Mittwoch, 20. April 1983
Der VW-Konzern mit der Fa. Porsche hat, so wie dies Mercedes vor etlicher
Wochen gemacht hat, ebenfalls einen Lieferantentag. 110 österreichische
Firmen liefern heute nach Wolfsburg. Wie GD-Stv. Münzner darauf verwies,
hat sich seit 1967, wo 200 Mio. S diese Exporte betrugen, dies auf heuer
1.650 Mio. erhöht. Er bezeichnete sich als Landsmann mit Herz; wenn man
bedenkt, daß jetzt im VW-Werk GD Hahn, ein Österreicher, der Wissenschaft-
ler Prof. Fiala, ein Österreicher, und Münzner jetzt durch die Verleihung
der österreichischen Staatsbürgerschaft auch einer ist, so kann man
sagen, daß tatsächlich der Österreicheinfluß in der BRD sehr groß ist.
Darauf verwies ich in meiner Ansprache. VW-Werk bilanziert, wie Münzner
erklärte, heuer positiv, der Konzern allerdings durch die großen Verluste
in Übersee noch immer leicht negativ. In Brasilien wurden ja ganz
schwere Verluste 1981 erzielt, 82 ging es schon besser. 1976 betrug
der Exportanteil 7,1 %, von dem Importwert 1982 ist er auf 40 % ange-
stiegen, eine wirklich beachtliche Leistung, von den 17 1/2 Mrd. DM Umsatz
entfallen 9,5 % auf Importe, sind auf Schilling umgerechnet 10,7 Mrd.,
davon auf Europa 8,7 Mrd. S und davon auf Österreich wieder 18 %, näm-
lich 1,.6 Mrd. Österreich ist damit am zweiten Platz.
Von dem jetzt anhaltenden Autoboom, nachdem 79, 80 und 81 auch VW abge-
rutscht ist, nie aber die Marktleaderschaft verloren hat, ist jetzt im
März eine Importsteigerung von 33 % festzustellen.
Ich verwies aber darauf, daß diese Zulieferung erst so richtig nach dem
Scheitern des Austroporsche zustandegekommen ist. Das wirklich Entschei-
dende aber ist, daß durch die Unterstützung vom Einkäufer von VW, KR
Matousek, den ich besonders lobend hervorgehoben habe, möglich war deutsche
Firmen in Österreich anzusiedeln und gerade in regional Beschäftigungs-
problemgebieten zugrundegegangene Betriebe dort aufzufangen. Das letzte
war die Sanierung der Eumig-Betriebe in Fohnsdorf.
Unter 4 Augen hat mir Münzner mitgeteilt, daß jetzt in Hannover 3000
VW-Arbeiter abgebaut werden müssen. In Deutschland gibt es daher große
Schwierigkeiten jetzt, weil er dafür eingetreten ist, daß die Allradfahr-
zeuge in Graz von SDP gefertigt werden.
Mit Matousek und Münzner habe ich dann die Möglichkeit von Federliefe-
rungen aus Judenburg besprochen, diese sehen eine Möglichkeit.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diese Idee sofort weiterverfol-
gen und BRO Squarza Kontakt halten.
GD Himmer von Porsche berichtete über diesen Konzern, 10.000 Beschäftigte,
12 Mrd. Umsatz, 35 Betriebe allein mit 2.400 Beschäftigten. Diese Firma
ist nach wie vor 100 % österreichischer Besitz und der größte Steuer-
zahler. Himmer selbst wird, wie ich strengst vertraulich auch erfahren
habe, in zwei Jahren Präsident der Deutsch-österreichischen Handelskammer.
Der marokkanische Botschafter hat im Auftrag seines Handelsministers
mich nicht nur zur Messe eingeladen, sondern darauf gedrängt, daß jetzt
endlich die Gemischte Kommission zusammentreten soll. Ich habe ihm
gesagt, daß dies sicherlich nach den Wahlen im Konkreten besprochen wer-
den kann und auch fixiert werden muß. Notwendig erscheint mir aber,
daß man die Zahlungsverpflichtungen Marokkos an Österreich regelt,
380 Mio. S Kapital, 120 Mio. S aufgenommene Zinsen, also rund 500 Mio. S
Schulden bei 123 Mio. Import und 214 Mio. Export im vergangenen Jahr,
eine erträgliche Zahl, wenn die Marokkaner wenigstens zu erkennen geben,
daß sie die Zinsen bezahlen. Botschafter Baddou hat gesagt, dies sei sein
Hauptanliegen und er hofft, daß in nächster Zeit hier ein positives Er-
gebnis erzielt werden kann.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll schön langsam die Projekte
zusammensuchen, die es doch geben muß.
