Freitag, der 13. August 1982

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Freitag, 13. August 1982

Die dt. Firma Teekanne, einer der größten Produzenten in Deutschland und
auch in Österreich marktführend, hat das Staatswappen bekommen. Die dt.
Firmeninhaber waren anwesend. Mit ihnen besprach ich die Situation auf
dem Teemarkt. Gegenüber 45.000 t Kaffee, die wir in Österreich importieren,
nehmen sich die 1.300 t Tee verhältnismäßig gering aus. Österreich ist
wie die beiden behaupteten, ein ausgesprochenes Kaffeetrinkerland. Trotz-
dem rechnen sie, daß sie in Hinkunft einen sehr guten Markt in Österreich
haben werden. In den letzten Jahrzehnten wurden ein ungeheurer größerer
Verbrauch festgestellt. Von Österreich wurde auch stark nach Polen ex-
portiert, jetzt haben die Polen kein Geld, deshalb dieser Versand voll-
kommen zu erliegen gekommen ist. Die Firma hat einen modernsten Abfüllbe-
trieb, bis jetzt wurden die Teebeutel ja nur hygienisch verpackt. diese
Idee wurde im 1. Weltkrieg geboren als man den Soldaten entsprechende
Teeportionen liefern wollte. Der letzte Schrei ist eine Aromaverpackung,
in verschweißten Alufolien wird der Tee dadurch wesentlich länger aroma-
tisch haltbar. Die Firmeninhaber haben mir sofort zugegeben, daß ihre
Produkte teure Teesorten umfaßt, dafür aber die beste Qualität. Ein großer
neuer Markt wird die Früchte- und Kräutertees, dort haben sie nur Schwierig-
keiten mit dem Gesundheitsministerium. Noch immer wird aufgrund des Apo-
thekervorbehaltes den Lebensmittelhändlern verboten Melissen- und Linden-
blütentee zu verkaufen. Hier handelt es sich wirklich um eine Schikane.
Niemand kann mit Melissentee oder Lindenblütentee sozusagen Unfug treiben
und vielleicht gar den Körper schädigen. Ich habe versprochen, dieses
Problem mit dem Gesundheitsministerium zu besprechen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese Tee-Apothekervorbehaltsliste zusammen-
stellen lassen, damit man mit Steyrer darüber reden kann.

Die amerik. Fa. Johnson & Johnson hat die alte Firma Hahn, die als erstes
hygienische Damenbinden herstellte, gekauft. In Salzburg haben sie nicht
genug Ausweitungsmöglichkeiten gehabt, weshalb sie jetzt in Hallein einen
modernen riesigen Betrieb errichtet haben. Zur feierlichen Eröffnung waren
die Amerikaner extra nach Salzburg gekommen. Der Halleiner Bürgermeister
Müller ersuchte mich deshalb unbedingt ebenfalls anwesend zu sein. Da er
diese Zeremonie nicht dem Landeshauptmann allein überlassen wollte. Zur
Einweihung war sogar der Erzbischof von Salzburg gekommen. Natürlich gab
es bei den Eröffnungsansprachen ein leichtes Heckmeck, das ich ja immer
mit Haslauer habe. Der Präsident der AK verwies in seiner Ansprache, daß
früher die Meinung in Österreich verbreitet war, man sollte die ausl.



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Kapitalisten nicht zu sehr ins Land holen. Dies hätte sich jetzt wesent-
lich geändert. Der Präsident der HK , Wieder , meinte, die Wirtschaftspoli-
tik der Regierung sei nicht zielführend, da ein längerfristiges Wirtschafts-
konzept fehlt. Haslauer bemerkte, dann muß man eben die Regierung wechseln,
was mich veranlaßte dann sofort zu sagen, das wird sicherlich im Mai nach
den nächsten Wahlen geschehen. Da wird eine neue Regierung gebildet wer-
den und ich bin überzeugt, daß ich wieder Handelsminister werde. Damit
wurde ich nur klar und deutlich sagen, saß die Sozialisten auch diese
Regierung stellen werden. Mit den Amerikanern unterhielt ich mich dann
sehr intensiv, ob sie nicht noch weitere Produkte nach Österreich verle-
gen können. Haslauer hat in seiner Ansprache nämlich bemerkt, daß er sehr
froh ist, daß jetzt hier in Salzburger Land nämlich in Hallein die Pro-
duktion auch von Wien hierher verlagert wurde. Ich meinte dagegen, es wäre
viel zweckmäßiger, wenn wir uns bemühen, die Amerikaner zu veranlassen,
aus Europa oder vielleicht gar von Amerika drüben, Produkterzeugung nach
Österreich zu verlegen. Die Johnson-Leute waren von dem österr. Klima
und Landschaft sehr begeistert. Unter Klima verstehe ich dabei nicht nur
allein das Wetter, sondern vielmehr das Wirtschaftsklima. In den Staaten
sagten sie mir geht es nicht aufwärts. Derzeit haben sie mit 9,5 % die
größte Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaftspolitik von Reagan greift nicht.
Jetzt hat er sie ja geändert, um das riesige Budgetdefizit zu decken, hat
er zwar vorher die direkten Steuern gesenkt. Dies war für die höheren Ein
kommen von Interesse, jetzt werden die indirekten Steuern erhöht. Diese
Maßnahme trifft wieder die ärmere Bevölkerungsschichten.

Der GD von Johnson & Johnson, der Schweizer Bauer, beschwerte sich bei mir,
daß in den Spitälern in der Steiermark ihre Produkte nicht angeboten wer-
den können. In den Ausschreibungen wird sozusagen schon von vorneherein
nur gewisse Firmen festgelegt. Bauer wird versuchen auf freundschaftliche
Weise, indem er jetzt Kontakt mit den steirischen Stellen aufnimmt, die-
ses Problem zu bereinigen. Ich habe ihm zugesagt, falls er damit keinen
Erfolg haben sollte, so möchte er uns schreiben, wir werden vom HGI dann
uns mit den steir. Landesstellen in Verbindung setzen.

Den Salzburger Nachrichten habe ich ihr Dienstfahrrad persönlich überge-
ben. Der stellvertretende Chefredakteur und vor allem der für die FV und
Wirtschaft zuständige Redakteur Mitterndorfer waren sehr überrascht, selbst-
verständlich mußte ich dann ein Interview über die Wirtschaftssituation
geben. Ich habe einmal mehr trotz der Schwierigkeiten, die wir jetzt
in gewissen Branchen haben und trotz der notwendigen Strukturbereinigung
insbesondere in Schwerindustrie und anderen kritischen Industriezweigen
nicht zuletzt aufgrund der Ziffern, die ja auch Hofrat Kausel immer ver-


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anlaßt zu sagen, daß wir gar nicht so schlecht sind, optimistisch für die
Zukunft geantwortet. Ich bin nämlich wirklich davon überzeugt, daß die
Methode nur das Negative zu sehen auch österr. Unternehmer veranlaßt dann
Maßnahmen, die sie sonst bereit wären zu setzen, eben zu verschieben oder
gar zu unterlassen. Natürlich ist die Wirtschaft rund um uns außer der
Schweiz wesentlich schlechter. Natürlich ist Österreich davon durch seine
Außenhandelsverflechtung sehr abhängig. Natürlich weiß auch ich, daß es
falsch wäre zu sagen, alles ist in Österreich in Ordnung und wir brauchen
uns daher nicht besonders anzustrengen. Doch bin ich innerlich fest davon
überzeugt, daß es keinesfalls so schlecht ist, als manche führende Poli-
tiker auch in unserer Partei darstellen. Ich bin sehr gespannt, was
letzten Endes von diesem Interview kommen wird. Der Chefredakteur-Stell-
vertreter meinte zwar, wir sollten doch ein Aufnahmegerät benützen. Mit-
terndorfer
hat es abgelehnt und hat sich nur handschriftliche Notizen
gemacht, nicht einmal stenographiert. Für mich war es eh ganz klar, er
wird schreiben, was er will und mir wahrscheinlich dann Dinge in den Mund
legen, die ich gar nicht so genau gesagt habe.

Ähnlich ist es angeblich SC Meisl ergangen. BK Kreisky hat mich ganz em-
pört angerufen und mitgeteilt, daß Meisl in einem Interview über die APA
festgestellt hat, daß sich Österreich nicht an dem Boykott Amerikas be-
teiligen wird, sondern ganz im Gegenteil dezidiert erklärt, diesen Boy-
kott zu boykottieren. Kreisky war deshalb darüber so erzürnt, weil gerade
jetzt mit den Amerikanern scheinbar vom Außenamt oder über das Kanzleramt
verhandelt und denen erklärt, daß wir sehr wohl zur westlichen Allianz ge-
hören und natürlich die amerik. Politik, die wir zwar kritisieren und nicht
für richtig finden, keinesfalls sabotieren werden. SC Meisl, mit dem ich
darüber sprach und ersuchte, er sollte dies im Außenamt klären, meinte
er hätte nur das wiederholt, was Kreisky auch schon immer wieder sagt, de-
mentieren könne er nichts, weil dies die Sache nur verschlimmern würde.
Ich ersuchte ihn, mit dem Kanzleramt und vor allem mit dem Außenministeri-
um die Frage zu bereinigen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuche vorsichtig herauszubringen, wie es
weitergegangen ist.

Die Preiskommission hat doch dann im Laufe des Tages nach Abschluß der
Kollektivvertragslöhne für das Gewerbe 5,7 linear, für die Industrie 5,5
hat einen Sockelbetrag und daher für die unteren Einkommen höher einen
Abschluß zustande gebracht. Dadurch konnte dann MR Kurzel als der Vorsit-
zende der Kommission die Preisverordnung fertig machen. Der Brotpreis
wird um 70 g erhöht. Für den Wecken beträgt er 12,90 S, für den Laib Brot


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12,50 S. Kurzel kann also beruhigt auf Urlaub fahren. Seine Taktik hat
sich wieder einmal bewährt. Die VO konnte ich dann Freitag abends als ich
von Salzburg zurückkam noch unterfertigen.

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Tagesprogramm, 13.8.1982


Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., ab 1981 Gesundheitsmin.


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Ökonom


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: US-Präs. ab 1981


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              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


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                Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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