Montag, der 24. Mai 1982

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Montag, 24. Mai 1982

Die Fa. Strebel Austria in Wels gehört zu 50 % Futurit zu 50 % dem
Deutschen Renner. Dieses Partverhältnis führt dazu, daß der Betriebs-
rat Höfler das Gefühl hat, daß der Betrieb zugrunde gerichtet werden
soll. Davon ist weder MR Fellner noch ich überzeugt, denn der Deutsche
Renner investiert immerhin etliche Mio. in den Betrieb. Die beste
Lösung wäre aber, daß Futurit verkauft. Dazu ist das Finanzministe-
rium, welches indirekt über die Länderbank wieder auf Futurit entspre-
chend Einfluß hat, auch einverstanden. Die Hauptschwierigkeit liegt
darin, daß jetzt der Betrieb nur eine geringe Auslastung seiner Gie-
ßerei hat. Die Beschäftigten wurden schon halbiert, früher wurden
bis zu 250 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Die Gießerei bräuchte
dringend zusätzliche Aufträge. MR Fellner wird sich um Lösung dieser
Probleme bemühen, er wird mit dem Betriebsrat aber auch mit den Be-
sitzern entsprechenden Kontakt aufrechterhalten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fellner soll uns auch stets am Laufenden halten.

Der 14. internationale Kongreß für Gemeinwirtschaft wurde nach 7
Rednern vom Bundespräsident Kirchschläger eröffnet. Anschließend soll-
te Kreisky ein Grundsatzreferat halten, doch hat er dies, da er gar
nicht in Wien ist, Vizekanzler Sinowatz übertragen. Ich glaube zwar
nicht, daß damit die Aera beginnt, die die Professoren, die Kreisky
jetzt untersuchten und ihm sozusagen grünes Licht für sein weiter-
machen gaben, sich schon durchgesetzt haben, nämlich daß er nicht unbe-
dingt alle Veranstaltungen bestreitet, sondern eben entsprechend dele-
giert.

Die ganzen Ansprachen waren nicht besonders interessante, einzig und
allein Bundeshandelskammerpräsident Sallinger, der natürlich für die
gesamte Wirtschaft sich verpflichtet fühlt und daher immer wieder be-
tont, daß er auch für die verstaatlichte und damit indirekt auch für
die Gemeinwirtschaft zuständig ist, natürlich mit Ausnahme der land-
wirtschaftlichen Genossenschaften usw., machte nur die Bemerkung, die
Gemeinwirtschaft sollte dort einsetzen, wo der private nicht kann
oder nicht will. Dies reizte einen zusätzlichen Begrüßungsredner,
nämlich von der deutschen Bundesregierung einen Staatssekretär, dessen
Namen ich nicht weiß, um Extempore, denn normalerweise lesen die ja
alles runter, Sallinger zu korrigieren, dann würden ja von vorne he-
rein nur lauter negativ gebarende Gemeinwirtschaftsunternehmungen


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existieren. Das lukrative den Privaten, das verlustbringende der Ge-
meinwirtschaft. Ich verwies in meiner Ansprache auf die vielfältigen
Berührungspunkte mit der Gemeinwirtschaft, Angenehmes, Investorenbera-
tung, Förderung usw., Unangenehmes, Tariffestsetzung, Preiskontrolle.
Als Gag meinte ich nur von 14 internationalen Gemeinwirtschaftskon-
gressen ist jetzt der 3. in Wien und darüber bin ich als Fremdenver-
kehrsverantwortlicher sehr zufrieden. Bundespräsident Kirchschläger
hielt dann eine sehr interessante wieder einmal mahnende Rede. Ich
komme immer mehr zur Überzeugung, daß es zweckmäßiger wäre, den Bun-
despräsidenten nicht auf 6 Jahre, sondern gegebenenfalls auf eine
längere Zeit zu wählen, dafür nur einmal, in diesem Fall würde wahr-
scheinlich die Stellung des Bundespräsidenten gegenüber dem Regie-
rungschef, wer immer es auch dann sein möge, wesentlich gestärkt sein,
da er sich sozusagen ja nicht mehr einer Wahl stellen muß, ja in dem
Fall gar nicht mehr kann, und damit auch von der aufzustellenden Par-
tei, ein anderer hat ja gar keine Chance im Wahlkampf sozusagen sich
durchzusetzen, eine größere Unabhängigkeit bekommt.

