Donnerstag, der 24. Juni 1982

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Donnerstag, 24. Juni 1982

Im BÜRGES-Beirat wurde von den Geschäftsführern berichtet, daß leider
noch immer gegenüber dem Vorjahr die Anzahl der Einreichungen um Kre-
dite und vor allem auch das Kreditvolumen zurückgegangen sind, in
der Gewerbestrukturverbesserung und in der Stammaktion 20 %, im Frem-
denverkehr, Sonderkreditaktion, 15 %. Nur die Existenzgründungsaktion
hat erfreulicherweise eine Zunahme von 10 % zu verzeichnen. Wenn
diese Tendenz weiter anhält, werden bis Jahresende beträchtliche Bud-
getmittel nicht genützt werden. Diese Entwicklung ist nicht leicht
zu erklären, und es kann sich nicht allein um eine Investitionsmüdig-
keit handeln, denn bei der Hoteltreuhand sind nach wie vor für 1 Mrd.
S Anträge von Fremdenverkehrsbetrieben. Sicherlich sind dort die
Kreditkonditionen günstiger als bei der Fremdenverkehrssonderkredit-
aktion, was die Diskrepanz leicht erklärt. Überhaupt ist die Hoch-
zinssituation sicherlich der Hauptgrund. Der Beirat hat einstimmig
beschlossen, daß die beabsichtigte Reduktion um 1/2 % der Höchstzins-
grenze für die nächsten 3 Monate richtig ist. Vielleicht werden jetzt
mehr Anträge kommen, angeblich ist bei der Z, Dir. Haiden, eine größere
Anzahl von Anträgen eingelangt und wird jetzt der BÜRGES zugeleitet.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte um genaueren Bericht von den anderen Kre-
ditinstituten.

Im Bundesrat wurde das Wirtschaftspaket behandelt, ich ersuchte
Staatssekretär Albrecht dort das Ressort zu vertreten, dies konnte
ich umso leichter, als ja alle diese Gesetze letzten Endes im National-
rat einstimmig beschlossen wurden und kaum mit irgendwelchen harten
Auseinandersetzungen gerechnet werden konnte. Ich ersuchte sie auch,
sie sollte auf alle Fälle dort das Wort ergreifen. Sie erzählte mir,
wie sie ihre Wortmeldung auf vollkommen unfaire Angriffe der ÖVP
replizieren konnte. Ich bin über diese Kooperation mit ihr sehr froh,
denn nichts erscheint mir momentan wichtiger, als auch nach außen zu
dokumentieren, wie gut man zusammenarbeiten kann. Die Konsumentenfragen
deckt sie hervorragend ab und genau in dieser Beziehung wurde sie
im Bundesrat attackiert. Jetzt bringt diese Teilung unserer Arbeit,
wo sie für die Konsumentenseite allein verantwortlich ist, die ÖVP
um das gute Argument, der Handelsminister weiß ja nicht, ist er für
die Konsumenten oder für die Produzenten und Händler da.



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ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte bei jeder Gelegenheit in der Öffentlich-
keit in Erscheinung treten.

Der ehem. Sekretär von GD Apfalter, Dr. Strahammer, hat jetzt in der
VÖEST-Alpine die Aufgabe Absatzmöglichkeiten zu suchen. Er hat sich
jetzt mit der Konsumgenossenschaft, liiert um eine spezielle Betreuung
gewisser Märkte mit Liefermöglichkeiten und gleichzeitig dann auch
natürlich Importmöglichkeiten zu erschließen. Ihm schwebt vor, daß
in Angola und Burma für kleinere Unternehmen auch noch große Möglich-
keiten bestehen Exporte im Gegengeschäft mit Importen eben über eine
neu zu gründende Genossenschaft abzuwickeln. Er befürchtet, daß er
bei der Handelskammer damit auf großen Widerstand stoßen wird, weil
natürlich dort die Handelsdelegierten sich in ihrer Funktion ersetzt
oder zumindestens ergänzt fühlen werden. Dies kann zutreffen, ist
sicherlich aber kein Grund, um ein solches Experiment, eine Handels-
genossenschaft, eine Art Handelshaus zu gründen, nicht in Angriff zu
nehmen. Da diese Genossenschaft ja auf alle Fälle auf kommerzieller
Basis arbeiten wird, mit Subventionen ist ja von nirgends zu rechnen,
bin ich selbst über den Ausgang eines solchen Experimentes sehr in-
teressiert. Mit der VÖEST-Alpine-Handelsgesellschaft Intertrading
wird es auch keine Überschneidung geben, denn diese ist ausschließ-
lich für Großgeschäfte, vor allem Gegengeschäftsabwicklung, gegründet
worden und jetzt sehr aktiv.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß Dir weiter berichten.

