Mittwoch, der 28. April 1982

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Mittwoch, 28. April 1982

Die Schulungstätigkeit der LUGA konnte in der letzten Zeit wesentlich
verbessert werden. Unser Bildungsreferent Göbl, jetzt auch Zentralse-
kretärstellvertreter, hat sich seit eh und je bemüht, entsprechend
viele Kurse zustandezubringen. Das Interesse hat aber erst in der
letzten Zeit sehr stark zugenommen. Der jetzt im Hueberhaus stattfin-
dende Aufbaukurs gab mir daher Gelegenheit mit über einem Dutzend schon
den Grundkurs besuchten auch aus den Bundesländer kommenden Mitglie-
dern über aktuelle wirtschaftspolitische Fragen alles natürlich auf
die LUGA bezogen zu diskutieren.

Im Parlament wurden 2 Sitzungen abgehalten, um eben 2 Fragestunden ab-
wickeln zu können. Natürlich wurde der Finanzminister mit seinen Frage
nicht einmal in den zwei Stunden fertig, geschweige denn, daß ich der
nach ihm drankommt auch nur die Spur einer Chance hatte dranzukommen
trotzdem mußte ich mich im Parlament bereithalten, dann der Klub
dachte immer vorsichtig, besser der nächste Minister ist hier, als
er müßte geholt werden.

Schon bei der Durchsicht der Unterlagen für meine erste Frage, die wie
ich zugebe von Abg. Stix nicht sehr gut formuliert ist, mußte ich
leider feststellen, daß auch die vorgesehene Antwort nicht annähernd
auf das gefragte Problem einging, der freiheitliche Abg. Stix wollte
wissen, welche Erfolge der Vertreter des Handelsministeriums im Beirat
des Finanzministeriums über die Exportkredite erzielt hat. Die Antwort
von MR Fels, der dort im Beirat delegiert ist, ginge dahin, daß die
Aufgaben des Beirates aufgezählt sind, mit einem Wort der Gesetzestext
indirekt zitiert wird und dann über die Gesamttätigkeit einige Global-
ziffern genannt werden. Sicher wäre es sehr schwer gewesen, die un-
glücklich gestellte Frage doch ziffernmäßig zumindestens durch Schätzun-
gen zu beantworten. Auf die aber für die Gewerbebetriebe extra geschaf-
fene Exportfondslösung ging er überhaupt nicht ein. Falls man ihn fragen
wird, wird er erklären, daß er ja nicht im Exportfonds als Delegierter
vertreten ist. Wenn man als Minister ausschließlich über die Unterlage:
und Auskünfte der Beamten verfügt, ist man bei parlamentarischer Beant-
wortung sehr arm dran. Dazu kommt, daß man die Unterlagen immer sehr
sehr spät bekommt, sodaß es selbst sehr schwer ist, noch zusätzliche
Fragen zu stellen oder gar vielleicht selbst recherchieren zu können.
In Hinkunft erwarte ich daher, daß unbedingt die Fragen sofort beant-
wortet werden müssen, die Zusammenfassung durch die 1/5 muß auch


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schneller erfolgen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Du mußt Dich darum wesentlich mehr kümmern.

Der Gewerkschaftsobmann für die Reisebüros der privat Angestelltenge-
werkschaft ist gemeinsam mit dem Unternehmervertreter Dr. Praschinger
gekommen um über die Situation bei den Reisebüros zu klagen. Die Be-
schäftigten dort, finden gefährdete Arbeitsplätze vor, weil die Reise-
büros, insbesondere die kleineren und mittleren, nicht annähernd den in
der Verordnung vom Handelsministerium festgelegten Bedingungen entspre-
chen und früher oder später alle zugrunde gehen werden. Die Gewerk-
schaft erwartet daher ein Abstellen dieses unhaltbaren Zustandes. Ins-
besondere aber hoffen sie, daß wenn unsere Verordnung eingehalten wird,
dann die größeren Reisebüros dies lästige Schmutzkonkurrenz der klein-
sten vom Halse geschafft bekommen. Dies haben sie zwar nicht gesagt, aber
auf das läuft es letzten Endes hinaus. Für diese Vorgangsweise hätte
ich sogar noch Verständnis, weil durch diese Kabinettreisebüros, wie
sie bezeichnet wurden, sicherlich die Reisebürobranche aufgebläht wurde
und für die Konsumenten, die dort buchen überhaupt keine Garantie eine:
ordentlichen Abwicklung besteht. Ich konnte den beiden Vertretern aber
klarmachen, daß das Handelsministerium sich in der Vergangenheit sehr
wohl bemüht hat eine bessere Lösung zu erzielen unter anderen war ja
vorgesehen, daß jedes Reisebüro eine gewisse Kaution hinterlegen muß.
Dieser Vorschlag wurde aber von der Bundeshandelskammer entschieden
abgelehnt. Praschinger hat dies auch sofort zugegeben, beide haben
meinen Rat angenommen und werden sich an SC Jagoda mit entsprechenden
Vorschlägen wenden.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Bitte spricht mit ihnen.

