Donnerstag, der 5. Mai 1983

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Donnerstag, 5. Mai 1983

Ein gewisser Laub, Präsident des Schweizer Komitees zur Förderung der
Gemeinwirtschaft, hatte die Idee über die österreichische Organisation
für Gemeinwirtschaft eine stärkere Außenhandelsaktivität dieser Gemein-
wirtschaft zu organisieren. Ihm schwebt vor, daß z.B. die Schweizer,
die zweisprachig sind und damit Französisch perfekt beherrschen, im-
stande wären die österreichischen Exporte von gemeinwirtschaftlichen
Betrieben über die Schweiz nach Frankreich abzuwickeln. In Frankreich
gibt es, wie er erkundet hat, eine stärkere gemeinwirtschaftliche Orga-
nisation insbesondere auf dem Genossenschaftssektor, in Österreich be-
stehen für Schweizer Begriffe phantastische Organisationsverhältnisse,
die Schweiz hat die geringsten Ansätze von gemeinwirtschaftlichen Orga-
nisationen. Nach Laubs Meinung sollte die IFIG, Internationale Forschungsstelle für Gemeinwirtschaft, das bestgeeignete Instrument
dafür sein. Das Ganze war ja sehr nebulos, vor allem überschätzt Laub
die Einflußmöglichkeit der österreichischen Gemeinwirtschaftsorganisa-
tion, natürlich war er sehr verwundert, daß es in der Bundeshandels-
kammer ein eigenes Referat für Gemeinwirtschaft gibt, mit dem er übri-
gens beabsichtigt Kontakt aufzunehmen.

ANMERKUNG FÜR MARSCH, MEISL UND HAFFNER: Diese Idee mit Repräsentant
der österreichischen Gemeinwirtschaft besprechen.

Der Wiener Repräsentant der Tiroler Planseewerke, Ratauscher, geht in
Pension, hat mir seinen Nachfolger Knaur vorgestellt; da ich ja so wie
Ratauscher in kürzester Zeit auch in Pension sein werde, habe ich MR
Gröbl, der in der Sektion dafür ressortmäßig zuständig ist, Direktor
Knaur empfohlen. Wenn Plansee was braucht, so wird auch in Hinkunft
sicherlich das Handelsministerium sie in jeder Beziehung unterstützen.
Anerkennung konnte ich den Planseevertretern für ihre Chefin, die
Witwe von Konsul Schwarzkopf, sagen, dieser hatte man nämlich prophe-
zeit, daß sie nicht imstande sein wird dieses große, technisch kompli-
zierte Werk zu führen. Nach all den Jahren, wo sie sich jetzt aber so
bewährt hat, ist ihre Führungsqualität außer jeder Diskussion.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Solche durchschlagenden Erfolgsfrauen sollten
Tichy-Schreder und vielleicht auch die Freien Wirtschaftsverbandsfrau-
en mehr herausstreichen.



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Bei der Verbundgesellschaft haben über 40 Kolleginnen und Kollegen
Orden vom Bundespräsidenten durch mich verliehen bekommen, es waren auch
etliche Betriebsräte darunter, deren Auszeichnung eigentlich das Sozial-
ministerium hätte übergeben sollen. Fast peinlich wirkte es auf mich,
daß sowohl die beiden Vorstandsdirektoren Fremuth und Zach als auch der
Betriebsratsobmann Nischkauer mir Laudationen, hielten die ich eigentlich
gar nicht erwartete. Ich war wirklich überrascht, wie viel angeblich
Positives ich im Laufe der 10 Jahre, seit die Elektrizitätswirtschaft
ressortmäßig ins Handelsministerium gekommen ist, positives getan habe.

Wunschdenken des ÖVP-Vorstandsmitgliedes Zach war, es der meinte, es könn-
te doch vielleicht eine Möglichkeit geben, daß ich noch Handelsminister
bleiben würde.

MR Fälbl, der auch über meinen Abschied nicht glücklich ist, hat mir
sogar eine neue Variation erzählt. Der ÖVP-Bundesrat und Wiener Handels-
kammerfunktionär, Konsul von den Seychellen, Wirtschaftsbundobmann des
ersten Bezirkes, Dr. Pisec, hätte ihm erzählt, die ÖVP hätte ja der SPÖ
angeboten, daß wenn eine schwarz-rote Koalition zustande käme, ich das
Handelsministerium weiter behalten hätte können. Unwahrscheinlich,
welche Latrinengerüchte es jetzt überall gibt. Ich habe mich schon in
meiner frühesten Jugend immer gewundert, wie in manchen Situationen
von manchen Personen deutlich sichtbare Entwicklungen ganz einfach
nicht zur Kenntnis genommen werden. In Buchenwald, erinnerte ich mich,
hat es natürlich eine große Anzahl von Latrinengerüchten gegeben,
insbesondere der Möglichkeit entlassen zu werden. Keine ist eingetreten,
weil alle nur Wunschvorstellungen einzelner gewesen sind, die sie
irgendwem irgendwo weitererzählt haben. Ein Aufseherhund bellt mehr
als sonst, er hat gehört wahrscheinlich, daß jetzt doch die Häftlinge
entlassen werden sollen, daß er durch sein Bellen verhindern möchte,
könnte damals auch z.B. ein Grund gewesen sein, um Entlassungshoffnungen
wieder einmal aufblühen zu lassen.

