Freitag, 23. April 1982
Landwirtschaftsminister Haiden ersucht mich, den Milchpreis für die
Bauern so schnell als möglich und mindestens mit 25 Groschen Erhöhung
festzusetzen. Damit wäre auch der Präs. der Landwirtschaftskammer Lehner
einverstanden gewesen. Die AK hatte Berechnungen angestellt, daß im
Extremfall nur 11 Groschen und im äußersten Fall 20 Groschen der Milch
preis erhöht werden dürfte. Die Preiskommission hat aufgrund der be-
stehenden Schemen bis 44 Groschen Erzeugerpreiserhöhung als notwendig
errechnet. Da der österreichische Milchpreis aber heute bereits über de
der BRD liegt und die Bedeckung durch die Erzeugerpreiserhöhung über
den Milchwirtschaftsfonds Verbraucherpreiserhöhungen entsprechende Ab-
schöpfungen auf Trinkmilch usw. gefunden werden müssen, kann man alle
Berechnungen in Wirklichkeit weglassen. Nach entsprechenden schwerwie-
genden, den ganzen Tag bis spät nachts durchgeführten Telefongesprächen,
Verhandlungen, Berechnungen im Milchwirtschaftsfonds usw. einigten sich
dann alle Beteiligten auf meine bereits in der Früh gemachten Kompro-
mißvorschläge von 22 Groschen Erzeugerpreiserhöhung.
Für die Verbraucherpreiserhöhungsberechnungen ergaben sich oft sehr
kritische Phasen. Die AK und der ÖGB meinten, der derzeitige Trinkmilch-
verbraucherpreis von 10,20 kann höchstens mit 40 Groschen, die LWK, die
ursprünglich um 1,20 S Erhöhung verlangte, dann aber auf 80 Groschen re-
duzierte, erhöht werden. Zwischen diesen beiden Werten, 40 Groschen und
80 Groschen Erhöhung, werde ich dann in der nächsten Woche endgültig die
Entscheidung zu treffen haben. Nur dieser Preis ist von der Preisbehörde
amtlich festzulegen. Der Verbraucherpreis in der BRD für Trinkmilch
beträgt nicht ganz 8 S und ist daher wesentlich billiger als in Öster-
reich. Fruchtjoghurt soll lt. AK und ÖGB 1,20 S, Landwirtschaft 2,20,
Butter 1,60 S, Landwirtschaft 4,–– erhöht werden. Nur bei Käse ist
die Steigerungsrate bei AK und ÖGB höher für Emmentaler 7 S gegen 4 S
und für sonstige Käse 4,50 S gegenüber 3,50 S Landwirtschaftsvorschlag.
Insgesamt wird über den Milchwirtschaftsfonds fast 1 Mrd. S Kostenbela-
stungen abzurechnen sein. In den vergangenen Jahrzehnten war es üblich,
daß die Differenz bei der Berechnung angenommen Erzeugerpreiserhöhung
wie viel kann der Konsument tragen, teilweise auch durch Stützungen des
Staates aufgefangen werden. Jetzt trägt entweder alles der Konsument
resp. über die Exportstützung und Überlieferung auch der Bauern. Die
wirkliche neue Phase wäre, daß für aufgeschnittenen Käse die Handels-
kammer mit Zustimmung des ÖGB und der AK ab dem Großhandelseinstands-
preis keine Höchstpreise mehr festgesetzt werden. Der Großhandel, der
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Kleinhandel könnten daher ihre notwendigen Spannen selbst kalkulieren
und auch die Preise festsetzen. Interessanterweise wehrt sich dagegen
die Landwirtschaftskammer, weil sie scheinbar nicht haben will, daß
die einzelnen Molkereiverbände in eine härtere Konkurrenz gedrängt
werden. Mir erscheint dies aber als der einzig gangbare Weg, denn es
ist vollkommen unerträglich, daß immer für diese Produkte wenn auch von
der PK Preise festgesetzt werden und dadurch angeblich die sozial kal-
kulierten Artikel für den Lebensmittelhandel als zu gering ständig
kritisiert werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte insbesondere letzteres unbedingt bei den
weiteren Verhandlungen beachten lassen.
Der neue chilenische Botschafter Hutt und nicht Günther, wie man ver-
muten würde, erkundigte sich bei uns, ob wir was wissen, ob der neue
Minister nach Österreich kommt oder nicht. Wir haben genauso wenig
Information wie er, die gesamte Regierung ist nämlich zurückgetreten,
um Pinochet freie Hand für ein neues Kabinett zu geben. Niemand weiß
eigentlich, was dort innenpolitisch vorgeht. Erfahren habe ich dagegen von
ihm, daß die Doppelnamen in Chile bedeuten, daß der zweite der Name
der Mutter ist. Dort herrscht also seit Jahrhunderten Gepflogenheit, daß
der Familienname bei der Geburt ergänzt wird durch den Familiennamen
der Mutter. Eine Gleichberechtigung der Frauen, wie es zumindestens in
diesem Punkt bei uns noch nicht gibt. Um allerdings dann zu verhindern,
die Diskriminierung, die natürlich ein uneheliches Kind gerade in Süd-
amerika hat, wird dann der uneheliche zweimal den Mutternamen führen.
Trotzdem gefällt mir diese Sitte sehr gut, obwohl die Doppelnamen noch
schwieriger zu merken und noch viel länger zu unterschreiben sind als
bei uns in Europa, wo Doppelnamen eher selten sind.
Ein gewisser Franz Bruckner, ehem. Mitarbeiter der Zeitschrift "Die
Frau" will ein Buch herausgeben, Chancengleichheit der Frau, und hatte
die Wahnsinnsidee mich darüber zu interviewen. Leider hat mir Staatsse-
kretär Albrecht zu spät gesagt, daß, wie man im Wienerischen sagt, der
Mann einen Poscher hat. Zum Glück habe ich ihn sowieso gleich auf Frau
Staatssekretär Albrecht verwiesen. Albrecht kennt ihn schon aus der Zeit,
wo sie noch die Redaktion der Frau geführt hat.
Der VW-Einkäufer Matousek beschwerte sich bei mir, daß die Gendarmerie
jetzt 300 Opel bestellt hat ohne auch nur VW, die bisher auch diese
Fahrzeuge lieferten eine Chance zu geben, zumindestens einen Teil zu
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bekommen. Dies ist scheinbar auf die Andeutung Kreiskys, man soll mehr
von GM und BMW kaufen, zurückzuführen.
GD Malzacher von SDP wollte jetzt in Wolfsburg gleich den Vertrag über
das Allradfahrzeug unterschreiben. VW steht aber auf dem Standpunkt,
dies sollte in Wien geschehen, womöglich in Anwesenheit von Kreisky und
mir. Über die Finanzierung gibt es zwar keine Differenz mehr wegen der
Höhe wohl aber wegen der Abwicklung. Porsche Salzburg, die eine eigene
Finanzierungsgesellschaft mit SDP gründet und 500 Mio. S für VW einbrin-
gen wird, möchte dies wie bei GM über eine eigene Bank tun. Vor längerer
Zeit hat GM mit der BAWAG gemeinsam eine solche Bank gründen können.
Für Porsche Salzburg wurde dies bis jetzt vom Finanzministerium ver-
weigert, eine Rücksprache mit GD Flöttl ergab, daß die BAWAG tatsächlich
eine stillgelegte Konzession einer Teilzahlungsbank hatte, die sie jetzt
wieder aufleben ließ und, wenn man so will, an GM verkauft hat. Eine
Rücksprache mit Finanzminister Salcher ergab, daß dieser die Details
nicht kannte und sich daher in seinem Ministerium erkundigen wird, dann
Dir. Matousek Bescheid sagt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte übers Büro von Finanzminister entsprechen-
de Informationen auch für mich verlangen.
Dir. Ambrosch, Z, für Exportfinanzierung zuständig, berichtete, daß jetzt
Sir Derek Ezra vom britischen Coal Board auch mit ihnen wegen Finan-
zierung von Kohleimporten spricht. Die Engländer sind aber meiner Mei-
nung nach noch immer zu teuer und der Kohlemarkt wird ähnlich dem Öl-
markt in kürzester Zeit wieder durch Überangebote fast würde ich sagen
zusammenbrechen.
Der Karawankentunnel hätte seinerzeit über die Ilbau, die Kärntner Firma,
und der Z gebaut werden sollen. Jetzt hat ja Universale und Porr angeb-
lich um 300 Mio. S billiger unfair offeriert und diese ARGE würde jetzt
den Bau durchführen. Auch Ambrosch sieht keine Möglichkeit der Finanzie-
rung der offenen 1,3 Mrd. S über den 13 %-igen oder vielleicht noch
höheren Kapitalmarkt.
Die Gaspipeline durch Ungarn soll jetzt durch eine ARGE bestehend aus
60 % Mannesmann, 15 % Österr. AEG, 24 % Porr-Hinteregger und 1 % Warim-
pex finanziert und abgewickelt werden. Ich sehe bezüglich der Finanzie-
rung der 15 Mrd. S, wenn gleich im Süden Österreichs die Übernahme erfolgt
und durch Österreich dann sofort nach Italien weitergeleitet , und von fast
20 Mrd., wenn dies dann noch von Baumgarten sozusagen eine Zweigleitung
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gebaut werden muß, große Finanzierungsschwierigkeiten. Die Ungarn
wollen angeblich diese Finanzierungskosten durch Einnahmen aus den
Transitgebühren bezahlen. Die Italiener sollen 8 Mrd. von der SU bezie-
hen, für Ungarn würde sich bei einem Transitpreis von 65 bis 70 m³ pro
1000 m³, die Tschechen haben angeblich 60 m³ bekommen, ca. 2 Mrd. S pro
Jahr Einnahmen ergeben. Davon könnte theoretisch die Investition dann
auch zurückgezahlt werden.
Ich habe dieses Projekt, ohne die Einzelheiten zu erwähnen, dann auch
gleich dem ungarischen Außenhandelsminister Veres und seinen Leute in
kleinerem Kreis vorgetragen. Veres spricht davon, daß sie 15 Mrd. m³ hof-
fen von den insgesamt 40 Mrd. m³, die die Sowjets an Westeuropa verkaufen
wollen, durchleiten zu können. In diesem Fall müßte dann selbstverständ-
lich neben Italien auch in das westdeutsche und französische Netz,
also nach Norden ins Mekalsystem von Ungarn eingespeist werden.
Bezüglich des Braunkohlenelektrizitätswerkprojektes Ungarn-Südburgen-
land verwies ich darauf, daß die Naturschützer und Ökologen und auch
der Waldbesitzer immer größere Schwierigkeiten machen. Derzeit liegen
noch nicht die endgültigen Ergebnisse der Akademie der Wissenschaft
vor. Das Projekt habe ich aber bereits angedeutet, wird immer schwieri-
ger aus diesem Grund zu verwirklichen.
Bezüglich der Errichtung eines Regionalabkommens haben die Ungarn jetzt
eingesehen, daß es nicht möglich ist und sich zufriedengegeben, daß
jetzt in Budapest und Wien Kontaktstellen errichtet werden, die die
Einzelprojekte prüfen sollen, wie weit durch entsprechende Maßnahmen
auch auf dem Zollsektor eine Vergrößerung der Zusammenarbeit zwischen
den Grenzregionen ermöglicht wird. Bezüglich der Zollbelastung haben die
Ungarn die Vorziehung der Tokio-Runde akzeptiert und positiv beurteilt,
gleichzeitig aber eine umfangreiche Liste übergeben, wo sie weitere
Zollsenkungen wünschen.
Mein Bericht über die BETA-Gespräche auch wegen Jugoslawien wurde von
Veres dankbar zur Kenntnis genommen, die Ungarn haben auch mit den
Schweden, Handelsminister Molin, geredet, dieser hat ihnen empfohlen, sie
sollen unbedingt weiter zuwarten, denn die Schweden betrachten alle
Staatshandelsländer gleich und meinen, dort gibt es keine Chance im
Rahmen der EFTA eine wirklich befriedigende Lösung jetzt zu erreichen.
Veres kann nicht verstehen, daß manche EFTA-Länder härter gegen Ungarn
sind als GATT und Internationaler Währungsfonds. Dort hat man anerkannt,
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daß sie Ungarn jetzt einen Einheitskurs in den Forint erreicht haben
sozusagen keine Schwarzen Kurse mehr gibt, durch diese Maßnahme hat
Ungarn jetzt ca. 100 Mio. $ Exporte aus eigenen verloren, weil sie jetzt
den Betrieben unrentabel sind, früher konnten sie über die verschiede-
nen Wechselkurse entsprechend gestützt werden. Darüber hinaus hofft
Ungarn, daß es in absehbarer Zeit überhaupt konvertible Währung einfüh-
ren kann. Letzteres, glaube ich allerdings, wird noch sehr lange dauern.
Veres wollte dann noch eine Aussprache unter 4 Augen. Dort erkundigte
er sich ob und wie stark der amerikanische Druck auf Österreich ist,
den die Ungarn auf die anderen europäischen Länder feststellen können.
Dieser Druck geht nicht nur von den Banken aus, sondern auch von der
sogenannten Embargoliste CoCom. Die Amerikaner wollen scheinbar die
Staatshandelsländer durch die Tatsache, daß sie nicht sofort alles
gleich bezahlen können jetzt noch mehr diskriminieren und dadurch in
weitere große Schwierigkeiten bringen. Die Hoffnung, daß dadurch die
sozialistischen Staaten zusammenbrechen werden ist aber falsche, dies
kann nur dazu führen, daß die ganzen Liberalisierungstendenzen auf
wirtschaftlichen aber vor allem auch auf politischem Gebiet dann wieder
zurückgenommen werden müßten. Ich habe sofort erklärt, daß Österreich
die CoCom-Liste sowie bisher handhabt, d.h. wenn eine österreichische
Firma eine Endverbrauchsbestätigung verlangt und auch nachweisen kann,
wird sie im Handelsministerium sofort ausgestellt. Wir selbst handhaben
die CoCom-Liste eigentlich nicht. Eine weitere Frage von Veres war, ob
und wie der Wunsch Libyens in Rohöl anstelle in Devisen zu bezahlen ge-
handhabt wird, Hier verwies ich darauf, daß einzelne Firmen wie z.B.
Intertrading von der VÖEST-Alpine entsprechende Lösungsmöglichkeiten su-
chen und sicherlich auch gefunden haben. Bezüglich der Lieferungen von
Irak kann Ungarn sowie Österreich nur feststellen, daß durch Sperre der
Pipeline über Syrien die Iraker wieder bezüglich Öllieferungen stark
zurückgeworfen wurden, die über die Türkei führende ist viel zu klein
um zusätzliche Mengen befördern zu können. Als letztes wollte dann
Veres noch wissen, ob ich mit den französischen Wirtschaftsminister
resp. Ministerpräsidenten Kontakt habe oder ob eine solche beabsichtigt
ist. Da die Franzosen bis jetzt noch keinerlei Kontaktwünsche mir ge-
genüber geäußert haben, konnte ich ihm dazu auch nichts sagen.
Beim Mittagessen habe ich dann auch in der offiziellen Ansprache darauf
verwiesen, daß eine weitere gute Zusammenarbeit mit Ungarn im Sinne der
Entspannung in Europa und ganz besonders natürlich als gut nachbarschaft-
liche Beziehung für Österreich, Ungarn von größter Bedeutung ist. Veres
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ging auch dann auf diese Frage besonders ein und unterstrich, daß auch
dies seiner Meinung nach die einzig mögliche Politik sei.
Beim Abendkonzert und insbesondere dann beim Abendessen in der ungari-
schen Botschaft erwähnte Veres mir gegenüber unter 4 Augen, daß seine
Leute sich über die offene Art und ganz besonders über diesen letzten
Punkt sehr gewundert haben. Für mich erscheint die wirtschaftliche Ent-
wicklung zwischen allen Nachbarstaaten auch daher zwischen Österreich
und der CSSR so wichtig und eine solche Grundlage der Entspannung, daß
ich überall und jederzeit diese Politik vertrete und verteidige auch
wenn sie jetzt momentan scheinbar keine sehr guten Chancen auf Erfüllung
hat und wenn sie sicherlich von einigen Westeuropäern vor allem von der
Vereinigten Staaten nicht gerne gesehen wird.
Beim Jour fixe mit der Handelskammer spielte der beabsichtigte Export
der Fa. Avanti, Hrn. Nouza, von 10.000 to Benzin nach Deutschland eine
große Rolle. Zuerst waren alle strikte dagegen, da angeblich dieser
Benzin dorthin billiger verkauft wird, als er in Österreich kostet.
Tatsache sollen diese 6.140 Raffinerieabgabepreis, wenn man die Bevor-
ratung 5.012 und die Sonderabgabe 320 abzieht, mit 5.300 S derselbe
Exportpreis sein, wie er sich auch in Österreich errechnen würde. Kri-
tisch ist nur, daß auch jetzt noch von Avanti, aber auch von der Fa.
Mobil jeweils 1000 to Diesel nach Deutschland exportiert werden sollten.
Hier bin ich aus prinzipiellen Gründen dagegen, weil auf alle Fälle
durch die Bauern neuerdings Argumente bekommen, man vernachlässigt ihre
Versorgung und insbesondere zu preiswerteren Dieselpreisen.
Außer der Milchpreisdiskussion die ich schon morgens beginnend bis
spät in den Abend durchführte und der natürlich auch im Jour fixe eine
große Rolle spielte wurde dann Gott sei Dank vom ÖGB, NR Schmidt, mit
Unterstützung des NR Heindls das Biospritproblem besprochen. Nach über-
einstimmender Meinung müßte jetzt auf der Sozialpartnerebene ein neuer-
licher Flottentest durchgeführt werden, die Außenhandelsfrage 1/3 des
Benzines wurd importiert, wodurch auch dort die Biospritbeimengung
eigentlich mit österreichischem Biosprit notwendig wäre, die OeNB eine
Forschungsförderungsüberleitung für eine größere Pilotanlage mitfinan-
zieren soll und insbesondere die Rohstoffkosten und Verbraucherbelastung
sowie ev. Gesetzesänderungen von den Sozialpartnern besonders unter-
sucht werden müßten. Die Pilotanlage in Stadlau auf Zellulosebasis funk-
tioniert, aber ist zu klein, in Steyrermühl soll jetzt eine entsprechende
auf Zellulosebasis ebenfalls um 150 Mio. errichtet werden. Insgesamt
wären nach Agrarideen 6 Fabriken mit jeweils 1,2 Mrd. S zu errichten.
Diese Investitionen werden sicherlich weder in absehbarer Zeit noch
in weiterer Zukunft aufgebracht werden können. Das ganze funktioniert
überhaupt nur, wenn höchstens nach allgemeiner Meinung in dieser Dis-
kussion das Ethanol 7 bis max. 7,50 S kostet. Jetzt verlangen die Land-
wirte bekanntlich 12.–– bis 13.–– S.
Dr. Zöllner beschwerte sich, daß jetzt die TIWAG vom Elektrizitätsförde-
rungsbeirat eine entsprechende Anerkennung ihrer Investitionen in Sell-
rain-Silz, 6 Mrd. S, für Steuerabsetzung bescheinigt bekommen will und
nicht einmal bereit ist, ihre Verträge über die Verwendung dieser Elek-
trizität primär Export nach der BRD vorzulegen. Wir beschlossen, daß die
Elektrizitätssektion diesen Vertrag verlangen soll.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Kienzl berichtet, daß jetzt die Hochzinspolitik durch eine geringe
Senkung von der OeNB angestrebt wird und daß der Kapitalmarktausschuß
von Kienzl als Kartell der Banken von Finanzminister Androsch seinerzeit
nicht nur sanktioniert, sondern fast in diesen Staaten abgeschafft, da-
gegen ist. Das Leistungsbilanzdefizit soll sich nach Wirtschaftsfor-
schungsberechnungen auf 7,8 Mrd. und nach Institut für Höhere Studien
auf 13 Mrd. verringern. Das nächstjährige Budget könnte dadurch ent-
sprechend dem Verkauf des Münzamtes an die OeNB größere Geldmittel von
der OeNB bekommen. Derzeit ist der höchste Münzgewinn 1,7 Mrd. pro Jahr
vom Finanzminister zu lukrieren, da die Silbermünzen aber nur sehr
schwer mehr abgesetzt werden können, wird es in Hinkunft große Schwie-
rigkeiten, einen solchen Münzgewinn zu erreichen, geben. Ich betrachte
daher den jetzigen Zeitpunkt, das Münzregal sozusagen der National-
bank zu verkaufen, als optimal. Außerdem wird Salcher das für das
nächstjährige Budget dringendst brauchen.
Sekr. Muhm, ÖGB, berichtete über den Kongreß des europäischen Gewerk-
schaftsbundes in Den Haag, gegenüber dem letzten Kongreß in München mein-
te er, sei ein deutlicher Rückschritt zu bemerken. Arbeitszeitverkürzun-
gen wurden von den skandinavischen Arbeitervertretern abgelehnt und die
deutschen Vertreter meinten, sie seien durch Kollektivverträge gebunden.
Als einzige Richtschnur wurde festgelegt, daß jedes Budget für Arbeits-
beschaffung Budgetdefizit von 1 % des Bruttoinlandsproduktes vorsehen
sollte. Bei uns ist dies schon längst erreicht, ja sogar weit über-
schritten.
Sekr. Maurer, AK, verlangte neuerdings eine Senkung des Heizöl-extra-
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leicht Preises von 6.50 S ab Tankstelle jetzt wird bereits von den Öl-
firmen um 6,05 S inkl. Zustellung Heizöl extra leicht geliefert ich
habe meine Erklärung nur wiederholt, wenn die Bauern eine Dieselpreis-
senkung durchsetzen, müßte gleichzeitig auch der Heizöl-extra-leicht-
Preis von der amtlichen Preiskommission entsprechend gesenkt werden.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte genau weiterverfolgen.
Die ungarische Botschaft hat einen Barockflügel, Wert ca. 800.000 S, um
80.000 S restaurieren lassen und ein ungarischer Meisterpianist hat
dort für die Gemischte Kommission, sprich aber auch Außenhandelsminister
Veres und mir, einen Konzertabend gegeben. Anschließend daran gab es,
anders gehts ja gar nicht, ein fulminantes Bufferl, wie der Botschafter
liebenswürdigerweise sagt, der kann den Dialekt Österreichs so gut, daß
er diesen Ausdruck für das Wort Buffet, angeblich eine Wiener Variation,
kreiert hat. Anschließend daran wurde ich von einer Wochenzeitschrift
eingehend interviewt. Diese Wochenzeitschrift ist ähnlich bei uns dem
Profil und dem Deutschen Spiegel für ungarische Verhältnisse sehr libe-
ral, u.a. konnte ich feststellen, daß dort eben andere Wochenzeitungen
der westlichen Welt mit Auszügen aus diesen Zeitschriften vertreten sind.
Spät abends, aber doch noch immer zurecht, bin ich dann auch noch zum
70. Geburtstag vom ehem. Vizekanzler Withalm gefahren, der hat sich
sehr gefreut, daß ich tatsächlich noch so spät vorübergekommen bin. Wie
mir mitgeteilt wurde, hatte er auf die Laudatio vom Parteiobmann Mock
sein politisches Credo, eine Konzentrationsregierung wäre jetzt für
Österreich das Beste, geantwortet. Ich würde sagen, daß wir von der
alten Generation, und ich gehöre leider jetzt auch schon dazu, wahr-
scheinlich aus Furcht, daß die österreichische politische Entwicklung
bei der Jugend dann doch früher oder später auf harte Auseinandersetzun-
gen stoßt, immer mehr für eine Zusammenarbeit auch durch gesetzliche
Verpflichtung spekulieren. Letzten Endes entscheidet das aber sicherlich
nur der Wähler, wenn er der SPÖ und ganz besonders Kreisky, der ja
sicherlich wieder kandidieren will und wird, nicht die absolute Mehrheit
gibt.
Tagesprogramm, 23.3.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung Jour fixe AK/ÖGB, 23.4.1982