Mittwoch, 5. Mai 1982
Eine große indische Delegation von Vertretern von Beratungsfirmen, In-
genieurbüros, die sich in Indien zu einer Organisation zusammengeschlos-
sen haben besuchten Österreich. Diese Organisation hat in London und
in Teheran bereits eine Niederlassung und wird in Zukunft auch
eine in Paris errichten. Begleitet wurden sie nicht nur vom indischen
Botschafter in Österreich, sondern auch von einem höheren Beamten
vom indischen Wirtschaftsministerium. Da ich ins Parlament mußte, hatte
dann MR Willenpart die Verhandlungen mit ihnen weitergeführt, der
Wunsch und ihre Idee war, man sollte ein staatliches Abkommen über wirt-
schaftliche Kooperation zwischen Indien und Österreich abschließen dage-
gen hätte ich gar nichts einzuwenden, da auf meine Einladung der indi-
sche Minister im Juni Österreich besuchen wird besteht die Möglichkeit,
daß wir über dieses Projekt dann im Detail sprechen. Falls die indische
Seite sogar einen Entwurf mitbringt, könnte man gleich über diesen
sehr konkret verhandeln.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: MR Willenpart soll diese Idee weiterverfolgen.
Klubobmann Fischer, der in den vergangenen Jahren stets bestrebt war,
den zukünftigen Wahlkampf womöglich ohne das Problem, soll Zwentendorf
weitergebaut und eröffnet werden oder soll es beim Atomsperrgesetz blei-
ben, ist nicht ganz sicher, ob diese Taktik weiterverfolgt werden soll,
die Äußerung Kreiskys man kann sich diese Ruine nicht leisten, auch
jetzt und immer wird man mit dem Problem Atom konfrontiert, man muß
dieses Problem eben weiterdiskutieren, weist für ihn darauf hin, daß
zum Unterschied zum letzten mal wo ja gerade die Volksabstimmung darü-
ber gemacht wurde, damit dieses Problem aus dem 79-er Wahlkampf heraus
gehalten wird jetzt dieses Problem eben im Wahlkampf eine große Rolle
spielen wird, die Grünen und nicht nur die sondern auch die ÖVP werden
eine Konfrontation erzwingen. Ich habe mich zwar in der Vergangenheit
der Klubtaktik gefügt, war aber immer überzeugt, daß tatsächlich es
möglich sein wird dieses Problem im Wahlkampf auszusparen. Die Grünen
und die Oppositionsparteien insbesondere natürlich die FPÖ, die sich
ja immer ganz konsequent gegen das Kernkraftwerk gewendet hat, würden
auf alle Fälle dezidierte Erklärungen verlangen. Außer das was immer
geschieht man diesen Gesetzentwurf wieder einer Volksabstimmung unterwer-
fen wird, glaube ich, hätte man früher und kann man auch keine anderen
Zusagen machen, die die Bevölkerung einem auch tatsächlich dann glaubhaft
abnimmt. Da ich stets für die Eröffnung des Kernkraftwerkes eingetreten
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bin, hat man mich also auch gar nicht so besonders interviewt, sondern
zu einer Stellungnahme aufgefordert, weil man eben von vorne herein
schon meine Stellungnahme dazu weiß. Aufgrund dieser geänderten Sachla-
ge möchte daher Fischer nicht mehr so wie bisher, daß die ganze Atomfrage
ausgelöst durch das Volksbegehren noch heuer im Plenum erledigt wird,
sondern Fischer stimmt auch jetzt der ÖVP-Taktik im Unterausschuß des
Handelsausschusses zu, die das Ganze ziehen will.
