Mittwoch, 2. März 1983
Im Parlamentsklub berichtete Dallinger über die Kürzung der 18.000
Bauernrentner durch Erhöhung des Einheitswertes. Die Landwirtschafts-
vertreter hatten zugestimmt, da es sich um eine systemkonforme Maß-
nahme handelt. Jetzt wo die Auswirkungen bei einzelnen Bauern sicht-
bar werden und sicherlich bei den Ausgleichszulagenempfängern bei ge-
ringen Renten nun doch Kürzungen von einigen hundert S handelt, wollen
sie dies jetzt noch in den letzten Parlamentstagen ändern. Dallinger
erklärt, darüber müsse und könne man erst entsprechende Verhandlungen
führen. Die Bauernrentner bekommen in Summe 8 Mrd., wo 6 Mrd. der Bund
zu diesen Pensionen dazuzahlen muß. Landwirtschaftsminister Haiden
und etliche Abgeordnete aus Bauerngemeinden erklärten, wenn die Grund-
stücke übergeben werden, dann tauchen diese Probleme gar nicht auf.
Die älteren Bauern wollen halt auch nur wieder unter allen Umständen
weiter Grundbesitz behalten. Hier geht es nicht um eine Unrechtsbesei-
tigung, sondern wenn der Verlangung dieser Bauern Rechnung getragen wird ,
wird ein neues Vorrecht geschaffen.
Außerdem berichtete Dallinger über die Frühpensionierungsmöglichkeit
bei den Eisen- und Stahlbeschäftigten, da, obwohl er ins Mikrophon
sprach, eine beträchtliche Unruhe im Klub war, spricht jemand so lang,
so beginnen sofort viele miteinander zu tratschen, meinte er, er kenne
die Probleme. Für die Abg. sei es wichtig, Details zu erfahren. Meine
Erkenntnis war daher, nur kurz und sehr laut sprechen.
Kreisky berichtete dann über das Konferenzzentrum, das er jetzt schon
Konferenz- und Kulturzentrum nennt. Die Auslastung macht ihm überhaupt
keine Sorge. Angeblich will man jetzt schon die Madrider Nachfolgekon-
ferenz hier her verlegen. Einziges Problem sei das Defizit, das natür-
lich bei diesem K.u.K. Konferenz und Kulturzentrum entstehen wird. Die
Unrentabilität müsse man aber auch berücksichtigen. Das Wirtschaftsfor-
schungsinstitut, Walterskirchen, hat errechnet, daß 3000 ständige Be-
schäftigung durch das Konferenzzentrum zu verzeichnen sein wird. Neuer-
dings stellte er der Kritik der Oppositionsparteien anders Konferenzzen-
trum das große Zentrum der Althangründe gegenüber. Diesmal sagte er
aber, es hätte 15 Mrd. S gekostet. Entweder hat Kreisky jetzt andere
Ziffern oder er hat im MR eine falsche genannt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuche rauszubringen, wieviel es wriklich
kostet.
Kreisky kündigte auch gleich die neue arbeitsplatzsichernde Beschäfti-
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gungsprogramm an, das er bei der Bürgermeisterkonferenz verlautbaren
wird. Am Nachmittag habe ich dann vom ihm ein Schreiben bekommen, wo
er obwohl er die Unterlagen bereits Montag nachmittags und vor allem mal
Dienstag Früh seinem Büro übergeben haben, er dringend diese verspro-
chenen Aufstellung und Informationen für diese Bürgermeisterkonferenz
verlangt. Ich habe den Dr. Lennkh, der bei ihm im Sekretariat arbeitet,
sofort aufmerksam gemacht, daß diese Unterlagen längst bei ihm sein
müssen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte auch auf Büroweg Deinerseits feststellen,
daß wir zeitgerecht geliefert haben.
In dem dt. Wahlkampf stellt sich jetzt heraus, daß die Koalitionsregierung
garantiert die absolute Mehrheit bekommt. Nach Meinungsumfragen hat
sie jetzt sogar schon die CDU, CSU allein. Die Massenmedien unterstützen
dort die Bürgerlichen. Für Österreich steht für Kreisky fest, daß uns
niemand für die absolute helfen wird. Geht sie verloren, würden die
Bürgerlichen wieder gegen uns gemeinsam regieren. Jetzt von den letzten
Wochen hängt alles ab, um die Bevölkerung aufzuklären, was auf dem Spiel
steht. Und die Unentschlossenen, die letzten Endes dann für das Wahler-
gebnis entscheiden, doch noch für uns zu gewinnen. Die Grünen, wie sie
jetzt auftauchen, haben in der Vergangenheit schon gezeigt, daß es
sich kryptofaschistische Organisationen handelt. Verächtlich machen
der Parteien, Abwertung der Demokratie usw.
In der Diskussion gab es dann insbesondere vom Abgeord. Hirscher einen
Riesendank an Kreisky, daß er doch noch jetzt die Finanzierung bekannt-
geben kann, denn Hirscher hat in einer Plenarsitzung sozusagen mit
Kopf und Kragen garantiert, daß dies erfolgen wird. Ihm ist unerklär-
lich, daß die ÖVP sagt, 1 Mio./Tag werden die Betriebskosten Verlust
sein, das sind 360 Mio. S im Jahr. Der Architekt hat aber festgestellt,
daß bei Stillstand nur 50 Mio. Defizit im Jahr erwachsen. Ich glaube,
daß die 360 Mio. stimmen, Mock spricht auch jetzt, wie Fischer einwen-
det, nur von 100 bis 150 Mio. Betriebsdefizit. Klar ist für mich aller-
dings, daß wenn man eben ein solches Konferenz- und Kulturzentrum be-
treibt, höhere Defizite erwachsen, als wenn es stillsteht.
Eine große Diskussion nahm dann der Privilegienverzicht an, insbesonde-
re die Abfertigung der Minister, die gleichzeitig auch Abgeordnete sind.
Löschnak berichtet, daß jetzt bereits die gesetzl. Regelungen Schlech-
terstellung gegen früher gebracht haben.
Im Laufe des Tages wurde aber dann, wie mir beim nach Hause fahren die
Klubobmann-Stellvertreterin Offenbeck mitteilte, in einer Rumpfvor-
standssitzung beschlossen, diese Privilegien zu mildern, da Parteiob-
mann Mock im Parlament dann einen Initiativantrag eingebracht hat, hat
auch der soz. Klubvorstand ähnliches beschlossen. Offenbeck hatte da-
gegen gestimmt, weil sie auf dem Standpunkt steht, erworbene Rechte
dürfe man nicht, nur um wahlkritische Stimmen zu befriedigen, ohne
gründliche Überlegung und entsprechende Verhandlungen streichen.
Da im Klub dann noch eine kurze Zeitspanne bis zur Haussitzung zur
Verfügung stand, ersuchte mich Klubobmann Fischer, ob ich nicht auch
etwas berichten könnte. Ich habe ihm seinerzeit schon erklärt, und wenn
er mich fragt, könnte ich immer etwas aktuelles berichten, worauf er
eben diesmal wieder zurückkam. Ich informierte den Klub kurz aber laut-
stark ohne Mikrofon über die Benzinpreisentwicklung. Diskussion gab es
darüber keine.
Ein blinder Redakteur von Ö3, Verkehrsredaktion, Radlinger, interessiert
sich auch über diese Energiepreissenkung.
Die wichtigste Energieaussprache oder -verhandlung war aber mit Bgm.
Gratz und ÖMV-Vorstand Kaes und Meszaros. In der Besprechung hatten
die beiden ersucht, wir sollten unter gar keinen Umständen entsprechende Ziffern
nennen. Heizöl schwer, das aber direkt für die Gemeinde Wien als Ener-
gierohstoff für die Elektrizitätserzeugung, indirekt aber noch viel wich-
tiger für den Gascocktail , d.h. dem Preisindex für das sowjet. Gas von
großem Einfluß ist, sollte nach Meinung Gratz unbedingt gesenkt wer-
den. Ich schlug der ÖMV vor, den jetzt schon von der paritätischen
Kommission mit 3533 festgesetzten Heizöl-schwer-Preis, der ja freiwillig
schon auf 3150 S derzeit gesenkt ist, wenn die OPEC-Staaten ihre Ver-
tragspreise senken, dann unbedingt unter die 3000 S zu gehen, Kaes
hatte sich dann wie ich feststellte und er mir zeigte, intern 2980
aufgezeichnet. Da die ÖMV mit ihren intern. AWP-Partnern das ganze
Erlösbündel erst verhandeln muß, einigten wir uns nur über prinzipielle
Aussagen, die wir dann auch der Presse mitteilten. Wenn die Ölpreise
der OPEC-Staaten gesenkt werden, wird vorwegnehmend sofort die ÖMV-Ab-
gabepreise auch einer Korrektur unterzogen. Dies gilt auch für die
Heizöl schwer, daß im Einzugsgebiet der ÖMV, also im Osten Österreichs
eine große Rolle spielt. Ich habe besonders darauf verwiesen, daß es
keinen time-lag geben wird. Ursprünglich wollten ja die Ölfirmen eine
gewisse Frist von der angekündigten Vertragssenkung bis zur effektiven
Auswirkung dieser billigen Ölpreise in der Raffinerie Schwechat. Gratz
erklärte dann noch für sich aus, daß die Gemeinde Wien auch im selben
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Moment wenn die ÖMV die korrigierten Preise verrechnet, sofort die
Elektrizitäts-, Gas- u. Fernwärmepreise senken wird. Da ich vor längerer
Zeit die Preisabteilung ersucht habe, daß Preisprüfungsverfahren für
Heizöl extra leicht, das einzige Produkt, das noch amtlich preisgeregelt
ist, im Vorprüfungsverfahren ebenfalls jetzt Preissenkungswünsche der
AK einzuleiten, kündigte ich auch diese Verhandlung an. Die entsprechen
den Mitteilungen wurden dann auch in dem ORF und in den Zeitungen ge-
bracht. Wieder einmal hat sich mir bestätigt, daß große Maßnahmen, be-
deutende Ergebnisse, wie z.B. neuerdings die Exportsteigerung im Jänner
um 10 %, nicht annähernd soviel Widerhall und Interesse finden als eben
die Benzinpreise.
