Freitag, 9. Juli 1982
Im SPÖ-Präsidium auf der Landstraße berichtete der neue Bezirksvorste-
her Reviczky über seine bisherige Tätigkeit. Jeder neue Bezirksvorsteher
hat seinen eigenen Stil und vor allem eine eigene Arbeitsmethode.
Das Büro des Bezirksvorstehers müßte sich sehr diesem anpassen oder
es kommt, wie es auch in anderen Bezirken geschah, zum Austausch des
Bezirksamtsleiters.
Reviczky war lange Zeit Bezirksrat, kennt daher die Einzelprobleme
des Bezirkes, der Bezirksvorsteher hat, und das ist ja wirklich seine
wichtigste Aufgabe, zu versuchen, die kleinen Probleme für die davon
betroffenen Landstraßer Bürger allerdings das große Problem zu lösen.
Landesparteisekretär Sallaberger, der eine neue Umfrage über die Ge-
meinde Wien besitzt, berichtet darüber, daß auch dort die kleinen Pro-
bleme das ausschlaggebende sind. Nicht die Frage eines Großprojektes
interessiert den Wiener Bürger, sondern warum der Kanaldeckel noch
immer scheppert, obwohl er sich darüber schon monatelang aufregt,
ärgert, und vielleicht sogar im einen oder anderen Fall sogar einen
politischen Mandatar darauf aufmerksam gemacht hat. Für mich ist
dies nur eine neuerliche Bestätigung meiner alten Theorie, um die Klei-
nigkeiten muß man sich bei den Leuten kümmern.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB wird festgehalten, daß bezüglich der
Frage der Einweggebinde die bereits 1980 bestehende ARGE bei SC Marsch
reaktiviert wird. Dr. Koppe hatte nämlich die Absicht, daß sie der
VKI dieses Problems annehmen sollte, alle waren einig, daß er daran
mitzuwirken hat, aber daß unbedingt beim Handelsministerium die Feder-
führung bleibt.
Ich referierte über den Wunsch der Bäckerinnung und Brotindustrie
den Wecken Brot von 97 dkg auf 1 kg zu erhöhen, wobei allerdings die
Preiserhöhung anstelle der vorgesehenen 70 Groschen, 80 Groschen be-
tragen sollte. AK und ÖGB lehnen entschieden ab, sind aber der
Meinung man könnte zusagen, aß wenn die Grundpreisverordnung kommt
der Wecken ausgenommen wird. Bezüglich des Wunsches einen Fixpreis
der amtlichen Preisregelung festzulegen, verweist Dr. Schmidt darauf,
daß zwischen ÖGB und AK auf der einen Seite und der Handelskammer
auf der anderen eine Vereinbarung besteht, daß nur für Zucker ein
Fixpreis festgesetzt wird.
Die von Dr. Einem, AK, gewünschte ABGB-Novelle, wonach die Gastwirte-
haftung, wie das Justizministerium es verlangt, von derzeit 3.000 S
auf 40.000 S hinaufgesetzt werden soll, wird von mir ganz entschieden
abgelehnt. Dem schließt sich auch Dr. Schmidt an und letzten Endes
wird vereinbart, daß auf keinem Fall vor den Nationalratswahlen diese
Novelle in die Begutachtung gehen sollte. Das Justizministerium
steht auf dem Standpunkt der Europarat hat ein internationales Über-
einkommen vorgesehen, wo eine Erhöhung notwendig wäre, AK möchte 25.000,
die Handelskammer hätte 6.000 S, schon aufgrund der Indexentwicklung
werden es aber 12.000 S zugestanden. Dr. Einem muß aber zugeben, daß
in der Praxis keine Fälle bekannt sind, wo nicht eine Kulanzlösung
von Seiten der Gastwirte oder der Versicherung dieses leidige Problem
positiv erledigt wurde. Die Versicherung würde eine vielfache Prämien-
erhöhung durchführen und verlangen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächsten Ministerrat mitgeben.
Die Ausverkaufsverordnung wird im Herbst im Parlament, da es sich ja
um keine echte Verordnung sondern um eine Gesetzesstufe handelt zu
beschließen sein, AK und ÖGB stimmen zu, als Kompensation wird dafür
die Hinterlegung der Geschäftsbedingungen vorgesehen und sie gegen
einen Mustervertrag der der Standard sein soll abweicht.
