Mittwoch, der 24. März 1982

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Mittwoch, 24. März 1982

Die Gesamtvorstandssitzung beschäftigte sich diesmal mit der rechtlichen
Seite der Streiks. Von der AK wurde über die zivilrechtlichen Folgen
und von unserem Gewerkschaftsanwalt Dr. Teicht über die strafrechtli-
chen Folgen von Streiks referiert und darüber dann natürlich sehr
ausführlich und umfangreich diskutiert. Mir erschienen diese Vorträge
deshalb so wichtig, weil wir in diesen Fragen bis jetzt keinerlei
Schwierigkeiten hatten. Umso gefährlicher ist es, daß einzelne Betriebs-
räte glauben es kann sowieso nicht sein und Situationen entstehen aus
denen sie dann kaum herauskommen können. Bis jetzt und dies habe ich
ganz besonders herausgestrichen haben wir als disziplinierte Gewerk-
schaft mit den Betriebsräten einvernehmlich entsprechende Kampfmaßnah-
men beschlossen. Für uns ist der Streik wirklich das letzte Mittel,
das wir in den letzten Jahren überhaupt nicht anwenden mußten. Unsere
Taktik war womöglich ohne einen Streikbeschluß streikähnliche Zustände
herbeizuführen. Die Betriebsräte hielten Informationsversammlungen ab
die längere Zeit dauerten, manchmal Tage wo natürlich nicht gearbeitet
wurde, der Unternehmer konnte sich dagegen nur sehr schwer wehren.
Wir verwendeten früher unsere sogenannte Rösselsprungtaktik, die Un-
ternehmerseite wußte nie welcher Betrieb als nächster zu einem kurz-
fristigen Streik aufgerufen wurde und seine Konkurrenz weiterarbeiten
konnte. Wenn wir in den Betrieben stark genug waren, haben wir einzel-
ne Arbeiter die auf zentralen Stellen saßen zu Streiks aufgerufen wo
durch die anderen zwar arbeitsbereit waren aber eben auch nicht ar-
beiten konnten. Alle diese Taktiken haben sich gut bewährt, ich habe
aber das Gefühl, daß unsere Funktionäre auch wenn sie manchmal anders
sprechen sehr froh sind, daß es jetzt ohne Kampfmaßnahmen gelingt, doch
die notwendigen Löhne und Vertragsverbesserungen durchzusetzen.

Bei der Fraktion des Unterausschusses zum Energiesicherungsgesetz er-
schien überhaupt nur Abg. Heindl, GD Fremuth von der Verbund, Grossen-
dorfer
und ich. Ich informierte daher Fremuth über die Beschwerde
Kreiskys wegen der schlechten Behandlung von Dir. Nentwich. Fremuth
versprach mir alle Unterlagen über die jahrelangen Versuche für ihn
eine erträgliche Lösung zu finden zur Verfügung zu stellen. Fremuth be-
hauptete auch mit Recht, daß er es gewesen ist, der jetzt für Nentwich
die Verwendung bei der AEG gefunden und vermittelt hat.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte nächste Nationalratssitzung wegen
Gespräch mit Präs. Benya erinnern.



