Freitag, 2. Juli 1982
Beim Besuch bei GD Lap, Philips, hat sein zuständiger Dipl.Ing Fabich
für Kommunikation die einzelnen Projekte erklärt. Ich habe auch diesem
Mann klar und deutlich gesagt, daß ich mich nur als Handelsminister da-
für einsetze, daß die Aufträge in Österreich bleiben, keinerlei Ein-
fluß aber darauf nehme, wer dann letzten Endes den Zuschlag bekommt.
Auch die Philipsvertreter erklären, daß sie diese Haltung vollkommen
verstehen und nur einen fairen Konkurrenzkampf in Österreich wünschen.
So behaupten sie, daß vom Wissenschaftsministerium die Firma Motronic
in der Steiermark einen Forschungsauftrag bekommen hat, dafür die
Terminal, die ITT und Philips entwickelt haben und produzieren, jetzt
nicht mehr beziehen will resp. es jetzt Schwierigkeiten gibt. Die
von Motronic entwickelten Mopid machen jetzt durch den Forschungsauf-
trag und die Subvention eine unfaire Konkurrenz. Ich habe diesen Fall
bei der Regionalkonferenz sofort dem Verkehrsminister Lausecker gesagt,
dieser wird veranlassen, daß man sich mit Dipl.Ing Fabich in Verbin-
dung setzt, um alles aufzuklären. Vom Standpunkt des Verkehrsministe-
riums sieht die Sache nämlich ganz anders aus.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte laß mit Dipl.Ing. Fabich auch
Kontakt aufnehmen.
Bezüglich der zollfreien Einfuhr von japanischen Farbfernsehbildröhren,
die Philips nicht produziert, bestätigte mir auch GD Lap, daß es keinen
Kompromiß gibt, da die Philips- und Grundigspitze diesbezüglich stän-
dige Verhandlungen geführt hat und zu keiner Vereinbarung gekommen ist.
Bezüglich der Möglichkeit eine Kooperation zwischen der SU und Philips'
Videorecordersektor vorzubereiten, war eine hochrangige Delegation,
nachdem der Präs. vom Staatskomitee Gwischiani mit GD Lap Gespräche
geführt hat und auch Lap in Moskau war, Verhandlungen begonnen hat.
Ich versuchte GD Lap klarzumachen, der meine Meinung auch hundertpro-
zentig teilte, daß jeder Kontakt über Österreich mit der SU leichter
und zielführender ist, als wenn Eindhoven direkt mit den SU-Vertretern
Kontakt aufnimmt. Lap erklärte mir auch dezidiert, daß solange Philips
bei Philips etwas zu sprechen hatte, dieser ganz entschieden jeden
Kontakt mit der SU abgelehnt hat. Jetzt ist in der Geschäftseinteilung
eindeutig festgelegt, daß von Eindhoven dieser Kontakt nur gepflogen
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wird. Lap wird versuchen seinen Einfluß geltend zu machen, damit man
dies insofern ändert und die Wiener Philipsleute zumindestens als
Postillion d'amour verwendet werden.
Bei der Sektionsleitersitzung wurde mitgeteilt, daß die Inlandsreisen
im ersten Halbjahr nur 48 % nur bei der III Sektion, die sehr viele
Gewerbeprobleme in den Bundesländern zu erledigen hat, 66 % betragen,
die Auslandsreisen nur 38 %, die Repräsentationskosten 39 %. Nur bei
den Überstunden liegen wir mit 55 % über der Hälfte, insbesondere die
Zentrale mit 6 % bedingt diese Überschreitung, was besonders auf die
Besuche ausländischer Minister zurückzuführen , denen wir einen Kraft-
wagen mit Chauffeur zur Verfügung stellen. Ich schlage daher vor,
man sollte versuchen bei der Handelskammer im Zuge der Vorbestellung
von Bezahlung für Ministerbesuche auch einen Mietkraftwagen unterzu-
bringen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Falls die Handelskammer Schwierigkeiten macht,
bitte fürs nächste Jour fixe dann mitgeben.