Dir. Brandtner vom Fernsehwerk der Fa. Grundig in Wien berichtete SC
Marsch, MR Fellner, Haffner und mir, daß die Gespräche die bis jetzt
zwischen Grundig und Philips in Fürth geführt werden zu keinem Ergeb-
nis gekommen sind. Grundig hat mir bekanntlicherweise auch einen Brief
geschrieben, wo er noch um weiteres Zuwarten ersucht. Brandtner sieht
ein, daß ich bis jetzt sehr extensiv den Wunsch Grundigs entgegengekom-
men bin. Derzeit kann das Handelsministerium aber die Zusagen, die ge-
genüber Philips gemacht wurden nicht mehr länger hinausziehen. Mit
1. Mai wurde daher die Verordnung erlassen, wonach jetzt alle Farbfern-
sehröhren dem 15 %-igen Zoll unterliegen, Grundig dürfte sich damit auch
schon abgefunden haben, Brandtner schlug daher vor, man sollte in Hin-


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kunft nicht mehr eine Zollfreistellung machen, sondern zumindestens
eine Zollermäßigung anstelle der 15 % 5 % für Farbfernsehröhren, die
nicht von Philips in Lebring erzeugt werden. Grundig arbeitet derzeit
auf vollen Touren, 2.750 Geräte pro Tag, Brandtner möchte daher die
Zollfreistellung der eingeführten japanischen Farbfernsehbildröhren
vom 1. Jänner bis 1. Mai. Seiner Schätzung nach sind es ca. 80.000 Stück.
Eine Rücksprache von SC Marsch mit dem Finanzministerium, Egger, ergab,
daß dieser keinesfalls bereit ist, eine Zollbefreiung zu geben, sondern
höchstens nach genauer Überprüfung eine Zollermäßigung.

Im vergangenen Jahr hat Grundig ein Kontingent von 70.000 Stück Röhren
zollfrei verlangt, die Handelskammer hat 50.000 vorgeschlagen und
Grundig war damit einverstanden. Jetzt stellt sich heraus, daß dafür
14.000 Stück Fernsehgeräte für Argentinien erzeugt wurden, dafür mußte
er auch keinen Zoll bezahlen, weil dies sozusagen Zollfreivormerk ähn-
lich eines aktiven Veredlungsverkehrs abgewickelt wurde. Jetzt hat
die Zentrale in Fürth diesen Auftrag storniert, warum die Argentinier
nicht übernehmen konnten wir nicht feststellen und hat diese 14.000
Stück in die EG umdisponiert. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit,
daß die Röhren nachverzollt werden müssen. Auch hier wird sich MR
Fellner bemühen, mit dem Finanzministerium eine Lösung zu finden.

Ich versuche der Fa. Grundig immer wieder anhand von konkreter Unter-
stützung zu zeigen, daß wir an einem guten Einvernehmen mit Grundig
und insbesondere die Aufrechterhaltung der vollen Produktion in Wien
brennendst interessiert sind. Gleichzeitig aber muß ich darauf Rücksicht
nehmen, daß die Regierung auch gegenüber Philips gewisse Zusagen gemacht
hat, die natürlich auch einzuhalten sind. Während meiner bisherigen
12-jährigen Tätigkeit ist mir noch niemals ein so kompliziertes und
so schwieriges Problem, wie den Ausgleich zwischen Philips und Grundig
herbeizuführen, untergekommen. Da wir beide Fabriken dringendst brauchen,
muß ich unbedingt für beide einen entsprechenden akzeptablen Kompromiß
finden. Das wichtigste erscheint mir aber, daß stets Philips über die
Vorgangsweise informiert wird. Der größte Fehler wäre, wenn wir mit
verschiedenen Zungen reden oder gar verschiedene Maßnahmen jedem ein-
zelnen versprechen, ohne den anderen nicht restlos darüber informiert
zu haben. Unsere Haltung als Handelsministerium kann nur so bestehen,
wenn wir offen und ehrlich die Probleme mit beiden Seiten erörtern.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte unbedingt Philips ebenfalls
immer entsprechend informieren.



