Donnerstag, 29. April 1982
Bei der Bürges Gewerbestrukturbeiratssitzung berichtete die Geschäfts-
führung, daß alle Aktionen im ersten Quartal um ca. 1/4, Fremdenverkehrs-
sonderkredit sogar bis 27 % weniger Anträge als im Vorjahr verzeichnen.
Nur die Aktion Existenzgründung schließt positiv mit + 2 %. Erfreulich
ist nur, daß im März bereits eine Stabilisierung eingetreten ist. Unge-
fähr die selbe Antragsanzahl als im Vorjahr, sodaß dieser Rückgang und
das Tief überwunden scheint.
Im Beirat stimmt man auch einstimmig der Idee zu, außer den Banken und
Kreditinstituten jetzt auch die Versicherungen zu Darlehensgewährung
heranzuziehen. Diese legen größten Wert darauf, für ihr Geld eine
breitere Streuung zu erreichen. Die Klein- und Mittelbetriebe bewähren
sich als die besten Zahler.
Keine Einigung konnte erzielt werden über die Gewerbestrukturanschluß-
kredite, also Betriebsmittelkredite, die laut Statut maximal 30 % von der
Investition gegeben werden könnte. Das Finanzministerium hat nach wie
vor größte Bedenken gegen die Idee durch 3 Jahre 100 Mio. S wie die
Handelskammer verlangt zur Verfügung zu stellen. Bis jetzt waren Be-
triebsmittelkredite ausgeschlossen. Mit den Betriebsmittelkreditgewäh-
rungen würde eine neue zusätzliche finanzielle Belastung der Bürges und
auch des Finanzministers Budgetzuschüssen entstehen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Bitte wie versprochen mit MR Kaber da-
rüber Kontakt aufnehmen.
Eine Gruppe von Betriebsberatern wünschten eine Erleichterung ihrer vor
Jahren von ihnen an das Handelsministerium herangetragen Änderung der
Verordnung über die Prüfungsordnung. 1978 wurde sie erlassen und sieht
9 Fachgebiete vor, die der Betriebsberater kennen muß, jetzt wünschen
sie, daß der Prüfling angeben kann, in welchem der 9 Fachgebiete er sich
in Hinkunft hauptsächlich betätigen wird. SC Jagoda hat mit Recht fest-
gehalten, daß keine Gewähr dann besteht, daß er tatsächlich, wenn er den
Gewerbeschein nach Ablegung der Prüfung hat, auch dann in diesem Gebiet
arbeiten würde. Jagoda war genauso wie ich der Meinung, man sollte die
Verordnung nicht ändern sondern in administrativen Weg überlegen, wie
man einen Teil des Wunsches der Betriebsberater jetzt bei Besprechun-
gen mit den Gewerbereferenten usw. erfüllen könnte.
Eine gewünschte Pfuscherbekämpfung oder die Ausschaltung von ausländi-
schen Betriebsberatern, die immer mehr von der öffentlichen Hand heran-
gezogen werden, erscheint nicht möglich. Die inländischen Betriebsberater
müssen sich im harten Konkurrenzkampf eben durchsetzen. Ihre Vorschläge,
im Handelsministerium ebenfalls eine entsprechende Reorganisation nach
Prüfung vorzuschlagen, habe ich dahingehend abgewendet, daß ich zwar
nichts dagegen hätte, aber keinerlei Mittel für diese Untersuchung be-
reitstellen könnte und wollte. Die Hauptschwierigkeit besteht nämlich
darin, daß die besten Reorganisationsvorschläge an der Pragmatik der
Beamten mehr oder minder scheitern muß.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER : Was hat dann die Aussprache darüber mit den Be-
amten ergeben.
Der Getreideexporteur Fritz Mauthner hat große Schwierigkeiten mit der
Kompensationsware Kohle, die ÖDK, Kohleeinkäufer Obermayer hat bei einem
Besuch mit ihm in Sarajevo festgestellt, daß die dortigen Behörden auf
dem Standpunkt stehen, sie müßten auf alle Fälle die 150.000 to Weizen
sofort geliefert bekommen auch dann wenn es bei den Kompensationsgegen-
lieferungen Tuzla-Kohle größere Schwierigkeiten gibt. Die Qualität und
die Lieferformalität werden nicht eingehalten. Da die ÖDK Obermayer
seit Jahrzehnten Kohle aus diesem Revier bezieht, wo es früher solche
Lieferschwierigkeiten nicht gegeben hat, ersucht Mauthner um ein entspre-
chendes Interventionstelegramm von mir an Außenhandelsminister Rotar.
Dieser wird allerdings jetzt durch die Rotation in den nächsten Tagen
abgelöst, daher kaum etwas machen wird, doch hoffe ich, daß der Nach-
folger entsprechende Schritte unternimmt.
Ich diskutierte mit Herrn Mautner, der eine Großsaatzucht in Niederöster-
reich hat, die Probleme der Saatzuchtgesetzgebung. Das derzeitige Gesetz
ist noch aus dem Jahre 1936, jetzt sind die Sorten nur unzulänglich ge-
schützt. Für jede Sorte, die neu gezüchtet wird, muß man 3 bis 4 Mio. S
Aufwendungen machen, eigentlich handelt es sich dabei um eine Art Pa-
tentschutz, den er dringendst bräuchte. Das Handelsministerium wird bei
der Patentgewährung auch immer wieder gefragt, ob dieses Patent volks-
wirtschaftlich wertvoll ist, damit es dann eine Einkommensteuerbegünsti-
gung erhält. Mauthner erscheint es aber am wichtigsten, daß Österreich
den internationalen Saatgutübereinkommen UPOV beitritt. Die von mir ge-
fürchtete Abhängigkeit Österreichs von den internationalen großen Ge-
sellschaften sieht Mauthner nicht, obwohl sich diese jetzt auf die
Saatzuchtproduktion gestürzt haben. Auch seinen Betrieb hätte er schon
64-0489
günstigst verkaufen können. Über die Verhandlungen mit dem Handelsmini-
sterium und dem Landwirtschaftsministerium bezüglich des neuen Gesetzes
ist er gut informiert. Er ersucht nur, die Verhandlungen beschleunigt und
intensiver fortzusetzen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Wie steht es mit diesen Verhandlungen.
Die Fa. Pemsel, ein bedeutender Handelsbetrieb in Mistelbach, bekommt die
Genehmigung zur Führung des Staatswappens. Der Betriebsinhaber kommt
mit seinen Betriebsräten, die alle auf dem sozialen Charakter und die
gute Zusammenarbeit des Chefs schwören. Da Kollegin Martin gelegentlich,
als sie noch in Reinthal wohnte, dort eingekauft hat, ist sofort ein per-
sönlicher Kontakt hergestellt. Ich verspreche, wenn ich einmal durch
Mistelbach durchfahre, auf alle Fälle den Betrieb zu besuchen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte vormerken.
Bei der Verleihung des Staatspreises für schönste Bücher Österreichs 19
beschwert sich durch einen berechtigten Zwischenruf bei der Auszeich-
nung für die Salzburger Druckerei Kiesel der bedeutendste Verlagschef
vom Residenzverlag, Herr Schaffler, daß diese Druckerei jetzt sperren muß.
Vis a vis des Bahnhofs gelegen, hat das Denkmalamt jetzt durch unglück-
liche Auflagen, nicht nur die Fassade sollte erhalten bleiben, sondern
der ganze Komplex, verhindert, daß eine Rationalisierung Platz greifen
kann, der Druckereibesitzer hat daher beschlossen die Druckerei stillzu-
legen. Da dieses Gebäude kaum jemand kaufen wird, fürchtet man zu Recht,
daß es früher oder später doch verfallen wird.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was sagt man in Salzburg dazu.
Im Bundesparteivorstand hatte zuerst Zentralsekretär Marsch über die
Organisationsarbeit berichtet. 873 Veranstaltungen wurden ihm für den
ersten Mai gemeldet, dies war wie er triumphierend feststellte, die
höchste Veranstaltungszahl, die es jemals beim ersten Mai gab, zumin-
dest hatte er dies statistisch festgestellt, aber bedauert, daß er nicht
alle kleinsten Veranstaltungen auch insbesondere von den befreundeten
Organisationen gemeldet bekommen hat. Marsch ist, so hatte man den Ein-
druck, die Statistik wichtiger als die effektive Durchführung der 1.-
Mai-Veranstaltungen. Die wichtigste Änderung in den Aufsichtsräten war
das Ausscheiden vom in Hinkunft in der OeNB tätigen Dr. Lachs aus dem
VÖEST-Alpine-Aufsichtsrat, dies sei ein Gewerkschaftsbundmandat, weshalb
64-0490
Mag. Muhm dafür nominiert wurde. Zentralsekretär Blecha berichtet dann
über die Sanierungen der drei Zeitungen AZ in Wien und die Länderzei-
tungen in Linz und in Salzburg. Formal war dieser Beschluß sicherlich
in Ordnung, doch materiell wird es äußerst schwierig sein, die 36 Mio.
Defizitabdeckung allein für die AZ zu finden.
Kreisky berichtete dann zur politischen Lage, er erwähnte nur einmal
mehr die schwierige Zeit, die wir im Herbst gehabt haben durch die
Eumig-, Klimatechnik- und Elin-Schwierigkeit. Bei Elin verwies er darauf,
daß der ehem. Vorstandssprecher Kohlruß, ein von der ÖVP geschickter Ver-
treter, die Hauptverantwortung für den jetzt vorgelegten Kontrollbe-
richt zu tragen haben wird. Auch die Länderbankvorstände, die in Pension
geschickt wurden, werden auch wahrscheinlich zur Verantwortung gezogen
werden.
Im Parteivorstand lag dann auch noch die Mairede Kreiskys, die er in
Wien und in Salzburg halten wird, auf, ich war zwar fest davon überzeugt,
daß er die dort nicht runterliest, doch wurde über das Volksbegehren der
ÖVP deutlich ausgesagt und dann auch so beschlossen, daß Gen.Sekr. Graff
das ganz für einen Probegalopp für die nächsten Nationalratswahlen be-
trachtet. Kein Wort hat Kreisky in seinem Referat über die Auseinander-
setzung im Fernsehen mit dem Vorschlag Blechas, wenn Kreisky wieder kandi-
diert, auch gleichzeitig den Nachfolger vorzustellen, gesagt. Blecha, der
Kreisky, bevor er dies in der Pressestunde sozusagen als seine private
Meinung mitteilte, mit Kreisky darüber gesprochen hat, war sicherlich
über diese Kritik sehr erschüttert. Ich habe das Gefühl, daß mein System
Distanz mit Kreisky, insbesondere in seinen persönlichen Fragen zu hal-
ten, das wesentlich besser ist. Blechas Prestige hat gerade durch diese
Kritik Kreiskys sicherlich sehr gelitten.
Ein größerer Teil seines Referates war der deutschen Bruderpartei ge-
widmet. Diese ist ja sehr zerstritten und die Grünen, die sich immer
stärker dort bemerkbar machen, sind, wie Kreisky mit Recht bemerkte,
meistens sicher Angestellte, Lehrer usw., die deutschen Arbeitslosen haben
das Gefühl von der Partei nicht mehr verstanden zu werden.
Er berichtete auch über die Zusammenkunft mit Ministerpräsident Strauß
er erwähnte nur nebenbei, daß Österreich auch andeutungsweise für den
Rhein-Main-Donaukanal entsprechende qualifizierte Hilfe gibt, die Finanz-
minister Salcher auch dort vortrug. Ebenso sei es gelungen, Gespräche
über eine Airbus-Kooperation zu führen. Bei den Falklandinseln sieht
64-0491
er keine größere Kriegsgefahr. Diskussion gab es über diesen Bericht
fast nicht, die Parteivorstandssitzung war daher sehr kurz.
Abends hatte Landwirtschaftsminister Haiden in sein Haus in Deutsch-
Wagram ein Dutzend von Unternehmern inkl. den Bürgermeister und Vize-
bürgermeister, die Sozialisten sind, geladen. Dort hatte ich Gelegenheit
mit den Sorgen und Wünschen dieser Leute mich auseinanderzusetzen. Von
Beschwerden über die Preisdrücker VÖEST-Alpine und auch anderer öffent-
lichen Stellen wenn sie bei Klein- und Mittelbetrieben zukaufen, bis
zur Auskunft, wie die Preispolitik der Zelluloseproduzenten verläuft
wurde alles nur erdenkliche freimütigst und offen diskutiert, die
Aussprach war sicherlich sehr erfolgreich wenn auch sehr langwierig.
Die Ettenauer Maschinen AG, derzeit 70 Beschäftigte, arbeitet als Impor-
teur für polygraphische Maschinen, sie beschwerte sich besonders darüber,
daß in den Österreichpavillons auf ausländischen Messen, insbesondere
natürlich in den Staatshandelsländern von der Handelskammer nur Produk-
tionsbetriebe zugelassen werden. Sie haben deshalb schon von den Schwei-
zern z.B. das Anbot bekommen, sich in der Schweiz niederzulassen, dort
könnten sie sofort in den Schweizer Pavillon auch als Handelsfirma aus-
stellen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe HK setzen und bei uns prüfen
lassen.
Die Fa. Sonett Möbelfabrik Karl Fostel KG; Gutenbergstr. 5 ? in Deutsch-
Wagram wird sich wegen Investitionsumsiedlungsaktion besonders an MR
Gröger werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Gröger soll bitte Kontakt aufnehmen.
KR Vogl, Baumeister und der größte Betrieb in Deutsch-Wagram, bekommt
das Dekret zur Führung des Staatswappens. Ich habe versprochen, es per-
sönlich zu überreichen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vormerken.
Am ergiebigsten war dann ein Vieraugengespräch mit Hrn. Glock. Dieser
hat tatsächlich etliche zweckmäßige Entwicklungen von Feldmesser, Spaten
bis zu Postilen , das Bundesheer kauft daher bei ihm, die Produkte sind
wesentlich besser, billiger zweckmäßiger als die Konkurrenz im In- und
Ausland. Ich habe Hrn. Glock jede Unterstützung mit seinen 15 Beschäfti-
gten zugesagt. Glock war sehr begeistert über die wirkliche Servicelei-
64-0492
stung des Handelsministeriums MR Fellner für seinen Betrieb, dieser
hatte ihn auf die Möglichkeit des Forschungsförderungsfonds aufmerksam
gemacht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fellner soll bitte weiter informieren.
Tagesprogramm, 29.4.1982
Tagesordnung Bundesparteivorstandssitzung, 29.4.1982