Montag, 14. Juni 1982
Beim Jour fixe mit Gen.Sekr. Kehrer allein hat dieser sofort den
Syndikus der Fremdenverkehrssektion Schimka wegen der Statuten der
ÖFVW zugezogen. Die Handelskammer hat es noch immer nicht überwunden,
daß sie jetzt keinen geschäftsführenden Obmann mehr hat und ersuchte
mich daher, ich sollte doch versuchen, wie sie glaubt, diskriminierende
Bestimmungen aus den Statuten herauszunehmen. U.a. soll z.B. nach
Vorschlag der Länder, aber auch des MR Würzl festgelegt werden, daß der
Obmannstellvertreter bei Verhinderung des Obmanns gewisse Funktionen
hat, die Formulierung "bei Verhinderung des Obmanns" sollte gestrichen
werden, damit sich die Handelskammer nicht diskreditiert fühlt. Allen
ist aber vollkommen klar, daß der Obmann-Stellvertreter nur dann über-
haupt eine Funktion ausüben kann, wenn ich nicht anwesend oder bei
meiner Abwesenheit eben einen Obmannstellvertreter zu einer Funktion
berufen habe. Ich habe deshalb mit MR Würzl sofort telefoniert und
ihn ersucht, er sollte mit Schimka und anschließend daran mit den Län-
dervertretern darüber reden. Auf alle Fälle müßten die Statuten bei
der nächsten Generalversammlung noch in diesem Monat beschlossen werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wenn notwendig, bitte mich mit Vizebürgermeister
Fröhlich-Sandner verbinden.
Bezüglich des Büros in der Margaretenstraße ist die Handelskammer
dafür, daß man unbedingt dort bleibt und aus Zweckmäßigkeitsgründen
nicht mehr in die Hohenstaufengasse zurückgeht. Die Handelskammer
wäre auch bereit ihren Anteil zum Kauf des Hauses zu tragen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächstes Jour fixe Zolles setzen.
Kehrer und Schimka ersuchten mich um Verständnis, daß sie dem Fremden-
verkehrsprojekt Groß Gerungs, 20 Mio. ERP-Kredit, 19 Mio. ERP-Ersatzkredit,
nicht zustimmen können. Im Unterausschuß hat sich Jagoda sehr bemüht,
wieder ein Kompromiß diesbezüglich zu erzielen. Da die Handelskammer
schon große Schwierigkeiten gehabt hat, derselben Firma unter Führung
von den Kärntnern, Pipsi Mayr, in Harbach die Finanzierung zu genehmi-
gen, ist jetzt der Widerstand gegen Groß Gerungs nur noch größer gewor-
den. Die eigenen Unternehmer im Waldviertel erklären, daß diese Hotels
nur deshalb florieren können, weil sie mit der Krankenkasse entspre-
chende Vereinbarungen haben, gleichzeitig müssen aber die Handelskammer
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und deren Unternehmer zugeben, daß niemand anderer bis jetzt diesen
Ausbau gewagt hat. Ich erklärte, daß die Handelskammer ja auch den
Krankenkassen durch ihre Arbeitgebervertreter diesen Regelungen zu-
stimmt resp. dort gegebenenfalls eine Änderung versuchen könnte.
Kehrer ersucht mich, ich sollte mit SC Jagoda sprechen, daß dieser
ausnahmsweise eine Dirimierung dann im Ausschuß vornimmt, da die Han-
delskammer von ihrem gefaßten Standpunkt nicht abweichen kann.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Bitte, ohne dies auf die große Glocke
zu hängen, so vorgehen.
Kehrer schneidet die Produktionsfrage von Aluminiumdosen durch die
VMW an und hat vom Standpunkt des Umweltschutzes den Vorschlag, man
sollte überlegen, ob man nicht doch eine Pfandregelung einführen
sollte, damit ein Recycling gegeben ist. Da ich das Umweltschutzproblem
als ein äußerst wichtiges in dieser Frage betrachte, stimme ich sofort
einer solchen Untersuchung neuerdings zu. Überhaupt erscheint mir die
Frage des Flaschenpfandes als eine äußerst wichtige, da wir nur so
dem Ansturm der Umweltschützer einigermaßen werden Widerstand leisten
können, die sicherlich früher oder später die Einstellung der Produktion
verlangen werden. Die Gemeinde Wien möchte auch, daß man mit dem Pfand
ein besseres Recyclingsystem durchziehen kann.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte neuerdings diese Verhandlun-
gen beginnen.
