Freitag, der 3. September 1982

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Freitag, 3. September 1982

Die Budgetverhandlungen verliefen wie üblich. Albrecht und ich waren
zu früh gekommen, Salcher erschien dann, wie immer, ein wenig aufgelöst,
zuerst gab es die übliche Vorbesprechung unter Minister, ich hätte sie
mir seit eh und je ersparen können, weil ich von vorne herein immer die
Politik gemacht habe, vom Finanzminister nichts Unmögliches zu verlan-
gen, besser gesagt, überhaupt nichts zu verlangen. Da ich die Budget-
situation seit eh und je kenne oder zumindestens geglaubt habe zu
kennen, da ich immer auf dem Standpunkt gestanden bin, der ärmste Hund
ist der Finanzminister, da ich außerdem fest davon überzeugt bin, daß
was nicht vorher möglich ist über die Beamten zu erreichen, auch beim
Minister kaum durchzusetzen ist, gab es zwischen dem Finanzminister
und mir eigentlich nie Fragen, die man sozusagen unter 4, seit ich
einen Staatssekretär habe, unter 6 Augen hätte lösen müssen. Salcher
war jetzt gerade in Alpbach und hat sich über die dort versammelten
Bankiers sehr geärgert. Die von den Bankern gekauften Presseorgane attackie-
ren Salcher bei jeder Gelegenheit, auch diesmal wieder wurde aus Alpbach
mehr oder minder berichtet, die Regierung wisse nicht, wie es langgeht,
Salcher hätte zum Unterschied von Androsch keine wirtschaftspolitische
Konzeption, Salcher, der letzten Endes dazu beigetragen hat, daß Androsch,
wie es schon mit Kreisky kaum mehr gegangen ist, immer wieder noch in
seinem Amt blieb, macht jetzt auch immer wieder Bemerkungen, die Salcher
sehr ärgern. Salcher hat nämlich sowohl als Gesundheitsminister alles
zugedeckt, was seine Amtsvorgängerin offen gelassen hat, und noch viel
ärger ist es im Finanzministerium. Ich hätte an Salchers Stelle auf
alle Fälle einen Status gemacht und im kleinsten Kreis die Situation
dargelegt. Salcher glaubte aber aus Freundschaftsgründen sozusagen alles
zudecken zu müssen, gelohnt wird es ihm, wie er jetzt feststellt, von
Androsch keinesfalls.

Da ich Salcher am Vortag bei der Dreijahresfeier des vom Verkehrsbüro
gepachteten Hotels Corvinus in Wr. Neustadt vertreten habe, berichtete
ich ihm über diese Veranstaltung. Da ich fest davon überzeugt hin, daß
der jetzige provisorische Geschäftsführer Stock sehr gerne das Ver-
kehrsbüro weiterführen möchte, fragte ich Salcher, wie er dazu steht.
Salcher meint, er sei von den drei infrage kommenden Kandidaten der
beste, und er wird sich bemühen ihn dafür zu gewinnen. Salcher ist auch
davon überzeugt, daß das Verkehrsbüro Ende 84 saniert ist, trotzdem bin
ich nicht bereit das Verkehrsbüro in mein Ressort zu übernehmen, ich
bin nämlich fest davon überzeugt, daß ein für den Fremdenverkehr zustän-
diger Minister unzweckmäßigerweise ein einziges Verkehrsbüro als Eigen-


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tumsvertreter haben soll. Unausweichlich würde dann mit den anderen eine
Kollision entstehen, auch noch von mir objektive Entscheidungen werden
wahrscheinlich immer unter dem Gesichtspunkt dann beurteilt, er versucht
sein eigenes Verkehrsbüro zu forcieren.

Über die einzelnen Budgetansätze wollte Salcher mit Albrecht und mir
reden, hat aber dann selbst eingesehen, daß, nachdem ich alle Vorschläge
von ihm akzeptiere, es gar nicht notwendig ist. Diesmal war es insofern
noch besonders leicht, weil bei der Besprechung des zweiten Beschäfti-
gungsprogrammes von ihm so viele Leute zusätzliche Budgetmittel ver-
langt haben, daß wenn er auch nur einen Bruchteil dessen erfüllte, auf
alle Fälle das Handelsbudget entsprechend aufgestockt werden mußte.

Mit den Beamten wurden dann die einzelnen Budgetposten noch einmal durch-
gegangen. Dies war deshalb notwendig, weil natürlich die entsprechenden
Ziffern abgestimmt werden mußten. U.a. haben wir in der Fremdenverkehrs-
werbung beschlossen, daß die Länder, Handelskammer, aber natürlich auch
der Bund das nächstjährige Budget um 6 % erhöhen. Da wir in diesem Jahr
bereits eine 12 %-ige Erhöhung im Budget gehabt haben, bleibt ein be-
trächtlicher Betrag über, im nächsten Jahr wird es daher nur mehr bei
den exakten 6 % bleiben, daher war es aber notwendig diese Budgetpost
um 600.000,–– S zu erhöhen, damit tatsächlich genau die 6 % herauskommen.

In der Fremdenverkehrsförderung war zur Umstellung auf Prämienaktion
notwendig die Hausaktion um 10 Mio. und die Sonderkreditaktion auch um
10 Mio. aufzustocken. Auch diese beiden Beträge waren von den Beamten
längst vorgesehen und daher gab es keinerlei Probleme. In den vergange-
nen Jahren hat der ERP-Fonds, Fremdenverkehrsmittel 150 Mio., im Normal-
fall nicht ausgereicht. Zu diesem Zweck wurden immer ERP-Ersatzaktionen
gestartet, auch heuer wirder wird im BÜG 82 70 Mio. zusätzlich vorgesehen.
Für das Jahr 83 wird prinzipiell beschlossen, daß wenn die Notwendigkeit
besteht, sofort wieder eine ERP-Ersatzaktion beim BÜG gemacht werden
kann.

In der Bergbauförderung bleibt es bei den 216 Mio. S, richtlinienmäßig
hätte das Finanzministerium um 44 Mio. kürzen wollen; da die BBU aber
beträchtliche Zuschußmittel braucht und da andererseits auch eine Roh-
stoffsicherung diesen Beträgen eingeleitet werden soll, hat die Beamten-
ebene schon längst beschlossen, daß es bei dem heurigen Ansatz bleiben
wird.



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Die Papieraktion III wird mit 20 Mio. im Budget vorgesehen, da hier be-
reits ein Ministerratsbeschluß für diese Aktion vorliegt. Für die Bürges-
stammaktion werden ebenfalls 20 Mio. vereinbart und für die Betriebsgrün-
dung 5 Mio. Darüber hinaus kommt jetzt für die Top-Betriebsgründungs-
aktion für Klein- und Mittelbetrieb ein neuer zusätzlicher Betrag von
10 Mio. S, diese wird in Form von einer Prämie, wie sie Burian entwickelt
hat, abgewickelt.

Für die Fernwärme wird sowie bisher 25 Mio. für Prämienaktionen vorgese-
hen, die bis zu 5 Mio. des Projektes gehen solle. Für die große Aktion
für Zinsenzuschuß, 3 % maximal der Bund, 1 % das Land, müßten für die
erste Mrd., die wir im nächsten Jahr hoffentlich auch tatsächlich brauchen
werden, 30 Mio. vorgesehen . Hier verlangt der Finanzminister, daß die
ganze Aktion aber auf maximal 8 Mrd. S begrenzt wird, eine solche Zusage
kann ich leicht geben. Da für diese Aktion ein eigenes Fernwärmeförde-
rungsgesetz geschaffen werden muß, regt MR Marhold an, man soll darin
nicht nur die 3 %-igen Zinsenzuschüsse vorsehen, sondern gegebenenfalls,
wenn es für das Unternehmen von Interesse ist und dem Finanzminister
nicht eine allzu große Belastung dadurch erwächst, ev. auch eine Einmal-
prämienmöglichkeit vorzusehen. Marhold verweist darauf, daß es jetzt
z.B. geglückt ist mit einer 5 %-igen Prämie Leute dafür zu gewinnen,
anstelle eines Zinsenzuschusses, der sich auf 10 Jahre erstreckt, 3
% ausmachen würde, aber eben dann zu einem späteren Zeitpunkt erst
gegeben wird. Die Finanzministeriumsleute haben vorerst Bedenken, letzten
Endes aber sagt Salcher zu und meint nur, es dürften daraus keine wesent-
lich höheren Belastungen des Budgets 83 erfolgen. Dies kann ich insofern
zusagen, als wir ja noch gar nicht wissen, welche konkreten Projekte
wirklich eingereicht werden. Da das Finanzministerium jeden einzelnen
Fall dann mitbeschließt und bestimmt, kann gegen das Finanzministerium
keine Prämie anstelle des Zinsenzuschusses beschlossen werden.

Bezüglich der Stärkeförderung ist Salcher bereit die 17 Mio. mehr gegen-
über dem heurigen Budget zu geben, er war, wie er mir erklärte, bei einem
Betriebsbesuch in Gmünd, dort hat man auch heuer noch zusätzlich von ihm
30 Mio zum Abbau der Lagervorräte und 7 1/2 Mio. zur Ausfinanzierung der
11.000 to besondere Förderung ihm abgerungen. Salcher möchte aber diese
zusätzlichen Mittel auf die Zusage der Subventionsempfänger binden,
daß diese bereit sind 30.000 to inländischen Mais heuer zu übernehmen.
Da die Maisstärkepost ja bei mir nur eine Durchlaufpost , sie betrifft
ja ausschließlich die landwirtschaftlichen Verarbeiter, bin ich mit
jeder Regelung einverstanden.



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Eine Diskussion gibt es nur über das Innovationsinstitut. Salcher hat
beim zweiten Beschäftigungsprogramm irgendwo zugesagt, daß eine solche
Institution gegründet werden sollte. Er sieht dafür vor 1 Mio. S im Budget
bereitzustellen. Salcher wollte unbedingt, daß dieses Institut oder
diese Institution besser im Handelsministerium verankert werden soll.
Dagegen habe ich mich entschieden ausgesprochen. Ich bin nicht bereit
hier eine neue zusätzliche und, wie ich glaube, nicht sehr erfolgverspre-
chende Einrichtung zu übernehmen. Die Erfahrungen, die ich mit der INPA-
DOC gemacht habe, sind für mich abschreckend. Dutzende Mio. mußte letzten
Endes der Finanzminister dann in diese Institution reinpumpen, die ja
auch dann bei ihm geführt wurde und er allein letzten Endes über alles
entschieden hat. Salcher möchte auch, daß INPADOC ins Handelsministerium
kommt. Da ich kein anderes Ministerium finden kann, wo es hinpaßt, habe
ich ihm zugesagt dies zu übernehmen, ich werde allerdings keinen Budget-
ansatz dafür verlangen, falls nämlich das INPADOC nach diesen über
100 Mio. bekommenen Subventionen sich selbst erhalten kann, dann gehört
aufgelöst, die Funktionen würde in diesem Fall das Patentamt übernehmen.
Salcher ist mit dieser Vorgangsweise sehr einverstanden.

Burian hat die Idee gehabt, man sollte für diese 1 Mio. Innovationsinsti-
tut die Patentförderungsgesellschaft ausbauen. In diesem Fall müßte die
Handelskammer ebenfalls zusätzliche Mittel bereitstellen. Salcher ist
mit dieser Vorgangsweise nicht sehr glücklich. Da er momentan aber keinen
besseren Vorschlag hat, einigten wir uns darauf, daß ich zwar bereit
bin in meinem Budget eine Budgetpost mit 1 Mio. S Innovationsinstitut
aufzunehmen, daß ich aber diesen Betrag überhaupt nicht angreife, so-
lange nicht Salcher und ich uns geeinigt haben, wer und wie diese Mio
zweckmäßig verwendet wird. Nach wie vor glaube ich, daß Burians Vorschlag
der beste ist.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte verfolge diese Idee mit Salchers Büro weiter.

Die durch das Mittelstandsgesetz entstandenen oder vorgesehenen Maßnahmen
haben eine budgetäre Deckung in den verschiedensten Ressorts. Die wich-
tigsten Fragen sind ja meistens Steuersenkungswünsche und darüber wird
eben Salcher mit der Handelskammer weiter verhandeln. Das einzig offene
Problem, das das Handelsministerium betrifft, ist die Finanzierung von
Betriebsmitteln, hier erklärte Salcher, daß dies nicht infrage kommt,
auch ich bin der Meinung, daß wenn er mit Betriebsmittelkreditfinanzie-
rung beginnt, ein Faß ohne Boden öffnet.



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Salcher und ich einigten uns zum Schluß darauf, daß die Sprachregelung
für das nächstjährige Budget des Handelsministers sein sollte, trotz der
notwendigen Sparsamkeit wurden im Interesse der Wirtschaft deren Ankurbe-
lung und Fortsetzung von erfolgreichen Aktionen für den Fremdenverkehr
und für das Gewerbe, aber auch für die Industrie, siehe Papieraktion III,
die notwendigen Mittel bereitgestellt. Dies gilt insbesondere für die
Fernwärme und für die Rohstoffversorgung und -sicherung.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte die endgültigen Formulierungen mit dem
Finanzministerium und Marhold absprechen.

Da für die E-Wirtschaft ja kaum Budgetmittel vorgesehen sind, wurde zum
Schluß von Salcher und mir nach der Sitzung mit SC Bauer als zuständi-
ger Beamter des Finanzministeriums festgehalten, daß bezüglich des Wun-
sches der Verbundgesellschaft mit der Finanzierung von Jochenstein die
Vereinbarung mit Fremuth gilt.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Fremuth sofort verständigen.

Im SPÖ-Präsidium mußten wir uns leider mit der Frage Bez. Reviczky und
seinem Stellvertreter Schmid lang und breit auseinandersetzen. Reviczky,
der sehr energisch und mit Elan diese neue Arbeit angeht, hat bezüglich
seiner Bezahlung einige Dummheiten gemacht. Da er in der Sozialversiche-
rung, wo er bis jetzt beschäftigt war, mehr bekommen hat als Bezirksvor-
steher, wurde von Mühlbacher nicht zuletzt auch durch meine Unterstützung
für ihn eine optimale Lösung gefunden und auch vereinbart. Alle Präsi-
diumsmitglieder haben sich über dieses ungeschickte Verhalten sehr ge-
ärgert. Sallaberger und Heindl werden versuchen das zu bereinigen.

Die Aktivitäten auf der Landstraße müssen jetzt im kommenden Herbst
wesentlich verstärkt werden. Die ÖVP rechnet sich in jeder Beziehung
gute Chancen aus uns dort hart zu treffen. Dies gilt sowohl für die
Nationalratswahlen im Frühjahr als noch viel mehr für die Gemeinderats-
wahlen im Herbst.

Ein gewisser Kauffman, Redakteur oder Herausgeber von Travel Agent
Magazine in New York wollte angeblich über Tourismus mit mir sprechen,
in Wirklichkeit stellte sich dann bald heraus, daß er überhaupt es als
große Auszeichnung empfand mit einem Minister bei seiner Euroaptour in
Kontakt zu kommen, bei dieser Gelegenheit interessierte ihn aber weniger
der Tourismus als vielmehr die gesamte wirtschaftspolitische Lage. Über


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touristische Probleme hat er sich dann mit MR Würzl im einzelnen noch
unterhalten.

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Tagesprogramm, 3.9.1982


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
      GND ID: 102318379X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sts. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Bundeskanzler
          GND ID: 118566512


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Kongresszentrum, Verkehrsbüro, Hofburg


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR HM
                GND ID: 1035518031


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Finanzminister
                    GND ID: 118503049


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Abteilungs- bzw. Sektionsleiter HM, BV-Stv. Landstraße


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 115563237


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