Bei Personalangelegenheiten werden von den Sektionschefs die einzelnen
Wünsche mit Präsidialist Bujatti besprochen, ich glaube, daß tatsäch-
lich jetzt eine gewisse Beruhigung eingetreten ist. Bujatti kommt
weitestgehend den einzelnen Sektionen entgegen. Schwierigkeiten gibt
es nur beim Dr. Hein von der Energiesektion. SC Peyerl meint, es ist
unmöglich mit ihm zu kooperieren. Präs. Leberl wäre gegebenenfalls
bereit ihn wieder ins Patentamt zurückzunehmen. Sollte Hein, der ein
Vertragsbediensteter ist, dies ablehnen, so wird er gekündigt werden.
Vorher muß noch festgestellt werden, ob Hein tatsächlich zum Zivil-
dienst eingezogen wird.
Der Beamte des Handelsministeriums, der 10 Jahre bei GATT ist, kann nur
dann eine Karenzverlängerung bekommen, wenn tatsächlich bei GATT
dieser Posten unbedingt von Österreich besetzt werden soll. Personal-
abteilungsleiter Böhm meinte, es entsteht ja schon eine Berufsentfrem-
dung nach so langer Abwesenheit.
Überhaupt wird bezüglich der Karenzgenehmigungen festgestellt, daß
wenn jemand karenziert wird und eine Funktion, Referatsleiter oder
gar Abteilungsleiter, im Ministerium hat, er in Zukunft dieser Funktion
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auf alle Fälle verlustig wird, indem dieses Referat aufgelöst wird und
ein ähnliches mit der Neubesetzung eben geschaffen. Es ist dem Ver-
treter nicht zuzumuten, daß er ein Jahr oder vielleicht länger stets
die Arbeit als Zugeteilter zu dem Referat erfüllt und wenn der Be-
treffende vom Karenzurlaub zurückkommt, er wieder diesen Posten an-
tritt und der Vertreter sozusagen wieder ausscheiden muß.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Laß bitte eine Liste aller Karenzleute zu-
sammenstellen.
Neuerdings wird von mir festgestellt, daß Bescheide, die für den Sek-
tionschef oder Abteilungsleiter deutlich politische Folgen haben
können, unbedingt vorher mit mir zu besprechen sind. Ich halte es
für unmöglich, wie dies Dr. König in der Energiesektion getan hat,
daß über die Abfertigung dieses Bescheides nicht einmal der Sektions-
chef etwas wußte, geschweige denn der Minister.
Bezüglich der 8 Punkte, Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz im
Bundesministerium durch die jungen Beamten, die eine Schulung in drei
Gruppen durchführten, einige ich mit allen Sektionschefs, wie diese
formuliert werden sollen. Alle sind bereit soweit es sich um Agenden
des betreffenden handelt, daß er Direktkontakte, Informationen bessere
Koordination us . bekommen sollte. Bujatti wird dies jetzt endformu-
lieren und dann einen Erlaß jedermann zur Kenntnis bringen.
Bezüglich der handelspolitischen Termine bis Jahresende zeigt sich
schon, daß sehr viele Minister nach Österreich kommen werden, noch immer
hofft Haffner, daß es möglich sein wird eine Fernostreise mit 10 Tagen,
wo ich als Auflage verlange, daß ich 5 Staaten dann besucht haben muß,
zustandegebracht werden kann. Der Vorschlag, man soll in der Interna-
tionalen Wirtschaft verlautbaren, wer zu mir kommt und wo ich hinreise
und dies offiziell von dieser Zeitung verlange, lehne ich ab. Wenn
Internationale Wirtschaft, von der Handelskammer herausgegeben, sich da-
für interessiert und verlautbart, habe ich nichts dagegen. Ich möchte
aber keinesfalls intervenieren.
Beim Dreiergespräch im Juli in der Schweiz soll neben dem Handelsdele-
gierten Koch auch der Schweizer Referent im Haus, Raaber, dran teilneh-
men, ich persönlich habe gar nichts dagegen, schlage nur SC Meisl vor,
dies mir Botschafter Sommaruga und Haffner, der nächste Woche nach Wien
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kommt zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuche dies durchzusetzen.