Der Präsident der irakischen Ölorganisation, Hussein, und sein GD von
Planungsdepartment der nationalen Ölgesellschaft waren nach Wien gekommen,
um mit der ÖMV Gespräche über Öllieferungen durchzuführen. Leider teilt
er mir dann mit sei es zu keinem positiven Abschluß gekommen. Irak, das
1973 nach der Verstaatlichung mit Österreich als erstem westlichen Land
einen Vertrag geschlossen hat, hat jetzt durch die Kriegsereignisse,
Sperren der Pipeline mit 61,4 Mio. Barrel per day, nur die Chance über die
Türkei 700.000 Barrel zu liefern. Diese Pipeline wird jetzt vergrößert
und wird 800.000 und im nächsten Jahr 1 Mio. Barrel liefern können.
Irak erwartet, daß allein symbolisch und wegen der Statistik Österreich
wenigstens eine Schiffsladung kauft. Ich habe ihm zugesagt, nachdem
Österreich auch etliche Projekte im Irak verkaufen möchte, insbesondere
Cifer von den Bauerpumpen ein 700-Mio.-Projekt für Bewässerung in Kirchk ,
daß ich versuchen werde, daß ich mit GD Kaes nochmals darüber ernste Ge-
spräche zu führen. Bauer selbst war beim Essen anwesend, hat mich dann
noch ersucht entsprechendes Material für die irakische Regierung zu über-
geben, da er auf diesen Auftrag sehr angewiesen ist. Die Erdölimporte
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betrugen 80 7 Mrd. S und sind jetzt auf weniger als 500 Mio. zurückgefallen.
Die Exporte betrugen im vergangenen Jahr aber 4 1/2 Mrd. S und haben
bis jetzt steigende Tendenz, es besteht die große Gefahr, daß die Iraker,
wenn wir nicht einmal den optischen Ölbezug aufrechterhalten, überhaupt
nichts mehr kaufen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit GD Kaes verbinden.
BK Kreisky hat den Rat für auswärtige Angelegenheit zur 23. Sitzung wegen
der Devisenbeschränkungen Frankreich eingeladen. Dies war ein Wusch des
Parteiobmanns der FPÖ, Steger, Kreisky forderte mich sofort auf zu den
Bemerkungen Stegers und Mocks, was hat die österreichische Regierung
getan, wie ist die derzeitige Situation, Stellung zu nehmen. In meiner
impulsiven Art, wie Steger dann bemerkte, hätte ich zwar in kürzester
Zeit sehr viel gesagt, ihn interessiert aber noch besonders die ziffern-
mäßige Situation. 2 Mio. Übernachtungen, das sind 2,4 % Franzosen in
Österreich, allerdings 0,3 Anteil davon im Burgenland und 50 % davon in
Tirol zeigt die Bedeutung, aber auch die Streuung. Die Franzosen haben im
Vorjahr 1,7 Mrd. S Devisen gebracht. Österreich in Frankreich 1,2 Mrd.
ausgegeben. Da die Einfuhren aus Frankreich 12,9 Mrd. betragen, die Aus-
fuhren aber nur 11,3, ergibt sich ein Passivsaldo von 1,6 Mrd. Steger
meinte daher, man könne bei informellen Gespräche mit Frankreich auf
diese Situation verweisen und doch einen gewissen Druck ausüben. Er
schlug auch vor, man sollte die Parole vertreten, Österreicher sollten
weniger nach Frankreich fahren. Beide Parteien haben sich zufrieden ge-
geben, daß Österreich, wie ja auch Außenminister Pahr mir seinerzeit
vorgeschlagen hat, bei der OECD und bei WTO Proteste einlegen wird.
