Donnerstag, 10. März 1983
Bei der Schlußsitzung der tunesisch-österr. Gem. Kommission hat
Minister Lasram zusammenfassend festgestellt, daß die Ergebnisse der
Unterausschußsitzungen, die im Protokoll ja Niederschlag finden,
bezüglich der Kooperationen zufriedenstellen, wenn auch nicht ganz
den tunesischen Vorstellungen entsprechend sind. Insbesondere hofft
er, daß bezüglich der Einstellung für den tunesischen Tourismus die
österr. Behörden in Zukunft positiver entscheiden werden. Dies bezieht
sich natürlich nur auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen Tunis
Air und der AUA, in Aussicht genommen wurde, daß wenn zusätzliche
Flüge beabsichtigt sind, diese auch genehmigt werden müssen. Außerdem
müßten Charterflüge den Linienflügen gleichgestellt werden. Die Passa-
gierabrechnung dürfte höchstens ein Minus von 10 % ?? betragen, bei
der Abrechnung muß mindestens 40 % Anteil festgestellt werden. Die
Tarifpolitik ist so zu gestalten, daß sie werbewirksam wirkt, anderer-
seits dürfte keine Airline, gilt natürlich ausschließlich für die
Tunis Air, zu Dumpingpreisen fliegen. Die finanziellen Kooperationen
seien auch einigermaßen zufriedenstellend, wenn auch die Tunesier zur
Kenntnis nehmen müssen, daß nach österreichischem System vorgegangen
wird. In der Arbeitsgruppe für die Entwicklungshilfe wurde nämlich
festgestellt, daß eine Kreditlinie, wie sie Tunesien wünscht, von
Österreich nicht gegeben wird. Österreich ist nur bereit für Exporte
eine Finanzierung zu übernehmen und dies von Fall zu Fall. Projektstu-
dien können, wenn österreichische Planungsbüros damit beauftragt werden,
gegebenenfalls subventioniert werden, wenn diese Projekte Aussicht auf
Verwirklichung haben. Dies wird eine gemeinsame Kommission prüfen.
Lasram möchte nun, daß Österreich nun mit Tunesien auf finanziellem Ge-
biet mehr kooperiert und vor allem durch Beteiligung österreichischer
Firmen an tunesischen Projekten joint ventures eingeht. Das Muster-
beispiel ist noch immer die von der Firma Teich errichtete Folien-
anlage in Tunis, die ich selbstverständlich als wichtigen ersten Schritt
bezeichnete. Die Tunesier haben mit den Algeriern jetzt eine algerisch-
tunesische Bank gegründet, Lasram meinte, es könnten also algerisch-
tunesisch-österreichische Dreieckgeschäfte versucht werden. Mit der
DDR gibt es dabei gute Ansätze.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll konkret für Leipzig die DDR-
Konstruktion recherchieren.
Bei der Schlußsitzung ist die Vertreterin des BKA, Rehor, glatt um eine
halbe Stunde zu spät gekommen. Ich habe sie bei den Tunesiern entschul-
digt und damit in ihrer Anwesenheit eine indirekte Rüge erteilt. Da
sieht man, wie die französisch erzogenen Tunesier Kavaliere sind, denn
Lasram meinte, wenn so eine hübsche Frau später kommt, stört dies über-
haupt nicht, sondern sie wären froh, wenn noch recht viele Damen kämen.
Dies veranlaßte mich aber dann zur Bemerkung, eine Kommission ist aber
kein Kaffeehaus.
Bei der Unterzeichnung des Protokolls im Marmorsaal, der in so einem
Fall für alle Ausländer einigermaßen beeindruckend ist, hat Lasram mich
neuerdings eingeladen. Gegebenenfalls, meinte er, könnte ich mich jo von
den Wahlkampfstrapazen in Tunis erholen. Dies habe ich allerdings gleich
abgelehnt und festgehalten, daß die nächste Gemischte Kommission sowieso
in Tunis stattfinden wird.
In der soz. Fraktion der LUGA wurde über die politische Situation einge-
hend diskutiert und insbesondere über die Aufgaben im derzeitigen Wahl-
kampf. Ich habe auch in unserer Organisation das Gefühl, daß man sich
über die Bedeutung der Wahl schon klar ist, manche sprechen ja von
Schicksalswahl, ob man allerdings den dafür notwendigen unbedingten
großen und starken Einsatz in den Ländern, in den Betrieben durchführt,
bin ich nicht ganz überzeugt. Ich glaube, daß noch immer überall die
Überlegung vorherrscht, der Kreisky wirds schon richten. Die Jüngeren
glauben noch immer, daß es zweckmäßiger gewesen wäre, schon in der Ver-
gangenheit sich viel mehr um die grünen Protestwähler zu kümmern, diese
wurden nur durch das unzweckmäßige Verhalten abgestoßen. Hier sehe ich,
ohne daß man dies natürlich sagt und wahrscheinlich auch gar nicht
denkt, indirekt auch eine Kritik an meiner auch vielleicht zu sturen
Haltung in all den Fragen des Umweltschutzes meinerseits.
