Donnerstag, 12. August 1982
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft haben die Vertreter der Privatan-
gestellten und unser Verhandlungskomitee der Bäcker mit Dkfm. Blaha von
der AK die Lohnverhandlungssituation besprochen. Das letzte Angebot vom
Gewerbe war 5,5 % linear, nur wenn sie anstelle der 70 g Brotpreiserhöhung
80 g bekommen würden, könnten sie einen höheren Lohn bezahlen. Die Indus-
trie hat das System des Sockelbetrages mit 250,-- S akzeptiert, strittig
war noch, ob 2 % oder 3 % dann die prozentuelle Lohnerhöhung ausmachen
sollte. Dies hätte 5,3 %-ige Erhöhung der Industrielöhne ergeben, die un-
teren Kategorien wären allerdings durch den Sockelbetrag wesentlich höher
gekommen. Strittig war bei dieser Aussprache wie weit eine Gewerkschaft
oder ein Verhandlungskomitee sich für eine Preiserhöhung einsetzen sollte.
Der Verhandlungsleiter der Bäckerarbeiter, BRO Serini, lehnte eine solche
Koppelung auf das Entschiedenste ab. Seine Argumentation war, das nächste
Jahr dann würden die Unternehmer überhaupt nicht mehr über den Lohn ver-
handeln, sondern gleich erklären, kämpfen sie mit uns um eine höhere Brot-
preiserhöhung und dann können sie die Lohnerhöhung die sie sich vorstellen
bekommen. Die Angestelltengewerkschaftsvertreter dagegen waren eher ge-
neigt für die Unternehmerforderung einzutreten. Da niemand aus dieser
Situation einen Ausweg wußte, erklärte ich, daß es jetzt notwendig ist,
die Preiskommission einzuschalten und dort durch Dkfm. Blaha von der AK
feststellen zu lassen, daß keinesfalls die 70 g schon wie man in Wien sa-
gen würde eine gemähte Wiese ist, sondern daß sich eben aufgrund der vor-
gesehenen Lohnabschlüsse dann eben nur eine geringere Brotpreiserhöhung
als die in Aussicht genommenen 70 g ergeben würden. Mit dieser Vorgangs-
weise waren alle einverstanden.
Nachmittag bin ich dann selbst in die Brotpreiskommission gegangen. Dort
erörterten die Bäcker, Bundesinnungsmeister Maureder, aber auch die In-
dustrie, daß sie mit den 70 g keinesfalls das Auslangen finden könnten und
nicht bereit wären auch nur 0,1 % höhere Löhne zu geben als das letzte
Angebot ausmachte. Selbst dabei würden sie noch ihre Unterdeckung ver-
größern, die schon jetzt bei jedem kg 27 g beim Laib und beim Wecken sogar
noch wesentlich mehr ausmacht. Die Unterdeckung ist bei der Brotkalkula-
tion nichts neues, ich kann mich genau erinnern, daß seit dem Jahr 1945,
als noch eine eigene Brotpreiskommission bestanden hat, in der ich auch
als AK mitwirkte, stets beim Brot eine Unterdeckung war. Meine Argumen-
tation damals war, daß bei jedem kg man draufzahlt, während es nur der
Umsatz macht. Zum Glück war am Sonntag Backverbot, so daß man sich an die-
sem Tag vom Defizit erholen kann. Diese ironische Charakteristik hat also
noch immer Gültigkeit. Der Vorsitzende der Preiskommission, MR Kurzel, hat-
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te das beste Argument zur Beschleunigung und letzten Endes auch Abschluß
der Verhandlungen. Er erklärte rundweg, er ist zwar jetzt auch auf Urlaub
gewesen, aber wegen des Brotpreises heute und morgen ins Büro gekommen,
am Wochenende fährt er dann allerdings weg und dann gibt es keinen Brot-
preis so lange er nicht wieder von seinem Urlaub zurück ist. Dieses Ar-
gument war vielleicht für alle beeindruckender als mein Appell sich doch
noch zu einigen. Da im vergangenen Jahr Mitte August die Preiserhöhung
erfolgte, müßte sie auch heuer am Montag, den 16. August erfolgen. Da die
Bäcker bereits seit 1. August den höheren Mehlpreis bezahlen müssen und
dieser immerhin pro kg für den Brotmehlpreis um 21 g erhöht wurde, hätte
sich die Bäckerspanne dann allein aus der Mehlpreiserhöhung um rund 16 g
verschlechtert. Der Bundesinnungsmeister Maureder aber auch die Industrie
erklärte deshalb dezidiert, daß sie sehr wohl zu einem Ergebnis kommen
möchte.
Vom Innenministerium verständigt mich MR Danzinger, daß bezüglich der
Autobuszufahrt zum Palais Pallavicini die MA 46 in Wien zuständig ist und
diese nicht bereit ist, eine generelle Ausnahmegenehmigung für das Auto-
busfahrverbot zu geben. Danzinger hat jetzt veranlaßt, daß die Wiener Po-
lizei im Einzelfall eine sogenannte Exekutivhingeleitung durchführt.
Pallavicini muß jetzt die Autobusgruppen, die zu ihnen essen kommen, zeit-
gerecht anmelden und dann wird ein Polizist den Autobus hinbegleiten. Ein
bißchen kompliziert, so wie eben alles wenn es prinzipielle Diskussionen
und Streit gibt, aber doch immerhin eine Lösung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Pallavicini davon verständigen.
Die Kranverleihfirma Prangl in Brunn am Gebirge hat das Dekret zur Führung
des Staatswappens bekommen. Bei der Verleihung hat man mir zur Demonstra-
tion einen Riesenkran aufgestellt gehabt, auf den ein Lastkraftwagen über
die Erde schwebte. Heute können Kräne bis zu 200 t heben, auf Bildern
konnte ich feststellen, daß Riesengerüste auf Bauten schwerste Lasten
wo notwendig durch diese Kräne und eine gut zusammengespielte Mannschaft
transportiert und gehoben werden können. Beeindruckend ist, daß diese
Firma von Herrn Prangl erst in den 60er-Jahren gegründet wurde. Er selbst
ist Volks- und Hauptschullehrer gewesen, hat sich durch entsprechende Kur-
se das notwendige Fachwissen angeeignet und mit einer ganz kleinen Mann-
schaft begonnen jetzt einen riesigen Betrieb in den Industriegebiet er-
richtet hat. Größtenteils erzählt er mir hat er dies alles selbst finan-
zieren können. Unerfreulich war, daß dort Dutzende Lastkraftwagen mit
Kranaufbauten gestanden sind. Natürlich könnte man sagen, er hat sie alle
zusammengezogen, um zu demonstrieren wie groß seine Autoflotte ist, in
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Wirklichkeit hat er zugegeben, daß zwar jetzt auf der einen Seite Urlaub
auf der anderen Seite aber die Auftragslage nicht zuletzt durch die un-
günstige Bauindustriekonjunktur nicht gerade rosig ist. Als Familienbe-
trieb wird er sicherlich durchkommen, weil er jetzt dann geringere Inves-
titionen tätigt.
Beeindruckend für mich sowohl im positiven als auch im negativen Sinn
war die Ordensverleihung an 20 Mitarbeiter der Fa. Brüder Henn. Diese Fir-
ma wird im wahrsten Sinne patriarchalisch geführt. Der Chef hat in seiner
Eröffnungsansprache gleich erklärt, daß man diesen Führungsstil den er
noch prägt, scheinbar wenig Verständnis hat. Die Firma bemüht sich stets
das Staatswappen zu bekommen, die AK und die zuständige Gewerkschaft leh-
nen aber auf das Entschiedenste ab. Interessant aber war, daß zu dieser
Auszeichnungsverleihung an die Mitarbeiter doch ein Gewerkschaftsvertreter
bekommen ist. Dieser hat dann mit Sekretär Burian über dieses Problem auch
gesprochen. Die Firma weigert sich, einen Betriebsrat zu installieren, die
Belegschaft will dies angeblich auch gar nicht. Tatsache ist, daß dieser
Handelsbetrieb, der ja insbesondere graphische Druckmaschinen transit
auch in die Oststaaten verkauft, selbst welche erzeugt, die meisten aber
natürlich aus dem Westen importiert, scheinbar mit vielen anderen Firmen
von Hotel, Transportgewerbe usw. ein kleiner Konzern ist, der sich sehr
gut stellt. Natürlich habe ich wie bei allen anderen diesen Auszeichnungs-
gelegenheiten an den Firmenchef appelliert, ob er nicht doch noch einen
Lehrling zusätzlich einstellen kann. Bei ihm konnte man tatsächlich auf-
grund der Ausgezeichneten feststellen, daß viele ausgelernte Lehrlinge
nicht nur weiter beschäftigt wurden, sondern durch Nebenberufsstudium so-
gar akademische Titel sich erarbeiteten. Henn wird sich's mit den Lehrlin-
gen überlegen, meinte dabei aber in einem Nebensatz, früher war dies alles
besser, weil man sozusagen mit dem Rohrstaberl die Lehrlingen zu mehr ler-
nen verhalten konnte. Henn war sehr enttäuscht, daß ich schon allein weil
ich wahrlich mit dieser Firma keinen engsten Kontakt haben wollte, ein
vorbereitetes kleines Mittagessen, das er alle für alle Eingeladenen ge-
geben hätte, rundweg ablehnte.
Der 3. Betrieb, der das Staatswappen bekam, war die Fa. Felsinger. Dieses
Asphaltunternehmen hat eine Novophalt-Asphaltzusammensetzung entwickelt.
Jahrelang wird jetzt auf der Knickbrücke, wie die Autobahnbrücke, da sie
einmal eingeknickt ist, am Prater genannt wird, der Belag schon getestet.
Das Bautenministerium kann sich aber scheinbar noch nicht entscheiden.
Bei der Betriebsbesichtigung wurde mir alles im Detail erklärt. Der Misch-
vorgang ist vollautomatisch organisiert. Nach Meinung der Betriebsräte
aber vor allem einmal der Techniker des Betriebes, vom Chef ganz zu schwei-
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gen, müßte jetzt endlich im Bautenministerium die Entscheidung fallen.
Da der Novophalt-Belag auf der Brücke sich bestens bewährt hat. Ich habe
lediglich zugesagt, dem Bautenminister neuerdings darüber zu schreiben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Industriesektion soll auf unseren Briefwechsel
bezugnehmend neuerdings beim Bautenminister urgieren.
Die Elektrizitätswirtschaft, Sommerbauer und der Pressereferent, Günter
Traxler, hat mit den für die Emission zuständigen Referenten, Dr. Zluwa,
MR Pollak und vor allem von der Sektion I, Dr. Steffek, neuerdings die
Belastung, wenn die Dampfkesseldurchführungsverordnung neuerdings geändert
wird, besprochen. Bezüglich der Reduzierung der Staubemission wird es
möglich sein, dem Wunsch des Gesundheitsministeriums aber jetzt auch des
Bautenministeriums zu entsprechen. Die zusätzlichen Investitionen werden
ca. 10 Mio. S ausmachen und können daher von der Elektrizitätswirtschaft
verkraftet werden. Bezüglich der Schwefeldioxidherabsetzung geht bei Stein-
kohle es glatt. Dürnrohr ist bereits nach den tieferen Werten ausgerich-
tet. Mellach in der Stmk. von der STEWEAG wird in der 1. Ausbauphase über-
haupt nur mit Gas heizen, wodurch das Problem der Entschwefelung sich
dort noch nicht stellt und die anderen Kraftwerke können es daher akzep-
tieren. Kritisch wird es nur bei Braunkohle, auch hier zeichnet sich aber
ein Lösungsweg ab, unmöglich ist die Lösung bei Heizöl. Dort würde es in
die 100-e Millionen gehen, wenn nicht gleichzeitig auch mit der Herab-
setzung des Schwefeldioxidemissionsgrenze die Öle, die zum Verfeuern kom-
men, den Schwefelgehalt auf ein halbes Prozent oder maximal ein Prozent
reduziert. dieses Problem wird daher jetzt im Detail noch einmal genau
untersucht, Die Elektrizitätswirtschaft wird mit meinem Haus gemeinsam
die notwendigen Ziffern erarbeiten. Prinzipiell aber stellt sich heraus,
daß doch wie z.B. die STEWEAG in der Stmk. erklärt, sie kämpft nicht mehr
an meiner Seite, weil der Eigentümer, sprich das Land Stmk. eben entschie-
den hat, es darf die und die Emissionen eben nur geben. Da ich eine sol-
che Vorgangsweise früher oder später von allen Elektrizitätsunternehmungen
erwarte, versuche ich sie jetzt schon davon zu überzeugen, daß es besser
ist, wenn wir einen vernünftigen Kompromiß noch einmal anstreben. Dieser
Vorschlag wird bis Montag überprüft, Montag mittags werde ich nämlich
mit dem Gesundheitsminister Steyrer eine neuerliche Aussprache haben.
Tagesprogramm, 12.8.1982