Pahr wollte unbedingt verhindern, daß auf bilateralem Gebiet, Vorladen
des französischen Botschafters, die guten Verhältnisse zu Frankreich
getrübt werden. Die Franzosen werden meiner Meinung nach sowieso ihre
Beschränkung nur noch kurzfristig aufrechterhalten können, ich habe da-
rauf verwiesen, daß mit größter Wahrscheinlichkeit entsprechende Schleich-
wege gefunden werden können. Staatssekretär Steiner von der ÖVP meinte,
die Franzosen kontrollieren jetzt beinhart und stur und haben überhaupt
System der nichttarifarischen Hemmnisse zu einer Perfektion entwickelt.
Hier konnte ich ihm mitteilen, daß die Handelskammer und ganz besonders
von der Videorecordereinfuhrbeschränkung Philips erklärt, man sollte
trotzdem keine Gegenschritte überlegen, ja nicht einmal protestieren.
Kreisky stellte abschließend dann fest, alle drei Parteien haben festge-
halten, daß Fremdenverkehr geschädigt wird, das Handelsministerium bei
der WTO und OECD vorstellig werden wird, um dort zu protestieren und
anzukündigen, daß man ev. Maßnahmen vorbehält.
MR Würzl, der mich begleitete, war über dieses Ergebnis, obwohl er ja
ursprünglich auch bilaterale Proteste erwogen hat, die ich ihm ausreden
konnte, sehr zufrieden. Das Außenministerium hat nämlich durch sein Ver-
halten in diesem außenpolitischen Beirat klar und deutlich zu erkennen
gegeben, daß es jetzt endgültig die Zuständigkeit des Handelsministeriums
in dieser Frage in der OECD und in der WTO anerkannt. Ich habe ihm vorge-
schlagen, er soll darüber einen Akt anlegen und diesen zwecks Einvernahme
dem Außenamt übermitteln.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte dies beachten.
BK Kreisky hat mich nach der Sitzung in sein Büro gebeten, um mit mir
über NR Heindl ein vertrauliches Gespräch zu führen, das ich sofort,
wie ich ihm auch mitgeteilt habe, Heindl weitergegeben . Ich hatte ange-
nommen, daß Kreisky über den Vorfall zwischen MR Fischer und seinem
Kabinettschef Amry mit mir reden will, hier hatte ich nämlich gerade vor-
her den Aktenvermerk von Amry bekommen, der wesentlich anders aussagt,
als Fischer Dr. Haffner unaufgefordert mitgeteilt hat. Ich habe Haffner
ersucht, er soll jette mit SL Schuberth den ganzen Fall prüfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuche den Fall objektiv zu erfassen.
Die Passagendiskussion im AEZ, diesmal mit den Gemeinderäten Sallaberger
und Dinhof, zeigte mir deutlich, daß diese Wochenveranstaltungen vor den
Wahlen nicht den gewünschten Erfolg bringen können. Die Leute erleben
die Passagendiskussionen jetzt überall und immer wieder, daher sind sie
für sie nicht mehr so interessant, diesmal wurden mehr Gemeindeprobleme
gefragt, sodaß die beiden Gemeinderäte, insbesondere natürlich der Lan-
desparteisekretär GR Sallaberger den Großteil der Diskussion bestreiten
mußte. Einige jüngere Leute waren zwar bereit ständig dort zu keppeln,
die Umstehenden sozusagen dort zu beeinflussen, nicht aber dann über
das Mikrophon ihre Meinung zu sagen. Dies löst dann ständige Diskussionen
der Passanten untereinander aus, was scheinbar auch die Absicht dieser
Störenfriede ist. Wie weit diese von der ÖVP oder anderen Gruppen ge-
schickt werden, kann man aber nicht feststellen. Das Ganze verlief ver-
hältnismäßig friedlich, insbesondere mir gegenüber ein Passant meinte,
nur der Minister soll was antworten, ohne mich aber auch konkret etwas
zu fragen. Der Wahlkampf geht deutlich sichtbar in die Endphase, ich
halte nach wie vor meine Behauptung aufrecht, daß es viel wichtiger
war zwischen den Wahlen diese Passagendiskussionen durchzuführen, wie
ich es jetzt seit über einem Jahrzehnt mache, als knapp vor den Wahlen
dann konzentriert von recht vielen Politikern auf recht vielen Plätzen
bei zum Schluß letzten Endes uninteressierter Zuhörerschaft.
Tagesprogramm, 20.4.1983