Der Wunsch von NR Teschl als Obmann der Chemiearbeiter einen gespalten
Gaspreis in Hinkunft festzulegen, wird genau noch geprüft, AK und ÖGB
haben zwar Verständnis, daß die chemische Industrie billigeres Gas
bekommen sollte, möchten aber doch verhindern, daß dafür die Konsumen-
ten mehr belastet werden, da es sich um ein Oberösterreichisches Pro-
blem handelt, bis Mai 83 die Gaspreisvereinbarung mit der RAG gilt,
wird vorerst die AK OÖ damit beschäftigt.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte laß Dich über den Vorgang informie-
ren.
AK und ÖGB haben mir der Ölindustrie wegen Benzinpreise Kontakte
gehabt, Heizöl-schwer-Preis muß um weitere 100 bis 150 S durch einen
Sonderrabatt auf 3.150 bis 3.200 S gesenkt werden ebenso ist der Heizöl
leicht und Bitumenpreis geläufig. Die Ölfirmen rechnen daher mit einer
Erhöhung des Benzinpreises, keine will allerdings beginnen, jede
wartet bis die andere anfängt. Ing. Nouza, Inh. der Fa. Avanti, derzeit
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schon 8 bis 9 % Marktanteil erklärt als Diskonter, er bleibt bei seinen
Preisen. Avanti hat auch bei Heeresausschreibung von 55 Firmen, die Anbote
erstellten, das billigste gelegt.
Einige Stahlfirmen wünschen, daß das Einfuhrscheinverfahren für
Stahlprodukte dem EGKS-Verfahren angeglichen wird, dort ist jetzt
eine Prüfung auch der zweiten Qualität vorgesehen und ein Rückschein-
verfahren ergibt eine gute Kontrollmöglichkeit insbesondere die österr.
Stahlfirma Felten & Guilleaume wünscht eine ähnliche Regelung, eben-
so die VÖEST-Alpine.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß die Details sofort prüfen.
Ölfirmen wollen jetzt eine spezielle Regelung des Schwefelanteils
bei Heizöl schwer aus Ostimporten und sonstigen Lagern aufgrund der
Krisenbevorratung könne die Obergrenze für Schwefel mit 1.1.83
3 % nur dann eingehalten werden, wenn schwefelärmeres beigemischt wird.
Dies kostet nur viel Geld ist aber technisch ohne weiteres möglich. ich
berichte über die Verhandlungen bezüglich Schwefelemissionen bei
Dampfemissionen bei Dampfkesseldurchführungsverordnung und Imissions-
problem beim Forstgesetz. AK und ÖGB teilen meinen, wie ich glaube
richtigen Standpunkt bei Neuanlagen den Umweltschützern entsprechend
entgegenzukommen, die Altanlagen muß man aber auslaufen lassen.
Auf Wunsch von AK und ÖGB berichte ich über die Verhandlungen mit
Bauknecht. Der Bericht wird zu Kenntnis genommen.
Kienzl berichtet, daß jetzt die Prognose für die Leistungsbilanz
sehr verschieden ist. Das WIFO rechnet mit 1 Mrd. S, das Institut für
Höhere Studien 9 Mrd., die OeNB mit 13 Mrd. Tatsächlich ist in den
ersten 5 Monaten das Leistungsbilanzdefizit von 9 Mrd. vom Vorjahr auf
700 Mio. in diesem Jahr zurückgegangen.
Bezüglich der Verschuldung des Westens gegenüber den Oststaaten wird
festgestellt, daß Großbritannien, Frankreich die größten Kredite der
SU gegeben haben. Auch Deutschland hat sich dort mehr engagiert.
Österreich ist mehr bei den kleineren Oststaaten Polen, DDR und
Ungarn Gläubiger. Die 11 Unterhändler für die 450 westlichen Banken
sind zu keinem positiven Ergebnis bezüglich der weiteren Kreditge-
währung oder Stundung von Rückzahlungen der Polen gekommen. Die SU
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kann heute auch für die Oststaaten immer schwerer einspringen, da sie
selbst einen Auslandskreditwunsch bei der Bank für internationalen
Zahlungsausgleich ersucht hat obwohl sie kein Mitglied der BITS ist.
Wenn die Polenumschuldung nicht zustande kommt und Österreich dann
eine Lösung seiner Kredite finden muß, wird es erstens notwendig sein
ein Bankenbilanzbereinigungssanierungsgesetz zu beschließen, Kienzl
lehnt eine Lösung wie seinerzeit bei der Länderbank, wo die OeNB auf
die Rückzahlung eines Kredites an die Weltbank von seiten des Bundes
verzichtet und für diese Beträge der Länderbank zur Verfügung gestellt
werden ab. Eine solche Möglichkeit gibt es heute nicht mehr. Zweitens
müßte wahrscheinlich der Bund eine Garantie für 2 Mrd. S zusätzlich
übernehmen. Über diese Lösung ist aber mit der Österr. Kontrollbank und
dem Finanzminister noch keinesfalls endgültig entschieden. Finanzmi-
nister Salcher hat mir nur nach dem letzten Ministerrat gesagt, daß
darüber Staatssekretär Seidel entsprechende Gespräche führt resp.
führen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß bitte darüber laufend Informationen ein-
holen.