Ein 74-jähriger Prof. Dinklage hat jetzt den zweiten Band der Ge-
schichte der Kärntner Arbeiterschaft abgeschlossen und mir feierlichst
überreicht. Er selbst erklärte sich mir gegenüber bereit, wenn der
AK-Tag an ihn herantritt eine solche Zusammenfassung auch für die
gesamte österreichische Arbeiterschaft zu wagen. Da ich auf dem
Standpunkt stehe, solche geistige Kapazitäten, die in der Pension jetzt
doch viel Zeit haben und aus einer Zeit noch stammen, die bald von
niemand mehr selbst erlebt ist, habe ich mit dem Bildungsreferenten
Mrkwicka vom AK-Tag gesprochen und zu ihm gesendet. Die AK hat, das
weiß ich noch aus meiner 25-jährigen Tätigkeit und zuletzt als Kammer-
amtsdirektor, ungeheuer viel Material gesammelt, dazu wurde sogar
ein eigener Verein, die Geschichte der Arbeiterbewegung, gegründet,
die man wahrscheinlich heute viel zu wenig auswertet. Ich hoffe, daß
Dinklage für diese Arbeit gewonnen werden konnte.



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ANMERKUNG FÜR BURIAN: Erkundige Dich bitte, wie es dort weiterging.

Der Bürgermeister von Jois hatte für den Ausbau des Neusiedler Sees
in ihrem Gemeindeabschnitt einen Zinsenzuschußantrag für Investitionen
für 30 Mio. eingereicht. Leider sind in den vergangenen 2 Jahren
bereits 20 Mio. verbaut worden, sodaß nur mehr die restlichen 10 Mio.
gefördert werden können. Dr. Ortmann hat dies klar und deutlich ge-
sagt. Bei dieser Gelegenheit wurde noch festgestellt, daß sogar der
Radweg, welcher rund um den Neusiedler See geführt wurde und wo es
ebenfalls Zuschüsse gibt, auch bereits wieder bald fertig ist, ohne daß
ein Antrag ans Handelsministerium gestellt wurde. Ortmann hat dann
mit der Delegation die Detailverhandlungen geführt.

Immer wenn ich von solchen Zuständen erfahre, daß Gemeinden oder
noch viel mehr Betriebe aus Nichtwissen auf Zinsenzuschüsse verzichten
müssen, denke ich, daß wir unser System wesentlich ändern sollten. Vor
allem hat mich jetzt eine Mitteilung besonders stutzig gemacht. Ein
Rechtsanwalt in Tirol hat 2 % Provision für die Kreditvermittlung
verlangt, d.h. von einem 3 %-igen Zuschuß hat er glatt 2/3 kassiert.
Dazu kommt dann noch die Umsatzsteuer mit 1 %, die ebenfalls der
Betrieb bezahlen mußte. Wir müssen zu einer Vereinfachung kommen und
wir müssen vor allem verhindern, daß man uns nicht dann bald nachweist,
daß unsere bürokratischen Unterlagen mehr kosten, als letzten Endes
der Zinsenzuschuß ausmacht. Ich sehe auch darin einen Grund, warum
jetzt die Unternehmer immer zurückhaltender bei Investitionen wer-
den. Außer dem wirtschaftlichen Risiko kommt noch die ungeheure büro-
kratische Belastung, die sie eben nicht mehr tragen wollen, dazu.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Wir müssen einen besseren Weg
finden.

Der ungarische Fremdenverkehrsgeneraldirektor Kalay hat bei der
österreichisch-ungarischen Fremdenverkehrstagung bezüglich der Ein-
schränkung der ungarischen Reisen nach Österreich keine Zusage machen
können. Auch bei einer Vorsprache von ihm mit MR Würzl konnte ich
feststellen, daß er hier keine Möglichkeit hat in der nächsten Zeit
diese Devisenersparnismaßnahmen wieder aufzuheben. Ungarischerseits
stehen die notwendigen Devisen für diese Auslandsreisen nicht zur
Verfügung, darüber hinaus möchte die Regierung von den reinen Ein-
kaufsreisen der Ungarn nach Österreich irgendwie wegkommen. Derzeit
ist es so, daß natürlich der Hauptgrund der Reise in den Westen die


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Einkaufsmöglichkeit ist, alle 3 Jahre kriegen sie die Genehmigung
und 400 $ Westdevisen. Kalay hofft, daß mit dem neuen gemeinsamen
Reisebüro, das ja jetzt in Ungarn von der Landesbank OTP ausge-
schrieben ist, auch dieses Problem leichter gelöst werden kann. Den
Ungarn schwebt vor, daß sie mit Hilfe dieses Reisebüros zweckmäßige
Reisen nach Österreich organisieren und durchführen können, die nicht
ausgesprochene Einkaufsreisen sind, sondern auch einen sozialen Charak-
ter haben sollten.