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Im Unterausschuß hat mir dann der Obmann Staudinger zugeflüstert, daß
die ÖVP dem Energiesicherungsgesetz nicht zustimmen. Die Sitzung war
deshalb verhältnismäßig sehr kurz, da wir über die ganzen Probleme
jetzt durch Jahre hindurch ausführlich diskutiert hatten und nur mehr
die Frage der Substitution Öl statt Gas zur Debatte stand, entwickelte
sich nur über dieses Problem eine längere Diskussion. Der Energiespre-
cher der ÖVP, König meinte, alles läuft sowieso richtig und man bräuchte
gar nichts mehr tun, der Gesetzgeber sei übrigens überfordert, wenn er
jetzt irgendwelche Maßnahmen vorschlägt. Ganz anders die FPÖ. Insbe-
sondere deren Experte Dr. Kier von der steirischen Ferngas Gesellschaft
verwies darauf, daß jetzt eine Wandlung eingetreten ist und man die
ursprüngliche Idee, daß auch Gas durch Kohle substituiert werden soll,
man fallen lassen müsse. Jetzt steht Gas in größerem Ausmaß zur Ver-
fügung der neue sowjetische Gasvertrag wird überhaupt eine langfristige
Versorgung aber natürlich auch eine langfristige Bindung an die SU
bringen. Der Energiesprecher der FPÖ, NR Stix meinte, die Entspannung
in der Energie, sowohl preis- als wie mengenmäßig sei kurzfristig, lang-
fristig könnte man auf alle Fälle mit einer Knappheit bei Öl rechnen.
Er hätte eigentlich erwartet, daß wir ähnlich wie bei der Fernwärme
ein Gaswirtschaftsgesetz schaffen. Dazu bemerkte mir gegenüber Dr.
Zluwa, daß wir aufgrund des deutschen Energiewirtschaftsgeseztes gerade
am Gassektor als Behörde eine sehr starke Stellung haben, natürlich
gehört dies wie ich dann erklärte, schon längst austrofiziert, denn
ich möchte nicht unbedingt bis zum Ende meiner Ministerschaft als
Reichskommissar-Nachfolger fungieren. Da die ÖVP aber sicher nicht be-
reit ist ein brauchbares Gaswirtschaftsgesetz im Nationalrat zu be-
schließen dies aber wahrscheinlich nur als 2/3-Gesetz zweckmäßig ist
wird es wahrscheinlich beim jetzigen Zustand bleiben. Der Obmann
Staudinger faßte dann zusammen, daß eben jetzt 2 Novellen, das Erdöl- und
Bevorratungsgesetz und das Energielenkungsgesetz verlängert und ganz
leicht abgeändert werden und daß nach Begutachtung der von den Experten
im Ausschuß erarbeitete Fernwärmegesetzentwurf dann ins Parlament komme
wird. Ich stellte neuerdings fest, daß damit wieder einmal ein vernün-
ftiger Energiesicherungsgesetzvorschlag vom Handelsministerium, der be-
reits weitestgehend mit den Experten akkordiert wurde, nicht die Zu-
stimmung der ÖVP findet und daher als Verfassungsgesetz keine einfache
Beschlußfassung im Nationalrat wahrscheinlich sogar Zustimmung der FPÖ
bekommen würde. Mein Dilemma erklärte ich freimütig ist, daß es bis
jetzt gelungen ist die Energieversorgung aufrechtzuerhalten, obwohl
wie ich ihm auf den Kopf zusagte, Abg. König ja ständig den Energie-
zusammenbruch prophezeit hat, dadurch in der öffentlichen Meinung auch


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der Eindruck entsteht, es ist alles in bester Ordnung. In Instrumenta-
rium für den kritischen Fall habe ich nicht und kann ich auch bei der
guten Energieversorgungslage kaum erreichen. König meinte dann zu
diesem Angriff und seinen Fehlprognosen, daß er ja nicht wissen konnte
und ich auch nicht, daß auf dem Energieweltmark solche Änderungen ein-
treten, die eben die Versorgung dann doch eben ermöglichten.

Mit Abg. Heindl vereinbarte ich, daß wir jetzt intern genau festlegen
werden, wie wir vorgehen. Wichtig erscheint mir, daß jetzt die Ener-
giesektion aufgrund der Expertengespräche die Formulierungen festlegen,
die die Experten auch der ÖVP als notwendig erkannt haben und die jetzt
die ÖVP trotzdem nicht zustimmen wird. Diese Formulierungen werden
dann die Grundlage für unsere weiteren Verhandlungen abgeben. Es bleibt
noch immer zu überlegen, ob nicht diese Bestimmungen dann in die Wirt-
schaftspaketverhandlungen einbringen. Je größer nämlich das Wirtschafts-
gesetzpaket, Verlängerung, Novellen, Wünsche der Agrarier mit der ÖVP
usw. wird, um so schwerer wird es für die ÖVP sein, dies dann auch tat-
sächlich abzulehnen.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Zluwa soll bitte sofort die Formulierungen
fertigstellen.

Die ARGE Qualitätsarbeit hielt in der Bundeskammer eine Festveranstal-
tung anläßlich ihres 35-jährigen Bestehens ab. 800 Firmen mit 9.000
Produkten haben bis jetzt das Qualitätssiegel bekommen, die Firmen
haben dabei die notwendigen Kosten für diese Kontrolle aufzubringen
alle Festredner haben die Zweckmäßigkeit der Qualitätsproduktion heraus-
gestrichen. Präs. Sallinger hatte sogar erklärt, daß das Handelsmini-
sterium und ganz besonders ich ein Partner der Wirtschaft sei, der
auf diesem Gebiet mit der Handelskammer bestens zusammengearbeitet. Dem
konnte ich nichts hinzufügen, außer daß selbstverständlich diese Koope-
ration fortgesetzt wird.

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Tagesprogramm, 24.3.1982


Tätigkeit: Beamter HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
    GND ID: 102318379X


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Bundeskanzler
        GND ID: 118566512


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.; Bgm. Schwanenstadt, OÖ


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                Einträge mit Erwähnung:
                  GND ID: 115563237


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Techn. GF KKW Tullnerfeld GmbH


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                      GND ID: 119083906


                      Einträge mit Erwähnung: