Montag, 14. Februar 1983
Beim Jour fixe in der Handelskammer berichtete ich über das Wochenend-
treffen mit dem jugoslawischen Fremdenverkehrsstaatssekretär Dr. Mazi.
Die Handelskammer hofft genauso wie ich, daß die Zusage die Depot-
gebühr für jugoslawische Österreichfahrer zu senken und insbesondere
für den kleinen Grenzverkehr Ausnahmeregelungen zu schaffen, baldigst
verwirklicht wird. Dr. Gleißner berichtet, daß dieses Problem bei
dem Kontaktkomitee der Handelskammern jetzt auf die Tagesordnung ge-
setzt wird, ursprünglich haben sich die Jugoslawen dagegen ausgespro-
chen. Kehrer informiert, daß er gehört hat, die OECD würde jetzt ent-
sprechende Hilfsmaßnahmen, Kreditgewährungsempfehlungen, beschließen,
angeblich haben nur Österreich und die Schweiz vorgesehen, 60 % der ge-
währten Kredite für Käufe in Österreich und 40 % sollen ungebunden gege-
ben werden. Gegen die ungebundenen Kredite hätte die Handelskammer
größte Bedenken.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort Information einholen, damit ich
dies mit Staatssekretär Lacina besprechen kann.
Kehrer beschwert sich bei mir, daß jetzt die Sozialpartner neuerlich
Biospritverhandlungen führen sollen, die zu keinem Ergebnis führen
können. Die Bauernvertreter haben Preisvorstellungen von 12 S und mehr
pro Liter, während die Handelskammer und auch AK höchstens 7,50 S ak-
zeptieren würden. Bei diesem Erzeugerpreis würden schon 15 Groschen
Benzinpreiserhöhung aus der Zumischung erwachsen. Für die ca. 1/3 Ben-
zinimporte müßte dann außerdem noch eine entsprechende Absicherung ge-
funden werden. Letzteres, erklärte ich, wird sicherlich notwendig sein
und dafür wird das Handelsministerium entsprechende Vorkehrungen
treffen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND GROSSENDORFER: Bitte diese Absicherungsmög-
lichkeit konkret jetzt vorbereiten.
Kehrer war erschüttert von mir zu hören, daß der Flottentes, den die
Post mit Biosprit durchgeführt hat, für jede über 5 % hinausgehende
Beimischung Motorschäden gezeigt hat. Das Ergebnis dieses Flottentests
wird mir GD Übleis zur Verfügung stellen.
Kehrer hat genauso wie ich im Morgenjournal die Ankündigung über das
rot-grüne Umweltschutzbuch gehört, die Pressereferentin des Gesund-
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heitsministeriums, Marschalek, hat dort auch in einem Interview darüber
gesprochen. Kehrer sieht darin eine parteipolitische Aktivität, die
Marschalek als Pressereferentin nicht hätte im ORF vertreten dürfen.
Kehrer meinte, die Handelskammer wird wegen ihrer Belangsendungen jetzt
insbesondere von Sozialminister Dallinger als angebliche Wahlhilfe
der ÖVP attackiert. Marschalek hätte hier wesentlich mehr Wahlhilfe ge-
leistet. Dagegen habe ich sofort Stellung genommen. Marschalek ist
nicht als offizielle Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums auf-
getreten, sondern hat eben nur, als Autorin über dieses Buch gefragt, ent-
sprechende Antwort gegeben. Wenn diese Auffassung Kehrers Richtschnur
wäre, dürften Beamte auch in ihrer Freizeit keinerlei Aktivitäten für
eine Partei entfalten. Dies widerspräche eindeutig ihren Grundrechten.
Entscheidend kann nur sein, ob ein Beamter in seiner Funktion als Beamter
Parteipolitik betreibt, nicht, was er in seiner Freizeit macht.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Bitte besorge so ein Buch.
GD Lap und sein Vorstandskollege Kopietz wurden dann dem Jour fixe zuge-
zogen, es begann eine ganz harte Diskussion insbesondere zwischen
Kopietz und Kehrer über die Einbeziehung der Portables in die japanische
Videokontingentierungsverordnung. Lap hatte vorerst auch mich ange-
griffen und meinte, er hätte gehofft, daß ich aufgrund meiner Besuche
bei ihm ohne weiteres nicht nur die Verlängerung der Videorecorderkon-
tingentierung, sondern die sofortige Einbeziehung der Portables machen
würde. Ich konnte mich dann mit ihm aber leicht einigen, daß keine
Selbstverständlichkeit bezüglich der Verlängerung und schon gar nicht
eine Ausweitung durch Einbeziehung der Portables von vorne herein ge-
geben war. In mühevollen Verhandlungen konnte mit der Handelskammer
und mit allen Beteiligten jetzt die Regelung durch ein Kontingent von
14.000 für die Tischapparate einvernehmlich festgelegt werden. Nach
langer, harter Diskussion, wobei Kehrer immer wieder auf die freie
Wirtschaft, die ja auch Philips unbedingt will, hinwies, verbesserte sich
dann die Situation und es kam auch zu einem für die Philipsleute trag-
baren Ergebnis. Philips wird uns jetzt einen Brief schreiben, wo er
den Grund der Einbeziehung der Portables detailliert noch einmal wieder-
holt. Das Handelsministerium wird die von den Japanern jetzt verlangte
Selbstbeschränkung zügig betreiben; nachdem die Japaner jetzt EG mit
4.550.000 Stück eine Selbstbeschränkung für Videorecorder angeboten
haben, müßte es auch gelingen, daß Österreich eine solche Selbstbeschrän-
kung bekommen könnte. Da Grundig und Philips in Deutschland 700.000 Stück
Videorecorder erzeugen und absetzen, war der bisherige Importdruck in
die EG mit über 6 Mio. Stück besonders hart. Lap versicherte auch der
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Handelskammer, daß er noch zwei Jahre braucht, bis er mit dem Wiener
Werk so weit ist, daß auf eine Kontingentierung verzichtet werden kann.
Anfang der 70-er Jahre hat Philips auch die Entscheidung zu treffen
gehabt, wer die Radiorecorder erzeugt, damals hat Philips die europäische
Produktion nach Hongkong verlegt. Lap hat jetzt die Radiorecorderpro-
duktion nach Wien zurückgeholt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Wie steht die Sache.
Lap informierte auch über den deutschen Verkauf von Grundig, Philips ist
sehr gespannt, ob das Berliner Kartellamt der französischen Firma Thomson-
Brandt die 75 1/2 % überantworten wird. Seinerzeit hatte Philips bei
Grundig durch Einspruch des Kartellamtes nur 24 1/2 erwerben können.
Ich habe dem Dir. Kopietz vorgeschlagen, er soll sofort mit mir in das
Handelsministerium kommen, damit mit SC Meisl und MR Fischer von der
Außenstelle die Kontingentierung im Detail besprochen wird und insbesondere
Vorkehrungen getroffen werden, damit man die Warenströme der nicht kon-
tingentierten Portables erfassen kann. SC Meisl hat mit MR Fischer
dieses Problem schon im Detail durchbesprochen und Kopietz über das
Ergebnis informiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie war das Ergebnis dieser Aussprache.
Im Journalistenfrühstück berichtete das Statistische Zentralamt über
die Lebenshaltungskostenindexberechnung und Ergebnis für den Jänner.
Mit einer Indexsteigerung von 4,1 % liegen wir unter dem WIFO-Prognose,
Jahresdurchschnitt von 4,2 %. Die besondere Verbilligung ist auf
einen 8 %-igen Rückgang von Obst- und Gemüsepreisen zurückzuführen.
ORat Kiefer hat über erfolgreiche Inflationsbekämpfung Österreichs im
internationalen Vergleich berichtet. Österreich hat hier wirklich seine
Position gegen Ende der 70-er Jahre und insbesondere jetzt bei den
80-er Jahren anfangs verbessern können. Interessanterweise gab es über
beide Punkte keine Diskussion, obwohl gerade der Jänner-Index erstmals
den Journalisten mitgeteilt wurde. Für mich ist dies nur eine Bestäti-
gung, daß man positive Entwicklungen halt mehr oder minder zur Kenntnis
nimmt.
Der Vorsitzende des Wettbewerbsausschusses, LAbg. Dr. Ebert, berichtete
über deren Tätigkeit. Insbesondere wurden die jetzt immer stärker
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werdenden Telefonaktionen für Kredite und Versicherungsabschlüsse nicht
nur unter die Lupe genommen, sondern der Ausschuß wird auch entsprechende
Maßnahmen dagegen vorschlagen.
Mag. Dorner vom Fachverband der Reisebüros berichtete über die Beschwerde-
stelle für Reisebüroangelegenheiten. Seit Bestehen aus dem Jahre 72 wurden
1.900 Fälle behandelt und 2 Mio. S Rückzahlungen an die Konsumenten
im Vergleichswege erreicht. Die Reisebüros nützen jetzt auch von ihren
Standpunkt diese Schlichtungsstelle. Erfreulich war, und dies habe
ich neben dem Dank an alle Beteiligten, die sich ja hier selbstlos
zur Verfügung stellen, daß von den 245 Fällen des Vorjahres nur 9
österreichische Fälle beinhaltet sind. Alles andere sind Beschwerden,
die im Ausland, berechtigt oder unberechtigt, entstanden sind. Unwahr-
scheinlich auch für mich, daß trotzdem natürlich wesentlich mehr Öster-
reicher im Inland Urlaub machen, so wenig Beschwerdefälle zu verzeichnen
sind.
Eine Diskussion ergab dann die Ankündigung des LRates Fuchs bezüglich
der Entwicklung der Pölser Sulfatzellstoffabrikerrichtung. Mit Recht
kritisierten Dr. Burian, aber auch ich, daß Fuchs damit die 500 Be-
schäftigten neuerdings beunruhigt hat. Ob die Italiener jetzt die 144
Mio., die sie Kaptial einschießen müßten, bezahlen oder nicht, kann man
sicherlich auch in der Öffentlichkeit diskutieren, meiner Meinung nach
muß man die italienischen Verhandlungsmethoden immer wieder berücksich-
tigen, bis jetzt haben die Italiener, wenn auch verspätet, ihre Leistungen
erbracht. Sollte dies diesmal nicht der Fall sein, werden der Bund und
das Land eben wie vertraglich vorgesehen und vorbesprochen diesen Teil
auch übernehmen. Daß jetzt die Sulfitproduktion zweckmäßiger ist und
leichter abzusetzen, konnte Burian anhand der Preiserlöse leicht wi-
derlegen. Während in den 70-er Jahren die Preisdifferenz 10 $ zwischen
Sulfit- und dem besseren Sulfatpreis gewesen ist, 400 zu 410 mit Schwan-
kungen bis 490 bis 500, haben jetzt im Preisverfall der 80-er Jahre sich
diese Differenzen wesentlich bis zu 80 $ vergrößert, 340 $ für Sulfit-
und 420 $ pro Tonne für Sulfatzellstoff. Dies allein zeigt schon, daß
Sulfat eben mehr wert ist und daher auch gerade in einer Rezession
höher bezahlt wird. Unerklärlich für mich ist auch, daß Fuchs jetzt
zwei seiner Beamten nach Mailand zu der italienischen Mutterfirma
Burgo schickt, die kaum dort etwas Neues erfahren werden mit den Italie-
nern wird in Anwesenheit der steirischen Vertreter in Wien weiterver-
handelt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN: Bitte alle Beteiligten stets ent-
sprechend zu informieren.
Der Wiener Ausschuß hat das Arbeitsprogramm für die Gemeinderatswahlen
für die Wiener Konferenz am Mittwoch durchdiskutiert und Gratz dann
ermächtigt die entsprechenden in der Diskussion gewünschten Abänder-
ungsvorschläge, soweit er dies für möglich und notwendig hält, in das
Arbeitsprogramm einzubauen und dann der Wiener Konferenz vorzulegen.
Gegen dieses Arbeitsprogramm haben zu meiner größten Überraschung der
Vertreter der JG, Häupl, und der Soz. Jugend, Faymann, gestimmt. Selbst-
verständlich können gegen ein Arbeitsprogramm, oder ein Wahlprogramm bes-
ser gesagt, die Junge Generation und die Soz. Jugend stimmen. Zweck-
mäßig halte ich dies nicht, da man sich doch klar sein muß, daß dies
in der Öffentlichkeit keinen guten Eindruck hinterläßt. Die SJ und die
JG haben in Wien je 1.300, wenn es gut geht, höchstens 1.500 Mitglieder.
Bei der JG muß man bekanntlicherweise nicht einmal einen Mitgliedsbei-
trag zahlen, sondern nur eine Bereitschaftserklärung abgeben. Trotzdem
wird diese JG in Wien nicht stärker, sondern eigentlich immer schwächer.
Wenn die Vertreter der Jugend durch ihr demonstratives Dagegenstimmen
gegen ein Wahlprogramm dokumentieren zu müssen, daß sie einen eigen-
ständigen Weg gehen, so werden sie glaube ich damit kaum mehr Mitglieder
gewinnen, sondern nur dem Gegner die Möglichkeit geben zu sagen, die Ver-
treter der Jugend können sich nicht einmal für das soz. Wahlprogramm
entschließen. Eine Diskussion darüber mit Parteiobmann Schranz vom
zweiten Bez., die ich zwar dann nicht in der Sitzung, wohl aber außer-
halb geführt habe, ergab, daß Schranz meint, es sei das Recht der JG
und auch wir hätten uns dagegen ausgesprochen. Alle dort anwesenden
Jugendobmänner, teils sogar der ersten Republik, bestätigten mir aber, daß
dies niemals der Fall war. Ich selbst konnte mich auch beim besten Willen
nicht daran erinnern, daß in meiner Jugendobmannzeit so etwas passie-
ren konnte.
Sallaberger hat dann über die Aktionen berichtet, die Zeitung am Sonntag
wird in Wien mit 400.000 und in Niederösterreich mit 600.000 Stück
ausgetragen. Keine Rede mehr von 1.–– S Preis, keine Rede mehr vom
Ständern, wo die Leute die Zeitung sozusagen wie die Kronen-Zeitung und
den Kurier kaufen resp. zumindestens wenigstens entwenden können, all
dies wäre sicherlich auch gar nicht gegangen.
Am 6. März werden in Wien die Landwirtschaftskammerwahlen durchgeführt.
Eine lange Diskussion ergab dann das Problem der Wahlkarten für die
Gemeinderats- und Nationalratswahlen, bei den letzten wurden 120.000
Wahlkarten ausgegeben, von denen 66.000 in den Bundesländern und 46.000
Wahlkartenwähler in Wien in anderen Bezirken eben ihrer Wahlpflicht
nachgegangen sind. Diesmal muß man besonders aufpassen, denn wer Wahl-
karten verlangt, bekommt die Wahlkarte für die Nationalrats- und
Gemeinderatswahl, für letztere kann er aber nur in Wien wieder diese
Wahlkarten abgeben.
Lanc berichtet dann über die Revision des Volkszählungsergebnisses.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird jetzt, nachdem Wien
4 Mandate an den Westen abgeben wird, 1 Mandat von der Steiermark auf
Wien zurückwandern. Die Gemeinderats- und Bezirksratslisten werden daher
neu angepaßt werden müssen.
Mit der JG auf der Landstraße habe ich bei ihrer Bezirksjahreskonferenz
lange und breit diskutiert. Insgesamt waren 5 Genossinnen und 12 Genossen
anwesend. Auch auf der Landstraße spiegelt sich die selbe Mitglieder-
stärke der JG wieder wie in ganz Wien. Die Diskussion war sehr freund-
schaftlich, die Landstraßer JG hat auch niemals kritisiert, daß bei
uns zu wenig diskutiert wird. Überrascht war ich nur, als dort auf einer
Tafel vom Obmann der JG Groiss aufgeschrieben wurde, was ihre Funktionäre
beschäftigt sind und verdienen. Noch mehr überrascht waren aber alle
anderen, als ich ihnen sofort meinen Lohnstreifen zeigte.
Spät abends habe ich dann noch die OPEC-Einladung erledigt und im Hilton
den schon in Aufbruch bestimmenden über 300 Gäste Empfang besucht.
Zum Glück waren dort auch vorher schon die Minister Salcher und Lanc,
mit großer Freude hat man von der OPEC auch meine Anwesenheit dort
registriert. Ich bedankte mich ganz besonders, daß die OPEC jetzt
das ehem. Palais des Polizeipräsidiums gekauft und insbesondere so
zweckmäßig renoviert hat. Die OPEC-Vertreter erklärten, daß sie sich
ihrer kulturellen Aufgabe dabei vollkommen bewußt waren, sie meinten
mit Recht, niemand hätte dieses Geld zur Renovierung aufbringen können
als eben der OPEC-Fonds. Für mich war erfreulich, daß die OPEC diesen
Beschluß nicht nur gefaßt hat, sondern auch noch zu einem Zeitpunkt,
wo sie noch reichliche Mittel auch für eine solche kulturelle Tat auf-
bringen konnte. Ob heute die OPEC noch einstimmig einen solchen Beschluß
fassen würde, bezweifle ich.
Tagesprogramm, 14.2.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)