtbare Terminnot.
Bis zum Jahresende sollen entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen
werden, obwohl wir im Finanzministerium nicht einmal noch die Besprechun-
gen mit den Interessensvertretungen abgeschlossen haben. Es wird daher
sehr schwierig sein, im Parlamentsfahrplan diese mit 1.1.1971
in Kraft tretenden Gesetze zu erstellen. Sekt.Chef Habel teilte mit, dass
nun endlich die Kraftfahrgesetznovelle technisch so weit aufgearbeitet
ist, dass sie im Parlament am Mittwoch 8 Uhr vorliegen wird. Dadurch
kann sie in die Einlauf- und die nächste Zuweisungssitzung, die am selben
Tag stattfinden wird, gebracht werden. Ich konnte ihm nur mitteilen, dass
damit wenigstens diese Phase als abgeschlossen betrachtet werden kann,
obwohl das Präsidium am Montag, da die Novelle noch nicht vorgelegen ist,
einer Ergänzung der Tagesordnung des Handelsausschusschusse nicht zuge-
stimmt hat. Es wird deshalb eine neue Handelsausschussitzung für die
Kraftfahrzeugnovelle einzuberufen sein.
Die Generalversammlung des Sportklubs Handelsministerium, zu der ich
in Vertretung von Moser auch hingehen musste, war eine grosse aufge-
zogene Show. Der Obmann Amtdirektor Kneissler versteht es immer wieder
sehr augenfällig seine Tätigkeit und die des Sportklubs herauszustreichen.
Tatsächlich ist er ein sehr aktiver Mann und selbst der langjährige Han-
delsminister Vizekanzler Bock mit Frau waren anwesend. Er hatte dort etliche
Hundert Leute zu dieser Generalversammlung gebracht, die optisch durch
das Zeigen von Sportgeräten, er hatte sogar Segelboote
aufgestellt und akustisch durch ein Bläserchor einer Militärkapelle
stark in Erscheinung trat. Die vielen Anwesenden erklärten sich allerdings
dann auf eine sehr einfache Art. Ich hatte dort Pokale, Auszeichnungen und
selbst für 20-jährige Mitgliedschaft Plaketten zu verteilen. Ich glaube,
dass fast ein jeder der Anwesenden irgendetwas bekommen hat. Ich muss
glaube ich meine Meinung sehr revidieren, denn ich kann immer wieder
feststellen, dass sich die Ausgezeichneten nicht nur über Leistungen son-
dern auch dann, wenn sie nur so und so lange Mitglied eines Vereines
waren, sehr freuen, zumindestens hat dies den Anschein, wenn die diese
Auszeichnung aus der Hand des Ministers empfangen. Meine Schlussansprache
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konnte ich sehr humorvoll halten, Kneissler hatte bei seinem Rechen-
schaftsbericht erwähnt, dass einmal sogar der Handelsminister Kolb
Sesseln ihnen getragen hat, damit sie ihre Veranstaltung gut abwickeln
können. Andererseits hat er darauf hingewiesen, dass der Verein Han-
delsministerium weil er keinem Dachverband, weder dem ASKÖ noch der
Union angehört, auch keine Subventionen erhält, dass er hier die
Unterstützung des Ministers erwartet. Ich sagte ihm, dass es wesentlich
leichter war, in der Vergangenheit Sessel zu tragen, wozu ich auch jetzt
jederzeit bereit wäre, als hier Gelder für diesen Verein loszueisen.
Auf alle Fälle hat er auf meinen Zeitplan soweit es ging Rücksicht
genommen und die Versammlung sehr schnell abgewickelt. Trotzdem kam
ich zur Vorstandssitzung im 3. Bezirk zu spät und bei der Forumdis-
kussion im Rudolfsheim war ich auch verspätet. Die Forumdiskussion
hat natürlich den grossen Nachteil, wenn ein Minister dabei ist,
dass sich in Wirklichkeit alle mit Fragen an den Minister wenden.
Die anderen, Landtagsabgeordneter Gawlik und und noch ein zweiter
Landtagsabgeordneter von Rudolfheim und auch der Stadtrat Pfoch kamen
dadurch in der ersten Phase natürlich zu kurz. Ich halte von diesem
Forumsdiskussionen vor so einem ausgewählten Publikum und einem so
stark besetzten Präsidium und Vorstandstisch nicht sehr viel, da man
kaum Möglichkeiten hat, in längeren Erklärungen wirklich sagen wir die
Politik der Bundesregierung zu erörtern. Wenn dann noch Bezirksprobleme
und Landesprobleme zur Diskussion kommen sollen, müssten solche Forums-
diskussionen bis spät in die Nach hinein dauern. Die meisten Anwesenden
und auch der Vorsitzende Fellinger waren der Meinung, man sollte
schauen, dass um 1/2 l0 Uhr mindestens Schluss ist. Da der grösste Teil
der Anwesenden sowieso Genossen der Bezirksorganisation sind, halte ich
den Weg viel zielführender, wie wir ihn im dritten Bezirk gegangen sind,
so wir ein ganz spezifisches Publikum einzeln einladen und dann mit
Akademikerdiskussionen, wie wir es bezeichnen, Kontakt mit opinion lea-
ders aufzunehmen. Ich weiss nicht, warum die anderen Bezirke diese Idee
nicht auch schon längst aufgegriffen haben.
Tagesprogramm, 10.11.1970
hs. Notizen (Einladung Rückseite)
Einladung Generalversammlung Sportklub Handelsministerium
Schreiben Sportklub Handelsministerium an JS betr. Generalversammlung
03_0778_04Presseaussendung betr. UWG-Novelle
hs. Notizen (Presseaussendung Rückseite)
Tagesordnung 29. Ministerratssitzung, 10.11.1970
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