Freitag, 16., bis Sonntag, 18. April 1982
Eine Redakteurin und wahrscheinlich auch gleichzeitig Herausgeberin
einer kuwaitischen Zeitung wahrscheinlich eine Engländerin wollte von
mir ein Interview über die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Golf-
staaten, angeblich wird eine Sonderbeilage über Österreich in arabische:
Schrift erscheinen. Das Interview war weniger interessant, aber als
wir auf die Frage des Apfelsaftexportes zu sprechen kamen, fragte ich,
ob es tatsächlich stimmt, daß man die guten Exporterfolge nach Saudi-
Arabien und Kuwait weniger auf deren Konsum als auf deren Weinproduktion
dann zurückführen kann. Sie schaltete zuerst ihr Aufnahmegerät aus und
hat dann mir erzählt, wie sie und wahrscheinlich auch viele andere Euro-
päer und die Araber sicher genauso sich Wein und Bier selbst mit Hilfe
von alkoholfreien Getränken und der Rohstoffen erzeugen. Überraschend war
für mich nicht, daß eben bei Europäern und wahrscheinlich auch bei Arabern
diese illegale Produktion, sie erinnert an die Alkoholverbotszeit in den
Vereinigten Staaten sich selbst helfen, sondern daß sie Angst hatte, im
Aufnahmegerät welche ja sie ausschließlich dann zu ihrer Übertragung in
Europa vielleicht aber auch in Kuwait benötigte vorsorglich abschaltete.
Der ORF, die Sendung WIR, hat angeblich eine Scherzsendung über Haare,
Glatze und mich auch interviewt. Ich sage deshalb eine Scherzsendung,
denn man fragte mich dann allen Ernstes, ob ich einen Zusammenhang zwi-
schen der Streßsituation eines Ministers und den Haarausfall sehe. An-
geblich wurde ein Mediziner diesbezüglich befragt und er hat eine sol-
che Theorie aufgestellt. Daß es sich sicherlich nicht um eine Scherz-
sendung handelt, entnehme ich daraus, daß man sich um meine seinerzei-
tigen, wirklich nur des Gags wegen durchgeführte Anpassung von Perücken
bei kleinen Gewerbetreibenden, die dadurch einen Geschäftsaufschwung er-
hofften, überhaupt nicht interessierte.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Wann kommt und wie läuft eine solche Sendung?
Der Österreichische Skal-Club hat seinen bundesweiten Kongreß nach 6
Jahren wieder in Wien abgehalten und mich ersucht eine Begrüßungsanspra-
che zu halten. Skal ist eine exklusive Organisation in Österreich mit
ca. 400 Mitgliedern in 7 Bundesländern. MR Würzl ist ebenfalls Mitglied
und erzählte mir bei der Hinfahrt einige insides, sodaß ich eine doch ganz
passable Begrüßungsansprache so wie immer natürlich humorvoll zusammen-
brachte. Lustig war für mich die Begrüßung des Herrn KR Scheiner, irgend-
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ein Vizepräsident dieser Organisation, der so hatte ich das Gefühl, fast
alle einzeln begrüßte, die dort anwesend waren. Warum man sich da den
großen Zeremoniensaal genommen hat und doch nicht lieber ins Kongreß-
zentrum in die Hofburg gegangen ist, weiß ich nicht. Ich wurde auf
alle Fälle aufgrund unserer Tagebuchaufzeichnungen falsch dirigiert,
wir gingen nämlich zur Hofburg.
Die Fa. Blaguss, ein burgenländisches Transportunternehmen und Reisebüro,
hat in Wien seit eh und je auf ihrer Autobusstation ein Art Reisebüro.
Zuerst vor Jahrzehnten war es das Chauffeurzimmer jetzt kam es mit dem
geteilten Büro nicht mehr aus und hat sich deshalb ein ganz neues Büro
in der Wiedner Hauptstraße gemietet. Zur feierlichen Eröffnung waren viele
Vertreter der Bundesbahn, selbst der Obmann der Eisenbahnergewerkschaft
NR Prechtl war erschienen, und natürlich auch die jugoslawischen, tsche-
chischen und vor allem die ungarischen Fremdenverkehrsverantwortlichen.
