Montag, 20. März 1982
Beim Journalistenfrühstück wurde der Energieverbrauch des Jahres 1981
und die Investitionen der E-Wirtschaft referiert. Energie ist noch
so interessant, daß sogar im Radio dieses Thema vorangekündigt wurde.
Über den Energieverbrauch referierte vom Statistischen Zentralamt RR
Turecek, dieser hat einbekannt, daß es jetzt endlich nach Jahren möglich
war, die Energiestatistik zu harmonisieren. Dies ist um so weniger zu
glauben, als in Wirklichkeit 20 Energieträger die monatlichen Meldun-
gen über Erzeugung, Im- und Export und die Lagerveränderungen nur mel-
den. Wieso es da jahrelang gedauert hat bis endlich eine einvernehmli-
ch angestimmte Energiestatistik zustande kommt, ist mir persönlich
wirklich ein Rätsel. Noch ein größeres Rätsel aber ist, daß wie un-
ser Statistiker Schandel von der Energiesektion dann referierte, daß
zum Unterschied von den bisherigen Aussagen wir nicht 6 und mehr %
Treibstoff erspart haben sondern vom Normalbenzin nur im vergangenen
Jahr nur 3 % und von Superbenzin sogar nur 0,3 %. Insgesamt wurde im
vergangenen Jahr um –5,2 % weniger Energie verbraucht. Dr. Musil vom
Wirtschaftsforschungsinstitut analysierte dann diesen Energierückgang
und behauptete aufgrund seiner Modelle, daß 40 % auf die Witterungsein-
flüsse, gute Wasserführung bei den Kraftwerken, 32 % auf die Preiser-
höhungen und 28 % auf den Konjunkturrückgang zurückzuführen ist. Un-
wahrscheinlich wie man apodiktisch auf die Prozentziffer genau auf-
grund des Modelles die Ursachen der Energieeinsparung festlegt.
Ich habe in der Diskussion aber in der praktischen Erfahrung und der
Tatsache, daß wir bis jetzt wesentlich höhere Energieverbrauchseinspa-
rungen bei den Kraftfahrern festgestellt haben, sofort zugegeben, daß
die jetzigen Statistiken von den bisher verlautbarten wesentlich ab-
weichen. Zum Glück hatte mir vorher Grossendorfer die Ursachen ange-
deutet. Die Fa. Avanti hat zwecks Steuerersparnis Rohbenzine straight run
unter Ölprodukte zollbegünstigt einführen können und dies daher natür-
lich so gemacht. Dadurch wurde die Einsparungsziffer sehr verfälscht.
Für mich ist es aber noch immer unerklärlich, daß diese einzige Ein-
fuhr dieses falsche Bild ergibt.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte noch einmal genau prüfen lassen und
mir die Statistik zusammenstellen.
GD Fremuth von der Verbund und Präs. Wenzl vom Verband der E-Werke Öster-
reichs berichteten dann über die Investitionen. Bis zum Jahre 90 werden
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sie 180 Mrd. S investieren, 10 Mrd. davon allein für Umweltschutzmaß-
nahmen. Die Diskussion und Frage wird bleiben, ob diese Investitionen
auch notwendig sind, nachdem ständig der Elektrizitätszuwachs in den
Prognosen des Energieverbrauches reduziert werden muß, 7 %, 4 1/2 %,
jetzt 3,1 % bei einem tatsächlichen Energieelektrizitätszuwachs im
vergangenen Jahr von 0,1 %. Ich glaube, daß trotzdem das Ausbauprogramm
noch zu vertreten ist, denn man soll sich keiner Illusion hingehen, der-
zeit haben wir zumindestens nach Angaben der E-Wirtschaft keine Reser-
ven. Im internationalen Maßstab müßten aber 15 % als Minimum vorhan-
den sein. Derzeit sind für die Wärmekraftwerke 3 % Reserve und dies
total veraltete Werke nur vorhanden.
Die Sekretärsbesprechung der LUGA wurde von Zentralsekretär Blümel ge-
führt, da es mir doch notwendiger erschien beim Pressefrühstück bis
zum Schluß zu bleiben. Bei der Sekretärsbesprechung wurden für mich
überraschend nur Sachprobleme und keinerlei Personalwünsche diskutiert.
Entweder sind die Kolleginnen und Kollegen so zufrieden, oder sie sehen
keinerlei Möglichkeit zusätzliche Personalfragen und Wünsche bei mir
resp. im Präsidium durchzusetzen. In der Pause dagegen wurde dann sehr
wohl vom BRO erwähnt, daß vor 30 Jahren, im März 52, 60 Jahre LUGA im
Konzerthaus ganz feierlichst begangen wurden. Blümel hat dies total ver-
gessen, ich erinnerte mich, daß damals im Konzerthaus eine riesen Feier
in Anwesenheit des Bundespräsidenten stattfand, wo der damalige Obmann
Staatssekretär Mantler die Festansprache hielt. Die LUGA sind damals
mit ihren Produkten in Tracht, also die Bäcker mit Striezeln, die Müller
mit Mehlsäcken usw. einmarschiert. Der BRO meinte nun, wir müßten
heuer auch die 90 Jahre feiern, dies allerdings nicht aus Tradition
und um propagandistisch stärker in Erscheinung zu treten, sondern weil
dadurch auch wieder eine kleine Sonderzahlung für die Beschäftigten
abfallen sollte. Wir einigten uns darauf, daß wir die nächste Gesamt-
vorstandssitzung im Herbst im Zeichen dieser 90 Jahre LUGA stellen
werden.
Die Jugendlichen haben wieder ihr Personalproblem besprochen. Da Jugend-
sekretäre ja nicht ewig Jugendsekretäre bleiben können, wir außerdem
einen starken Sekretärsmangel durch Pensionierung jetzt in Zukunft er-
warten, schlugen sie einen neuen Jugendsekretär vor. Allen Ernstes
wollten sie allerdings haben, daß dieser nicht die Sozialakademie be-
suchen muß. Sie sind davon überzeugt, daß nach 2-, 3-, 4-jähriger Tätig-
keit als Jugendsekretär dieser dann wieder aus der Gewerkschaft aus-
scheiden wird. Da ich fest davon überzeugt bin, daß dies bestimmt nicht
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der Fall sein wird, sondern wer einmal in der Gewerkschaft angestellt
ist, bleibt dort solange er sich keines Vergehens schuldig macht, wie
ich immer sage silberne Löffel stiehlt, die wir, nebenbei bemerkt, gar
nicht haben, so lange bleibt jemand in der Gewerkschaft als fast Prag-
matisierter. Zentralsekretär Blümel und auch ich haben den Jugendlichen
daher klar und deutlich auseinandergesetzt, daß er jetzt sofort sich
zur Sozialakademie anmelden soll um nach Absolvieren der Sozialakademie
dann sehr wohl bei unserer Gewerkschaft als Jugendsekretär angestellt
werden kann.
In der soz. Fraktion berichtete dann der Zentralsekretär der Mieterver-
einigung GR Lustig über das neue Mietengesetz. Natürlich gab es dann
darüber eine heftige Diskussion. Dies war für Lustig wirklich nicht
lustig. Da viele Argumente gegen die jetzige Regelung ja auch von der
Mietervereinigung bis zum Inkraftsetzen des Mietengesetzes geteilt
wurde. Mit Recht hat Lustig aber darauf verwiesen, daß dieses Gesetz
eben jetzt mit 1. Jänner dieses Jahres besteht und daher man nicht nur
die negativen Seiten wie z.B. eben die Mietzinserhöhung sondern auch
die positiven Seiten, daß dadurch verhindert werden soll, daß unsere
Wohnsubstanz total verfällt, wenn man also will, Sünden der Vergangen-
heit gutgemacht werden mußten, auch herausstreicht.
Über die politische Situation insbesondere über die Verdrossenheit
der Bevölkerung an der Politik die ich in meinem Referat besonders
herausarbeitete, entzündete sich natürlich eine ähnliche Diskussion.
Bei den letzten Grundkursen hatte ich schon festgestellt und insbeson-
dere aber der Bildungsreferent Zentralsekr.-Stv. Göbl, daß immer mehr
junge Funktionäre sich zur Gewerkschaft bekennen aber glattweg erklären,
mit den politischen Parteien wollen sie nichts zu tun haben. Natürlich
werden sie dann im Laufe ihrer Betriebserfahrung und Funktionstätigkeit
auch davon überzeugt, daß es ohne politische Parteiarbeit und auch ins-
besondere ihrer aktiven Mitarbeit nicht geht. Es wäre eine Illusion zu
glauben, daß sich der Gewerkschaftsbund sozusagen über die Parteien in
vollkommen parteifreien luftleeren Raum bewegen könnte. Dies gilt nicht
für den einzelnen Betriebsrat nicht für eine einzelne Ortsgruppe nicht
für eine einzelne Gewerkschaft und schon gar nicht für den ÖGB. Inner-
halb dieser mächtigen Organisation können nur deren Ziele verwirklicht
werden, wenn eben auch in den politischen Parteien die entsprechenden
Funktionäre tätig sind und dort diese Ideen nicht nur vertreten sondern
auch durchsetzen. Interessant ist ja auch, daß es jetzt Meinungsumfragen
gibt, die klar und deutlich zeigen, daß mit der Arbeit der politischen
Parteien die Bevölkerung verhältnismäßig sehr positiv einverstanden ist.
Was die Bevölkerung nur ganz entschieden ablehnt, ist die Vergehen
einzelner Politiker, leider wird dann wie dies auch in diesen Fällen
üblich ist generalisiert, durch das Vergehen eines einzelnen oder weni-
ger wird, wenn ich so sagen darf, der ganze Stand in Mißkritik gebracht.
Tagesprogramm, 22.3.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)