Ich informiere Gen.Sekr. Kehrer über die Vorgangsweise im Osttiroler
Speichersystem. Gen.Sekr. Kehrer teilt mir mit, daß jetzt der Vorstand
der Verbund mit dem Präsidenten des Aufsichtsrates, sprich dem ehem.
Gen.Sekr. Mussil, bei ihnen vorsprechen wird. Kehrer teilt aber meine
Meinung, daß es notwendig ist, jetzt ruhig weiterverhandeln, versuchen
ein Kompromiß zu erreichen und auf alle Fälle eine Konfrontation
zu verhindern. Im Interesse der Sache ist er genauso wie ich der Mei-
nung, müßte man halt derzeit gewisse, wenn auch unberechtigte Vorwürfe
einstechen. Interessant für mich war nur, daß Syndikus Schimka mitteilt,
bei ihm wird auch ständig jetzt von Fremdenverkehrsbetrieben angerufen,
die verlangen, die Sektion müßte im Interesse des Fremdenverkehrs sich
gegen die Osttiroler Speicherausbauten wenden. Die nicht unmittelbar
Betroffenen sind also dafür, daß man sozusagen den Nationalpark schafft
und ihnen dadurch vielleicht mehr Gäste auch dann, wenn sie weiter
entfernt liegen, bringt.
Kehrer ersucht mich zum Schluß, ich sollte, so wie das auch in Deutschland
der Fall war, beim Dreiländertreffen in der Schweiz den Handelsdele-
gierten Dr. Koch zuziehen. Ich erkläre ihm sofort, dies müßte ich mit
den Einlader erst besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte entsprechend klären.
Zentralsekretär Millendorfer von den Bauarbeitern ruft mich an und
ersucht mich unter allen Umständen für das Dorfer Speicherkraftwerk ein-
zutreten, da ansonsten einige Baufirmen pleitegehen. Sein persönlicher
Vorschlag wäre es 68 Mio. Liter Wasser unterhalb der Umbalfälle zu
fassen und dann 300 m in den Speicher hochzupumpen. Ich ersuche
Millendorfer jetzt keinerlei konkrete Vorschläge zu unterbreiten, da
es sicherlich mehrere Varianten geben wird, die aber in einem ruhige-
ren Klima verhandelt und erarbeitet werden müssen. Ich selbst würde
keinen wie immer gearteten Vorschlag machen, da dies nur dann von
seiten der Betreibergesellschaft nach reiflicher Überlegung und Durch-
rechnung erfolgen müßte.
Ö3 hat die Absicht, wie könnte es auch anders sein, bei den Weltmei-
sterschaften einige Prominente über ihre Einstellung zum Fußball zu
befragen, der Interviewer Reumann glaubte allen Ernstes, ich sei in
meiner Jugend ein beachtlicher Fußballer gewesen, ich habe ihm frei-
mütigst sofort gestanden, ich habe ein einziges Mal bei einer Mann-
schaft gespielt, zuerst als Verteidiger, da haben die Gegner erklärt, sie
treten ab, weil ich sie so unqualifiziert immer, da ich eben nicht
spielen kann, attackierte, dann hat mich meine Mannschaft ins Tor ge-
stellt, weil sie eben keine 11 Mann zusammengebracht haben und dann
wären bald unsere Leute abgetreten, weil ich eben eine ausgesprochene
Niete war. Daß ich keinem Verein anhänge, war mir ein Leichtes zu er-
klären, meine Frau ist Austria, mein älterer Sohn Rapid und der
jüngere Vienna, ich kann mir dann nur die Kugel nehmen, wenn ich einem
vierten Verein angehören würde. Ich drücke daher nur für die National-
mannschaft Österreich. Nichtsdestoweniger komme ich aber drauf, daß
ich zumindestens bis jetzt mir alle Matches im Fernsehen angesehen
habe.
Beim Journalistenfrühstück haben dann Jagoda und MR Kinscher über die
Berufsausbildungsgesetznovelle, nämlich die Verschiebung der Ausbilder-
prüfung um 1 1/2 Jahre bis Ende 83, berichtet. Über diesen Tagesord-
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nungspunkt gab es dann eine Diskussion, weil die Redakteure wissen
wollten, ob man heuer imstande sein wird, die Schulentlassenen unter-
zubringen. Ich erklärte sofort, daß dies unser Bestreben ist, und ein
Jugendeinstellungsgesetz, wie wir es in den 50-er Jahren gehabt haben,
und als letzte Notlösung geschaffen werden sollte. Die Schulentlassenen
nehmen mit 125.000 1980/81 jetzt jährlich um 1.700 ca. ab. Trotzdem wird
es heuer ein kritisches Jahr, weil verschiedenste Umstände, auch die
jetzt aus den Mittelschulen ausscheidenden, die nicht abschließen,
immer stärker in Lehrberufe drängen.
