Mittwoch, der 23. Juni 1982

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Mittwoch, 23. Juni 1982

Die Bürgermeister von Gänserndorf und Zentralbetriebsratsobmann
Braun sowie der Förderbetriebsobmann der ÖMV, Mold, haben im Parlaments-
klub der SPÖ wegen des Berggesetzes, Förderzinserhöhung, protestiert.
Ihrer Meinung nach wird dadurch der weitere Ausbau der ÖMV und ins-
besondere die Prospektion und Exploration infrage gestellt.

In der Fraktion selbst wurde dann beschlossen, daß auch trotz heftig-
ster Proteste vieler anderer Stellen die gesetzliche Regelung des
Förderzinses durchgezogen wird. Insbesondere NR Schmidt vom ÖGB
verwies immer wieder darauf, daß bei dem Gaspreis dies eine Erhöhung
um 15 Groschen und bei der ÖMV um 16 Groschen pro m³ bedeutet und daß
sie diese Beträge auf die Verbraucher überwälzen können. Beim Öl
geht dies nicht, denn da werden jetzt bereits die Verbraucherpreise
auf den wesentlich höheren Importpreisen kalkuliert.

Mit Finanzminister Salcher habe ich dann wegen der politischen Auswir-
kung in Oberösterreich beschlossen, daß die Gasförderzinserhöhung
vom 1. Jänner 83 auf 1. Jänner 84 verschoben wird. Dies war auch ins-
besondere der Wunsch aller oberösterreichischen kompetenten Stellen
und Genossen.

In der Ausschußsitzung selbst hat dann NR Stix erklärt, zuerst wäre
er sehr kritisch zur Regierungsvorlage gestanden, jetzt aber konnte
er sich überzeugen, daß es sich nur um einen Nachvollzug handelt, denn
im internationalen Vergleich liegen wir noch immer unter dem von
anderen Staaten verlangten Förderzins. Der Experte der RAG, GD
Schachinger, hat dann nachgewiesen, daß in Deutschland zwar der För-
derzins für Gas von 22 auf 32 % erhöht wurde, in Österreich beträgt
er nur 20 %, durch die diversen Abschläge, die aber in Deutschland
möglich sind, liegt die Belastung derzeit bei 1.000,–– S und in
Österreich bei 954,–– S, damit hatte er sogar ziffernmäßig den Nach-
weis gebracht, daß wir tatsächlich günstiger liegen. Die ÖVP hatte
ja gar nie die Absicht zuzustimmen und Energiesprecher König er-
klärte, sie werden mit allen Mitteln versuchen die Gesetzwerdung zu
verhindern.

In die Parteivorstandssitzung bin ich gerade zu den Punkten gekommen,
wo Kreisky in seinem Bericht über die verstaatlichte Industrie, Per-


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sonaländerungen, berichtete. Der VÖEST-Alpine-Vorstand wird in Hinkunft
5:3 haben, weil der ÖVP-Vorschlag, anstelle des ausscheidenden GD-Stv.
Grünn der ÖVPler Zich in den Vorstand kommen soll, nicht akzeptiert
wird. Als Finanzreferent kann nur der ehemalige ÖAABler und jetzt
Parteilose Koch als Fachmann bestellt werden. Zich wird stellvertre-
tendes Vorstandsmitglied. Aufsichtsratspräsident für den ausscheiden-
den ehem. ÖIAG-GD soll der ehem. LH und jetzige Generaldirektor der
OKA Wenzl werden. In der ÖMV möchte, da ja drei Vorstandsmitglieder
ausscheiden, nur Meszaros bleibt, die ÖVP die ehem. Stadträtin in Wien
Schaumayer unterbringen. Bezüglich der VEW wird eine Aussprache
Kreisky mit LRat Gruber, ehem. Zentralbetriebsratsobmann der VEW,
haben. Bezüglich der Arbeitsmarktsituation hat Kreisky dann den üblichen
Bericht gebracht und nur darauf verwiesen, daß tatsächlich Dohnal
mit ihrer Dummheit im Kurier dieses Interview gegeben hat, wonach die
Arbeitslosenziffern in Österreich nicht stimmen, weil so und so viele
tausende Frauen von der Arbeitslosenstatistik, nämlich den Arbeits-
ämtern, nicht erfaßt werden. Bezüglich der Lehrlingsausbildung wurde
von ihm hart kritisiert, daß z.B. GD Streicher von den VMW in Ranshofen
erklärt hat, er kann nur so viele Lehrlinge nehmen, als er braucht,
scheinbar nicht weiß, daß mit der verstaatlichten Industrie vereinbart
wurde, die variablen Kosten für die Lehrlingsausbildung bekommen sie
ersetzt, diese Subvention haben sie nur zurückzuzahlen, wenn der
Lehrling dann doch in ihrem Betrieb bleibt.