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Die Betriebsräte der Brucker Zuckerfabrik haben Angst, daß dieses Unter-
nehmen geschlossen werden könnte. Die Agrarbesitzer Bruck war immer
schon zwischen den beiden Gruppen, in der Vergangenheit sogar noch
durch mehrere andere Beteiligungen aufgeteilt, breiten sich aber immer
stärker aus. Die Tullner Zuckerfabrik nach dem ersten Weltkrieg von den
Agrariern gebaut, um bei Zucker einen entsprechenden Einfluß zu er-
reichen, hat ja bekanntlicherweise jetzt nicht nur diese Fabrik gigan-
tisch ausgebaut, sondern auch die burgenländische Zuckerfabrik in Sie-
gendorf erworben. Dort war der Vorbesitzer nicht imstande den Betrieb
zu modernisieren, jetzt macht dies GD Vogler mit allem Elan und viel
Aufwand. Er erwartet sich dabei auch entsprechende Unterstützung von
Burgenland und vom Bund. Den Betriebsräten von Bruck sagte ich, daß
das Handelsministerium jetzt genau recherchieren wird, ob und welche
Absichten die beiden großen Zuckergruppen mit Bruck jetzt haben. Der
Branchenreferent Dr. Mandl, der natürlich auch diesen Besprechungen zuge-
zogen wird, wird prüfen, ob tatsächlich in Bruck jetzt ein fast 50-
Mio.-S-Defizit entstanden ist und ob tatsächlich Schließungsabsichten
bestehen. Darüber hinaus haben die Betriebsräte jetzt auch mit der
Fraktion christlicher Gewerkschafter größere Probleme. Durch den stärke-
ren Einfluß der Agrarier in Bruck hat auch diese Fraktion jetzt wesent-
lich größere Unterstützung.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mandl soll mir dann bitte über das Ergebnis be-
richten.

Durch das Fußballändermatch zwischen CSSR und Österreich wurde die
Tagesordnung der zwei Nationalratssitzungen so knapp gehalten, viel-
leicht ist auch wirklich nicht mehr fertig gewesen, daß bereits von
4 Uhr der Nationalrat zu Ende war. Diskutiert wurde insbesondere über
das Jugendbeschäftigungsgesetz vom Sozialminister da hier aber die
Sozialpartner einen Akkord erzielen konnten, wurden nur einstimmige Be-
schlüsse gefaßt. Über das Auslieferungsbegehren des freiheitlichen
Abgeordneten Ofner, der bis jetzt nicht mitgeteilt hat, wer ihm ei-
gentlich die Information gegeben hat, daß LH Ludwig von Niederösterreich
sehr wohl von einer großen Parteispende im Zuge des WBO-Skandals wußte,
sollte zuerst eine Diskussion stattfinden. So wurde zumindestens auf
der Gerüchtebörse, so etwas gibt es nämlich im Parlament auch, behauptet.
Die ÖVP hat ja mit der Vorgangsweise Ofners keine Freude und attackiert
ihn daher immer, daß er nur die Niederösterreicher, insbesondere LH
Ludwig, verleumdet. Daß das Auslieferungsbegehren abgelehnt wird, ist
ganz selbstverständlich Ofner hat dies in der Ausübung seines Mandates


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gemacht. Anders das Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft in
Graz wegen der angeblichen Verfehlung Willingers. Dieser sozialistische
Abg., auch bei einer Wohnbaugenossenschaft in Graz früher tätig, soll
50.000 S in bar bekommen haben und auch sonst Unzulänglichkeiten, die
strafbar wären, begangen haben. Hier wurde die Auslieferung selbstver-
ständlich beschlossen, eine Diskussion gab es aber bei beiden Anträgen
nicht.

Finanzminister Salcher hat Landwirtschaftsminister Haiden und mich einge-
laden, daß wir mit den Gemeindevertretern von Attersee die Probleme
der Seeuferverpachtung besprechen. Bis jetzt hat man dort 1 bis 2 S
pro m² Pachtzins im Jahr geleistet, jetzt hat das Finanzministerium
festgehalten, daß man für Verpachtung 4 % Zins verlangt. Die Frage war
nur, welchen Verkehrswert man zugrundelegt. Das Finanzamt hat festge-
stellt, daß bis zu 5.000 S pro m² heute am Attersee gezahlt wird. Sie
hat daher 2.000 S, wie sie geglaubt hat, angenommen, 4 % davon wären
80 S pro m² gegenüber 1 bis 2 S, bis jetzt war dies natürlich sofort
ein Negeraufstand in der Gegend. Nach längerer Diskussion einigten
wir uns, daß für dieses öffentliche Wassergut wie es so schön heißt 400
S pro m² als Grundlage dienen soll, wodurch der Pachtzins auf 16 S
pro m² erhöht. Es ist dies auch noch verhältnismäßig viel, doch haben
alle Gemeindevertreter dies eingesehen. Landwirtschaftsminister Haiden
sagte, daß bei den Bundesforsten auch diese 4 % vom Verkehrswert exi-
stieren, daß man aber gewisse Ermäßigungen bereits seit dem Jahre 1971
gibt. Insbesondere wo die Gemeinden das Seeufer betreuen und öffentlich
zugängig machen, wird oft gar nichts verlangt. Ansonsten konnte ich aber
aus einer Zusammenstellung, die Haiden hatte feststellen, daß die
österreichischen Bundesforste am Traunsee 24 bis 26 S pro m², in Wolf-
gangsee 32 bis 34, am Hallstätter See 12 bis 16 und am Grundlsee 20
S pro m² verlangen. In Kärnten aber und dies wurde dort nur nebenbei
erwähnt, darüber wird man auch in Hinkunft sicher verhandeln müssen,
wurde der Pachtzins von 15 S 1970, dort war er schon immer wesentlich
höher auf 45 S schon jetzt erhöht. Die österreichischen Bundesforste
haben aus den Pachteinnahmen für Seeufer ca. 3 Mio. S Ertrag. Aus dieser
ganzen Verhandlung habe ich eines gelernt, auf der einen Seite schlaft
die Bürokratie und macht gar nichts, denn 1 bis 2 S Pachtzins hätte
man schon längst revidieren müssen, dann kommt von irgendwo ein Anstoß
und die Bürokratie hat, ohne auch nur mit den Wimpern zu zucken, sofort
eine Erhöhung auf 80 S dekretiert. Ich weiß nicht ob man diesen Akt
dem Finanzminister zur Unterschrift vorgelegt hat und ob er davon wußte.
Ich würde fast sagen, man hat ihn vielleicht unterjubelt. Sicher wurde


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dann in den Gemeinden von den Oppositionsparteien, insbesondere am
Attersee auch von dem dort ansässigen Klubobmann NR Peter, die Betroffe-
nen entsprechend aufgestachelt. Dann muß man mühseligst versuchen, das
Ganze wieder in eine geordnete Bahn zu bringen. Für mich ist es einmal
mehr ein Beweis, wie sehr man als Minister aufpassen muß, weil natür-
lich dabei nur einer zu Schaden kommt, nämlich der Finanzminister. Der
Bürokrat selbst erklärt wahrscheinlich ganz trocken er hat nur pflicht-
gemäß, wenns ganz kritisch ist, sagt er sogar noch weisungsgemäß, ge-
handelt.

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Tagesprogramm, 28.4.1982

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: LH-Stv. bzw. LH NÖ, ÖVP


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR FM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ZS-Stv. LUGA


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Vors. Fachverb. Reisebüros


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Branchenreferent HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Tullner Zuckerfabrik


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: GD Wiener Werk Grundig


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Obmann FPÖ-NÖ


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Branchenreferent Nahrungs- u. Genussmittel HM


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: FPÖ-Obmann


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Gründer Grundig AG


                                    Einträge mit Erwähnung:


                                      Einträge mit Erwähnung: