Samstag, 12., und Sonntag, 13. Juni 1982
Die Gemeinde Hinterstoder, insbesondere der rührige Fremdenverkehrs-
obmann Hackl , hatte mich vor einem Jahr im Parlament schon eingeladen
unbedingt schon ihren Ort zu besuchen. Ich hatte gehofft, daß ich
dort still und leise die Fremdenverkehrsprobleme und insbesondere
aber nach dem Motto "Wanderbares Österreich" auch die nähere Umgebung
kennenlernen würde. Zu meiner großen Überraschung wurde dort aber
ein festlicher Empfang mit Musikkapelle, Ansprachen, Gedichten von
Kindern usw. vorbereitet. Das Wetter war sehr problematisch, zur
Begrüßung hat es wenigstens nicht geregnet, dann aber ging es los.
In Hinterstoder gibt es bei etwas mehr als 1.000 Einwohnern 1.800
Fremdenverkehrsbetten, die eigentlich, da sie im Hößgebiet ein schönes
Skigelände haben, Zweisaisonbetrieb. Der Ort mit 600 m nur ein wenig
tief, sodaß er trotzdem ein Schneeloch isch , die Abfahrt nicht ganz
bis ins Tal normalerweise möglich ist. In dieses Gebiet rauf haben
sie jetzt 2 Doppelsessellifte; was sie aber dringend brauchen und
projektiert haben, ist eine Standseilbahn um 120 Mio. S. Die Bahn ge-
hört zu 97 % jetzt dem Land Oberösterreich; als sie vor 20 Jahren be-
gonnen haben, hat noch die Gemeinde 25 % Anteil gehabt, jetzt aber wird
durch das ständige Kapitalaufstocken dieser gewinnträchtigen Bahn der
Gemeindeanteil immer geringer. Natürlich habe ich dann versucht, das
Programm ein wenig mehr wandermäßig zu gestalten; außer den ständigen
Besuchen von allen bedeutenderen Gasthäusern und auch auf den Hütten,
wo sich der ganze Troß dann immer lang aufgehalten hat, bin ich
mit wenigen insbesondere dann am Sonntag Vormittag rumgestiefelt. Den
großen Priel, 1.500 m, konnte ich allerdings nicht besteigen, die Hin-
terstoderer waren schon ganz überrascht, daß ich überhaupt bis zur
Prielhütte, wo sie mich sozusagen begleiteten, gegangen bin. Daß ich
dann noch mit ein paar unentwegten Gemeindebürgern, allerdings nur 3,
bis 1.800 m übers Schneefeld gekraxlt bin, hat sie alle sehr überrascht
Der Pfarrer des Ortes und auch die anderen, die überhaupt im Tal blie-
ben, meinten schon nach dem ersten Tag, der Staribacher ruiniert alle.
Für die Pension Wien hat nach einer Information, die ich vom Haus be-
kommen habe, aber nicht ganz verstanden, das Handelsministerium eine
Versteigerung verhindern können. Die beiden Wiener, die diese Pension
betreiben, habe ich abends dann getroffen. Sie haben sich aber nur an
mich für ein Sprücherl in ihrem Gästebuch gewandt und keinerlei Wünsche
mehr geäußert. Das Gasthaus Post dagegen, wo eine rührige Besitzerin
von ihrem Bruder übernommen hat und 800.000,–– S Schulden zu zahlen hat,
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hat vom Land 235.000,–– S bekommen und auch das Handelsministerium hat
235.000,–– S zur Verfügung gestellt. Natürlich fehlen jetzt noch
470.000,–– S und die Besitzerin hat gefragt, ob wir nicht doch noch
ein wenig helfen können. Ich habe ihr konkret nur zugesagt, ich werde
mich sofort um diese Angelegenheit kümmern, und sie wird von mir auf
alle Fälle hören.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß prüfen, ob hier noch eine Möglich-
keit besteht.
Die Gemeinde selbst hat ein Freibad errichtet und auch zwei Tennis-
plätze, jetzt stellt sich heraus, daß sie doch überzeugt ist, sie
müßte eine Tennishalle bauen, weil natürlich dort, eine verhältnismäßig
regenreiche Gegend, eine solche Tennishalle dringendst notwendig ist.
Strengst vertraulich hat mir dann der größte Besitzer des Tales, Dr.
Fessl vom Dietlgut, mitgeteilt, daß auch er überlegt, einen Tennis-
platz zu errichten. Er liegt am Talschluß doch etliche Kilometer vom
Ort entfernt; da ich ihm versprochen habe, das Handelsministerium wird
ihm die Erfahrungen bezüglich eines Tennisplatzes im Verhältnis zu
einer Tennishalle, für letztere würde er sich glaube ich doch am lieb-
sten entschließen, mitteilen, war er darüber sehr froh. Ich versprach ihm,
daß der zuständige Referent mit ihm Kontakt aufnehmen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ortmann und Du bitte sofort mit mir das Telefon-
gespräch führen.
In der Gemeindevertretung sind 6 Sozialisten, 5 ÖVP, 2 Freiheitliche.
Ursprünglich ist dort immer vor den letzten 2 Wahlen die Rede gewesen,
daß Vizebürgermeister Hans Huber das nächstemal sicher Bürgermeister
sein wird. Im letzten Moment haben dann immer die Freiheitlichen mit
der ÖVP gestimmt. Durch Jahrzehnte war der Dr. Fessl Bürgermeister
und die Graue Eminenz. Jetzt ist es ein Parfümeriehändler. Ich habe
Vizebürgermeister Huber versprochen, daß insbesondere Dr. Haffner mit
ihm ständig Kontakt haben wird und er sich auch in jeder Frage an ihn
wenden kann.
Ein weiteres Versprechen habe ich dem Schuherzeuger Lintner vor länge-
rer Zeit schon gegeben, wenn ich in der Nähe bin, komme ich auf alle
Fälle einen Sprung bei ihm vorüber. Auf der Heimfahrt sind wir daher
nach Molln gefahren, Lintner war aber trotz seines Herzinfarktes vom
Jänner wieder nicht zu Hause, sondern in Italien auf Geschäftsreise.
Seine Frau hat mir dann den Betrieb gezeigt, mit 3 Plastikschuhpres-
sen läuft er sehr gut. Früher einmal hatte die Schuhindustrie sich bei
mir wegen des Wanderbaren Österreichs bedankt, weil sie dadurch nicht
nur in der Hälfte des Jahres Schischuhe und in der zweiten Hälfte dann
Wanderschuhe erzeugen kann, dies gilt für Lintner Dachstein nicht
mehr, denn er erzeugt jetzt durch die gute Nachfrage sowohl Plastik-
winterschuhe als auch Wanderschuhe, die allerdings jetzt ebenfalls
aus Plastik als neuester Hit hergestellt werden. Auf alle Fälle
hat es mich wieder einmal sehr beeindruckt, wie der Ort Molln und
wahrscheinlich auch die weitere Umgebung ausschließlich von dieser
einen Schuhfabrik lebt.
Interessant war für mich auch noch die Erfahrung, die ich bei der
Diskussion mit aufgeschlossenen Gemeindebürgern über den Ausbau der
Kraftwerkskette der Steyr geführt habe. Beim Steyrursprung, den wir in
Hinterstoder auch besichtigten, konnte ich feststellen, daß ein glas-
klares Wasser nicht aber mit kleineren Quellen, sondern sofort in einer
ungeheuren Stärke aus dem Berg hervorbricht. Die Bevölkerung hat immer
mit dem Motto "Rettet das Steyrtal" sich zuerst sehr skeptisch gegen
jede auch noch so kleine Speicherung gewährt. In Klaus z.B. war man
am heftigsten dagegen. Dort hat jetzt der Aufstau bewirkt, daß ein
richtiggehendes Erholungszentrum mit Bootsfahrt, Angeln, Schwimmen
und riesige Campingplätze entstanden sind. Das Tal hat dadurch wirklich
nur gewonnen. In Molln dagegen hat man Angst, daß wenn dieser große
Wasserspeicher kommt, der allerdings mehr für Trinkwasserreserve als
für Elektrizitätswirtschaft von Nutzen sein wird, auch eine gewisse
Gefahr besteht, denn angeblich sei dies Erdbebengebiet.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Was wissen wir darüber?
Am Samstag Abend hat die Gemeinde die Unternehmer, die sich dafür
interessierten, zu einem fröhlichen Zusammensein mit Lichtbildvortrag
eingeladen. Der neue rührige Fremdenverkehrsdirektor Neuhold, ein
Grazer, der erst 8 Monate in Hinterstoder arbeitet, kommt dort sehr gut
an, weil er sehr rührig ist. Bei diesem Abend haben dann 3, allerdings
Vorderstoderinnen, sehr lieb gesungen und ein Zitterspiel sozusagen
heimische Klänge vermittelt. Daß ich dann mit der Mundharmonika auch
ein Wunschkonzert geben konnte, denn die Lieder, die sie von mir ver-
langten, konnte ich tatsächlich alle spielen, und als dann auch noch
das Stodertallied von den drei gesungen wurde und ich auch noch mit
der Mundharmonika dazu begleiten konnte, war ich fast dann schon als
65-0682
Hinterstoderer akzeptiert. Natürlich wurde ich sofort für den Winter
eingeladen, damit ich auch das Skigebiet näher kennenlerne und nicht
nur allein mit der Seilbahn abfahre. Zum Unterschied von einem Jahr,
wo ich wirklich zugesagt habe, daß ich komme, habe ich diesmal erklärt,
daß dies wahrscheinlich erst nach meiner Ministerschaft der Fall sein
würde, dann aber das alte Motto gilt, als Minister hast du wenig Zeit
und viele Einladungen, als kein Minister mehr viel Zeit, aber keine
Einladungen. Dies wurde dort natürlich sofort auf das heftigste be-
stritten. Man würde mich jederzeit gerne wiedersehen. Ein Illusionist,
der dies glaubt, ich weiß ganz genau, daß wenn erst einmal die Funktion
von einem weg ist, man auch für die Leute dann endgültig weg ist.
Tagesprogramm, 12./13.6.1982