Der vom Finanzminister Salcher in Japan gemacht Vorschlag, eine eigene
Gemischte Kommission mit Japan zu schaffen, wird von der Handelskammer,
aber auch vom Haus abgelehnt. Es gibt derzeit ein einziges Problem, und
das ist das Riesendefizit mit Japan und dies könnte eine Gemischte
Kommission auch nicht ändern. Vor allem aber wird dagegen polemisiert,
daß wir verhindern müßten, ähnlich wie mit Frankreich zu dieser all-
umfassenden Gemischten Kommission zu kommen, die Kultur, Besuch der
Staatsoper in Japan usw. umfassen würde.
Die Errichtung einer kleinen Gemischten Kommission mit Frankreich, die
sich ausschließlich auf die Wirtschaftsfragen wie z.B. die mit Deutsch-
land oder gar den Oststaaten beschränkt, wird jetzt den Franzosen
offiziell nach dem Mitterrand-Besuch in Wien mitgeteilt und verhandelt.
Der Vorschlag stammt vom Außenministerium, Reisch, sodaß sich niemand
aufregen kann, wenn wir tatsächlich dann ein eigenes System für den
Handel entwickeln.
Der Initiativantrag für die Ausverkaufsverordnung, im Parlament jetzt
behandelt, müßte dazu führen, daß eine Verordnung § 73 GewO erlassen
wird, daß nur die nicht einer Mustergeschäftsbedingung entsprechenden
zu hinterlegen sind, ansonsten würde die bürokratische Handhabung
jedwede vernünftige Regelung ersticken.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Nächstes Jour fixe AK setzen.
Der Rechnungshof hat jetzt mit 5 Personen 2 Monate die Fremdenver-
kehrsagenden III/8, 9 geprüft, III/10, die Bürges, kommt jetzt im Spät-
herbst dran. Angeblich waren keinerlei Beanstandungen außer kleine
Kritiken, bei einer so langen Prüfung und intensiven Prüfung muß ja
der Rechnungshof irgendetwas beanstanden. Der erste Punkt ist, daß
keine gesetzliche Regelung über die Fremdenverkehrsagenden im Handels-
ministerium insofern bestehen, als ja die Bundesverfassung diese
Kompetenz den Ländern zuordnen, nach Rechnungshof wird hier angeblich
Abänderungsvorschläge machen. Kritisiert wird aber auch, daß die
Jahresendaufträge immer wieder scheinbar dazu dienen, um Budgetmittel
auszuschöpfen. Dies trifft leider zu, da ich mich ja seit Jahren ver-
zweifelt bemühe, daß nicht Ende Dezember die Budgets unter allen Um-
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ständen erst ausgeschöpft werden.
KR Scheiner und Syndikus Schimka wollten von SC Jagoda eine Abstimmungs-
modusänderung in der ERP-Fachkommission. Dort sind die drei Vertre-
ter der Handelskammer, Kröll vom Zillertal, Skribanek, Kammeramtsdirek-
tor aus Salzburg, und Syndikus Schimka, sozusagen drei gegen 5 Sozialis-
ten, weil jetzt den Vorsitz das Handelsministerium und Stellvertreter
BKA, ebenfalls zwei sozialistische Beamte, agieren. Dagegen würde ich
mich ganz entschieden aussprechen, da ja insbesondere Vorsitzender
Jagoda stets versucht eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Nur wo
die Handelskammer dies ausdrücklich wünscht, würde sie beim Projekt
Groß Gerungs überstimmt . Bei dem Bau des Waggonli , Kategorie-B-Hotel
auf der Landstraße, wurde dieses Projekt ohne auch nur zu beachten von
der ERP-Kommission routinemäßig verabschiedet. Jetzt wehrt sich die
Handelskammer angeblich gegen diesen Bau.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Jour fixe HK mitgeben.
SC Marsch berichtet, daß bei Einweggebinde Pfandgesetz jetzt weitere
Gespräche geführt werden müßten, ich teile diese Meinung, weil an-
sonsten die Gemeinde Wien womöglich mit einer eigenen Steuer kommt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Für die Energieprognose hat das WIFO jährlich von uns wegen des Energie-
berichtes eine Subvention bekommen. Da jetzt der Energiebericht alle
2 Jahre nur im Parlament abgegeben wird, bräuchten wir auch nur die
Energieprognose alle 2 Jahre und die entsprechende Bezahlung könnte
reduziert werden. Da das WIFO ja auch für sie jederzeit die notwen-
digen Kohlendaten usw. vom Handelsministerium bekommt, muß das WIFO
selbst sich alle Jahre um eine Energieprognose bemühen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte vorsichtigst mit WIFO besprechen.
SC Peyerl berichtet, daß die Budgetmittel für die Verbund gesichert sind.
83-er Budget bekommt die Verbund 320 Mio Kapitalaufstockung. Für die
DoKW 750 Mio. für Greifenstein, das Finanzministerium hat allerdings
veranlaßt, daß dafür ein Kredit aufgenommen wird, die Zinsen und die
Tilgung übernimmt dann das Finanzministerium. Ausständig ist noch die
Entscheidung wegen einer größeren Schleuse. 1982 hoffte das Ministe-
rium von den 195 Mio. S Kapitalherabsetzung bei Jochenstein diesen Be-
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trag für die Verbundgesellschaft zu bekommen. Der Finanzminister lehnt
dies bis jetzt ab.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte genauen Bericht einfordern.
Die 100 Mio. ERP-Kredit im nächsten Jahr werden 30 Mio. für Fernwerke
Linz, 55 Mio. für Wiener Heizbetriebe und 15 Mio. für Kärnten reserviert.
Die Kleinkraftwerke, die aus dem ERP-Fonds nicht mehr befriedigt werden
können, sollen einen 10 %-igen Investitionszuschuß aus anderen Budget-
mitteln bekommen, Budgetreferent Marhold und Sekretär Burian werden
diesbezügliche Vorschläge erstatten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie steht die Sache.
Präsident Leberl berichtet über die Aktivitäten mit neuen Novellen
zum Patentanwaltsgesetz, Sortenschutzgesetz usw. Das Erfreulichste
ist, daß es jetzt gelingt, in Zusammenarbeit mit dem europäischen
Patentamt vielleicht doch für die INPADOC eine Lösung zu finden. In
München ist man im europäischen Patentamt bereit eine neue Gesellschaft
zu gründen, 51 % INPADOC, 49 % europäisches Patentamt, damit die
Informationen, die vom europäischen Patentamt gesammelt werden, über die
INPADOC, dieser eigenen Gesellschaft, eben entsprechend verwaltet und
verbreitet werden.
Die Zusammenarbeit mit dem europäischen Patentamt funktioniert sehr gut,
heuer werden wir 2.900 Recherchen bekommen und im nächsten Jahr die
vorgesehenen 3.500.
Mit dem deutschen Landwirtschafts- und Ernährungsminister Ertl ist die
Aussprache wegen der Einbeziehung der Mozartkugeln in den Herkunfts-
bezeichnungsschutz für Österreich sehr freundschaftlich, aber für
ihn vollkommen ergebnislos. Es gelingt mir Ertl klarzumachen, daß aus
der paktierten Vereinbarung auch nicht ein einziger Stein herausge-
brochen werden darf, sonst bricht das ganz wieder zusammen. Ertl als
Bayer möchte natürlich der Reichenhaller Firma, die heute Wiener Zuckerl,
Wiener Bonbons, Wiener Konfitüre und auch Mozartkugeln erzeugt und
in Hinkunft diese Produkte nach einer 10-jährigen Übergangsfrist
anders benennen muß, liebend gerne helfen. Letzten Endes sieht er aller-
dings ein, daß er hier keinerlei Zugeständnisse machen kann. Der Fehler,
der in Deutschland passiert ist, berichtet mir Ertl, war, daß man im
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Justizministerium in Bonn dieses Abkommen abgeschlossen hat, ohne
mit den deutschen Firmen oder Repräsentanten, ja nicht einmal mit den
Organisationen gesprochen hat .
Mit Ertl gehe ich dann auch noch zur Vertragsunterzeichnung über das
Getreideabkommen. Unser Verhandlungssystem ist Ertl, der sich sehr
interessiert zeigt, etwas Fremdes und auch das Übereinkommen, das er
sehr genau liest, meint er, hätte ihm jetzt wieder neue Erkenntnisse
gebracht. Landwirtschaftsminister Haiden besteht darauf, daß auch der
Gen.Sekr. Kehrer der Bundeshandelskammer dieses Übereinkommen
zwischen Landwirtschaftskammer, Landwirtschaftsminister und mir unter-
fertigt. Ich bin auch sehr dafür, da angeblich sogar anfangs auch
Gen.Sekr. Musil seinerzeit mitunterfertigt hat.
Bei der Getreidekonzeptbesprechung meinte Präs. Lehner, man müßte doch
versuchen den Rapspreis in Österreich, 7,20 S, deutscher Interventions-
preis 7,68 S, ein Richtpreis sogar von S 8,–– an die Deutschen heran-
führen. Da der Landwirtschaftsminister dafür aber keine Mittel hat,
wird vereinbart, daß Lehner, Haiden und ich darüber noch eine Aussprache
führen sollten.
Ein Interview mit Dr. Alster von Rude Pravo, Parteiorgan, wegen des
im Herbst zu erwartenden Staatsbesuches vom KP-Zentralsekretär und
Präsident der CSSR verläuft wie erwartet. Ich kann darauf verweisen,
daß wir selbst in der frostigsten politischen Zeit im Handelsministe-
rium stets bestrebt waren, mit der CSSR entsprechenden Wirtschafts-
kontakt zu halten. Trotzdem erkläre ich dezidiert, daß für gute
wirtschaftliche Beziehungen die guten politischen Beziehungen auch eine
Voraussetzung sind, was auch die tschechischen Gesprächspartner
bestätigen.
Die zweite Regionalkonferenz in der Obersteiermark, Mürzzuschlag, ver-
läuft wie erwartet. Tichy berichtet über das vorgelegte Konzept, als
neuer Gag, wie ich dann auch feststelle, ist die endogene Erneuerung
in der Studie als EE bezeichnet. Darin wird vorgesehen, daß die
Schwerbetriebe und insbesondere verstaatlichten großen Betriebe nicht
imstande sind in dieser ganzen obersteirischen Region eine Struktur-
verbesserung herzustellen. In der Studie wird verlangt, daß mehr
Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden sollten. Auf der ande-
ren Seite weist diese Studie die Klein- und Mittelbetriebe als Rand-
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probleme wieder auf die letzte Seite. Diesen Widerspruch zeige ich
auf. Kreisky selbst hat aber bereits in seinem Referat sehr kritische
Bemerkungen zu dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnis gemacht.
Die Tagesordnung wurde ansonsten wie üblich abgespult. Tichy berich-
tete über die Studie LH Krainer über die Leistung des Landes sozu-
sagen für dieses Gebiet und Kreisky hat dann in seinem Referat außer
der kritischen Bemerkung über die Studie Krainer angeboten, man sollte
jetzt unverzüglich eine gemeinsame Lösung Land und Bund für die Ober-
steiermark finden. Da weit über 30 Diskussionsredner vorgemerkt
waren, zuletzt wurden einige gestrichen, hätte die Diskussion bis spät
in die Nacht gedauert. Daß dann nur mehr 1/3 anwesend waren, als endlich
um 8 Uhr nach 5-stündiger Beratung Schluß gemacht wurde, hat mich nicht
verwundert. Auch dieses Drittel wäre bestimmt verschwunden gewesen,
so wie etliche Minister und Generaldirektoren, wenn nicht Kreisky
selbst bis zuletzt ausgeharrt hätte. Positive Ergebnisse erwarte ich
mir von dieser Regionalkonferenz sehr wenig. Typisch dafür war, daß
insbesondere die Betriebsräte der beiden Couleurs, aber teilweise
auch Vertreter der Handelskammer gegeneinander losgegangen sind. Als
ein soz. BRO von Donauwitz Krainer die Vernachlässigung dieses Gebietes
vorgeworfen hat, war mir schon klar, in welche Richtung jetzt diese
Diskussion laufen wird.
Der optische Eindruck von einer solchen Riesenkonferenz ist ein
äußerst guter. Der Saal ist anfangs bummvoll, Generaldirektoren,
Apfalter, Grünwald, Bayer usw. usw . sitzen in den Reihen und lauschen,
was sozusagen der Landeshauptmann und Bundeskanzler zu sagen haben,
dann beginnt allerdings früher oder später das Hickhack zwischen den
Parteien und konkret kommt bei einer solchen Konferenz gar nichts
heraus.
Sonntag, 4. Juli 1982
Bei der Premiere im Schönbrunner Schloßtheater von der Kammeroper
habe ich SC Gatscha getroffen. Dieser erzählte mir, daß der erste
Entwurf vom Tichy-Gutachten für die Konferenz am Freitag noch wesent-
lich schärfer gewesen ist. Ihm und seinen Leuten ist es geglückt die
Studie entsprechend zu entschärfen.
GD Kienzl bestätigte mir, daß Kreisky am Freitag bereits angedeutet hat,
daß jetzt Polen tatsächlich endgültig bankrott ist. Der polnische
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Staat wird seine Zahlungsunfähigkeit erklären müssen, dies wäre für
den Finanzminister Salcher ein schwerer Schlag, denn damit würde ein
Teil der Staatshaftungen schlagend werden, d.h. er müßte im Budget
entsprechende Mittel für die Bezahlung der Zinsen und Tilgungen vor-
sehen. Überrascht war ich zu erfahren, daß die westlichen Banker jetzt
auch bei allen anderen Staatshandelsländern große Bedenken haben und
wahrscheinlich weitere Schwierigkeiten auftreten werden. Auch die
österreichischen Banker machen dafür einmal mehr den Bundeskanzler ver-
antwortlich, durch seinen Hinweis, die Banken müßten sich mehr um
die Kreditgewährung kümmern, d.h. genauer sehen, wem sie Kredite geben,
um diese großen Pleiten wie Klimatechnik, Elin und damit Länderbank
zu vermeiden, führt dazu, daß jetzt auch bei den kleinsten Betrieben
sehr genau gesehen wird, weshalb in immer größerem Ausmaß Insolvenzen
zu verzeichnen seien.
Prof. Gabor, der Organisator dieser für den Fremdenverkehr so wichti-
gen Sommeroperaufführungen im Schloßtheater, fragte mich ganz entsetzt,
ob ich wüßte, daß jetzt im Hanuschhof um 50 Mio. S auch ein kleines
Theater der Staatsoper errichtet werden soll. Es würde 400 Plätze
umfassen und nicht 50, sondern 120 Mio. kosten. Der neue Operndirektor
Maazel möchte eben hier eine Experimentierbühne starten. Wenn dies
zutrifft, dann ist sein Kammeroperprojekt härtest konkurrenziert.
Zwei so ähnliche Bühnen verträgt der Wiener Raum nicht. Er selbst
hält bei einem Budget von ca. 14 bis 15 Mio. S vom Unterrichtsmini-
sterium 5 Mio. Subvention für 6 Produktionen, die er im Jahr macht.
Das Handelsministerium hat aus Fremdenverkehrsgründen seine Ankündi-
gungen mitfinanziert. Ich verspreche Prof. Gabor diesbezüglich mit
Unterrichtsminister Sinowatz zu reden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächsten Ministerrat mitgeben.
Tagesprogramm, 2.7.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Bericht Arbeitssitzung Beschäftigungsprogramm, 4.7.1982
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