Freitag, der 15. April 1983

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Freitag, 15. April 1983

Die Nationalbank hat dem IFES den Auftrag gegeben ein politisches Perio-
digramm über Wahlverhalten und Wahlprognosen auszuarbeiten. Dr. Traar und
Dr. Birk haben diese Studie mit NR Kienzl, ÖGB-Sekretär Muhm und mir bespro-
chen. Die letzten Erhebungen der Karwoche verglichen mit Kienzl -Ergeb-
nissen, Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft, SWS, und IFES ergebe
annähernd die selben Werte. SWS hat allerdings einen sozialistischen
Bias, der aufgrund der Erfahrungswerte korrigiert wird. Die Sozialisten
hätten nämlich 48 % bei noch 14,1 % Unentschlossenen, der sozialistische
Bias ist 10 %, sodaß die richtige Zahl 43 % wäre. Die ÖVP hat 23,8 %,
korrigiert 28 1/2. Dem stehen die IFES-Ziffern gegenüber von ebenfalls
14 % unentschlossenen Wählern, in Wien leider noch 23 %, dies ergibt für
die ÖVP 41,2 resp. Sozialisten 48,5 %. Kienzl hofft, daß bei der IFES
noch eine Korrektur notwendig wäre, da die IFES nur bis zu 70-jährige
erfaßt und 772.000 über 70 Jahre nach Kienzls Meinung bei der IFES berück-
sichtigt die absolute Mehrheit von den Sozialisten ergibt. Von Jänner bis
Ostern ist der Sympathiewert bei SWS um 4 % für die Sozialisten gestiegen,
nach Kienzls Meinung ist die Tollmann-Gruppe, Vereinigte Grüne Österreichs,
VGÖ, ident mit dem harten Kern der Kraftwerksgegner, deren Einzug ins Par-
lament scheint ihm aber nicht gegeben. Dem habe ich sofort widersprochen,
hier irrt Kienzl. Im IFES-Sample sind ca. 800 Grüne von Februar bis März, al
nach dem Skandal, haben sie sich von 10 nur auf 9,4 % verringert und ins-
besondere in Wien gefestigt. Da sie in Wien mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit, wie die Techniker sagen, meiner Meinung nach das Grund-
mandat bekommen, ist mit deren Einzug zu rechnen. Nach meinem Dafürhalten
ist dann die absolute Mehrheit von SPÖ-Mandaten verloren. Daran ändert
glaube ich leider nichts, obwohl die SPÖ jetzt kontinuierlich gewinnt und
die ÖVP stagniert, ja sogar gegen ihren Höhepunkt Anfang des Jahres leicht
verliert. Immer wieder entdecke ich, daß auch bei mir Wunschdenken vor-
liegt. Zum Glück kann ich dies noch entsprechend korrigieren.

Der BRO Squarza von VEW Judenburg ersucht mich, ich sollte die Firma
unterstützen bei dem Versuch Federn für LKW-Importautos nach Österreich
von VEW zu verwenden. Ich erkläre mich sofort bereit, wenn die Verkaufs-
manager von Judenburg mir mitteilen, an welche Firmen ich mich wenden
müßte. Die autotiven Zulieferer haben ja auch durch Unterstützung des
Handelsministeriums diese jetzt schon beträchtlichen Exportmöglichkeiten
bekommen. Die Unterstützung unsererseits kann aber nur auf freiwilliger


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Basis erfolgen, was Squarza mehr oder minder einsieht.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte sich mit ihm in Verbindung
setzen.

Der Zuckerexporteur Mauthner hat mit MR Sterk die Möglichkeit der
Kohlekompensation gegen Lebensmittel besprochen und mir dann mitgeteilt,
daß mit Sarajevo 15.000 und insgesamt in Jugoslawien 20.000 bis 25.000 to
Zuckerlieferung zustande kommen könnten. Da der Preis jetzt durch die
Kompensation gegen Kohle in Jugoslawien ein wenig günstiger ist als der
Weltmarktpreis, würde die Zuckerindustrie dadurch um 3 Mio. S mehr erlösen,
obwohl sie noch immer 1,60 S unter dem Selbstkostenpreis liegt. Der
Gesamtverlust bei heurigem Zuckerexport wird bei 70 Mio. S liegen.
Mauthner ist überzeugt, daß mindestens 100.000, maximal 130.000 to
exportiert werden müßten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit dem Landwirtschaftsministerium ab-
stimmen.