Die letzteren waren Direktorinnen der Hotelketten, von ihnen erfuhr ich
auch, daß Minister Saghy jetzt in Pension gegangen ist. Saghy, der die
Liberalisierung des Binnenhandels in Ungarn eingeleitet hat und auf
heftigste Widerstände von orthodoxen Planern gestoßen ist, war, wie man
bei uns sagen müßte, schon längere Zeit abschußreif. Er hat auch sich
dafür eingesetzt, daß das österreichische Casino in Budapest ein joint
venture wie bei einer Hotelkette machte und im Hilton das erste unga-
rische Casino eröffnet. Scheinbar will man aber doch auch an dieser
liberalen Einrichtung festhalten, denn die Direktorin der Hotelkette
Danubius, die das Casino betreibt, man denkt daran zu vergrößern resp.
auch auf den Sommer scheinbar eine Dependance irgendwo zu errichten.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Casinodirektor Wallner verbinden.
Der ehem. ägyptische Energieminister Sultan möchte im Ausland und da ganz
besonders in Österreich als Konsulent seine Kenntnisse für ägyptische
Geschäftsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Mit einem Vertreter einer
österreichischen Firma, die mit ihm als er noch aktiv war, kontaktierte,
erschien er daher bei mir und erwartete eine entsprechende Unterstützung.
MR Fälbl hat mir zugeflüstert, ich sollte mich äußerst vorsichtig verhal-
ten, was ich sowieso getan hätte. Da ich keinerlei Vermittlungen vornehme,
weder entgeltlich noch unentgeltlich, sondern mein Bestreben habe österrei-
chische Firmen im Ausland zu akkreditieren und Aufträge aus dem Ausland
nach Österreich zu bringen, erklärte ich ihm sofort, er müsse sich entspre-
chend bei österreichischen Firmen umsehen, ob und in welchem Ausmaß sie ihn
als Konsulent beschäftigen möchten. Was er entschieden ablehnt, ist eine
Agentur zu errichten, das heißt also in die niedrigen Gefilde von Ge-
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schäftsverbindungen zu treten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie hieß der Firmenvertreter, der ihn begleitete.
Der Importeur und Exporteur Fritz Mauthner erkundigte sich aufgrund der
Zeitungsmitteilungen vom Jugoslawienbesuch über die Lösung der Frage
österreichischer Weizenexport nach Bosnien-Herzegowina und dafür den
Kohlenimport nach Österreich. Ich erklärte ihm alle Details und daß jetzt
auch bezüglich der österreichischen Importfirmen von Kohle mit der
jugoslawischen Seite sofort ein Arrangement über Abänderung der Importe,
wenn sich nur an den sonstigen Bestimmungen des Vertrages nichts ändert
sofort durchgeführt werden kann.
Bei dieser Aussprache konnte ich auch feststellen, daß Mauthner ein
exzellenter Kenner und Briefmarkensammler ist, er hat sich meine
Briefmarkensammlung, die ich zufälligerweise im Büro liegen habe, ange-
sehen, dabei mußte ich feststellen, daß er wirklich sehr viel versteht.
Angeblich hat man auch bei ihm wegen seiner Briefmarkensammlung schon
einmal eingebrochen, der Safe hat standgehalten. Mauthner glaubte allen
Ernstes, daß ich ohne weiteres bei Besuchen im Ausland von den dortigen
Postministern entsprechende Briefmarken als Geschenk bekommen könnte.
Ich bräuchte sie nur verlangen. So einfach ist dies aber nicht, ich
bekomme zwar allerhand sonstige mehr oder minder wertvolle Geschenke,
die ich am liebsten ins Tombola bei uns gebe, gelegentlich Briefmarken,
die allerdings wieder nicht brauchen kann, zum Tauschen gehen sie aber
immer noch.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mich nächsten Ministerrat wegen Briefmarken
an Lausecker erinnern.
Die ÖFVW hat eine Zweigstellenleitertagung nach Zell am See einberufen.
Damit aber die Funktionäre der ÖFVW und vor allem auch die Ländervertre-
ter mit den Zweigstellenleiter reden können, wurde eine Sitzung ins
Handelsministerium eingeladen. Mich interessierte vor allem bevor die
endlos langen Berichte der einzelnen erfolgen, die kaum neue Gesichts-
punkte bringen, ob es Wünsche, Beschwerden, Anregungen der Zweigstellen-
leiter gibt. In der Vergangenheit war es meistens so, daß sie doch
irgendwelche personelle Fragen insbesondere natürlich Gehaltswünsche
resp. Vertragsänderungen an mich herantrugen. Diesmal wurde zu meiner
größten Überraschung von den Zweigstellenleitern und Beschäftigten kein
diesbezüglicher Wunsch geäußert. Besorgt zeigte man sich nur, daß das
Budget der ÖFVW nur mit 6 % in diesem Jahr aufgestockt wurde, alle be-
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fürchten, daß wir mit den 280 Mio. S die uns heuer zur Verfügung stehen,
nicht das Auslangen finden werden. Vor allem aber beschwerte man sich
bei mir, daß durch Richtlinien gewisse Grenzen gesetzt sind. Durch solche
Richtlinien kann es passieren, daß z.B. die Portoausgaben, die auch in
den ausländischen Staaten sehr erhöht wurden, heute so exorbitant
gestiegen sind, nicht zuletzt auch durch umfangreichere Prospekte, daß
man richtlinienmäßig nicht das Auslangen finden kann. Dies könnte bedeu-
ten, daß man Ortsgebiets- und Landesprospekte in die österreichischen
Zweigstellen schickt, diese dann aber wegen Portoschwierigkeiten nicht
mehr weiterverteilt werden können. Hier erklärte ich sofort, man sollte
mit der Geschäftsführung noch im Laufe dieser Tagung entsprechend bessere
Richtlinien vereinbaren.
Der Wiener Vertreter Dr. Krebs bedankte sich, daß jetzt so viel für Städ-
te¬ourismus geschieht. Der Kärntner Vertreter widersetze sich sofort, man
dürfe nicht nur allein den Städtetourismus berücksichtigen, auch dann,
wenn natürlich Krebs geschickterweise gesagt hat, nicht Wien, sondern auch
die Landeshauptstädte haben ja jetzt durch die neue Politik entsprechende
bessere Ergebnisse zu verzeichnen.
Im weiteren Diskussionsverlauf gab es dann teilweise Anerkennung, daß
es geglückt ist den Austausch der Mautkarten für die Autobahnen die
unzulänglichen Charterfluggenehmigungen, die teuren Treibstoffpreise
die 30 % Mehrwertsteuer auch für Mietwagen usw. also lauter Kleinigkei-
ten, die zu lösen von größter Wichtigkeit ist, die auch teilweise schon
erfolgreich gelöst werden konnten, die aber klar und deutlich zeigen,
daß am Grundsatzkonzept niemand eine Kritik wagt oder vielleicht auch
wirklich nicht notwendig ist.
Kritisch bemerkt wurde und dies hat vorher schon der Geschäftsführer
Zolles aufmerksam gemacht, daß die OeNB mit ihrer Fernsehwerbung, daß der
Schilling jetzt in Österreich bleiben soll bei den Österr. Fremdenver-
kehrsverantwortlichen, aber ganz besonders bei den Hoteliers auf voll-
kommenes Unverständnis, um nicht zu sagen, heftigsten Widerstand stoßt.
Die Fremdenverkehrsverantwortlichen sind der Meinung, daß so gut auch
eine solche Aktion der OeNB gemeint war, genau der gegenteilige Effekt
im Ausland und auch im Inland erzielt wird. Ich habe persönlich den Ein-
druck, daß diese zweite Zahlungsbilanzsanierungsaktion der OeNB wesent-
lich besser ist als die erste zuerst hat man ein kompliziertes großes
Röhrensystem aufgebaut, wo Menschen drauf rumtreten, um zu zeigen, daß
Flüssigkeit reinläuft und dann wieder rausläuft, mit einem Wort, die
Schillingdevisenbewegung dargestellt werden sollte. So eine unmögliche
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Werbung habe ich sonst noch nirgends bemerkt. Jetzt versucht es die
OeNB mit einer Art Zeichentrickfilm, der meiner Meinung nach wesentlich
besser ankommt und verständlich ist, ob er optimal ist, trau ich mich
nicht zu beurteilen, ob er wirklich so schädigend ist, auch nicht. Ich
habe Zolles und allen nur versprochen, daß ich mit GD Kienzl darüber
reden werde, daß er sich mit den Fachleuten ins Einvernehmen setzt.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Kienzl verbinden.
Am Samstag Vormittag stand in meinem Tagesprogramm FWV-Landeskonferenz
Wien. Ich hatte fest angenommen, daß ich dort ein Referat halten muß
und mich auch entsprechend vorbereitet. Zu meiner angenehmen, allerdings
doch sehr großen Überraschung war ich dort nur als Begrüßungsredner
eingeteilt. Das Hauptreferat hielt Mühlbacher, der mir vorher schon mit-
teilte, er hätte auch in einer Presseaussendung schon bekannt gegeben,
daß er in dieser Legislaturperiode weder einer Arbeitszeitverkürzung
noch einer Urlaubsverlängerung zustimmen wird. Leider hatte er bereits
eine Presseaussendung gemacht, sodaß ich ihn nicht mehr abbringen konnte.
Ich bin fest davon überzeugt, daß in dieser Legislaturperiode sehr wohl
noch die Urlaubsverlängerung beschlossen wird, Sozialminister Dallinger
wird entsprechende Vorschläge ausarbeiten, die auch dann vom Klub sicher-
lich beschlossen werden, als Kompromiß stellt sich ja Präs. Benya vom
ÖGB vor, könnte man dann noch mit den Sozialpartnern über das Inkraft-
treten dieser 5. Urlaubswoche entsprechende Verhandlungen führen, und
so hoffe ich auch einvernehmlich lösen. Dann allerdings hat NR Mühlba-
cher als Präsident des FWV trotz seiner jetzigen Erklärung die Möglich-
keit zu sagen, er stimmt doch zu, denn wenn die Sozialpartner sich
einigen, dann braucht er sich nicht extra dagegen aussprechen. Ich habe
diesen Ausweg sofort Mühlbacher erklärt, denn nichts würde mir peinli-
cher sein, als er legt sich jetzt entsprechend fest und dann wird er
von seinen eigenen Leuten oder gar vom Gegner deshalb angegriffen.
Der FWV hat ja in dem letzten Jahrzehnt der sozialistischen Alleinregie-
rung Etliches durchsetzen können, insbesondere konnte ich in meiner Be-
grüßungsansprache darauf verweisen, wie sehr sein seinerzeitiges Zielpro-
gramm, an welchem ich noch als AK-Direktor mitgearbeitet und teilweise
auch natürlich Kritik geübt hatte, es jetzt verwirklichen konnte. Besonders
verwies ich auf die gute und enge Zusammenarbeit zwischen dem FWV und
dem Handelsministerium, an diesem Zustand wird sich sicherlich nichts
ändern, mit Recht konnte ich darauf verweisen, daß ein Sohn eines Fun-
ktionärs des FWV, nämlich Burian bei mir im Büro die Kontakte zum FWV
ja ständig hält und alles mit ihm bespricht.
Die Reverenz, die wir im Handelsministerium dem FWV erwiesen, kam auch
dadurch zum Ausdruck, daß Staatssekretär Albrecht an der Konferenz teilge-
nommen hat, überrascht war sie genauso wie ich, daß von der Gemeinde
Wien, obwohl zwei Stadträte Zilk und Veleta anwesend waren, keine Be-
grüßungsansprache hielten . Vielleicht aber hatte man von seiten des
Wiener FWV gedacht, es genügt, wenn man Landessekretär Sallaberger zu
einer Begrüßungsansprache auffordert. Dieser hielt aber dann ein über
35 Minuten dauerndes Referat, alle waren schon sehr nervös und er hat
kein Wort gesprochen, daß er diese Konferenz als Wiener Funktionär be-
grüßt. Hier war sicherlich eine schlechte Koordination.
Die Seliger-Gemeinde, ehem. sozialdemokratische Sudetendeutsche, die nach
45 flüchten mußten, treffen sich noch immer im 12. Bezirk. Immerhin waren
48 Leute zusammengekommen, meistens Frauen, 16 davon waren Männer. Ich
erzählte über meine Jugoslawienstaatsbesuchsbegleitung, aber vor allem
über die div. Besuche und Verhandlungen mit den Tschechen, Ungarn, Ru-
mänen usw. Überall in diesen Staaten gibt es Minderheitsprobleme und vor
allem harte Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Staatsvölkern.
Ich war nicht überrascht, daß dort eine einzige junge Frau war, die
übrigens, wie ich vermutete, die Tochter einer alten Teilnehmerin gewesen
ist. Einmal mehr hat sich mir dort gezeigt, daß sich die Frage Flücht-
linge, Minderheiten usw. mit der Zeit selbst löst. Die Generationen, die
davon betroffen sind, sterben, die neuen Generationen haben damit fast
nichts mehr zu tun und interessieren sich daher auch kaum für die Pro-
bleme, die die alten mit leidvoller Erfahrung noch interessieren und be-
treffen. So gilt auch hier das Sprichwort, die Zeit heilt alle Wunden.
Tagesprogramm, 16.4.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 17.4.1982