In der Gesamtvorstandssitzung gab ich dann einen wirtschaftlichen und
sozialpolitischen Überblick, auch daran hat sich dann eine Diskussion
angeschlossen. Insbesondere hoffen die einzelnen Gruppen, daß es nicht
zuletzt auch durch die neuerlichen Preisanträge für Milch und Getreide
möglich sein wird, den Jahresrhythmus auch der Löhne zu erreichen. Bei
Getreide wird dies keine Schwierigkeit machen, bei Milch, wo ja schon
18 1/2 Monate Laufzeiten gewesen sind, wird der Jahresrhythmus wesentlich
schwerer zu erreichen sein. Die Arbeitszeitverkürzung wird in unserer
Gewerkschaft einstimmig gewünscht und verlangt, die christlichen Ge-
werkschafter sind ja, wie ich immer wiederhole, durch den Ausspruch Kardi-
nal Königs, Brot und Arbeit teilen, entgegen der Meinung der ÖVP-Granden
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von der Wirtschaftsseite eindeutig gebunden.
Unser Finanzreferent Balaz berichtet, daß wir jetzt für unser Urlauber-
heim in Hartberg pro Jahr nicht mehr 500.000 S Subvention geben müssen,
sondern jetzt für das laufende Jahr bereits auf 700.000 S erhöhen
müssen.
Der Vorsitzende unseres Verhandlungskomitees über den Rahmenkollektiv-
vertrag, BRO Werner von der Unilever, berichtete über die 10 Verhandlungen,
die seit dem Jahr 1981 über die Änderung des Rahmenkollektivvertrages ge-
führt wurden. Die Unternehmerseite spart Urlaubsregelung und Arbeitszeit-
verkürzung automatisch aus und auch für die anderen Punkte ist sie
nicht bereit nennenswerte Zugeständnisse zu machen. Die Kollegen nahmen
diesen Bericht mit Betrübnis, teilweise mit Mißfallen zur Kenntnis. Ich
versuchte ihnen klarzumachen, daß in der jetzigen Wirtschaftssituation
das Verhandlungskomitee Gigantisches geleistet hat, um überhaupt irgend-
welche Fortschritte zu erzielen; als ich seinerzeit von Jahrzehnten
die Idee des gemeinsamen Rahmenkollektivvertrages für die Nahrungs- und
Genußmittelindustrie geboren hatte und die ersten Verhandlungen geführt
hatte, war es ja für das damalige Verhandlungskomitee wesentlich leichter.
Eine lange und harte Auseinandersetzung gab es dann nur bei den Länder-
berichten wegen der Schließung der Brauerei Sorgendorf in Kärnten. Die
steirischen Delegierten, unser Landesobmann Pichler, der gleichzeitig auch
ZBRO der Steirer Brau ist, fühlte sich wegen des Protokolls der letzten
Zentralvorstandssitzung, wo das Verhalten der Betriebsräte im Aufsichts-
rat der Steirer Brau kritisiert wurde, desavouiert. Er protestierte hef-
tigst dagegen und auch der Landessekretär der Steiermark Dragosits, daß
man in der Zentralvorstandssitzung nicht sozusagen ihre Seite gehört
hat. Pichler ist ja Mitglied des Zentralvorstandes, hat aber an dieser
Sitzung nicht teilgenommen. Die Kärntner Delegierten, insbesondere der
Landessekretär Reindl, und vor allem der BRO von Sorgendorf, Winkl, sowie
auch der Landesobmann von Kärnten schilderten ihre schwierige Situation,
wenn es zur Schließung dieses Betriebes käme. Unser Getränkesekretär
Macho analysierte die vorliegenden, allerdings unzulänglichen Ziffern.
Die Direktion hat dem Betriebsrat in 5 Zeilen mitgeteilt, der Betrieb
wird am 31. März geschlossen, die Brau-Industrie an und für sich hat
aber schöne Erfolge, von 79 auf 82 ist der Umsatz um 15 % gestiegen,
auch bei der Brauerei Sorgendorf wurde der Ausstoß von 74.000 hl auf
80.500 hl erhöht. Die Brauerei hat einen Gewinn von 6 1/2 Mio. S, der
allerdings geschätzt wird, da die Brauereidirektion nicht bereit ist
konkrete Unterlagen herzugeben. Wenn natürlich die Steirer Brau diesen
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Betrieb schließt und dann in Puntigam oder Gösser die 80.000 hl mit
den dortigen Beschäftigten und der Überkapazität, die überall in den
Brauereien herrscht, erzeugt, erspart sie sich den Lohn für die 34
Beschäftigten in Sorgendorf und kann daher den dortigen Betriebsgewinn
von 6 1/2 Mio. S leicht verfünffachen. Angeblich verlangt die Firma
jetzt vom Land eine Subvention von 40 Mio. S und nicht mehr die Schließung,
wohl aber die Kündigung von 9 Beschäftigten. Der Betriebsrat wäre höch-
stens bereit einer Kündigung von 6 Beschäftigten zuzustimmen, 2 Per-
sonen scheiden aus natürlichem Abgang aus, die Subvention aber müßte
für die nächsten 4 Jahre höchstens 12 Mio. betragen.
Den Vorsitz in dieser Gesamtvorstandssitzung führte so wie auch in den
Zentralvorstandssitzungen Koll. Simperl, BRO der Coca-Cola-Firma. Da
ich die Absicht habe diesen Stellvertreter systematisch aufzubauen und
die Kolleginnen und Kollegen sozusagen an ihn zu gewöhnen, mische ich
mich in die Geschäftsführung überhaupt nie ein, hier aber mußte ich dann
zusammenfassen, daß die Kritik des Zentralvorstandes richtig war, Be-
triebsräte müssen, wenn sie in Aufsichtsräten sitzen und nicht ihr unmittel-
bar betroffener Betrieb zur Sprache kommt, schon um eine bessere Ausgangs-
basis bei den Verhandlungen zu haben, gegen Schließungen automatisch
dagegenstimmen und sich nicht, wie dies bei der Aufsichtsratssitzung der
Brau AG geschehen ist, der Stimme enthalten. Außerdem stellte ich fest,
daß eine bessere Kommunikation zwischen den Landessekretären von uns er-
wartet wird, telefoniert wird ununterbrochen, daher muß man auch in einer
solchen Situation ständig den anderen Kollegen, der davon betroffen
ist, und den anderen Sekretär verständigen. Im übrigen ist aber eine
solche Angelegenheit gar nicht das alleinige Problem eines Landessekre-
tärs, sondern da muß unter allen Umständen der Fachgruppensekretär, ge-
gebenenfalls sogar der Zentralsekretär oder ich als Obmann eingeschaltet
werden. Diese Zusammenfassung wurde dann letzten Endes von allen akzep-
tiert.
Bei den Gruppenberichten war vielleicht für mich noch besonders interes-
sant daß unsere Jugendvertreter die Sicherung der Lehrplätze durch
Prämien für die Lehrherren negativ beurteilen. Ihrer Meinung nach müßte
nicht vom Staat eine Subvention 1.000 pro Monat z.B. gezahlt werden,
wozu auch noch gewisse Länder wie z.B. Wien eine zusätzliche Prämie
geben, sondern es müßte ihr alter Wunsch, ein Lehrlingsfonds, durch Abgabe
aller Unternehmer und daraus zu bezahlende Subvention der Lehrlingsstel-
lenhalter geschaffen werden.
Der Salinenvertreter BRO Gamsjäger aus dem Salzkammergut berichtete
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erschüttert, daß die Sudhütte in Aussee stillgelegt werden muß. Die
Kollegen werden in den Bergbau überstellt, da ja die Salinenarbeiter
fast ein pragmatisches Dienstverhältnis haben. Nur bei Betriebsschlie-
ßungen könnten sie theoretisch auch gekündigt werden, die Salinenverwal-
tung macht dies aber nicht, sondern bringt immer wieder die Beschäftig-
ten irgendwo unter. Von dieser Überstellung sind 25 Arbeiter und 8
Angestellte betroffen. Die Bergarbeiter haben nun aber bei dieser Über-
stellung festgestellt, daß in den Sudbetrieben um ein paar Schilling
höhere Stundenlöhne bezahlt werden. Obwohl sich auch der Betriebsrat
des Bergbaubetriebes dann für diese Überstellung einsetzte, haben die
Bergarbeiter erklärt, die Sudhüttenarbeiter müßten auf ihr Lohnniveau
zurückgeführt werden. Ein solches Verhalten ist wirklich einmalig, nor-
malerweise gönnt ein Arbeiter dem anderen, wenn er einen höheren Verdienst
hat, diesen und versucht bei Lohnverhandlungen dann ebenfalls einen
solchen höheren Lohn zu erreichen. Die Arbeiter haben aber beschlossen,
dies nicht zu akzeptieren, als Ausweg hätten sie sich vorgestellt, könnte
man ja den zu Überstellenden einen größeren Abfertigungsbetrag geben.