Die ITT Austria, Dir. Klestil, erörterte dann ihr Ausbildungssystem für
Mikroelektronik, die Elektromechaniker, die sie früher ausgebildet
haben, aber auch von anderen Betrieben, können jetzt mit diesen Lehr-
gängen zu Software-Technikern ausgebildet werden. Während normale
Berufsausbildung ca. 90.000 S im Durchschnitt pro Jahr kostet, kommt ITT
diese Ausbildung auf 120.000,–– S pro Jahr.
SC Marsch berichtet dann über das Schrottlenkungsgesetz und über das
Versorgungssicherungsgesetz, beide dieser Gesetze sind jetzt einver-
nehmlich im Ausschuß verabschiedet worden; da sich die VÖEST-Alpine
mit den anderen Schrottbeziehern geeinigt hat, war keine gesetzliche
Änderung für eine ev. administrative Verteilung notwendig. Ich habe
dies zwar dort nicht gesagt, defacto hätte ich wahrscheinlich einen
solchen Gesetzesvorschlag gar nicht durchgebracht, weil die Handels-
kammer über die ÖVP-Abgeordneten dies sicherlich verhindert hätte.
Die Androhung allein, also ein Hinweis auf eine sogenannte Rute-im-
Fenster-Bestimmung, hat aber doch genügt, daß man sich dann über die
Aufteilung zusammengerauft hat.
Selbstverständlich wurde ich dann auch wegen der weiteren Vorgangsweise
im Speicherkraftwerk Osttirol gefragt, ich konnte einmal mehr vor der
Presse sagen, daß ich mich um einen Kompromiß bemühen werde, daß ich
jede Eskalation auch durch entsprechende Aussagen meinerseits verhin-
dern möchte. Die E-Wirtschaft, aber auch ich werden weiterhin die
Watschen bekommen, trotzdem werde ich nicht in die Öffentlichkeit gehen,
sondern versuchen, doch einen tragbaren Kompromiß für alle Teile zu
erreichen. Ich konnte mit Recht darauf verweisen, daß ich wie glaube
ich kein anderer Minister mit allen Beteiligten, auch mit den Natur-
schützern, Naturfreunde, Alpenverein, dem Deutschen Alpenverein, mit
dem ich mit seiner Leitung, aber auch mit ständigen Delegation in
Osttirol diskutiert habe, den örtlichen Vereinen, Rettet das Iseltal,
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Dr. Retter, dem Gründer des Gletscherbachlehrpfades, usw. ständig in
Kontakt gewesen bin. Ich rede wirklich in dieser Frage nicht vom grünen
Tisch, was man mir persönlich sicherlich abgenommen hat, aber trotzdem
darüber kaum berichten wird.
Die WIR-Redaktion, Schaffer, wollte ein Statement über die Orden für
eine Sendung. Er meinte, ich könnte dies auch lustig gestalten, dies
habe ich dann nicht gemacht, denn ich will die große Mehrzahl der
Österreicher, die in Orden sicherlich etwas sehr Positives sehen, nicht
kränken. Im Gegenteil habe ich bei diesem Statement festgehalten, daß
ich zwar, ohne daß ich es wollte, wie ja bekannt ist, keine Orden nehme,
trotzdem alles daran setze, bei Ordensverleihungen, die ich durchzu-
führen habe, diese sehr feierlich und vor allem sehr persönlich für
den Ausgezeichneten zu gestalten.
Dies konnte ich dann anschließend gleich bei der Staatswappenverleihung
an die Fa. Doubrava, die ein neues Bausystem D 6 entwickelt hat, wieder
einmal in der Praxis tun. Die Firma ist aus Attnang-Puchheim und meinte,
sie wäre sehr froh gewesen, hätte ich dieses Staatswappen bei ihnen
verleihen können.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Warum war das nicht möglich.