Der polnische Vizeaußenminister Olechowski kam mit dem neuen polnischen
Botschafter, um die finanzielle Umschuldung und ev. weitere Kreditgewäh-
rung mit mir zu besprechen. Die Polen sind fest davon überzeugt, daß
sie, wenn jetzt in Paris die Verhandlungen wieder aufgenommen werden,
sowohl für die Bankkredite als auch für die vom Staat garantierten Kre-
dite zu einer Lösung kommen könnten und auch werden. Bis zum Papstbesuch
wird nach Meinung der polnischen Führung es möglich sein den Ausnahme-
zustand aufzuheben. Das Martial Law, Polizeigesetz, wird von mir immer
wieder angeprangert, die polnischen Vertreter, mit denen ich bis jetzt immer
darüber gesprochen habe, sehen dies auch sofort ein; da der neue Botschaf-
ter bis jetzt keinerlei Kontakte, weder mit der Handelskammer noch mit
dem Finanzministerium, aufgenommen hatte, habe ich sowohl mit Staatssekre-
tär Seidel als auch Dr. Gleißner, Handelskammer, entsprechende Vereinbarun-
gen mit ihm sofort fixieren können. MR Fälbl hat mit ihm dann entsprechend
weitere Gespräche bezüglich der Gemischten Kommission bei der Posener
Messe geführt; die Polen hoffen, daß es ihnen gelingen wird mit Hilfe
von neuen gesetzlichen Bestimmungen über ausländische Kapitalbeteili-
gungen in Polen notwendige zusätzliche Mittel zu bekommen. Hier sehe
ich kaum eine Chance. Alle Staaten, insbesondere aber Österreich und
ganz besonders deren Unternehmer werden, soweit sie sich in Polen auf
neue Lieferverpflichtungen einlassen, versuchen weitestgehend sofort
zu ihrem Geld zu kommen, die seinerzeit verhältnismäßig großzügige
Kreditgewährung, in der letzten Phase dann auch nur mehr, um gegebenenfalls


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alte Kredite dadurch bezahlt zu bekommen, wird sobald nicht eintreten. F
Polen gilt jetzt der Grundsatz, man soll gutes Geld dem schlechten nicht
nachwerfen.

Der jugoslawische Gen.Sekr. des Automobilklubs ist auf Einladung von
ÖAMTC in Wien, der ARBÖ hat mich ersucht, ich sollte entsprechende Gespräche
mit Gen.Sekr. Maras führen, damit der ARBÖ wieder direkte Benzingutscheine
aus Jugoslawien bekommt und dies nicht über den ÖAMTC abgewickelt wird.
Der ÖAMTC hat davon Wind bekommen und mich ersucht ebenfalls zu dieser
Aussprache eingeladen zu werden. Dies habe ich selbstverständlich sofort
getan, die Aussprache ergab, daß Maras aufgrund der internationalen
Verpflichtung der Autoklubs AMSJ und ÖAMTC, das sind Klubkameraden im
AID und dadurch gibt es beiderseitige Verpflichtung, wie Schuchlenz,
Gen.Sekr. des ÖAMTC, erklärte, AID-Regel sieht vor, daß die Kooperation nur
mit Schwesterorganisationen erfolgt. Da ich aber dann darauf hinwies,
daß die jugoslawische Regierung einen hoheitsrechtlichen Akt setzt, wenn
sie Benzingutscheine, derzeit 10 % Verbilligung, die übrigens nach Meinung
Maras erhöht werden soll setzt, ersuchte ich, daß die Klubs sich untereinan-
der zu einem positiven Abschluß dieses Problems einigen, damit nicht von
staatlicher Seite Einfluß genommen werden muß. Wie mir dann NR Hobl und
Gen.Sekr. Effenberger versicherten, haben sie sich dann durch eine Ein-
leitung und Unterstützung des ARBÖ-Standpunktes auch durchsetzen können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Effenberger soll dann über den endgültigen Abschluß
Dir oder mir berichten.

Das Arbeitsgespräch mit der chinesischen Außenhandelsministerin Chen
Muhua
verlief, für mich überraschend, anders, als ich erwartet habe. Schon
in der kleineren Vorbesprechung bei mir im Zimmer, aber noch viel mehr
in der großen Sitzung hat sie ganz allgemein über die freundschaftlichen
Beziehungen zwischen den beiden Staaten , daß es wirtschaftlich noch viele
Reserven gäbe, die Österreich durch seine Industrieerfahrung nützen
könnte. In der Vergangenheit hat das VÖEST-Alpine-LD-Verfahren, ein Fluß-
kraftwerk, die feine Schmiedemaschine, damit war eindeutig die auch für
Kanonenrohrproduktion Kralowetz-Maschine gemeint, als auch für Plastikma-
schinen hätte es gute Industriebeziehungen schon gegeben. Jetzt gelte
es 100.000 Betriebe in China zu reformieren und hier wird Österreich dazu
eingeladen. China könnte dies auch teils aus eigener Kraft, aber es will
sich nach außen öffnen. Ausländische Technologie und Management ist ge-
fragt. Es wird eine Ausschreibung bei Großprojekten geben, aber unter Teil-
nahme Österreichs. Am chinesischen Markt herrschen jetzt harte Konkurrenz-
bedingungen. Besuchsaustausch für gegenseitiges Verständnis sorgen, die