Die Bäckereiarbeiter hoffen, daß der jetzt fällige Semmelpreise von
der Paritätischen Kommission nicht wieder genehmigt wird, sondern bei
Festlegung der neuen Getreidepreise und der Korrektur des Brotpreises
dann auch gleichzeitig der Semmelpreis durch die Paritätische Kommission
genehmigt wird.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte Jour fixe AK, ÖGB setzen.
Beim Abschiedsempfang des japanischen Botschafters im Palais Pallavicini
kamen und gingen irrsinnig viele anderer Diplomaten, aber auch Beamte. Ich
habe ihm zwar nur die Hand geschüttelt und bin sofort wieder weggelau-
fen.
Die Wahlversammlung bei der Sektion 32, die unsere Sekretariatsangestellte
Hilde Mauritz führt, war ich über den guten Besuch sehr überrascht. Aller-
dings stellte sich dann heraus, daß nach meinem Referat und einer Dis-
kussion, die sich ausschließlich über die Frage, warum Cap nicht besser
placiert bei den Nationalratslisten wurde, da er nach Meinung eines Ge-
nossen sehr wohl viele Jugendliche und Grüne zur Stimmabgabe für die
SPÖ veranlassen könnte, nur die Frage des einheitlichen Elektrizitäts-
preises in Österreich. Der Genosse meinte, er hätte vor längerer Zeit
schon mit mir ausführlich darüber telefonisch gesprochen. Jetzt aber
glaubt er, müßte doch eine andere Situation sein, nachdem Stadtrat Mayr
erklärt hat, der Handelsminister könne dies doch sofort aufgrund des
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Preisgesetzes machen. Unwahrscheinlich und für mich immer wieder eine
Bestätigung, wie unsere Funktionäre mit Äußerungen vorsichtig sein sollen,
bei den Mitgliedern wird angenommen, daß es dann nur mehr der Wille,
besser gesagt, die einfache Entscheidung des Handelsministers wäre und
schon könnten wir einen einheitlichen Strompreis, an dem natürlich Ost-
österreich besonders interessiert wäre, dekretieren.
Nach meiner Versammlungsrede gab es dann einen gemütlichen Abend. Eine
Harmonika und eine Gitarre sorgten dafür, die Sektionsleiterin erwartete,
daß ich selbstverständlich mit meiner Mundharmonika mitspiele, was ich
auch zum Gaudium aller Anwesenden tat.
Dr. Zolles von der Österreichischen Fremdenverkehrswerbung feierte seinen
40. Geburtstag, fast würde ich sagen, wie es sich gehört, beim Heurigen.
Die Geburtstagsrunde waren wirklich die Spitzen der österreichischen
Fremdenverkehrswirtschaft. Überrascht war ich, auch Nimmerrichter, "Staberl",
dort zu treffen. Diskutiert habe ich mit ihm aber nicht, weil ich es
teils für sinnlos halte und teils bei ihm nicht den Eindruck erwecken
möchte, jetzt vor den Wahlen sei ich an einer Aussprache mit ihm beson-
ders interessiert. Staberl ist in meinen Augen immer destruktiv; wenn
ich mit ihm früher einmal diskutiert habe, hat er stets 1000 Gründe ge-
habt, warum er so schreiben muß, ein Artikel im Jahr, meistens zum
Nationalfeiertag, ist einigermaßen positiv und auf den verweist er dann
immer, wie sehr er sehr wohl staatserhaltend in der Kronen-Zeitung wirkt.
Die Brüder Blaguss, mit denen ich mich lange wegen des ungarischen
Engagements unterhielt, teilten mir mit, sie seien die einzigen gewesen,
die an die Ungarn ein Offert gerichtet haben, um eine ungarisch-österrei-
chische Reiseorganisation in Budapest aufzubauen. Die ungarischen Be-
dingungen sind aber bezüglich Einzahlung von österreichischem Schilling,
sprich also freien Westdevisen, so hoch gewesen, daß man sich bis jetzt
hat sich nicht einigen können. Ich habe Blaguss sofort zugesagt, daß
ich bereit wäre, wenn es für ihre Verhandlungen zweckmäßig ist, ein
Schreiben an Vizeministerpräsidenten Marjai oder gegebenenfalls an ir-
gend einen anderen Minister zu richten. Blaguss werden sich dies über-
legen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß unser Haus über dieses konkrete Gespräch?
Tagesprogramm, 10.3.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)