Die Stubaier haben jetzt in der Kärntner Straße bei Steffl eine
Stubai-Woche, wo sie mit einem Presseempfang und Konferenz einleiteten.
Der Besuch war sehr mäßig. Sie waren aber sehr dankbar und überrascht,
daß ich persönlich mit Haffner erschienen bin. Die Stubaier haben jetzt
insbesondere in die Gletscherbahn viel investiert, um ja nicht die
Gäste in Ranalt warten lassen zu müssen, haben sie jetzt eine 2. Bahn
mit 150 Mio. S durch notwendige Lawinenverbauungen so teuer errichtet,
die in Wirklichkeit nur ganz kurzzeitig für Stoßbedarf ca. 15 % genützt
werden. Insgesamt haben die Gletscherbahnen schon 400 Mio. S investiert.
Wie der Landesfremdenverkehrsdir. Dr. Braun aber sagte, sind sie da-
mit ein wichtiges FV-Zentrum in Tirol geworden. Da wir diesen Sommer
dort ausländische Journalisten von der ÖFVW hingeführt hatten, erinner-
ten sie sich alle sehr gern an diese Aktivitäten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn möglich, sollten wir bei Steffl wegen dem
Videorekorderfilm vorbeischauen.
Im NR haben mich einige Kollegen um Unterstützung ersucht. Der Metall-
arbeiter, geschäftsführende Obmann Wille ersuchte mich, ob ich nicht
doch seinem Schwager, den Bgm. Stöllinger aus Schwarzach im Pongau hel-
fen konnte. Burian und Verworner, über die er sich sehr beklagte, hatten
den einzigen Soz. und FWV-Exponenten Wazlawik, Leichenbestatter, Pfer-
dehändler und Tischler, versprochen, sie könnten ihm den Kommerzialrats-
titel verschaffen. Im Dorf wird es jetzt überall herumerzählt, Wille
hat darüber mit Präs. Mühlbacher vom FWV gesprochen, dieser ärgerte sich
auch über die Zusagen von Burian und Verworner und erklärte, unter gar
keinen Umständen den KR-Titel Wazlawik geben zu können. Ich habe un-
mittelbar dann recherchieren lassen, welche Möglichkeiten es gibt, die
Salzburger FWV-Organisation lehnt Wazlawik auch entschieden ab. Ich
habe Wille zugesagt, zu prüfen, ob ich Wazlawik nicht auf Antrag des
Bgm. Stöllinger einen Orden geben könnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte prüfen.
Abg. Heigl hat neuerdings nachgefragt, was mit der Tankstelle in
Steyr, an die der FWV-Vertreter Steinmassl für positive Erledigung
großes Interesse hätte, geworden ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie steht der Fall?
Abg. d. ÖVP Landgraf wieder ersuchte mich, den Welser FV-Messe-Besuchs-
tag ihm verbindlich mitzuteilen, damit er die Überreichung von Aus-
zeichnung für die Kochschüler, die dort immer wieder ein Schaukochen
veranstalten, die von mir stets immer ausgezeichnet wurden, festzusetzen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ist dies genau schon fixiert?
Der Rechnitzer Bürgermeister erklärt mir, daß doch in Schachendorf
messungen erfolgen. Die Resultate hätten wir sehr gerne. In der Dis-
kussion stellten wir beide allerdings fest, daß, wie immer die Winder-
gebnisse liegen, die Errichtung des Kohlekraftwerkes an der bgld. Grenze
sich nicht nur sehr hinauszögern wird, sondern durch die Umweltschutzmaßnahmen
und neue Politik eine Errichtung immer unwahrscheinlicher wird.
Im Plenum wurden die 24 Pkt. dann erst durch die Debatte über die
Konferenzzentrumsfinanzierung sehr spät begonnen und haben sich dann
bis 11 Uhr hingezogen. Der letzte Punkt war das Käseabkommen mit der
EG. Als ich mich auf die Regierungsbank gesetzt habe, die ja auf der ÖVP-
Seite ist, meinte der Abg. Zittmayr, Dir. der Schärdinger Molkerei, da-
rüber sollte man jetzt länger diskutieren. Ich habe sofort gesagt, da-
gegen habe ich gar nichts einzuwenden. Interessanterweise aber hat sich
natürlich überhaupt niemand zu dem Punkt gemeldet. Das Plenum hat, ob-
wohl zum 1. Mal nur ein paraphiertes Abkommen und nicht ein unterschrie-
benes Abkommen beschlossen wurde, dies nicht zuletzt infolge der nächt-
lichen Stunde, ohne Debatte akzeptiert. Der Vertreter des Handels und
der Vertreter des Finanzministeriums war daher sehr überrascht, daß
dies ohne Debatte geschah. Ich hatte beiden allerdings sofort angekün-
digt, darüber wird sicherlich niemand sprechend.
Tagesprogramm, 2.3.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)