Die Folge dieser Taktik ist, daß wir im Unterausschuß diesmal 2 Berichte
über die minimale Abgabemengen von Radioaktivität vom Kernkraftwerk Zwenten-
dorf und über die hydrologischen Fragen von Prof. Rauch der Univ. Wien
zur Diskussion hatten. Die ÖVP zögerte solange diesen Emissionsbegren-
zungsbericht in der Diskussion hinaus und war dann, als wir zum hydro-
logischen kommen sollten, mit der Begründung, die Frau Abg. Hubinek
hat leider weggehen müssen und die interessiert sich besonders für die
Hydrologie, nicht mehr bereit, den zweiten zu diskutieren. Beim Fußball
würde man sagen, Zeitschinden ist ihre Methode. Rauch hat anhand von
empirischen Zahlen aller Kernkraftwerke die Abgase und Abwassermessun-
gen zusammengefaßt und festgestellt, was mir nichts Neues war, aber schein-
bar für die ÖVP-Abgeordneten, insbesondere den Gesundheitssprecher Wie-
singer, in der Vergangenheit nie so recht zu Bewußtsein gekommen ist,
nachgewiesen, daß die behördlich zugelassenen bis zu einem tausendfachen
geringer sind. Überraschend war auch, daß das Abwasser, daß das Kern-
kraftwerk im Vorflut der Donau abgibt beträchtlich besser als Trink-
wasserqualität ist. Am eindrucksvollsten war aber, daß dieses eine Milli-
rem pro Jahr, welches am Kraftwerkszaun abgegeben wird, durch die kos-
mische Strahlung, 38 Millirem, terrestrische Strahlung, 43 Millirem, und vor
allem Baumaterial, 20 Millirem, also insgesamt 100 Millirem natürlich
Strahlung zeigt, wie gering eigentlich bei einem Normalbetrieb die
Bevölkerung ausgesetzt ist. Natürlich kam dann die Frage auf die Strah-
lenbelastung bei entsprechenden Unfälle bis zu dem GAU, größter anzuneh-
mender Unfall. ÖVP-Energiesprecher König wollte wissen, wie dann die Ab-
schaltung erfolgt, insbesondere wenn die genehmigten Grenzwerte über-
schritten werden. Er war sehr erstaunt zu hören, daß dies alles in ei-
nem Betriebshandbuch mit etlichen Ordnern aufgrund der erlassenen Be-
scheide festgehalten ist und daß sich teils automatische Abschaltungen
ergeben, teils aber natürlich so lange nicht eine unmittelbare Gefahr
besteht, der Operateur in der Warte die entsprechenden Maßnahmen setzen
muß. Rückhaltebecken für verseuchtes Wasser, auch Rückhalteeinrichtungen
für ionisierte Luft um bei einer eventuellen Störung die Sicherheit zu
haben, daß nicht alles sofort in den Vorfluter, sprich Donau, oder durch
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den Schornstein in die Umgebung abgegeben wird. Der Vorsitzende des
Unterausschusses ÖVP, Bgm. von Schwanenstadt, meinte mir gegenüber, daß
er hofft, daß seine Partei doch noch einer Kernkraftwerkseröffnung in
Tulln zustimmen würde, dies sicherlich nicht in dieser Legislaturperiode,
weshalb er sagte, die richtige Taktik ist, alles weiterschieben.
Eine lange Diskussion nahm auch die Frage des Besuches von Schweden und
Deutschland durch den Unterausschuß. Beim Besuch in Frankreich hatte
man vergessen den Minister wie man jetzt erklärte einzuladen, weshalb der
Unterausschuß ja allein gefahren ist, Schweden wird wahrscheinlich nicht
zustandekommen, weil das Parlament budgetmäßig keine Mittel mehr für eine
solche Reise zur Verfügung hat. Nach Deutschland wird man anstelle nach
Heidelberg nur nach München fahren, dies kann man in einem Tag erledigen,
für diese Reise wurde ich jetzt eingeladen. Selbstverständlich habe ich
zugesagt. Wenn die Budgetmittel nicht zur Verfügung stehen, haben die
interessierten Abgeordneten wie Dr. Stix, FPÖ, Dr. König, ÖVP, und insbeson-
dere Dr. Heindl erklärt, diese Reise auch aus ihrer Tasche zu bezahlen.
Dies halte ich für deshalb sehr zweckmäßig um den Verdacht wegzubringen,
der Unterausschuß arbeitet sehr langsam, um nicht zusagen mit der Absicht,
sowieso zu keinem Ergebnis zu kommen, aber für Auslandsreisen ist immer
Zeit vorhanden und muß das Geld entsprechend aufgebracht werden.