Das gemeinsame Reisebüro braucht nicht je 1 Mio. $ Gesellschaftskapi-
tal, wie von den Österreichern befürchtet, über die Höhe wird man noch
verhandeln müssen, bei der Aussprache in Sopron hat der damalige
Generaldirektor von der Landesbank Skirmal diesen Betrag nur so ge-
nannt, ohne sich darauf festzulegen oder gar zu begründen. Die Absicht
der ungarischen Seite ist nur, wie Kalay sagt, ein gut funktionieren-
des Reisebüro mit entsprechender Kapitalausstattung zu gründen.
Österreichischerseits besteht natürlich der Verdacht, ohne daß es ge-
sagt würde, daß sich die Ungarn zumindestens 1 Mio. $ Westdevisen
billigst verschaffen wollen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe HK setzen und alle Inte-
ressenten sofort verständigen lassen.

Beim Mittagessen und anschließendem Arbeitsgespräch mit Präs.
Thorn von der EG und insbesondere seiner Begleitung, Österreichrefe-
rent Slingerland, gab es keine besonderen Ereignisse. Überraschend für
mich war nur bereits bei der Tischrede Kreisky eine sehr harte
Kritik von Israel wegen der Besetzung des Südlibanons, eine so scharfe
Formulierung hätte ich nicht erwartet. Kreisky hat aber gerade diese
Passage runtergelesen, sodaß er ganz bewußt diesen Angriff bei dieser
Gelegenheit gegen die israelische Politik starten wollte. Thorn, der
ebenfalls dann seine Tischrede runtergelesen hat, ging ebenfalls,
wenn auch wesentlich gemildert, auf dieses Problem ein.

Bei der anschließenden Aussprache hat Kreisky festgestellt, daß die
Beziehungen zur EG gut sind, daß einzelne Probleme auf dem Stahlsektor
vorhanden sind, aber insbesondere die Hochzinspolitik Europa schwer
trifft. Besonders hat er sich dann mit der amerikanischen Politik be-
züglich des Osthandels beschäftigt und festgestellt, daß wir unsere
eigene fortsetzen werden. Österreich war das erste Land, welches Gas


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von der SU bezogen hat und wird weiterhin seine eigene Politik machen.
Österreich ist nämlich genauso wie Deutschland von diesem Gasbezug am
meisten betroffen. Europa, aber ganz besonders Österreich wird sich
daher in diesem Punkt nicht amerikanischer Politik beugen. Besondere
Sorge bereitet Kreisky Polen, dies ist für Österreich deshalb unge-
heuer wichtig, weil Österreich in Schillingen so viel Kredit gege-
ben hat als ganz Westeuropa, allerdings in Dollar, ca. 30 Mrd. S resp.
30 Mrd. $. Großbritannien hat jetzt zu Erkennen gegeben, es möchte
die harte Politik machen, denn jetzt hält man es noch aus und man
kann ähnlich der amerikanischen Politik den Ostblock dadurch in die
Knie zwingen. Wenn in Polen diese katastrophale Versorgungslage
weiter bleibt, muß dies dort zum Bürgerkrieg führen. Kreisky möchte
daher eine andere Politik einschlagen. Polen bleibt auf alle Fälle
beim Warschauer Pakt, auf Berufung auf Helsinki müßte es aber möglich
sein, eine Sanierung in Polen in 5 bis 6 Jahren zu erreichen. Polen
kann nämlich die Kredite nicht zurückzahlen. Es sollte ein interna-
tionaler Plan, Kreditregelung mit Wirtschaftssanierung, ausgearbeitet
werden, wofür als Gegenleistung eine gewisse Liberalisierung in Polen
erfolgen müsse und eine Regelung auch des Gewerkschaftsproblems.
Hier hat Kreisky wieder auf seine Idee verwiesen, den Weltgewerkschafts-
bund, den Internationalen Bund Freier Gewerkschaften und die christli-
chen Gewerkschafter dafür zu gewinnen. Kreisky deutete auch an, daß
er dies mit Polen schon besprochen hat und daß er Thorn im 4-Augen-
Gespräch darüber nähere Informationen geben wird.