Präs. Burkert und sein Vizepräsident Böck von der Wirtschaftstreuhänder-
kammer haben mich als Aufsichtsbehörde ersucht, ich sollte gegen den
einstimmigen Beschluß des Handelsausschusses auf Eliminierung der
Akademikerklausel für Steuerprüfer remonstrieren. Burkert stellte
sich allen Ernstes vor, daß jetzt Bundeskanzler Kreisky in der Regie-
rung noch darüber reden wird und dort sozusagen die aufsichtsführenden
Ministerien, also das Handelsministerium und das Finanzministerium be-
auftragen wird, dies noch zu ändern. Nach Aussage von Burkert sind
3.150 Berufsstandsangehörige der einheitlichen Auffassung, daß die
Akademikerklausel kommen müßte. Ich bin fest davon überzeugt, daß er
hier irrt, vor allem aber daß es gar nicht möglich mehr ist, über die
Regierung aus eine Änderung herbeizuführen. Die einzige Möglichkeit
bestünde darin, daß das Plenum, wie Burkert ja auch sagte, in der
zweiten Lesung eine diesbezügliche Änderung vornimmt. Da ein einheitli-
cher Beschluß des Handelsausschusses vorliegt, sehe ich dafür keine
Möglichkeit. Erfreulich für mich war, daß selbst Vizepräsident Böck
gegenüber SC Jagoda erklärte, er hätte sich sehr loyal verhalten und
vor allem sehr expeditiv am Zustandekommen dieser Novelle, die ja auf
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einen Initiativantrag des Abg. Keimel von der ÖVP zurückgeht, mitge-
wirkt. SC Jagoda hat wirklich überall jetzt schon den besten Ruf.
Präs. Dr. Nekolni von der Linzer Landesregierung und sein Stellvertre-
ter Maruska vom Bundesverband der österreichischen Museumsbahn und
Eisenbahnvereinigung hoffen, daß ich sie finanziell unterstützen
könnte. Ich habe sofort erklärt, daß ich dafür keine Budgetpost habe.
Wenn sie die Eisenbahnen erhalten wollen und sogar auf gewissen Strecken
auch betreiben, in Hinkunft denken sie vor allem auch an die Steyrtal-
bahn, müssen sie sich an das Verkehrsministerium resp. gegebenenfalls
an das Wissenschaftsministerium wenden. Daß ich sie in ihren Bestre-
bungen allein vom Standpunkt des Fremdenverkehrs sehr unterstützen
werde, habe ich ihnen selbstverständlich zugesagt. Ich erinnere daran,
daß der sogenannte Flascherlzug in der Steiermark von Graz nach Stainz
und zurück eine große Fremdenverkehrsattraktion ist. Ich habe immer an-
genommen, daß dieser Flascherlzug zum Weintrinken so genannt wird,
bei meinem letzten Empfang eines solchen Flascherlzuges, wo ich auch
einen Fürsten aus Deutschland begrüßen konnte, hatten auch alle schon
reichlich dem Alkohol zugesprochen, die Bezeichnung Flascherlzug, so
klärten mich die beiden Fachleute sofort auf, kommt aber daher, daß
man mit diesem Zug sein Flascherl mit Urin zu den Grazer Urologen
transportiert hat. Die beiden ersuchten mich, ich sollte dafür sorgen,
daß die ÖFVW ihre Prospekte auch im Ausland verteilt, dies habe ich
ihnen sofort zugesagt und sie werden sich mit Dr. Zolles ins Einver-
nehmen setzen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
In der Bezirksvertretung auf der Landstraße wurde der neue Bezirks-
vorsteher Reviczky gewählt. Unser ganzes Präsidium war fast anwesend,
um die Unterstützung Reviczkys besonders hervorzuheben. Die diversen
Ansprachen zeigten, daß man sich letzten Endes auch von der ÖVP entschlos-
sen hat, für Reviczky zu stimmen. Der Bezirksvorsteherstellvertreter der
ÖVP, ein Zuckerbäckermeister Schindler, hat über den Parteidienst eine
Aussendung gemacht, darin behauptete er, daß mit dem Rücktritt Bergers
und der Neubestellung meine Position als Landstraßer SPÖ-Obmann sehr
gefährdet ist, ich kämpfe sozusagen um mein Überleben. Da ich weiß,
wie die ÖVP-Aussendungen zustandekommen, meistens werden irgendwelchen
Funktionären von der Kärntner Straße, in dem Fall wahrscheinlich von der
Falkestraße, irgendwelche Aussagen in den Mund gelegt, habe ich dies
Herrn Schindler gar nicht bös genommen, sondern bei der Begrüßung nur
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gesagt, hier irrt er ganz gewaltig.