Hart kritisierte Kreisky die Israeli bezüglich der Besetzung Südli-
banons. Er meinte, die zivile Bevölkerung wird dort so behandelt wie
nicht einmal im zweiten Weltkrieg. Diese semifaschistoide Politik
könnte er jederzeit beweisen und hat sie daher auch so bezeichnet.
Begins Politik wurde insbesondere von den arabischen Juden unter-
stützt. Jetzt haben diese, weil sie die größte Kinderanzahl haben, auch
die größten Kriegsopfer zu tragen. In der Vergangenheit waren in der
Sozialistischen Internationale seine größten Widersacher Golda Meir,
Mitterrand und auch der Niederländer Van der Eulen . Jetzt müssen selbst
das niederländische Parlament und insbesondere die sozialistischen
Mitglieder dort sich ganz entschieden gegen diese aggressive Politik
Israels wenden. Kreisky befürchtet jetzt den kommenden palästinensi-
schen Terror. Niemand wird den jetzt mehr kontrollieren oder zurück-
halten können. In Deutschland selbst sind ja 50.000 Palästinenser
und in vielen westlichen Staaten ist es ähnlich. Iran hat jetzt Irak
besiegt und alle Golfstaaten sind jetzt bedroht, das einzig Positive
hat sich jetzt herausgestellt, daß die SU bei den Arabern als Schwäch-


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ling erkannt wurde.

Über dieses Referat gab es dann eine lange, aber in Wirklichkeit keine
neuen Erkenntnisse bringende Diskussion. Selbst die engagiertesten
Israelverfechter haben sich diesmal entweder nicht gemeldet oder, falls
sie sich zu Wort gemeldet haben, es ist wirklich unerklärlich, daß
Israel einen solchen Krieg führt.

Klubobmann Fischer ist ganz entsetzt zu mir gekommen und hat mir
mitgeteilt, daß der Handelskammerpräsident Sallinger seinem Vize-
präsidenten Mühlbacher mitteilte, die Aussprache mit Kreisky war
sehr positiv und fruchtbringend. Meine Prognose hat also 100 %ig
zugetroffen. Fischer weiß jetzt überhaupt nicht, wie er sich weiter
verhalten soll. Ich habe ihm empfohlen ganz ruhig und ohne Emotionen,
ohne viele weiteren Verhandlungen das vereinbarte Klein- und Mittel-
betriebs-, von der ÖVP Mittelstandsgesetz genannten Entwurf im Handels-
ausschuß und dann im Plenum mit der abgestimmten Entschließung be-
schließen zu lassen.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Mühlbacher verbinden.

Der Industrieminister aus Ungarn, Mehes, kam mit dem GD von Csepel und
einigen seiner Mitarbeiter. Ich selbst habe bei der Einleitung sofort
alle konkreten Probleme, die ich am Samstag, Sonntag in Ungarn bespro-
chen und gesehen habe, vorgetragen. Insbesondere konnte ich ihn auf
den Brief der Österreichischen Kontrollbank verweisen, daß jetzt der
Auslandsanteil, der eben seinerzeit 25 bis 30 % von der Österr. Kon-
trollbank finanziert wurde, in Hinkunft nur mehr im Prinzip 20 %
betragen kann. Die Österr. Kontrollbank erklärt sich aber mir gegenüber
bereit, daß in Einzelfällen man darüber verhandeln kann und gering-
fügige Erhöhungen möglich sind. Über die schnelle Erledigung war
Mehes sehr überrascht.

Bezüglich der Gaspipeline habe ich das Gefühl, daß die Ungarn natür-
lich für die VÖEST-Alpine – französische Lösung plädieren werden,
denn da könnte Csepel mit ihrer Anlage, spiralgeschweißte Rohre, miteinge-
schaltet werden. Vorbedingung, erklärte Mehes allerdings, ist auch,
daß hier die Finanzierung geregelt ist. Die Ungarn werden den Alterna-
tiventscheidungen vor allem die beste Finanzierung heranziehen. Da
Mitterrand in ein paar Wochen nach Budapest kommt, bin ich überzeugt,


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wird dort bezüglich der Pipelinefinanzierung eine Lösung gefunden
werden. Entscheidend ist aber nach wie vor, daß erst der italienische
Gasvertrag von der Regierung akzeptiert wird.

Bezüglich der Braunkohlenvorkommen Torony und der damit im Zusammen-
hang stehenden Umweltschutzsicherung, Entschwefelungsanlage, habe ich
Mehes vorgeschlagen, daß er mit GD Kirchner, SGP, und Stanek, Waagner-
Biro, Kontakt aufnehmen sollte, um den Kooperationsvertrag in Torok
einen 50 to Dampf 100 S kostenden Wirbelschichtofen gemeinsam zu
errichten. Mehes wollte dies nur auf Expertenebene besprochen haben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte SGP und Waagner-Biro davon verständigen.

