Dr. Klose von der BHK hat in einem vollkommen hoffnungslosen Fall
interveniert. Ich benützte aber – um ihm zu beweisen, dass ich mich
selbstverständlich auch weiterhin für Interventionen persönlich ein-
setzte – die Gelegenheit, um mit Min.Rat Dr. Thun-Hohenstein über
die Angelegenheit zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit machte mich
der Ministerialrat darauf aufmerksam, dass in seiner Abteilung
zwei guten Prüfer wären, Dr. Schuster und Dkfm. Cervenek, die anders
als bisher Gewerbeförderung betreiben. Er erwähnte, dass nach seiner
Auffassung durch Initialzündungen mehr erreicht werden könnte als
durch die globalen Zinszuschüsse, die wir dezeit geben. Als Bei-
spiel erwähnte er, dass er die Firma Schukero, die einen Finanzbe-
darf von 3 – 5 Mio S hatte, im Vorjahr für 220.000 S Zinsenzuschüsse
gewährte und das Land, die Handelskammer und die Gemeinde Linz
je 1 Mio Haftung übernahmen. Ich hatte die Firma Schukro bereits
bei meiner Budgetanalyse entdeckt und war daher sehr interessiert,
Details über dieses System von ihm zu erfahren. Er verpflichtete
sich, mir eine Information über seine Vorstellungen zu geben. Mir
erscheint dieser Ministerialrat erstens initiativer zu sein als
sein Vorgesetzter, Min.Rat Wohlgemuth, und zweitens dürfte er mit
dem jetzigen System der Giesskannenmethode, dass jeder einen Zins-
zuschuss, sei es über die Bürges oder das Ministerium bekommt, nicht
ganz zufrieden zu sein. Die Gefahr, die sich bei diesem System aller-
dings ergibt, ist, dass nur einzelnen Firmen zu Zuge kommen und es
wäre festzulegen, nach welchem System diese ausgewählt werden.
Ich werde versuchen herauszubekommen, ob in der Vergangenheit aus-
schliesslich politische Gründe massgebend waren, dass gewisse Firmen
hier eine stärkere Unterstützung bekommen haben oder ob es sich doch
vielleicht um gesamtwirtschaftliche Gesichtspunkte gehandelt hat.
Langer-Hansl hatte mir mitgeteilt, dass zu einer Donau-Werbegemeinschaft
auch von der BRD ein Genosse Spazier kommen würde, und ob ich bereit
wäre, ihn zu empfangen. Ich hatte selbstverständlich zugesagt, dass
– wenn Spazier einen solchen Wünsch äussern würde – ich gerne bereit
wäre- Tatsächlich kam Spazier und wir hatten eine sehr interessante
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Aussprache. Spazier ist der geschäftsführende Vorsitzende der
deutschen Zentrale für Fremdenverkehrswerbung in Frankfurt / Main
Interessant ist, dass für dieses grosse Land nur derzeit 10 Mio DM
zur Verfügung stehen, das entspricht ungefähr demselben Aufwand, den
auch wir für Fremdenverkehrswerbung ausgeben. Allerdings wird für
das Jahr 1970 noch 1 Mio DM nachgeschossen, und es soll bis auf
15 Mio DM in den Achtzigerjahren erhöht werden. Spazier teilte
mir mit, dass er mit Langer-Hansl sehr gut zusammenarbeitet, dass
es ihm z.B. geglückt sei, die Donaustaaten incl. der BRD nach Öster-
reich zu bekommen, wo sie jetzt heute eine entsprechende Tagung ab-
halten, um für die Donauwerbung gemeinsam aufzutreten. Zum Unter-
schied von der Schweiz, wo Dr. Kampfe ein veraltetes Werbesystem
aufbaut, meint Spazier würde auch Langer-Hansl heute für die
Verkaufsmanager in der Werbebranche für den Fremdenverkehr auf-
treten. Seiner Meinung nach müsste es Möglichkeiten geben, ent-
sprechende Rationalisierungen durchzuführen. Insbesondere könnte er
sich vorstellen, dass in Südamerika oder vielleicht in Japan die
deutschsprachigen Länder eine gemeinsame Werbung betreiben. Nach
Auffassung von Spazier ist es derzeit so, dass eigentlich in Amerika
und den asiatischen Räumen nur für den Süden Europas und England ge-
worben wird und auch dorthin nur die entsprechenden Reisearrangements
gehen. Er möchte nun gerne, dass diese auch nach dem Norden über
Österreich bis zu den Niederlanden verlängert werden und damit eine
neue Package-Tour zustandekommen könnte. Wie weit hier gemeinsame
Werbebüros in Frage kommen, wirder uns noch mitteilen, er wird uns
auch diesbezügliche Denkschriften, die er.an Leber bzw. Staatssekr.
Witrub abgegeben hat, und auch Erfolgsanalysen durchführen und uns
diesbezügliche Mitteilungen streng vertraulich zukommen lassen.
Er kam aus Japan, wo er festgestellt hat, dass die ENIT die italie-
nische staatliche Fremdenverkehrsförderung derzeit bereits mit
10 Personen verankert ist und unbedingt ein Aufwand von 60.000 DM
draus resultieren müsste. Die Japaner haben zwar derzeit noch eine
Devisenbeschränkung von 1.000 DM pro Kopf, aber er ist überzeugt
davon dass dies in Kürze aufgehoben wird und dann eine Explosion
von Japan nach Europa sich erstrecken wird. Spazier wies auch
darauf hin, dass die Donauwerbung sozusagen vom Schwarzwald bis
zum Schwarzen Meer grosse Bedeutung hat, da gerade die Oststaaten
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ihre Fremdenverkehrseinrichtungen stark ausbauen. Er unterliess
es nicht, auch darauf hinzuweisen, dass in Zukunft damit die
Oststaaten auch eine gewisse Abhängigkeit vom europäischen
Reisestrom haben werden, denn wenn sie jetzt derartige viel in
diese Fremdenverkehrsindustrie investieren, müssten sie dann
auch grössten Wert darauf leben, dass diese ausgenützt wird.
Seiner Meinung nach ergibt sich dadurch eine gewisse Möglichkeit,
auch politisch einen Druck auf die Oststaaten auszuüben, um zu
einer Verständigung zu kommen. Man sieht also, dass die Deutschen
ausser den wirklichen Völkerverständigung durch den Tourismus
auch gleichzeitig einen gewissen politischen Druck ausüben wollen
oder werden, um zu einer weiteren Verständnigung und zur Aner-
kennung und besseren Koordination mit Ostdeutschland zu kommen.
Die Aussprache mit dem Präsidenten Skatarasy von der Österr. Hote-
liervereinigung ergab,das alte Bild. Die Hoteliervereinigung
hat entsprechende insbesondere finanzielle Wünsche und auch Probleme
des Strassenbaues wurden angeschnitten. Präs. Skatarasy, der in
Lech am Arlberg zu Hause ist und der Kreisky sehr gut kennt –
Kreisky hatte Gelegenheit mit ihm noch mittags zu essen und angeb-
lich hat er sich über unsere Aussprache sehr positiv gegenüber
Kreisky geäussert – bestätigte mir, dass Koren ihnen bereits zuge-
sagt hat, dass bei der Mehrwertsteuereinführung die Fremdenver-
kehrsbetriebe nur die halbe Mehrwertsteuer zu zahlen hätte. Er
versprach mir auch ein Elaborat und erwähnte nur, dass in Frank-
reich – wo der Mehrwertsteuersatz 23,45 betragen soll – die Frem-
denverkehrsbetriebe nur 7,7 bezahlen. Ich erwiderte, dass das
Hauptproblem darin besteht, dass die finanzielle Situation des
Bundes äusserst kritisch ist. Skatarasy wollte ausserdem noch,
dass die Getränkesteuer in die Mehrwertsteuer eingebaut werden
soll. Ein Hinweis, dass dies eine Gemeindeabgabe ist, sagte er
das stimme, aber in der BRD seien von 24.000 Gemeinden bereits
23.200 dazu übergegangen, die Getränkesteuer abzuschaffen.
Das heisst mit anderen Worten, die Gemeinden erhoffen sich
bei Einbau der Getränkesteuer in die Mehrwertsteuer, dass durch
den Finanzausgleich eine entsprechende höhere Zuteilung be-
kommen würden. Weiters hatte er darauf hingewiesen, dass seit
dem Jahre 1967 Heizungen und Bäder als unbewegliche Investitionen
gelten und deshalb nicht mehr der begünstigten Abschreibung unter-
01-0145
liegen.
Anmerkung: Bitte, dieses Problem für Androsch vorbereiten !
Er wies auch darauf hin, dass die Strassenprobleme in Vorarl-
berg ungelöst sind, er sagte, dass die Autobahnen ganz unzweckmäs-
sig gebaut werden, es kommen 45 Mio Autos pro Jahr durch Öster-
reich und wahrscheinlich würden davon 30 Mio wirklich nur durch-
fahren und maximal 15 Mio hier in Österreich Aufenthalt nehmen.
Er versteht unter Aufenthalt, dass sie sich nicht von der Auto-
bahn Kufstein-Brenner unverzüglich nach Italien bewegen, sondern
wenigstens einen Einkauf tätigen oder Benzin tanken. Er betonte
in Vorarlberg seien seit 1880 nichts geschehen, denn die Bundes-
strasse 1 sei zu diesem Zeitpunkt gebaut worden und derzeit
seien höchstens Umfahrungen bei Landeck und Bludenz gemacht
worden, was die Autobahn betrifft, so sei schon deshalb
unzweckmässig, weil zwischen Feldkirch und Bludenz befinden
sich allein vier Abfahrten und er hätte dies Kozina immer mit-
geteilt, aber der hätte keine wie immer geartete Stellung dazu
bezogen.
Anmerkung für Moser: Bitte, dieses Problem Moser mitteilen.
Bezüglich der Lawinenverbauungen seien die Vorarlberger sehr
benchteiligt, die Felber-Tauernsstrasse sei mit 2,7 km Lawinen-
verbauung versehen worden, auch die Hohen Tauern wurden ununbrochen
ausgebaut und in Vorarlberg sei insgesamt nur 1.460 m in Langen an
Lawinenverbauungin Angriff genommen worden. Seiner Meinung nach
sei deshalb ein Basis-Tunnell am Arlberg zu errichten und gleich-
zeitig eine entsprechende sichere Winterverbindun nach Lech
und Zürs herzustellen. Da Einschneien in diesen Winterorten führt
zu unmöglichen Situationen, weil die Leute nach einer gewissen
Zeit fast einen Koller bekommen, wenn sie nicht aus den Ort-
schaften herauskommen und ausserdem schwere finanzielle Ver-
luste zu ertragen haben, weil z.B. Chartermaschinen abfliegen
und sie dann im Nachhinein buchen müssen, und die Transport-
kosten selbst bezahlen. Abgesehen davon, dass z.B. heuer ein
General von der Navy mit Hubschrauber von Rom zu seiner Schiffs-
einheit geflogen werden musste, da er infolge Einschneiens in
Zürs seine Einheit nicht zeitgerecht und normal erreichen konnte.
Die Folge davon war, dass ab sosofrt Angehörige der amerikanischen
Marine nicht mehr Urlaub in Zürs machen dürfen.
Die
Vorsprache des russischen Botschaftes Pozderow und des Handelsrates
Karmasin benütze ich, um den Russen mitzuteilen, dass die neue
Bundesregierung keine wie immer geartete Absicht hatte, die Handels-
beziehungen zu Russland einzuschränken oder nur stagnieren zu lassen
sondern ganz im Gegenteil entsprechend auszubauen. Ich verwies ins-
besondere darauf, dass die vom Institut für Wirtschaftsforschung
genannten 18 % Osthandel eine für uns überhaupt nicht bindende
Ziffer sei, da sie vollkommen aus der Luft gegriffen ist und
keinerlei wirklich zweckmässige Unterlagen dem zugrundlägen.
Pozderow war über diese Mitteilung sehr erfreut, da er wie mir
Reiterer mitgeteilt hat, die Russen scheinbar Bedenken haben,
ob die neue Regierung ihre Handelsbeziehungen zu den Oststaaten
verbessern wird. Dies passt auch in die Mitteilung Kreisky, der
mitgeteilt hat, dass die Russen angeblich im Politbüro gegenüber der
neuen sozialistischen Regierung gewisse Bedenken haben. Dies kann
sich allerdings auch darauf beziehen, dass sie die Minderheits-
regierung als nicht sehr stabil betrachten. Da ich mich im Getreide-
fonds immer für Russlandlieferungen für Brotgetreide und Futter-
mittel eingesetzt hatte, konnte ich darauf hinweisen, dass auch
ich auf dem Standpunkt stehe, dass man mit der Russen zwar hart
verhandelt, aber wenn man mit ihnen einArrangement erreicht hat,
dieses von ihnen 100 %-ige eingehalten wird. ich würde diese Vor-
gangsweise als sehr positiv betrachten, und mich daher , bemühen,
nach harten Verhandlungen zu entsprechend besseren Handelsbeziehungen
mit Russland zu kommen. Ein solcher Hinweis war notwendig, da mit
Juli in Österreich die russisch-österreichischen Verhandlungen be-
ginnen. Karmasin, den ich abend dann in seiner Handelsvertretung
besuchte, machte mich darauf aufmerksam, dass für Russland die
Warenlisten als unzweckmässig zu bezeichnen sind, die Russen haben
einen Staatshandel und deshalb sagen sie, werden sie die Waren,
die auf den Listen sind auch tatsächlich immer abnehmen, während
die österreichischen Firmen durch nichts verpflichtet werden
können, die im Handelsvertrag vorgesehen Waren auf tatsächlich ab-
zunehmen. Seiner Meinung nach sollte deshalb die Listen weitest-
gehend entfallen, dies umso mehr alsmit 1.1.1971 von der alten
Bundesregierung ja noch den Russen die multilaterale Verrechnung
zugesagt worden war. Zurzeit haben wir im russischen Clearing
eine 16 Mio-Dollar-Guthaben, der Swing beträgt nur 5 Mio $.
Ich benützte deshalb die Gelegenheit, um Podzerow zu ersuchen,
ob wir nicht Koks aus Russland beziehen könnte, Wir würden
mindestens noch 300.000 t brauchen und er erklärte, dass nach
Rücksprache mit Moskau er mir unverzüglich Antwort geben würde.
Die Kokssituation spitzt sich für den Winter ungeheuer zu. Die
OB hat auf Grund einer Besprechung mit den zuständigen Händlern
mitgeteilt, dass es noctwendig wäre, eine Presseaussendung zu
machen. In dieser Presseaussendung wäre allerdings nur zum Aus-
druck gekommen, dass Kohle und Koks knapp sind, die Folge davon
wäre ein weiteres Hinaufsteigen der Verbraucherpreise gewesen,
ohne dass irgendetwas de facto geschehen wäre. Ich habe deshalb
diese Aussendung nicht gemacht, sondern bemühe mich, über Deutsch-
land und vor allem jetzt über Russland zusätzliche Mengen zu be-
kommen. Karmasin machte mich bei der Abendveranstaltung auch
aufmerksam, dass Dr. Gleihsner bei ihm war und ihm mitgeteilt
hat, die aus dem österr.-russischen Vertrag beruhende ökono-
mische Arbeitsgruppe wäre nun verhandlungsbereit. Ich hatte zwar
keine Detailkenntnisse über diese Frage, Karmasin sagte mir aber,
seiner Meinung nach müsste doch das Handelsministerium dies-
bezpgliche Entscheidungen treffen. Ich werde mir daherdiese An-
gelegenheit sehr genau anschauen und sehen, was Gleihsner hier
vorbereitet, ohne uns verständigt zu haben.
Die Besprechung mit Kottulinsky und Klose zeigte, dass es doch
zwischen der Industriellenvereinigung und der Handelskammer in der
Funktionärsebene, d h. in den Spitzengremien Differenzen gibt,
denn beide bestätigten mir, dass es für sie äusserst schwer ist,
festzustellen, wann die Industriellenvereinigung und wie die
Industriellenvereinigung zu Besprechungen herangezogen werden soll.
Ich werde deshalb in dieser Frage sehr vorsichtig vorgehen und
versuchen, immer auf Beamtenebene die entsprechenden Einladungen
ergehen zu lassen. Bei der Gelgenheit konnte ich feststellen,
dass die Handelskammer, Sektion Industrie, in Zukunft nicht von
Mautner-Markhof, sondern vom jungen Schöller geleitet werden
wird. Ich werde deshalb im Rahmen des Industriekonzeptes mit
diesem Mann zu verhandeln haben, den ich allerdings schon Jahr-
zente lang kenne. Sowohl Kottulinsky als auch Klose waren
sehr begeistert, als ich ihnen mitteilte, dass ich in Zukunft
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auch an den Beiratssitzungen, soweit sie mein Ressort betreffen,
teilzunehmen gedenke. Ich habe überhaupt das Gefühl, dass beide
über den Beirat den Kontakt mit mir aufrechterhalten wollen, da sie
ansonsten vom ihren Funktionären Schwierigkeiten bekommen könnten
(bei Direktkontakt). Klose ersuchte mich noch zum Schluss, nachdem
Kottulinsky schon weggehen musste, dass ich Verständis dafür haben
sollte für diese Situation. Ich erklärte, dass ich dafür vollstes Ver-
ständnis hätte, denn ich wüsste, dass man die Funktionäre wie
ein rohes Ei behandelt müsse. Wenn ich mit ihm etwas bespreche
und er dann bei seinen Funktionären nicht durchkommt, würde ich
es nie bei einer Besprechung ausspielen, d.h. ich würde nie sagen,
ich habe mit Klose darüber schon ein Einvernehmen erzielt. Erstens
einmal würde mich das ja doch nicht dem Ziele näherbringen, die
Funktionäre würden deshalb kaum dieser Idee zustimmen und
zweitens würde es nur dazu beitragen, Misstrauen zwischen ihn
und seine Funktionäre zu säen.
Vom Mineralölhandel ist KR Mayrhofer und Dr. Widhalm gekommen
um mir mitzuteilen, dass sie insbesondere gehört werden wollen,
wenn es zu Änderungen des Benzin- oder Dieselpreises kommen
würde. Sie urgierten auch neuerdings, dass für Ofenheizung
die Heizölsteuer ermässigt werden sollte. Ich erwiderte, auch
die finanzielle Situation des Staates müsste Rücksicht genommen
werden, versprach ihnen aber, bevor entsprechende Massnahmen ge-
setzt werden, dass mit ihnen gesprochen wird. Mayrhofer wies
insbesondere darauf hin, dass die grossen potenten Firmen
ihre eigene Politik machen und sie im Gremium aber versuchten
müssten, alle unter einem Hut zu bringen. Ich weiss allerdings,
dass dies auf diesem Sektor fast nie gelingt. Bezüglich der
Tankstellen bei den Autobahnen ersuchten sie um eine Ausschreibung
und ich sagte ihnen im Prinzip dies zu.
Anmerkung: Bitte, eine diesbezügliche Aktennotiz für Moser vor-
bereiten.
Mit Kienzl hatte ich eine Aussprache bezüglich der Notenbank-
politik. Derzeit genehmigt die Nationalbank nur Transferbewilligun-
gen für Kapitalimporte und Kredite in einem Ausmass von 3 : l.
Das heisst, wenn jemand 100 Mio DM oder US$ Kapital nachweislich
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als Eigenkapital in eine Gesellschaft einbringt, dann kann er
300 Mio DM oder $ auch als produktive Investitionen in Form von
ausländischen Krediten hereinbringen. Er könnte sich vorstellen,
dass dieser Schlüssel 3 : 1 für Betriebsmittelkrediten angewendet
werden könnte. Aber die Möglichkeit, die Kreisky darin sieht
größere Mengen von Kapital durch z.B. Wohnungsgenossenschaften
Neue Heimat aus Deutschland oder sonstige Leasing-Projekte zu
importieren sieht Kienzl derzeit nicht. Die finanzielle Situa-
tion des Bundes betrachtet er als sehr kritisch, allerdings
hat durch das neue Notenbankgesetz der Finanzminister noch
gewisse Möglichkeiten,denn für 1970 könnte er 3,5 Milliarden S.
Kassenstärker geben von denen derzeit nur 1,7 Mia tatsächlich
gegeben sind, sodaß noch 1,8 Mia S. offen sind. 1,5 Mia. Kassen-
scheine die jetzt fällig wären, werden auf 2.8.1970 verlängert.
Wieweit das laufende Defizit von 8,9 Mia. S. gedeckt können werden
ist für Kienzl eine Frage, da er behauptet die in Aussicht
genommenen 100 Mio $-Kredite im Ausmaß von 2,6 Mia.S. seien
keinesfalls sicher, sondern nach seinen Mitteilungen nur sehr
schwer zu erhalten. Die Lage der Kreditinstitute sei an und
für sich auch angespannt und sie würden deshalb eine weitere
Anleihe des Bundes kaum leicht plcieren können. Bei der letzten
Frühjahrsanleihe von 1 Mia.S. wurden bekanntlicherweise nur
400 Millionen verkauft. 600 Millionen blieben im Portefeuille
der Banken liegen. Die Banken haben derzeit bei der National-
bank 6,2 Mia. refinanziert, von einer Maxi......... von 7,2 Mia.,
davon die CA allein 2,5 Mia., das bedeutet für sie eine sehr
stark angespannte finanzielle Situation.
Abends bei der zweiten Geburtstagsfeier für Hrdlitschka , Prä-
dent der Arbeiterkammer Wien, hatte ich Gelegenheit mit Vize-
kanzler Häuser über den Wunsch von Frau Min.Rat Carmine zu
sprechen, die erklärt hat, dass bei der ILO doch eine gemein-
same Stellungnahme abgegeben werden sollte. Es handelt sich
um das Problem eines internationalen Übereinkommens über Urlaubs-
vorschriften und die alte Bundesregierung hat eine einvernehm-
liche Lösung vorgeschlagen, nämlich in dem Absatz, wo verlangt
wird, dass durch 6 Monate eine Urlaubsanpruch entsteht, den
zu streichen, da bei uns in Österreich ja erst die Arbeiter
nach 9 Monaten einen Urlaubsanspruch haben, allerdings in
gewissen Staaten entsteht der Urlaubsanspruch jedes Jahr erst
neu, wenn 6 Monate, die der Betreffende arbeitet. Bei uns
ist es so, dass die Angestellte nach 6 Monaten und die Arbeiter
01-0150
nach 9 Monaten Arbeit einen Urlaubsanspruch haben und den
aber nur in dem ersten Jahr nachweisen müssen. Anschliessend
daran hat er sofort automatisch einen Urlaub. Die Sektions-
chefs und die Ministerialräte, die diese Angelegenheti in Genf
vertreten müssen, waren sich einig, dass es zweckmässig erschiene,
diese ziffernmässige Begrenzung aus dem Entwurf zu streichen.
Übereinstimmung hat angeblich auch im Sozialministerium solange
bestanden, bis Weissenberg – wie ich jetzt von Häuser erfahren konnte
– darauf aufmerksam gemacht hat, dass man damit vielleicht die
Kodifizierung schon vorbereiten könnte, dort ist vorgesehen, dass
auch die Arbeiter bereits nach 6 Monaten einen Urlaubsanspruch
haben sollen – und er deshalb dieses Einvernehmen, das bis zu-
letzt bestand, als nicht richtig bezeichnete. Häuser erklärte
mir, er sei mit jeder Lösung einverstanden, die ich mit Weissenberg erzielen könnte. Diesbezügliche Besprechungen ergaben,
dass Weissenberg hier mit Scheer sich die Sache nochmals über-
legen werde, und mir unverzüglich Mitteilung macht.
Hrdlitschka hatte mir auch mitgeteilt, dass Kohlmeier eine
schriftliche Anfrage an das Sozialministerium gerichtet hatte,
ob und inwieweit er als Aufsichtsbehörde der Arbeiterkammer die
Subventionsansuchen und Genehmigung prüfe. Hrdlitschka sagte
mir, er will diese Angelegenheit mit Häuser besprechen, denn er
wollte, dass erst intern im Hause regeln. Da Kohlmeier am Dienstag
nächster Woche zu ihm kommt, bitte er, bis dahin keinerlei Ent-
scheidungen zu fällen. Anders dagegen reagierte Häuser, der
sofort erklärte, er hätte mit Heinzi Fischer vom Parlamentsklub
der SPÖ vereinbart, dass jetzt auch an den Herrn Landwirtschafts-
minister und Handelsminister eine diesbezügliche Anfrage betref-
fend die Landwirtschaftskammer und Handelskammer-Überwachung erfol-
gen sollte. Ich vertrat die Meinung, dass dies unzweckmässig ist,
denn es handelt sich glaube ich hier ausschliesslich um einen
Versuch des ÖAAB, den Präsidenten Jäger von der Vorarlberger
Arbeiterkammer, den dem ÖAAB angehört, zu unterstützen und der
bei der letzten Kammertagssitzung mir gegenüber schon gesagt hatte,
er möchte sehr gerne über die Vorgangsweise der Subventionen auf-
geklärt werden. Jäger hatte damals in der Vorstandssitzung angefragt.
ob und inwieweit Subventionsbeschlüsse des Kammertages für diie
einzelnen Länderkammern bindend sind. Eine Vorgangsweise, die bis
jetzt noch nie angezweifelt wurde, die allerdings sofort auch
von Präsident Horr von der nö. Arbeiterkammer aufgegriffen wurde.