Im Pressefrühstück wurde in Abwesenheit von Staatssekretär Albrecht,
die in Paris bei der IEA ist, und auch ich kam erst in der letzten
Minute durch den Gemeinwirtschaftskongreß, vor allem über die Verord-
nung bezüglich der Schwefelbegrenzung im Heizöl von SC Jagoda refe-
riert. Wie er mir berichtete, gab es dann die erwartete Diskussion,
wieso der Salzburger Umweltschutzlandesrat und Sozialist Oberkirchner
den sozialistischen Handelsminister Staribacher attackieren konnte
und behauptet, daß dieser daran Schuld ist, daß so lange nichts gegen
diese Umweltzerstörung geschehen ist. Jagoda konnte mit Recht darauf
verweisen, daß das Handelsministerium bereits 75 diese Verordnungs-
möglichkeit, die wir jetzt letzten Endes in Kraft setzen, vorgeschlagen
hat, und daß Salzburg mit den anderen Bundesländern damals dagegen
war und auch jetzt wieder schriftlich gegen diese Verordnung Stellung
nimmt. Die Länder möchten gerne, daß im Rahmen des Art. 15 a Staats-
vertrages dafür eine Lösung gefunden wird. Der Gesundheitsminister
möchte, daß es endgültig in seine Bundeskompetenz kommt, beide kommen
nicht weiter, weshalb wir uns jetzt entschlossen haben, diese Verord-
nung zu erlassen.

Von mir wollte man dann noch genau wissen wie sich der japanisch-
österreichische Handel weiterentwickeln wird. Wir haben die Unterla-
gen, die wir für die große japanische Delegation vorbereitet haben,
auch der Presse zur Verfügung gestellt. Meine Stellungnahme war die
selbe, die ich nachher auch japanischen Journalisten mitteilte, Öster-


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reich beabsichtigt nicht, durch restriktive Maßnahmen den japanischen
Handel nach Österreich zu beschränken, obwohl das über 7 Mrd. S Han-
delsbilanzdefizit so etwas möglich erscheinen läßt, sondern ich hoffe,
daß durch diese Einkaufsdelegation die Japaner wesentlich mehr Waren
in Österreich kaufen werden.

Diese wie ich glaube einzig richtige Politik habe ich dann auch bei
einem Arbeitsessen dem Präs. Ikeda von Mitsui, mit Vizepräsident
Seidl von der Handelskammer, Sallinger war nur beim Essen dabei, einem
Vertreter der VÖEST und vor allem MR Willenpart klargemacht. Die
Japaner hatten einen phantastischen Übersetzer mit, trotzdem hat Präs.
Ikeda sofort in Englisch zu verhandeln begonnen. Willenpart versicherte
mir, daß in seiner Delegation etliche sind die kaum Englisch können,
das dürfte ihn aber wenig interessiert haben. Er steht auf dem Stand-
punkt, die Übersetzung braucht zu viel Zeit und die möchte er sich er-
sparen. Die Delegation war vorher in Frankreich, dort stellte Ikeda
fest, daß die Leute nur Französisch reden, also keine Fremdsprache
benützen. Was ihn eigentlich sehr erschüttert hat. Bei der offiziellen
Aussprache in der Bundeshandelskammer hat Ikeda sogar, wie mir
Willenpart , Deutsch von einem Zettel ganz passabel runtergelesen. Er
selbst hat in der Mittelschule auch vor 50 Jahren Deutsch gelernt.

Meine Aufgabe sah ich hauptsächlich darin, darauf zu verweisen, daß
unser Handelsbilanzdefizit nur durch höhere Importe der Japaner auf
lange Sicht gesehen verbessert werden kann. Keynes hat zwar immer wieder
gesagt, in the long run, we are all dead, short run, also die kurze Zeit,
sei das entscheidende, ich glaube aber, daß tatsächlich ein abruptes
Verringern der Importe Japan hart treffen würde und auch gar nicht
zielführend ist. Viel wichtiger erscheint mir, daß man die Japaner
wirklich durch persönlichen Kontakt dazu bringt, daß sie in Österreich
mehr kaufen. Die Möglichkeit dazu besteht sicherlich. In vier Arbeits-
gruppen, Maschinen, Chemie, Konsumgüter und die letzte und wichtigste
Investitionen sollen diese Probleme jetzt beraten werden. Der Präsi-
dent Ikeda hat mit Semperit einen Reifenzuliefervertrag und auch
mit Plasser & Theurer weg. Gleisstopfmaschinen einen Vereinbarung.
Er galt daher für mich als Beispiel. Interessanterweise wollte er
dies aber gar nicht besonders herausstreichen. Als Leiter dieser Dele-
gation, meinte er, müsse er objektiv für alle anderen sozusagen die
Verhandlungen führen.

Ziffernmäßig ergibt sich lt. japanischer Statistik nicht ein Handels-
bilanzdefizit von 7 Mrd. S, sondern nur von 250 Mio. $, das sind


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ungefähr 4 Mrd. S. Die restlichen 3 Mrd. ergeben sich durch verschieden
Berechnungsmethoden unserer Außenhandelsstatistk, die Japaner zählen
auch die Drittlandgeschäfte dazu, die ca. 3 Mrd. S ausmachen. Auch
dort wieder die große Differenz zwischen Bestimmunglsand, nach unse-
rer Statistik eben viel, was im fernen Osten über Japan geht und da-
her in der japanischen Statistik nicht aufscheint, und Herkunftsland
für die japanische Statistik, die also wesentlich höhere Exporte nach
Japan verzeichnen.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Darüber müssen wir noch reden.

Tatsächlich ist es dem Journalisten Bankhofer bei seiner Präsentation
des österreichischen Gesundheitsführers in Kurrestaurant Oberlaa
gelungen, nicht nur den Gesundheitsminister Steyrer, sondern auch mich
hinzubringen. Bankhofer hat mich über, wenn ich so sagen darf, seinen
Steuerberater, meinen Sohn Andreas so bearbeitet, daß ich letzten
Endes doch hingefahren bin. Außerdem hatte ich seinerzeit bei Premiere
des Otellerl von Wien, Regie Fritz Muliar, dem deutschen Verleger ver-
sprochen, daß ich doch auch ihn wieder bei dieser Veranstaltung
treffen würde. Damals diskutierten wir, ob die deutsche Koalition
FDP - SPD hält, seine Frau und ich waren der Meinung nicht lange, er
selbst glaubte schon, jetzt hat sich die Meinung auch bei ihm derar-
tig gewandelt, er rechnet nach den nächsten Landtagswahlen, die für die
SPD verheerend ausgehen werden, mit dem endgültigen Zusammenbruch
der Zusammenarbeit zwischen FDP und SPD. Er ist überzeugt davon, daß
bei den nächsten Bundesratswahlen die CDU-CSU die absolute Mehrheit
bekommt.

Muliar, Steyrer und ich unterhielten uns dann über unsren gemeinsamen
Freund Koholzer, dem es leider sehr sehr schlecht geht.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte noch vor Sowjetreise mit ihm verbinden.

Mit Steyrer sprach ich dann noch über die für ihn gar nicht leichte
Arbeit der Entscheidung vom Gesundheitsstandpunkt, ob Kreisky weiter-
machen soll oder nicht. Ich teile seine Meinung, daß Kreisky auf
alle Fälle weitergemacht hätte, denn er lebt nur im Elixier der Poli-
tik, ohne dieser könnte er gar nicht existieren. Vom gesundheitlichen
Standpunkt müßte man daher auf alle Fälle sozusagen im Interesse
des Patienten diesen Wunsch erfüllen, ohne daß ich Steyrer drängte,
ich habe gar kein Interesse daran, daß er das ärztliche Be-


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rufsgeheimnis verletzt, war ich von vorne herein der Meinung, daß es
nur eine Entscheidung geben konnte, im Interesse Kreiskys, aber sicher-
lich auch im Interesse der Partei und vor allem auch des österreichi-
schen Staates sollte Kreisky, der es ja auch eindeutig will, weiter-
machen. Ob es einen oder den anderen paßt oder nicht paßt.

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Tagesprogramm, 24.5.1982


Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Unterrichtsminister


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Ökonom


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., ab 1981 Gesundheitsmin.


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Sts. HM


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                    GND ID: 118723189


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 125942052


                      Einträge mit Erwähnung:


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Freund Staribachers


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Journalist


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                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                GND ID: 118566512


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Branchenreferent HM


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                                    Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                        Tätigkeit: LR Sbg., SPÖ


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