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Chinesen werden aber mehr Spezialisten und Techniker nach Österreich sen
Die Gemischte Kommission müßte noch eine wesentlich größere Rolle spielen
und in kürzeren Abständen tagen, 1980 war die letzte in Wien, die dritte
müßte jetzt heuer noch in Peking stattfinden.

Ich versuchte auch wieder durch Überreichung von Listen und insbesondere
aus Gründen, weil nach Meinung unseres Handelsdelegierten eine LKW-Assem-
blingvertrag mit Steyr-Daimler-Puch unmittelbar vor dem Abschluß steht,
diese Firma besonders herauszustreichen, ebenso die Lieferungen der VEW
und auf besonderen Wunsch von Ing. Cifer die Bauer-Beregnungs- und
Kultivationsanlagen. Für letzteres habe ich Spezialprospekte persönlich
übergeben.

Die Überraschung für mich war, daß zum Unterschied vom letzten chinesischen
Außenhandelsministerbesuch in Wien kein Wort mehr über die Viererbande
gesprochen wurde, die Ministerin hat übrigens auch stets bei den Verhand-
lungen frei gesprochen, keine Unterlagen benützt, einzige Ausnahme davon
war die offizielle Rede beim Mittagessen.

Da die chinesische Delegation eine ganze Reihe von Mitgliedern, fast
1 Dutzend, hatte, ich überrascht war, daß unsererseits beim offiziellen
Gespräch im Sitzungssaal Österreich nicht einmal die Hälfte Personen
umfaßte, mußte ich ganz schnell unsere Kollegen mobilisieren. Ich bin
nach wie vor der festen Überzeugung daß die Fernostländer die Bedeutung
von Besuchen nach der Größe der Delegierten beurteilen. Wenn schon eine
kleine Vorbesprechung in meinem Zimmer und dann eine große Sitzung im
Sitzungssaal beabsichtigt ist, dann muß im Sitzungssaal eine entsprechend
große Anzahl von österreichischen Beamten anwesend sein. Daß man dies
nicht beachtet hat, ist mir unverständlich.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte das nächste Mal entsprechende Vorkehrungen
treffen.

Der Freie Flieger-Club am Schwechater Flughafen hatte einen Open-house-
Tag. Der Leiter, der gleichzeitig auch sehr interessante Luftbilder macht,
Hausmann, hatte mich dazu inständigst gebeten. Ich war sehr überrascht,
daß ich dort dann tatsächlich nicht nur eine sehr freundliche Aufnahme
fand, sondern man hat mich sofort zum Ehrenmitglied nicht nur ernannt, sondern
auch mit Legitimation ausgestattet , sondern auch dann den Präs. für die
Zivilluftfahrt im Verkehrsministerium kennenlernte. Dieser teilte mir
mit, daß jetzt von der Fliegerseite wegen der hohen Treibstoffpreise


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so wie auch in anderen europäischen Ländern versucht wird die Genehmigung
zu bekommen, daß sie mit Superbenzin für Autos auch fliegen können. Dadurch
würde sich der 17-S-Preis pro Liter wesentlich reduzieren lassen. Die
Ölgesellschaften haben allerdings bereits mitgeteilt, daß sie am Flug-
hafen Schwechat auch dann nicht den Preis um 17 S wesentlich reduzieren
könnten, keinesfalls also auf den Autotankstellenpreis zurückgehen würden.
Dies ist den Fluggesellschaften, aber auch mir eigentlich unerklärlich.
Ich habe mich verpflichtet, daß wenn es zu keiner einvernehmlichen Regelung
kommen sollte, ich bereit wäre als Vermittler aufzutreten. Die Hauptschwie-
rigkeit liegt darin, daß der Flughafen Wien letzten Endes entscheidet, wer
sozusagen Benzin anliefern darf.

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte diesen Fall weiter verfolgen.

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Tagesprogramm, 15.4.1983

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GS ÖAMTC


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