Während der Feier wurde ich dringendst von der Bauarbeitergewerkschaft
verlangt, dort gab es den Gesamtvorstand und der Zentralsekretär fragte
mich, ob ich davon wüßte, daß bei den Parteiengesprächen die FPÖ das
Kraftwerk Hainburg entschieden ablehnt. Ich hatte keinerlei Information
und ihn und einen weiteren Anruf von Präs. Hesoun in der selben Sache
an Verhandlungskomiteemitglied Präs. Czettel verwiesen. Ich kann mir
sehr gut vorstellen, daß die FPÖ dagegen remonstriert, Gen.Sekr.
Grabher-Meyer hat ja unmittelbar nach der Pressekonferenz von der
DoKW in einem Fernschreiben öffentlich erklärt, daß die Verlautbarung


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Dir. Kobilkas, am ursprünglichen Standort, also auch in den Auen, das Kraft-
werk zu bauen, von der FPÖ ganz entschieden abgelehnt wird. Das Furcht-
bare in vielen Fragen, aber am meisten bei der Kraftwerksstufe Hain-
burg in den letzten Jahren war, daß sich jedermann in der Öffentlich-
keit gleich so apodiktisch festgelegt hat, daß es jetzt sowohl für
den Landwirtschaftsminister Haiden als auch für den Gesundheitsminister
Steyrer kaum eine Rückzugsmöglichkeit gibt. Dieses Problem habe ich
dann ganz besonders mit MR Burian im einzelnen besprochen. Ich wollte
ihn nicht enttäuschen, denn er ist fest davon überzeugt, daß es gelin-
gen wird, die Hainburgerstufe zu bauen, gegebenenfalls als Naßbauweise,
ich selbst habe die größten Befürchtungen, daß man die geschlossene
fast aller kompetenten oder auch nicht kompetenten Minister
der neuen Regierung gegen dieses neue Projekt haben wird.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Versuch zu recherchieren, was diese
Naßbauweise kosten würde.

Die schwedische Kugellagerfabrik SKF hat jetzt im Industriezentrum
Süd errichtet. Diese neue Auslieferungshalle beherbergt derzeit nur
die Lager, in Kürze wird, wie ich dann von LR Schauer hörte, das ge-
samte Büro nach Biedermannsdorf übersiedeln. Jedermann glaubt, daß
dieses Industriezentrum auf der ehemaligen Flugzeugmotorenfabrik
in Wiener Neudorf liegt, der Bürgermeister von Biedermannsdorf, der
ebenfalls eine Ansprache hielt, hat aber besonders darauf verwiesen,
daß es in seinem Gemeindegebiet beheimatet ist. Ihm kommt es weniger
darauf an, daß in der Öffentlichkeit man immer glaubt, alles gehöre zu
Wr. Neudorf, viel wichtiger ist ihm, daß die Steuern von diesen Be-
trieben in seine Gemeindekassa kommen. Der in Stockholm zuständige
Europadirektor, der ebenfalls eine Begrüßungsansprache hielt, meinte,
5 Fabriken gibt es in Europa, als ich ihn darauf ansprach, leider keine
in Österreich, meinte er, hier hätten wir ja die guten Steyr-Kugel-
lagerwerke, der schwedische Botschafter wieder verwies darauf, daß
im Rahmen der EFTA der Freihandel zw. den Staaten Gott sei dank
statuiert ist. SKF liefert Kugellager nach Österreich, die Steyr-Werke
nach Schweden. Alle mußten aber zugeben, daß es sich dabei um ein Ver-
hältnis wie ein Huhn, ein Pferd handelt. SKF macht 240 Mio. S Umsatz,
die Steyr-Werke wahrscheinlich einen Bruchteil in Schweden.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Weiß man zufällig die genauen
Ziffern?

Beim Abschiedsempfang des DDR-Botschafters Schramm haben mir einige


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Leute sozusagen auch meinen Abschied versucht leichter zu machen.
Sie meinten, es sei traurig, daß ich jetzt in Hinkunft nicht mehr
Handelsminister bin, einige bedauerten es wahrscheinlich wirklich,
ich persönlich bedauere es aber wirklich überhaupt nicht.

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Tagesprogramm, 5.5.1983


Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Dir. DoKW


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Präsident AK
        GND ID: 121924882


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., ab 1981 Gesundheitsmin.


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


                  Einträge mit Erwähnung:
                    GND ID: 115563237


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                        Tätigkeit: HK, Evidenzbüro für Außenhandel, Wr. ÖVP-Bundesrat


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                          Tätigkeit: Dir. Fa. Plansee, Reutte (Tirol); Falschschreibung?


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                            Tätigkeit: MR HM


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                              Tätigkeit: Präs. AK NÖ


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                                Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                                  Tätigkeit: BRO Verbund; evtl. Falschschreibung


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                                    Tätigkeit: DDR-Botschafter


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                                      Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                        Tätigkeit: Vorstand Verbund


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                                          Tätigkeit: Beamter HM


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                                            Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                              Tätigkeit: LR NÖ, ÖVP


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                                                Tätigkeit: Dir. Fa. Plansee, Reutte (Tirol)


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