Freitag, 25. März 1983
Alle, die mir zu meinem Geburtstag gratulieren, entschuldigen sich und
machen dies meistens still und heimlich. Vielleicht nur meine bisherige
Einstellung, daß ich auf diesen Tag keinen besonderen Wert lege, ist
vielleicht falsch, daß ich keine Gratulationen wünsche, ist ja bekannt.
Aber viele haben doch das Bedürfnis mir alles Gute zu wünschen. Was
mich immer nur wieder ärgert, sind die sinnlosen meistens von den Sekre-
tariaten abgefaßten Glückwunschschreiben, die nur Zeit und Geld kosten.
Trotzdem ich damals schon alle verständigt habe, daß ich darauf keinen
Wert lege, die Glückwunschflut nimmt nicht und nicht ab.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Besitzen wir noch den Ablehnungsbrief von mir.
Von der deutschen Bahntouristik, Meister, bekommt eine Fremdenverkehrs-
auszeichnung, GD Wallner von der Casino AG hat ihm ein Frühstück bei
Demel offeriert. Alle deutschen Kollegen sind interessiert vor dem Kaiser-
bild oder dem von der Sissi, die in einem Hinterzimmer von Demel ganz
nostalgisch prangen, eine Aufnahme zu bekommen. Tradition und Nostalgie
spielen im Fremdenverkehr eine ganz große Rolle und kommen in der BRD
besonders sehr gut an.
MR Kurzel verlangt, daß jetzt für die Heizöl-extra-leicht-Verbraucher-
preise auch alle Spannen geregelt werden müssen. Einzelne Händler haben
bereits mit einem Verkaufsboykott gedroht, da sie die ganze Preissenkung
fast selbst tragen müßten. Die Preisbehörde muß jetzt letzten Endes
die gesamte komplette Preisregelung beschließen. Die Interessenvertretungen
stimmen mehr oder minder dieser Vorgangsweise zu.
Die Interessensgemeinschaft der Motorjournalisten vergibt jährlich an
einen bedeutenden Techniker eine Auszeichnung. Voriges Jahr ist der
Preis weggefallen, weil niemand besonderer den Motorjournalisten be-
kannt wurde. Dieses Mal ist es aber von Rotax ein Konstrukteur, der einen
ganz neuen Motortyp für schnelle Rennfahrzeuge entwickelt hat. Rotax
bekommt jetzt auch noch das Dekret zur Führung des Staatswappens, beim
zweitmillionsten Motor, der über die Bänder kam, war ich übrigens auch
anwesend, sodaß ich mich bei dieser Firma und deren Produkte einiger-
maßen auskenne.
Der Präs. vom Hong Kong Trade Development Council bekommt das Große
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Goldene Ehrenzeichen mit Stern, ein, wie ich glaube, für einen Ausländer
auch ungeheuer hoher Auszeichnungsgrad. Die Vertreter Hongkongs sind
daher auch alle anwesend. Noch mehr überrascht mich, daß von der öster-
reichischen Prominenz von Vizekanzler Bock, in dem Fall als Präsident
des Aufsichtsrates der CA, bis natürlich einer Riesenanzahl von Beamten
des Handelsministeriums viele diese Feier im Palais Schwarzenberg mit-
machen. Mich stört allein nur, daß ich auch die offizielle Ansprache in
Englisch halten muß, beim Runterlesen stottere ich, weil ich einige
Wörter nicht kenne, daher knüpfe ich dann ein paar persönliche Bemer-
kungen in genauso einem schlechten Englisch, aber wenigstens humorvoll
vorgetragen an. Immer wieder denke ich mir, hätte ich die viele Zeit des
Diktierens des Tagebuches und damit auch der Informationen für meine
Mitarbeiter im Büro zum Englischlernen verwendet, wäre ich heute nicht
in dieser für sehr unangenehmen Situation.
Bei Tisch habe ich dann Gelegenheit mit dem Präsident Kan über die
wirtschaftliche Entwicklung zu sprechen. Er selbst reist ja ständig in
der Welt herum, u.a. war er jetzt gerade in den USA, optimistisch bezüg-
lich der wirtschaftlichen Entwicklung ist er gerade nicht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie funktioniert der Kontakt mit der Hongkong-Nie-
derlassung in Wien.
Mit den beiden Glasfabriken Oberglas, GD Brommer, und dem Besitzer von
Lutzky-Glas unterschreibe ich mit der ÖPG, HR Neuhold, den Vertrag über
die Subvention und Erzeugung der Normflasche für alkoholfreie Getränke.
3.–– S pro Flasche, 1.–– S vom Handelsministerium gestützt, zweimal jährlich,
heuer 12 Mio., nächstes Jahr 12 Mio. werden der Aufwand sein. Für die
Glasindustrie ist dies eine zusätzliche gute Beschäftigungsmöglichkeit,
für den Handel fällt die umständliche Aussortierung weg, die Europaflasche
für Bier hat sich bestens bewährt, alle sind davon überzeugt, daß auch
die alkoholfreie Einheitsflasche sich so bewähren wird.
Auf der Landstraße wird eine zweite Hausparty diesmal wirklich in einer
Wohnung abgehalten. Die Teilnehmer sind daher beträchtlich weniger, die
Diskussion ist auch für mich kein Problem, da diesmal nicht einmal per-
sönliche Fragen wie Privilegien kommen usw. diskutiert werden. Ob diese
Hauspartys überhaupt einen Zweck haben, kann ich nicht beurteilen, ich
kenne nur einen Teil der Funktionäre, die dort in dem Grätzl wohnen und
eben diese Hauspartys organisieren, die Teilnehmer sind angeblich nach
stundenlangen Diskussionen über alle möglichen und unmöglichen Fragen
von dieser Kontaktnahme sehr befriedigt. Ob sie wahlverhaltensentscheidend
ist, selbst für die dort anwesenden, kann ich nicht prüfen.
Tagesprogramm, 25.3.1983