Im Handelsausschuß sollte die Beratung über das Energiesicherungsgesetz
dadurch beendet werden, daß einheitliche Entwürfe zur Novelle des Erd-
ölbevorratungs- und -meldegesetzes und des Energielenkungsgesetzes verab-
schiedet werden sollten. Für den Rest des Energiegesetzes, wo die ÖVP
nicht bereit war zuzustimmen, sollte im Handelsausschuß mit den Stimmen
der SPÖ wahrscheinlich auch hätte die FPÖ zugestimmt den Abänderungsan-
trag des Energiesprechers Heindl mehrheitlich beschlossen werden. Dieser
hätte zwar im Plenum keine Aussicht durchzukommen, denn dort wäre die
2/3-Mehrheit notwendig gewesen. Die ÖVP hat aber ersucht, man sollte
im Handelsausschuß keine diesbezügliche Abstimmung herbeiführen, denn
sie möchte das Energiesicherungsgesetz gleichzeitig mit dem Versorgungs-
sicherungsgesetz und der Novelle zum Preisgesetz zum selben Zeitpunkt
im nächsten Handelsausschuß beschließen. Eine solche Vereinbarung sollte
es zwischen dem Klub angeblich geben. Ich war überzeugt, daß der SPÖ-
Klubobmann Fischer davon nichts wußte, da aber im Prinzip sich an der
ganzen Sache nichts ändert, ob wir es gleich beschließen oder eben in
einem Handelsausschuß im Juni, habe ich auch dieser Taktik zugestimmt.
Der Handelsausschuß hat sich vertagt.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Jour fixe HK und AK, ÖGB setzen.
Ein Bekannter von Gesandten Buchauer, Haselbach, hat die Idee für Afrika
ein Institut zu gründen, welches ähnlich des Lefcik-Institutes für die
Staatshandelsländer im COMECON auch für die afrikanischen Staaten theo-
retische Untersuchungen und praktische Hinweise über Export- und Entwick-
lungshilfemöglichkeiten der afrikanischen Staaten zusammengefaßt und
aufzeigt. Ich habe ihm sofort erklärt, daß wir in unserem Budget dafür
keine Mittel haben. Interessanterweise meinte er, jetzt sei noch nicht
die Phase wo man ausschließlich um das Geld sich umsehen muß, jetzt
müßte erst diese Idee entsprechend propagiert werden. Er selbst hat
mit Kontrollbankdirektor Haschek schon gesprochen, der sich daran interes-
siert zeigte, ich habe Haselbach sofort zugesagt, daß ich ihm außer finan-
ziell jede Unterstützung geben werde. Als ersten Schritt wird er mit
SC Meisl Kontakt aufnehmen damit dieser mit der Handelskammer entspre-
chende Gespräche beginnt. Da ich annehme, daß der Leiter der Handelspoli-
tischen Abteilung Gleissner dieser Idee nicht gleich zustimmen wird,
bin ich dann bereit dieses Problem ein Jour fixe mit der Handelskammer,
mit Präsident Sallinger, Gen.Sekr. Kehrer zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Beachte wie dies bei uns dann weiterläuft.
Nachwuchskräfte des Ministeriums aus den verschiedenen Sektionen und
auch aus dem Patentamt und aus den verschiedensten Altersstufen haben
jetzt wieder einmal ein Einführungsseminar absolviert und ein Teil der
Kursteilnehmer der bisherigen Kurse haben ein Programm zusammengestellt,
was man alles besser machen könnte. Die Punkte sind sehr vernünftig,
und ich habe sie bereits, bevor noch die erste Aussprache darüber erfolg-
te, dem SC Bujatti als Präsidialist wärmstens empfohlen. Die Aussprache
hat dann ergeben, daß tatsächlich diese jüngeren Nachwuchskräfte daran
interessiert sind ein besseres Klima der Zusammenarbeit zu schaffen,
die Hauptschwierigkeit ergibt sich nur, daß dadurch Hierarchieprobleme
in den Sektionen entstehen können. Vernünftige Sektionsleiter und Ab-
teilungsleiter werden im Prinzip froh sein, wenn sich junge Beamte gegen-
seitig informieren, großes Interesse haben, warum Stellungnahmen von ihnen
geändert werden, mit ihren Vorgesetzten diskutieren möchten, warum gerade
so und nicht anders entschieden wurde, sodaß ich hoffe, daß tatsächlich
ein positives Ergebnis aus diesen Nachwuchsseminaren herauskommt. SC
Bujatti habe ich empfohlen die ganze Frage auf die nächste Sektionslei-
tersitzung zu bringen. Den jungen Leuten habe ich geraten, sie sollen
sich von eventuellen Rückschlägen nicht beeindrucken lassen und in die-
ser vernünftigen Zusammenarbeit weiter fortfahre. Das wirkliche Problem
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sehe ich darin und das habe ich auch gleich freimütig gestanden, daß
es natürlich dem einen oder anderen Abteilungsleiter geben wird, der
dies nicht will, natürlich kann ich nicht verhindern, daß solche Leute
dann auch so handeln, daß es eben in der Vergangenheit schon etliche
junge tüchtige Beamte gegeben hat, die weil sie sich nicht entsprechend
gefordert und eingesetzt gefühlt haben, den Dienst wieder quittierten.
Dies ist was mich am meisten immer erschüttert, wenn ich höre, daß
wieder ein tüchtiger Beamter das Haus verlassen hat, weil er sich nicht
ausgelastet fühlte, in Einzelfällen sogar überhaupt keine Arbeit zugewie-
sen bekommen hat.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Prüf einmal wo diese Schwachstellen, daß Beamte
uns verlassen im Hause sind.
In Klosterneuburg hat der Stiftskeller die Idee, sogenannte Weinbarone
zu adeln. Fremde sollen dazu gewonnen werden an einem Abend, daß vom
Stift Klosterneuburg betriebene und gut produzierende Weinsorten verko-
stet werden. Wenn sie den Test bestehen, sollen sie zu Weinbaronen
gekürt werden. Zur Premiere hatte das Stift etliche Klosterneuburger
Persönlichkeiten geladen, u.a. weil meine Frau, wie ich immer sage, in
Weidlingbach die Sommerfrische bewohnt, auch mich. Zugesagt wurde Dr.
Haffner, der das ganze arrangierte, daß ich dort natürlich nicht zu einem
Weinbaron ernannt werde, weil es ja Unsinn wäre, einem bekannte Antialkoho-
liker diesen Titel zu verleihen. Außerdem erklärte man, daß die ganze
Angelegenheit viel schneller vor sich geht und Prof. Eckhardt, bekannt
durch seine Krimiserien, Dir. Dönch als Volksopernchef sowie noch etliche
Prominente kommen würden. Gekommen bin nur ich. Natürlich hatte ich nicht
nur die Funktion, die ich gerne ausgeführt hätte, den Präs. des Wein-
wirtschaftsfonds und gleichzeitig auch Vertreter der Weinbauern Maus zum
Baron zu schlagen, sondern natürlich ersuchte man dann auch mich, diese
Würde anzunehmen. Da es schon eine Ironie des Schicksals, daß ich als
Antialkoholiker zuerst den Repräsentanten der Weinwirtschaft sozusa-
gen in den Adelstand erhob, so war es dann umso komischer, wenn man
mir aufgrund von Prüfungsfragen, die ich allerdings ganz gut beantwor-
tete, dann ebenfalls den Barontitel verlieh. Am Tisch sagte ich, weil
das alles natürlich in der Nostalgie monarchistisch anklingt, in Öster-
reich hat sich eben wirklich nichts geändert. K.u.k. bleibt, von kai-
serlich-königlich bis zu Kirchschläger, Kreisky, was bei den Stiftsherren
und allen anderen, meistens örtliche ÖVP-Prominenz, großen Anklang fand.
Für mich war diese langwierige Prozedur, es wurden dann natürlich die
ganzen Journalistinnen und Journalisten zu Baronen und Baronessen ernannt,
sehr zeitaufwendig. Fast würde ich zum Schluß sagen, was tut man nicht
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alles um die örtlichen Organe, wenn man auch nur indirekt seinen Sitz
dort hat zufriedenzustellen. Da jeder der fast 2 Dutzend Ausgezeichne-
ten eine ganze Dankesansprache hielt, kann man sich vorstellen, wie lange
diese Prozedur dauerte.
Tagesprogramm, 5.5.1982