Freitag, 15. Oktober bis Sonntag, 17. Oktober 1982
Die Tavola Rotonda ist diesmal in Triest abgehalten worden, da der
italienische Präsident Magnoni wegen seiner familiären Bindung zu einem
italienischen kleinen Skandal nicht mehr daran teilnahm und er mehr
oder minder diesen Namen Tavola Rotonda erfunden hat, wird in Hinkunft
und auch bei der Triester Tagung nur mehr von österreichisch-italieni-
schen Wirtschaftsgesprächen, die die Handelskammern organisieren, ge-
redet. Der Präsident der österreichischen Seite, Generaldirektor Kornis,
konnte dafür feststellen, daß wesentlich mehr italienische Handelskammern
an dieser Begegnung teilgenommen haben. Kornis ist fest davon überzeugt,
daß durch das Ausscheiden Magnonis diese Veranstaltung einen noch größe-
ren Wert haben wird.
Bei der Triester Tagung hat diesmal LH-Stv. Frühbauer über die Aktionen
der Regionalorganisation Alpe berichtet. Der Wirtschaftsassessor von
Friaul-Julisch Venetien, einem österreichischen Landesrat vergleichbar,
berichtete über die Verkehrssituation. Ich selbst berichtete dann über
die Energiesituation Österreichs und ganz besonders über die Kohlepro-
blematik auch in Verbindung mit dem beabsichtigten Kohlenhafen Triest.
Eine durchgeführte Pressekonferenz hat mir Gelegenheit gegeben, über die
beiden kritischen Punkte in Triest, nämlich Erhöhung der Hafengebühr auf
240 Lire pro to, also eine Verdoppelung, und insbesondere die Erhöhung
der Mindestpflichtreserven von 20 auf 30 %. Letztere wurde von der
Regierung zwar auf ein Jahr jetzt ausgesetzt, damit zwischen Österreich,
Deutschland auf der einen Seite und Italien auf der anderen Seite
stattfinden können, die italienische Seite beruft sich darauf, daß bei
der seinerzeitigen Konzessionserteilung die Pipelinegesellschaft TAL
das akzeptiert hat. Jetzt aber wünscht TAL davon rauszukommen.
Bei einer Hafenrundfahrt wurde ich von der TAL dann eingeladen, ihren Be-
trieb zu besichtigen, was ich auch tat und wo Swietly dann ein enspre-
chendes Statement sogar aufgenommen hat.
Auch die Triester Messe hat eine ständige Ausstellung über Zuliefermög-
lichkeiten von Betrieben zu anderen, die besichtigten wir ebenfalls
in der Hoffnung, daß dort die Italiener größere Liefermöglichkeiten
nach Österreich erschlossen bekommen.
Am nächsten Tag wurde dann auch noch der Monfalcone-Hafen besucht. Über-
all versucht man Investoren zu gewinnen. Im Monfalcone-Hafen hatte sich
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eine Rohrstahlgesellschaft riesige Gebäude gebaut und ist jetzt in
Konkurs gegangen.
An den Gesprächen nahm italienischer Seite nur ein Staatssekretär
des Außenamtes Fioret teil, die Minister haben sich einmal mehr entschul-
digen lassen.
Daß ich bei diesen Veranstaltungen mit dem Wiener Schmäh gut durchkomme,
brauche ich nicht besonders zu erwähnen, mit Hilfe der Mundharmonika
und den sangesfreudigen Italienern war es diesmal überhaupt eine ganz
besondere Hetz.
Aus den Aussprachen, die ich aber neben der offiziellen Tagung mit ver-
schiedensten Leuten geführt habe, glaube ich tatsächlich, daß die Triester
jetzt eine neue Politik bezüglich des Hafenausbaus zumindestens beab-
sichtigen zu versuchen. Die italienische Regierung will den Kohlenhafen
ausschließlich mit inländischen Mitteln, Agip Carbone soll 50 % haben
und ein weiterer großer Anteil auf alle Fälle italienische Interessen-
ten, die 150 Mrd. Lire, die dafür notwendig sind, könnten angeblich zur
Verfügung gestellt werden. Wenn man dagegen mit den Italienern dann
in kleineren Gruppen über dieses Problem spricht, haben sie auch be-
rechtigten Zweifel, daß diese mittel tatsächlich zur Verfügung ge-
stellt werden. Ich habe daher zugesagt, neuerdings mit der Fa. Shell,
Dr. Stemberger, der ja die österreichische Adria Studiengesellschaft ge-
führt hat zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Stemberger verbinden.
Der Triester Hafen machte auf mich einen trostlosen Eindruck. Vor dem
Hafen lag ein Passagierdampfer, wann oder ob der überhaupt wieder ein-
läuft um Passagiere aufzunehmen war nicht festzustellen. Ansonsten
gab es überhaupt keinerlei Schiffsverkehr. Da die Sommersaison vorüber
ist gab es nicht einmal die üblichen Hafenbesichtigungen und Hafenrund-
fahrten, auch die Frachtschiffe der TAL-Öltanks sind jetzt nur mehr
halb so viel, da die 50 Mio. to Kapazität nur zum Teil ausgelastet ist.
Interessanterweise erklärten mir die Triestiner, daß sie eine geringere
Arbeitslosenrate haben als im Durchschnitt in Italien, Arbeiter gibt
es fast überhaupt keine. Nur Angestellte sind arbeitslos. Hart wird
Triest die neuen Maßnahmen der jugoslawischen Regierung treffen. Auch
dann wenn für den kleinen Grenzbereich entsprechende Ausnahmen geschaf-
fen werden sollten.
Den neuen Finanzminister, gleichzeitig Vorsitzenden der jugoslawischen
Gemischten Kommission habe ich dann doch noch abgeholt, ohne daß ich
es wußte, wurde mir von MR Tschach mitgeteilt, daß SC Meisl wieder er-
krankt ist. Ich war daher sehr froh, daß ich auf den Flughafen ge-
kommen bin und zeitig genug von Triest weggefahren bin.
Bei der Ankunft mußte ich dann feststellen, daß die Jugoslawen es
abgelehnt haben von uns zur Gemischten Kommission eingeladen zu werden,
sie haben ihren Aufenthalt sozusagen selbst bestritten und sich ins
Hotel Astoria einquartiert. Der Staatssekretär im Handelsministerium
Mir, der ursprünglich wie ich in Belgrad war erklärte, er könne gar
nicht zu dieser Gemischten Tagung kommen, ist dann doch erschienen, ich
hätte es wirklich nicht verstanden, daß man einem Finanzminister, der
erstmals an einer Gemischten Kommissionstagung teilnimmt, nicht einmal
den wichtigsten Mann des Außenhandelsministeriums mitgibt. Mir hätte
am Montag zwar eine australische Delegation zu empfangen, diese wird
eben jetzt von jemand anderem betreut. An solchen Beispielen zeigt
sich für mich, daß das Rotationsprinzip in Jugoslawien auch nicht
Weisheit letzter Schluß ist. Wie weit dies oder ob dies überhaupt die
Ursache des sehr schlechten wirtschaftlichen Zustandes jetzt von Jugos-
lawien ist, kann ich nicht beurteilen.
Tagesprogramm, 15./17.10.1982