Kreisky forderte dann die Minister auf ihrerseits Stellung zu nehmen,
ich selbst habe nur darauf verwiesen, daß wenn es also jetzt auch den
Anschein hat, daß Portugal und Spanien nicht so bald beitreten können,
weil Präs. Mitterrand jetzt in Spanien selbst erklärt hat, da gibt
es noch viele Probleme zu lösen, wie er jetzt vorbeugend schon fest-
stellen wollte, und hoffen, bei diesem Beitritt der beiden Länder
nicht diskriminiert zu werden. Darüber hinaus habe ich neuerdings
bestätigt, daß die EFTA-Minister in der letzten Ministerratssitzung
in Helsinki die Einladung zu einer 10-Jahres-Feier, Unterzeichnung der
Verträge aller EFTA-Staaten mit der EG, über die große gemeinsame
Freihandelsregelung gesprochen haben und eine diesbezügliche Ein-
ladung jetzt erwarten. Österreichischerseits ist es ganz egal, ob das
in Kopenhagen oder in Brüssel ist, rein technisch erwähnte ich dann
noch, daß bezüglich der Ursprungsregelung große Anstrengungen unter-
nommen werden, um sie noch zu vereinfachen.



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Landwirtschaftsminister Haiden erinnerte dann, daß die Qualitätswein-
regelung und Käse- und Nutzrinderquote eine Absicherung für die
österreichische Landwirtschaft sind, 72 hat sich aber der Export nur
um 32 % gesteigert, während der Import von landwirtschaftlichen Pro-
dukten um 132 % gestiegen ist. Insgesamt wurden 72 795 Mio. und jetzt
5 Mrd. 700 Mio. rund Agrarhandelsdefizit errechnet. Haiden wird mit dem
neuen Kommissar Dalsager nächste Woche über die Agrarprobleme reden,
er möchte haben, daß die Qualitätsweine die jetzt geliefert werden
könnten, womöglich in Flaschen akzeptiert werden, wozu es einer Zoll-
senkung der EG bedürfe, dadurch könnten die Qualitätsmerkmale mehr
gesichert sein, als wie in Großgebinde geliefert wird. Vor allem
schwebt aber Haiden eine Regelung auf dem Rindersektor ähnlich dem
jetzt mit der EG abgeschlossenen Käsesektor vor. Dort wurde die Menge
festgelegt und eine gewisse Selbstbeschränkung vereinbart. Derzeit
liefern wir 154.000 Stück pro Jahr Zucht-, Nutz- und Schlachtrinder.
Die Landwirtschaft Österreichs würde sich verpflichten die Menge
nicht zu überschreiten und auch einen gewissen Preis nicht zu unter-
schreiten. Schlachtrinder sollten abschöpfungsfrei, Nutzrinder
kontingentiert und Zuchtrinder, die jetzt liberalisiert sind, gleich-
mäßig bei einer Quote von 145.000 und einer gewissen Preisgarantie
von Österreich freier geliefert werden können. Insbesondere trifft
Österreich hart, daß die EG die Quoten auf die einzelnen Länder auf-
teilt, bei gewissen Ländern können wir dann die Quote nicht aus-
schöpfen, wodurch dann eine Benachteiligung Österreichs entsteht, obwohl
wie gesagt formell und ziffernmäßig die EG sehr großzügig vergeht.
All diese Detailprobleme wird Haiden aber, wie er gleich einleitend
ausführte, mit Dalsager besprechen und er bittet Präs. Thorn nur ihn
in jeder Beziehung zu unterstützen.

Zu meiner größten Verwunderung hat über das Problem der Pyhrnautobahn
nicht der Bautenminister Sekanina, auch nicht der Finanzminister Salcher,
sondern Außenminister Pahr referiert. Dieser stellte fest, daß das
Mandat des Verkehrsministerrates vom 15. Dezember 81 nicht nur unzu-
länglich ist, sondern von Österreich überhaupt die Wünsche, man sollte
über andere Belastungen, die die österreichische Verkehrswirtschaft
treffen würden, mit der EG verhandeln, ohne daß eigentlich nur andeu-
tungsweise festgestellt wurde, daß die EG bei der Pyhrnautobahn mit-
bezahlt. Einfach ausgedrückt meinte er, keine Mitfinanzierung, dafür
zusätzlich erlassen.



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Thorn in seiner Gegenrede meinte dann, bei der amerikanischen Wirt-
schaftspolitik spielen jetzt insbesondere auch bei der Handelspoli-
tik immer mehr die Militärs bei den Beschlüssen mit. Bei der Gipfel-
konferenz in Versailles hätte man Reagan versucht klarzumachen, daß
die Handelspolitik insbesondere eine Beschränkung des Osthandels
die europäischen Staaten nicht infrage kommt. Auch die Exportkredite
könnten nicht, so wie die Amerikaner sich es vorstellen, reduziert
werden. Präs. Reagan steht auf dem Standpunkt, daß die Handelspoli-
tik ein Teil der allgemeinen Politik ist und darunter auch die Agrar-
politik zu fallen hat. Seiner Meinung nach macht die SU mit allen
Mitteln Politik und daher sollten auch Europa und Amerika jeden
Druck auf die SU mit Handelspolitik nützen. Den Polen dürfe man
höchstens Kredite für Lebensmittel geben und nur, wenn Zeichen einer
Liberalisierung festzustellen sind. Die EG und insbesondere er
selbst würden eine solche Politik aber niemals akzeptieren.

Die Erweiterung der EG um Portugal wird leichter sein als um Spanien,
trotzdem wird sich das ganze um 1 bis 2 Jahre jetzt hinausschieben.
Das Hauptproblem ist eben die gemeinsam zu finanzierende Agrarpoli-
tik, die jetzt bei den 10 Staaten schon schwer ist und nach Beitritt
Portugals und Spanien noch schwieriger werden wird.

Zwischen den Verhältnissen EFTA–Spanien und EG–Spanien gibt es einen
Parallelismus und dieser sollte beibehalten werden. Es besteht nach
Meinung Thorns zwischen der Verhandlung EG mit den beiden Staaten
und dann letzten Endes der Verhandlung aller EFTA-Staaten mit der EG
wegen dieses Beitrittes Zeit genug.

Bezüglich der Landwirtschaft wird ja Haiden mit Dalsager verhandeln
und er wird Dalsager jetzt nach seiner Rückkehr sofort über die
Österreichwünsche berichten.

Bezüglich der Äußerung des Außenminister Pahr und des übergebenen
Memorandum, wo die EG-Vorschläge strikt abgelehnt werden, meint er,
er würde Österreich empfehlen jetzt nicht kategorisch nein zu sagen.
Wenn auch die Vorschläge für die Österreicher der Verkehrsminister-
rat und das Mandat ausdrückt nicht akzeptiert werden können, so
müsse man auf alle Fälle sichern, daß darüber weiterverhandelt wird.
Junktimieren sollte man nicht. Viel besser ist es zu sagen, man lehnt
das und jenes ab und verlangt das und jenes. Nur nicht Verhandlungen
abbrechen, das sei Thorns persönliche Meinung. Pahr erwiderte dann,


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man könnte natürlich über alles separat verhandeln, aber es müsse jetzt
endlich etwas herauskommen. Kreisky hat ihm dann noch geholfen und
meinte, wenn die Verhandlungen halt zu keinem Erfolg kommen, dann
muß Österreich auch an Maßnahmen denken, wie sie die Schweiz längst
hat, Gewichtsbeschränkung bis 28 to, Nachtfahrverbot usw. Diese
Maßnahmen würden sich ja nicht nur gegen die EG richten, sondern
auch z.B. gegen die größte Transportflotte Bulgariens. Österreich
kann aber nicht von sich allein die Mittel aufbringen, um die Pyhrnau-
tobahn selbst zu bauen. Thorn hat allerdings einmal festgestellt, daß
es gar nicht allein wegen Österreich ist, sondern daß sofort dann
Jugoslawien, in weiterer Folge Griechenland und die Türkei kommen
werden und ebenfalls Zuschüsse zu ihren Straßenbauten benötigen und
verlangen werden. Darüber hinaus möchte Italien dann auch noch seine
Straßen entsprechend mitfinanziert . Thorn faßt nochmals zusammen,
daß insbesondere wenn es zu der gemeinsamen Veranstaltung zwischen
EFTA und EG, 10-Jahres-Feier, kommt, damit keine politische Absicht von
der EG beabsichtigt ist. Es soll nur dokumentiert werden, daß die EG
und die EFTA mehr gemeinsam leisten als z.B. mit manchen afrikanischen
und asiatischen Staaten, obwohl gerade diese Zusammenarbeit stets
immer wieder in der Öffentlichkeit groß herausgestrichen wird.
Kreisky meinte dann noch zum Schluß, die EG und die EFTA müßten eben
jetzt gemeinsam gegen die US-Politik auftreten. Nach diesem allge-
meinen Gespräch hatten sich dann Kreisky und Thorn zu einem 4-Augen-
Gespräch zurückgezogen.

Der Pratervorstand hatte zur 70. Geburtstagsfeier seines Vorsitzenden
Lang in die Hauptallee eingeladen. Dort erfuhr ich, daß dieses Restau-
rant Holzdorfer seinerzeit bei der Weltausstellung der amerikanische
Pavillon gewesen ist. So bedeutend war damals Amerika für Europa
und Wien, daß es mit so einem kleinen Haus das Auslangen finden
konnte. Ich wurde von all den Vorstandsmitgliedern herzlichst
begrüßt und alle waren sehr froh, daß ich zumindestens auf einen
Sprung gekommen bin, um ihrem Vorsitzenden zu gratulieren. Diesem teilte
ich mit, daß ich mich sehr bemühe, seinen Wunsch Kommerzialrat zu
werden zu erfüllen, die Handelskammer hat dem auch zugestimmt, die
Gemeinde Wien muß aber erst neuerdings prüfen, ob er nicht eine Ver-
waltungsstrafe anhängig hat, wie es bei Praterbetrieben ja ständig der
Fall ist.

Die sowjetische Handelsdelegation hat zum Abschluß des Gasvertrages


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einen Empfang gegeben. Bei dieser Gelegenheit bedankte ich mich bei
Außenhandelsvizeminister Ossipow und GD Baranowski, daß sie jetzt
doch zu einem gemeinsamen Abschluß mit der ÖMV gekommen sind. Die
Menge von 1 1/2 Mrd. m³ erscheint mir als zu gering, was ich natür-
lich den Russen so dezidiert nicht erklärt habe, wohl aber den dort
anwesenden österreichischen ÖMV- und insbesondere Landesgasgesell-
schaftsvertretern. Schmidt von der Austria Ferngas meinte, die Sow-
jets werden sicherlich bereit sein, die Optionsmenge von 1 Mrd. m³, die
ja jetzt nur bis Herbst gegeben wurde, gegebenenfalls zu verlängern.
Ich muß gestehen, daß ich von Schmidt mehr Informationen bekomme
als von GD Bauer, der immer nur devotest auftritt und entweder
selbst nichts weiß oder mir ganz einfach nichts sagen will. Er begrüßte
mich dort als der für die gesamte Gaswirtschaft verantwortliche und
zuständige Minister, der sozusagen alles macht, alles weiß und alles
entscheidet. Damit kann er vielleicht die Russen ein wenig irreführen,
mich aber sicherlich nicht.

Mit GD Reisinger von den Stadtwerken und dann natürlich mit allen
anderen, die rundherum standen, diskutierte ich die Auswirkung der
Umweltschutzmaßnahmen für das Kraftwerk Dürnrohr. Übereinstimmend
wurde dort festgestellt, daß wenn man von seiten des Umweltschutzes
und noch viel mehr von seiten der Gemeinde Wien jetzt in Dürnrohr
Maßnahmen verlangt, die weit über die Grenzen der Dampfkesselemissions-
gesetzverordnung hinausgehen, dann wird die finanzielle Belastung
für die Energiewirtschaft fast untragbar. Ich werde auch hier be-
strebt sein, so schnell als möglich einen erträglichen Kompromiß
zu suchen und hoffe, daß wir so schnell als möglich eine endgültige
Baugenehmigung bekommen. Wie die Situation jetzt liegt, fürchte ich,
daß wir ähnlich wie bei Zwentendorf einen endgültigen Bauabschluß
sehr schwer, vielleicht auch überhaupt gar nicht erreichen. So kann
die Industriepolitik in Österreich wirklich auf die Dauer nicht
weitergehen.

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Tagesprogramm, 24.6.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: frz. Politiker


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD ÖMV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Wr. Stadtwerke


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: EWG-Österreich-Referent


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD Fa. Sojusgasexport


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GF Austria-Ferngas


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Sts. HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: GD-Stv. Z


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: US-Präs. ab 1981


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Präsident der Europäischen Kommission


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: stv. sowj. Außenhandelsmin.


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Einkaufsdir. VEW


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Sekr. ÖGJ


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                                        GND ID: 118566512


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                                          Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                            Einträge mit Erwähnung: