Mittwoch, 9. Juni 1982
Herr Kahane flog mit der Lauda Air nach Mailand und hat in Zeltweg unterbro-
chen, weil er auch bei der Sulfatzellstoffanlage Pöls dabei sein wollte. Er
kennt die Besitzer von Burgos von Italien sehr gut. Vielleicht weil er
am Militärflughafen Zeltweg viel leichter zwischenlanden kann, hieß es,
daß auch ich an diesem Flug teilnehme, was ich allerdings und selbst
mein Büro erst am letzten Tag erfuhr. Kahane gilt als der unternehme-
rische Ezzesgeber vom Bundeskanzler. Er selbst bezeichnet sich nur als
ein Freund von Kreisky, dem er immer verpflichtet sein wird, der ihm
aber nur nach besten Wissen und Gewissen beraten wird. Am Flug sprachen
wir neuerdings über die Möglichkeit, wie er an der Grenze zu der CSSR
in Bernhofen seine jetzt 30.000 to Zitronen reproduzierende Fabrik
mit österreichischem Zucker als Rohstoff versorgen kann und wir vor
allem das jetzt vom Landwirtschaftsminister von ihm verlangte Wasser-
reinigungssystem überhaupt finanzieren kann. Kahane wird an Haiden
einen Brief schreiben, um dort genau festzulegen, daß er außerstande ist,
die jetzt beabsichtigten zusätzlichen Auflagen zu erfüllen. Dabei geht
es weniger um die hohen Investitionskosten, als um die dann sich jähr-
lich erhöhenden Betriebskosten für diese Wasserreinigung. Kahane gibt
zu, daß etwas geschehen muß, da unterhalb der Thaya am tschechischen
Gebiet ein Erholungsraum mit entsprechender Bademöglichkeit gebaut
wurde. Die Tschechen verlangen nun eine wesentliche Reinigung der Ab-
wässer, die in die Thaya fließen. Ich habe Kahane zugesagt, daß wenn
er es wünscht, ich mit dem tschechischen Außenhandelsminister Urban
spreche, der ja bis zu seiner Berufung Industrieminister war, daher
sicherlich für Industrieprojekte und Probleme mehr Verständnis hat als
irgendein anderer.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte beim nächsten Besuch Urban mich erinnern.
Die Zitronensäurefabrik führt noch immer ca. 40.000 to Zucker ein, den
sie zur Erzeugung der 30.000 Zitronensäureprodukte braucht. Wenn die
Zuckerindustrie bereit wäre Kahane um einem erträglichen Preis, er
nannte 3,50 S pro kg Zucker, würde er sofort langfristige Verträge machen
und den Zuckerrübenbauern 8.000 ha zusätzliche Produktionsmöglichkeit
einräumen. Kahane meint, er hat Verständnis, daß die Zuckerindustrie
dies nicht kann, weil ansonsten die AK verlangen würde, daß auch der
Konsumentenzuckerpreis wesentlich gesenkt wird. Ich konnte ihm sofort
erwidern, daß die AK bereit war, für den Exportzucker sehr wohl eine
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eigene Fixkostenlösung zu akzeptieren, daher nicht das Hindernis ist.
In Wirklichkeit kann er sich mit Herrn Mauthner, der die Zuckerexporte
für die Zuckerindustrie abwickelt, nicht einigen. Beide, wie Kahane
selbst zugibt, können miteinander nicht sprechen. Eine Vermittlung
von mir wurde aber ebenfalls abgelehnt. Mauthner hat z.B. erst unlängst
wieder den Inlandszucker um 4,80 S angeboten, den er zum selben Zeit-
punkt nach Tunesien um 4.50 S exportierte. Kahane meint, mit der Zucker-
industrie, insbesondere dem Obmann Skene, könnte man eher sprechen. Der-
zeit importiert er aus Polen, Ungarn, Italien Melasse und hat große
Schwierigkeiten für den inländischen Zitronensäureanteil die Inlands-
abschöpfungen immer zu vereinbaren und abzurechnen, der Inlandsanteil
macht dabei nur einige Prozente aus. Ich habe ihm versprochen, daß ich
auf alle Fälle mit dem Obmann der Zuckerindustrie sprechen werde, da
ich es für einen Unsinn finde, daß wir als Zuckerüberschußland exportie-
ren und gleichzeitig also dann doch immerhin 40.000 to Zuckeräquiva-
lent eingeführt werden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Skene verbinden.
In Pöls war die ganze Belegschaft und ich hatte das Gefühl, selbst der
ganze Ort bei der Grundsteinlegung. Schulkinder waren Fähnchen schwin-
gend dabei, nachher gab es dann auch in der Hauptschule ein Festzelt
mit Würstel und Bier, sodaß wirklich auch von dieser Seite ein Grund
zu feiern bestand.
Ansprachen hielt der italienische Besitzer und gleichzeitig Vorstands-
mitglied Bonelli, außer der Reihe denn vorgesehen war der Vorsitzende
des Aufsichtsrates Adler, der aber, ich weiß nicht aus welchen Gründen,
eine furchtbar heißere Stimme hatte. Außer der Reihe sprach dann auch
noch LH-Stv. Gross, denn die Landesregierung war durch den ehem. Vor-
sitzenden der Präsidentenkonferenz für die Holzfragen Koiner und
jetzigen Landesrat vertreten. Die härteste Ansprache hielt aber der
Betriebsratsobmann. Dieser verwies darauf, daß alle immer gegen dieses
Projekt waren, daß man Pöls also ohne weiteres hätte zugrunde gehen
lassen und daß selbst jetzt noch ständig Angriffe zu verzeichnen sind.
Für Pöls ist es aber eine Existenzfrage, daß jetzt endlich diese Inve-
stitionen durchgeführt werden und damit eine garantierte Produktion
von Sulfatzellstoff erfolgen wird, den man zumindestens 1/3 im Inland
braucht, da wir über 100.000 to Sulfatzellstoff einführen. Nach
Schätzung des Papierverbandes werden davon 60.000 jetzt durch Pöls im
Inland erzeugt werden können, der Rest ist Spezialsulfatzellstoff, den
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wir gar nicht erzeugen können. Da die Kapazität auf 200.000 ausgelegt
ist, wird jetzt nach Italien exportiert werden, wo ihn die Papierfabriken
von Burgos dringend brauchen. Ich selbst ging dann auch auf die stän-
digen Angriffe gegen dieses Projekt in meiner Rede ein. Insbesondere
erwähnte ich, daß noch im Morgenjournal ein Gutachten des Wirtschafts-
forschers Aiginger mit betont negativer Stellungnahme neuerdings inter-
viewt wurde.
Da die VÖEST-Alpine mit 60 Mio. S Kapitalanteil sich beteiligt, dort aber
insbesondere für ca. 2 1/2 Mrd. S die Anlage errichten wird, waren viele
Herren der VÖEST und vor allem GD Apfalter auch anwesend. In einer
Pressekonferenz, die wir mit den italienischen Besitzern, die ich
extra dazu eingeladen habe, und Apfalter abhielen, wurde von den Presse-
vertretern immer wieder dasselbe gefragt, was auch bis jetzt nur nega-
tives immer im Umlauf stand. Wie sehr wird die Belastung der Umwelt
sein, in welchem Ausmaß beteiligen sich die Italiener, kann die not-
wendige Holzmenge aufgetrieben werden, alles wurde sehr positiv beant-
wortet, ich bin nur sehr gespannt, was die Zeitungen dann schreiben wer-
den.
Mit Apfalter besprach ich auch die Liefermöglichkeit der Sowjets
für die 50.0000 to oxidierte Pellets, Apfalter meint, man müsse erst
prüfen, ob sie dies in ihrem Stahlprozeß überhaupt beimischen können.
Ich habe Apfalter vorgeschlagen, er sollte ein paar Waggons bestellen,
damit man den Sowjets zeigt, daß man ernstlich eine entsprechende Über-
prüfung vornimmt. Scheinbar gibt es technische Schwierigkeiten diese
Mengen im Hochofenprozeß einzusetzen.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte mit VÖEST entsprechenden Kontakt
halten, damit bis zur nächsten Gemischten Kommission im September ein Be-
richt vorliegt.
NR Schlager ersuchte mich, ich sollte unbedingt drauf drängen, daß
die Fa. Agusta Hubschrauber liefern kann, da sie, wie mir Rösch ver-
traulichst mitgeteilt hat, dann einen Motorenauftrag an Bauknecht
gibt. Diese Kompensation wurde auch das letzte Mal abgeschlossen und hat
für 1 1/2 Jahre angeblich die Bauknecht in Spielberg ausgelastet.
Schlager schlägt vor, daß man gegebenenfalls Hubschrauber für den
Katastropheneinsatz kauft. Im Katastrophenfonds soll 1 Mrd. S liegen, die
man jederzeit dafür heranziehen könnte. Schlager sagt, er kennt sich
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hier genau aus, weil er die Abrechnung entsprechend prüft resp.
genau kennt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte diesen Vorschlag sofort prüfen.
Bei der Fa. Koflach in Köflach war die ganze Belegschaft dann zur Staats-
wappenverleihung zusammengerufen. Zuerst hatte ich zwar im Eilzugs-
tempo die Fabrik besichtigt. Die Zeiteinteilung stimmte nämlich hint'
und vorne wieder einmal nicht. Von Pöls übers Gaberl nach Köflach
dauert länger, als scheinbar angenommen, von Köflach dann wieder über
Gaberl zurück nach St. Lambrecht war die Zeit auch zu kurz bemessen.
Ganz klar war mir überhaupt nicht, warum ich hin- und herfahren mußte.