Bezüglich des Stromaustausches SU-Österreich und der Transitstrecke
kann so lange nichts geschehen, als nicht die SU mit uns einen Vertrag
abgeschlossen hat. Bezüglich des Donaukraftwerkes Gabcikovo erklärte
Mehes dezidiert, dies sei eine sehr heikle Angelegenheit zwischen der
CSSR und Ungarn. Die Tschechen drängen auf Ausbau, die Ungarn sagen,
bis 1990 brauchen sie es überhaupt nicht, denn jetzt wird das erste
Kernkraftwerk in Paks, 400 MW, in Betrieb gehen, bis 86 werden 4 wei-
tere Blöcke dort gebaut, mit der SU werden sei einen Energietransit
machen auf einer 750 KV-Leitung und damit ihren Energiebedarf decken.
Nach 1990 werden sie wahrscheinlich auch nicht die Donau ausbauen,
sondern weitere 1000-MW-Kernkraftwerke errichten. Ich wiederholte,
daß die DoKW 15 % des fließenden Wassers verlangt und daß es unbe-
dingt zweckmäßig ist ein trilaterales Gespräch auf Expertenebene zu
beginnen. Diesem Wunsch stimmte Mehes wie alle anderen Ungarn, mit
denen ich gesprochen habe, zu.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit DoKW, Kobilka, verbinden.

Da die Delegation bereits die Fa. Ruthner besucht hat, wurden alle Vor-
fragen geklärt und wenn eine volle Finanzierung möglich ist, kann dies
gesyntherte Magnesiumwerk errichtet werden. Ruthner soll Generalunter-
nehmer werden und man will auf Joint-venture-Basis dieses abwickeln.

Bezüglich der Errichtung einer Bierfabrik, wo die Ottakringer Brauerei
sich sehr interessiert, wurde von Mehes festgestellt, daß zwei Spar-
ten nicht bei ihm sind, die Lebensmittel hat der Landwirtschaftsmini-
ster, mit dem ich eben vorige Woche verhandelt habe, und das Baumaterial
liegt beim Bautenminister.



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Handelsrat Hammer von der ungarischen Delegation hat dann darauf
verwiesen, daß die Kohlenhaldenverwertung in Wolfsberg, die seinerzeit
zwischen Lazar und Kreisky besprochen wurde, jetzt daran scheitert, da
ein Besitzer sich querlegt. Ich versuchte den Ungarn klarzumachen,
daß dies bei uns nicht nur möglich ist, sondern auch monate-, ja oft
jahrelanger Verhandlungen bedarf, insbesondere wenn dieser dann die
obersten Gerichte anruft.

Als typisches Beispiel habe ich der ungarischen Seite die jetzige
Diskussion über das Kohlekraftwerk in Dürnrohr gesagt. Bgm. Gratz
hat mich nämlich gefragt, ob ich mit seiner Erklärung vor dem Fernsehen
bezüglich der Umweltverschmutzung von Wien einverstanden bin, ich
habe ihm zynisch geantwortet, daß wenn er jetzt in Niederösterreich
über die zwar hohen Werte der Dampfkesselverordnung hinausgeht und
sozusagen eine 86 %-ige Entschwefelung verlangt, dann muß ihm klar
sein, daß in Wien überhaupt keinerlei Betriebe mehr werden errichtet
werden können und vor allem die schon bestehenden wahrscheinlich an
diesen harten Forderungen sehr bald abwandern werden. Gratz hat mir
gegenüber erklärt, die Erhöhung von 40 auf 53 %, die ja jetzt gerade
verhandelt werden, seien deshalb unzulänglich, weil eben 86 % von der
SGP garantiert werden könnten.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit GD Kirchner verbinden.

Fast hätte ich vergessen, daß bei der Hochzeit meines Sohnes und dem
anschließenden kleinen Kreis im Pallavicini durchgeführten Mittagessen
mir der Geschäftsführer neuerdings mitteilte, daß jetzt gewisse Reise-
büros doch ein Zufahrtsrecht zum Josefsplatz mit Autobussen bekommen.
Das Palais braucht auch dringendst die Möglichkeit, daß sie gegen ent-
sprechende Voranmeldung auch solche Ausnahmegenehmigungen erhalten
könnten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte über die Polizei recherchieren, warum
dies nicht funkioniert.

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Tagesprogramm, 23.6.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Bundesparteivorstand, 23.6.1982

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Tätigkeit: Dir. DoKW


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., GPA, NR-Abg.


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Wiener Metallwerke, Vereinigte Metallwerke Ranshofen, GD Austria Metall AG


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: VOEST-Finanzdir. ab 1981


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: oö. LH (ÖVP), GD OKA
            GND ID: 119017555


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: frz. Politiker


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: -obmann


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GF Austria-Ferngas


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: ung. Handelsrat


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: isr. MP bis 1974


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: ung. Ministerpräsident


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: LR Stmk., ZBO VEW


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


                              Einträge mit Erwähnung:
                                GND ID: 170958000


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


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                                    Tätigkeit: Vorstand SGP


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                                      Tätigkeit: Dir. RAG (Rohöl-Aufsuchungs AG)


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: GD-Stv. VÖEST


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                                                Tätigkeit: ehem. nl. Min.Präs.


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                                                  Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                                    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                      GND ID: 118566512


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                                                        Tätigkeit: Waagner-Biro, Wiener Brückenbau- und Eisenkonstruktions AG


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                                                            Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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