Der Kapitalmarktausschuß hat jetzt nach stundenlangen Verhandlungen,
wie Kienzl berichtet, den Wunsch der öffentlichen Hand eine Anleihe
von 2 1/2 Mrd. S aufzulegen, sich auf 1,3 Mrd. bei unveränderten Zins-
sätzen und Konditionen geeinigt. Die OeNB ist zu Swap-Operationen
bereit, allerdings nicht in der großen Höhe 11 1/2 Mrd. S im Juni der
Devisenstand ist günstig, 67 Mrd. im Vorjahr ist jetzt auf 78 Mrd.
wieder angestiegen wird allerdings jetzt durch die Reisesaison und
sonstige Ausgaben wahrscheinlich auf 72 Mrd. zurückgehen.
Die Meinungsumfrage zeigt das erwartete negative Bild für die SPÖ
auch beim Kienzl-Institut. SPÖ von 44 % im Mai auf 39 %, also 5 %
zurückgegangen, ÖVP mit 26 % ziemlich unverändert die FPÖ hat ein
1/2 % auf 8 % dazugewonnen, die Grünen sind erstmals mit 4 1/2 %
vertreten, in Wien sogar mit 6 %. Stark gestiegen sind nach wie vor
die Unentschlossenen. Damit haben jetzt drei Meinungsforschungsinsti-
tut IMAS, SWS und sicherlich auch IFES dieselben Trends gezeigt, durch
die Diskussion über das Konferenzzentrum, deren gelungene Offensive von
Seiten der ÖVP haben die Sozialisten entsprechende Stimmenverluste
derzeit zu verzeichnen.
Die Firma WEBRA in Enzesfeld erhielt das Dekret zur Führung des
Staatswappens dort werden Modellmotore und Fernlenkanlagen herge-
stellt, die in Österreich konkurrenzlos sind und die weit exportiert
werden. 30.000 bis 40.000 Motoren werden pro Jahr erzeugt, gegründet
wurde die Firma vor 10 Jahren, der Eigentümer Martin Ebert aus der
BRD hatte eine alte kleine Bude dort erworben, die jetzt zu einem
modernsten Betrieb ausgebaut wurde. Der Prokurist und Geschäftsführer
Kaineder gab sich dann mir zu erkennen, daß er 1954 in der Sozialaka-
demie der Arbeiterkammer, er und ich dort mit ihm sowie mit all den
anderen über Wirtschaftsfragen diskutiert haben. Schüchtern wollte
er mir nachher mitteilen, daß er sehr froh wäre, wenn ich ein Präsent
von ihm, nämlich ferngelenkte Autos annehmen würde, ich habe sofort
erklärt, daß ich diesbezüglich mit den Kinderfreunden Kontakt aufneh-
men werde. Er erklärte mir, wenn die Kinderfreunde dann als Ergänzung
noch etwas brauchen, er steht jederzeit zur Verfügung.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte feststellen, wer damals die Eisenbahnan-
lage von Kiepe bekommen hat.
Zwei Reporter die dort waren, Josef Merle und Ferry Hanz, die das
internationale Technikermagazin ITM Praktiker herausgeben, beschwer-
ten sich, daß die Post bei den österreichischen Produkten ungeheuer
streng ist, während Importe für Fernlenkung und sonstiges Spielzeug
weniger stark geprüft werden. Ich habe ihnen sofort zugesagt, daß ich
dies mit der Post besprechen werde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit GD Übleis verbinden.
Die Zeitung ITM Praktiker möchte gerne bei Produkten, die sie be-
schreibt, darauf verweisen, daß die österr. Erzeugnisse der Kennzeich-
nung Made in Austria, also das berühmte Qualitäts-A führen dürfen.
Sie wollten von mir wissen, welche Vorbedingungen hier gegeben sind.
Ich habe nur versprochen sie mit dieser Organisation bekannt zu machen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte entsprechende Verbindung herstellen.
Austria Dosenwerk GesmbH & Co KG, eine Gründung zwischen 50 % VMW, GD
Streicher, 30 % Gerresheimer Glas, eine Firma in Recklinghausen, die
dort bereit 1968 ein Dosenwerk errichtet hat, und 20 % Kaiser Aluminium
haben Investitionen für 330-Mio.-Dosenfabrik auf dem ehem. Gelände des
Caro-Werkes vorgesehen. Das Umlaufvermögen wird 50 bis 60 Mio. sein, sodaß
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insgesamt ca. 400 Mio. notwendig sein werden. Mir unerklärlicherweise
hat man zu dieser Grundsteinlegung die Presse nicht eingeladen.
Wahrscheinlich fürchtet man von Seiten der Hersteller, daß damit
die Polemik über die Einwegflaschen und Dosen neuerdings beginnt.
Der soz. zuständige Landesrat vom Badner Bezirk hat mir dezidiert
erklärt, die Einwegdosenproduktion, aber auch eine Plastikerzeugung in
St. Aegyd der VÖEST-Alpine ist aus beschäftigungspolitischen Gründen
unbedingt notwendig. Er hat diesbezüglich auch härtere Aussprachen
mit GR Edlinger als Klubobmann der Wiener Gemeinderatsfraktion ge-
führt. Weil dort immer wieder gesagt wird, Wien muß sich all der
Müllberge entledigen, Wien muß geschützt werden. Dies nicht nur be-
züglich des Umweltschutzes auf Abfallverwertung, sondern genauso auch
auf Umweltschutzschwefelemission und Staubeinwirkung auf Wien von
niederösterreichischen Betrieben. Die Niederösterreicher werden wahr-
scheinlich, so fürchte ich, in Hinkunft geschlossen, ob ÖVP oder SPÖ
gegen die Wiener Vorstellungen vorgehen, die Gefahr, die ich sehe, ist,
daß Gegenforderung die Niederösterreicher auch die Wiener Emissionen
entsprechend begrenzt haben wollen, dies möge zwar Stadtrat Schieder
in sein Konzept passen, ist aber für die Wiener E-Werke und für viele
andere Betriebe verheerend. ich kann mir nicht vorstellen, daß man
sich gegenseitig als Wien und Niederösterreicher attackiert, da kann
man den Umweltschützern nur entsprechende Unterstützung in Argumen-
ten, aber sicherlich auch in Maßnahmen geben, ob es die Industrie
allerdings aushält, ist eine zweite Frage.
Bei der Besichtigung der Caro-Werke wurde mir dann erörtert, wie durch
die Aufbau von entsprechenden Dosenabfülleinrichtungen von Coca-Cola
und Apfelsaftfirma Rauch durch entsprechende Abtretung der Hallen
die Caro-Werke sich dann in einigen Hallen konzentrieren können. Dies
im Krieg wesentlich ausgedehnte Fabriksgelände hat nämlich für viele
Apfelbetriebe Platz, Austria Dosenwerk rechnet außer diesen zwei, mit
denen sehr konkret schon Vorverträge abgeschlossen sind, daß bald
noch mehrere nachfolgen. Ob dies allerdings zutreffen wird, weiß ich
nicht, die derzeitige Buntmetallproduktion ist nicht gerade eine
sehr idealer Partner neben einem Lebensmittelbetrieb.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte mir stets darüber genau berichten.
Verbund-GD Fremuth war jetzt in der Schweiz und hat bezüglich der
großen Verbindungsleitung Italien–Schweiz–Österreich mit den Schweizern
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verhandelt. Dort in den 4 Graubündner Gemeinden sind keine positiven
Beschlüsse zustandegekommen, es muß daher in einigen Gemeinden ein
Enteignungsverfahren durchgeführt werden, das wird 2 Jahre und länger
dauern. Auch die Südtiroler haben jetzt ihre Meinung geändert, der
seinerzeit von Fremuth extra mir vorgeführte Südtiroler Landesrat
Sepp Mayer, der mich ersuchte, ich sollte mich unbedingt mit ihm ge-
meinsam für die Leitung durch Südtirol stark machen, hat jetzt im
Südtiroler Landtag genau das Gegenteil gesagt. Fremuth war über diesen
Sinneswandel sehr erschüttert, ich weniger, denn ich kann mir vorstellen,
daß in Südtirol ähnlich wie bei uns Umweltschützer, Landschafts-
schützer usw. alle Politiker so beeinflussen, daß sie früher oder später
dann bereit sind, das Gegenteil von dem zu behaupten, was sie bis jetzt
wollten. Fremuth sieht daher die Investitionen, die Österreich ge-
tätigt hat, unausgenützt.
Tagesprogramm, 9.7.1982