Die Köflacher sind mit der Schuhfabrik sehr zufrieden, insbesondere
hat der Bürgermeister auf die tüchtigen Manager, Dir. Dipl.Ing. Jeindl,
der den Betrieb für die Hatschek-Gruppe führt, hat wirklich die
größte Skischuhfabrik daraus gemacht. Da der Betrieb, bevor ihn
Hatschek kaufte vor 4 Jahren, durch Amerikaner, Schweden usw. immer
tiefer in die roten Zahlen gekommen ist und sonst zusperren hätte müssen,
ist natürlich jedermann mit der jetzigen Besitzerlösung sehr einver-
standen. Gegründet wurde die Fabrik, nomen est omen, von einem gewissen
Herunter, er hat wirklich den Betrieb dann in den 70-er Jahren herun-
tergewirtschaftet. Aber auch Volvo, Denzel, hat sich dafür sehr einge-
setzt, konnte den Betrieb dann nicht mehr retten. Jetzt gehen diese
Skischuhe hauptsächlich nach Japan und andere außereuropäische, aber
insbesondere europäische Staaten. Der Besitzer Dipl.Ing. Hatschek
hat in seiner Rede dann darauf hingewiesen, daß er jetzt zum fünften
Mal von mir für seinen Firmen das Staatswappen bekommt. Natürlich
ging ich dann auf diese Tatsache besonders ein und machte so, als wie
wenn das in meinen Aufzeichnungen verzeichnet gewesen wäre. Ich hätte
mich aber wirklich sehr gewundert, wenn dies jemand in meinem Hause be-
merkt hätte.
Bei der Fa. Leitner habe ich dann diesen Familienbetrieb, der 1956 ge-
gründet wurde und dessen Alleininhaber Hans Leitner auch mit seinen
4 Kindern den Betrieb eigentlich managt, besonders auf die Leistung des
Leitner verwiesen. Er ist nicht nur der Gründer sondern auch jetzt
noch die Seele des Betriebes. Kammeramtsdirektor Dorfer von der Handels-
kammer Steiermark erzählte in seiner Rede, daß wer immer mit Leitner
zusammen- und wo immer Leitner hinkommt, dieser an allen vergnüglichen
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Veranstaltungen nicht teilnimmt, sondern er entweder in seinem Hotel-
zimmer sitzt und kalkuliert und neue Projekte überlegt oder irgendwel-
che Berichtigungen vornimmt, um zu sehen, welche moderneren Produktions-
methoden oder neue Stile es in der Möbelerzeugung gibt. Er hat daher
den Betrieb von einem Beschäftigten 1956 auf 175 Beschäftigte mit 20
Lehrlingen aufgebracht. Daß er in diesem ansonsten beschäftigungsarmen
Gebiet Unternehmer ist, brauche ich nicht besonders zu sagen.
Von Stift St. Lambrecht war auch der Abt Strohmaier, dessen Vorgänger ja
zum Bischof von Linz gewählt wurde, anwesend. Ich ersuchte ihn, ob ich
nicht auch dann das Stift besichtigen könnte, was ihn sehr gefreut
hat. Er hat mich persönlich geführt und ich war eigentlich überrascht,
wie viele wirklich interessante Kunstschätze es dort gibt. Das Stift
lebt größtenteils vom Waldbesitz, der zuständige Oberförster hat sich
bei mir sehr beklagt, daß die Holzpreise jetzt so verfallen und dafür
interessanterweise ebenfalls die tschechischen Importe verantwortlich
gemacht werden. Zum Glück konnte ich ihm mitteilen, daß ich jetzt im
Handelsministerium mich persönlich mit allen davon Betroffenen, und ich
zählte die ganze letzte Sitzungsteilnehmerliste auf, sehr eingehend
mit diesem Problem beschäftige. Darüber war man sehr überrascht, nie-
mand erwartet, daß ich mich in solche Details einmische. Daß es ein
reiner Zufall war, daß es gerade vor ein paar Tagen diese Sitzung auf
meine Initiative stattgefunden hat, brauchte ich ja nicht unbedingt
zu sagen. Konkrete Vorschläge was wir also unternehmen sollten konnte
man mir allerdings dort auch nicht machen. Durch die Stiftsbesichti-
gung war ich dann wieder einigermaßen versöhnt, daß wir den ganzen Tag
vorher in der Steiermark hin und hergefahren sind. Hätte ich nämlich
die wie es logisch gewesen wäre, Auszeichnung in St. Lambrecht unmittel-
bar nach Pöls gemacht und wäre dann über das Gaberl nach Köflach gefah-
ren und dann von dort nach Wien zurück, wäre ich zwar garantiert vor
10.00 Uhr in Wien gewesen, hätte dann aber sicherlich nicht das Stift
gesehen, denn dafür war in dem Zeitplan keine Zeit. Trotzdem möchte
ich in Hinkunft bei der Vereinbarung von diesen auswärtigen Reisen
auch informiert werden, damit ich vielleicht den einen oder anderen Vor-
schlag zweckmäßigerweise unterbringe.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte bei diesen Zeiteinteilungen mich zu infor-
mieren.
Tagesprogramm, 3.6.1982