Dienstag, 9. März 1982
Der Verband der Köche, deren Ehrenmitglied ich auch bin, feiert
seinen 80-jährigen Geburtstag und gleichzeitig den XX. Kongreß
des Weltbundes der Kochverbände. In meiner Begrüßungsansprache
bedankte ich mich für ihre im österr. Fremdenverkehr so wichtige
Tätigkeit. Es war sicher nicht übertrieben, zu sagen, daß die Köche
den wichtigsten Anteil an den Fremdenverkehrsergebnissen hatten.
Überrascht war ich, daß auch Bautenminister Sekanina zu dieser Feier
erschien, obwohl der Kongreß bereits um 8.00 Uhr früh begonnen hat.
Beim Jour fixe mit der HK wollte Sallinger mir unbedingt die Anstellung
des ÖVP-Vorstandsdirektors des österr. Verkehrsbüros Ukmar schmackhaft
machen. Dieser hat sich bei der ÖFVW sozusagen schon umgesehen,
Sallinger und auch Kehrer dachten jetzt, durch Freiwerden der Außen-
stelle Paris und die dadurch eingeleitete Rotation wird irgendwo eine
Zweigstelle frei werden. Eine Anstellung Ukmars lehne ich ganz ent-
schieden ab, weil wir keine Auffangstelle für beschäftigungslose
Direktoren sind und außerdem gerade die Bundesländer entsprechende
Personaleinsparung verlangen.
Vizepräs. Mühlbacher v. FWV verlangt von Präs. Sallinger, daß auf sein
Kontingent Bellinger KR wird und die Fa. Lischka das Staatswappen be-
kommen soll. Bellinger wird von Sallinger trotz Ablehnung der HK-
Organisation gemacht, Lischka kann aber gegen die Wr. HK und gegen die
zuständige Innung nicht durchsetzen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Mühlbacher verbinden.
Kehrer interveniert neuerdings wegen der Erhöhung der Textileinfuhr-
scheingrenze von 4.000 auf 10.000 S, da darüber in der Bundeskammer
eindeutige Übereinstimmung zwischen Handel und Textilindustrie er-
zielt wurde. Ich erkläre sofort, daß dies nur in Verbindung von der
Textilindustrie geförderten "Made in Austria" von MR Fischer ver-
handelt und erledigt wird. Kehrer ist wegen der Kopplung verärgert.
Ich urgiere neuerdings die beabsichtige Kohlenlagerung und erinnere
daran, daß die Schweiz entsprechende Verordnungsermächtigungen jetzt
schon gesetzlich verankert hat. Kehrer wird es neuerdings prüfen, die
vorgesehen 4 . Erdgasvertragsmenge von 1 Mrd. m³, ursprünglich waren bis
5 Mrd. geplant, erscheint nicht nur mir gering, sondern Kehrer wird
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auch darüber mit seinen Fachleuten noch einmal beraten.
Die HK wird die Lösung Textil-West neuerdings überlegen, eine
Produktbereinigung und Kooperation erscheint Gen.Sekr. Kehrer als
äußerst schwierig durchzusetzen. Die Fa. Ganahl hat sich jetzt ganz
auf Schnürlsamt umgestellt, ist bestens ausgerüstet, mit ihrer Papier-
fabrik engst verbunden und glaubt, daß Schnürlsamt jetzt modisch wieder
groß kommt.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Bitte für Textil-West mehr
Kontakt mit der HK halten.
Ich übergebe Kehrer meine Aufzeichnung über die Besprechung mit dem
ungar. Außenhandels-Sekt.Chef Antalpeter. Kehrer hat damals in Budapest
wegen der regionalen Lösung zwischen dem Burgenland und den ungar.
Komitaten geschwiegen, weshalb ihm auch jetzt seine eigenen Leute ein
schuldiges Verhalten beim Kreisky-Besuch vorwerfen.
Ich urgiere neuerdings die Gespräche zwecks Regelung der Lehrlings-
überschüsse und die Schwierigkeit, heuer die Schulentlassenen unter-
zubringen. Kehrer ist einverstanden, daß wir die ganze Frage im Be-
rufsausbildungsbeirat verhandeln, die Verhältniszahlen sollen nicht
generell für mehr Lehrlingsunterbringung positiv erhöht werden, sondern
individuell die Wünsche der Betriebe großzügigst erfüllt werden.
Kehrer meint, diese Aufgabe, Lehrlingsunterbringung könnte nur auf
Bezirks- respektive Landesebene zwischen den Landesarbeitsämtern,
Kammern und Betrieben gelöst werden. Kehrer gibt auf mein Vorhalten
zu, daß seinerzeit beim Auslaufen des Jugendeinstellungsgesetzes die
HK sich verpflichtet hat, in Hinkunft die Lehrlinge tatsächlich alle
im Lehrprozeß unterzubringen.
ANMERKUNG FÜR SC JAGODA UND BURIAN: Bitte die notwendigen Gespräche
intensivst weiterführen.
In der Ministerratsvorbesprechung kommt Kreisky sofort auf den
sicherlich für alle überraschenden Besuch des libyschen Revolutions-
führers Gaddafi zu sprechen. Kreisky erklärt, wie er zu den Kontakten
mit Gaddafi schon vor Jahren gekommen ist. Bei einem Staatsbesuch in
Kairo hätte im Sadat zu verstehen gegeben, daß Kontakte mit Gaddafi
auch für ihn von Interesse seien, jetzt hätte er von der VÖEST-Alpine
den Wunsch einer sofortigen Einladung Gaddafis erfahren. Diese könnte
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aber nur erfolgen, wenn er sozusagen protokollarisch abgewickelt
werden kann. Er gehe hier im Einvernehmen mit Bundespräs. Kirchschläger
vor, der eine grippale Infektion hat und trotz Lungenentzündung vom
Spital die externen Amtsgeschäfte führt.
Ich habe Kirchschläger abends dann besucht, um zu fragen, ob ich in
seinem Namen bei der Messeeröffnung Grüße bestellen kann, was er
sofort zustimmte. Über die Einladung Gaddafis ist er allerdings anderer
Meinung als Kreisky.
Kreisky erwartet, daß morgen im Nationalrat eine dringliche Anfrage
wegen der Personalpolitik von Landwirtschaftsminister Haiden von der
ÖVP kommen kann oder der Besuch Gaddafis diskutiert wird. Die Amerikaner
könnten verärgert sein, doch beziehen sie noch immer libysches Öl.
Der große Milliardär Hammer, Besitzer der Oktitantel Oil , der angeb-
lich Lenin die Neue Ökonomische Politik NEP eingeredet hat, in Wirk-
lichkeit aber nur Stalin Millionen Bleistifte verkauft hat, wird als
Geschäftsmann, der alle amerikanischen Präsidenten kennt, seine Geschäfte
weiterführen. Wir selbst haben im vergangenen Jahr für 2,3 Mrd. S Ex-
porte getätigt, dazu kommen noch jetzt die großen Geschäfte der VÖEST
mit einem Umfang von 13 Mrd. S und für 3,7 Mrd. S hauptsächlich Öl
importiert. Geheimnisvoll wollte Kreisky andeuten, daß auch die
VÖEST-Alpine für 4 Mrd. S Lehrlingsausbildungsstätten nach Libyen wird
liefern können. Er war sehr überrascht, den Zwischenruf zu hören, daß
man dies bereits in der Zeitung lesen kann.
Der neue Gen.Sekr. Graff lehnt mit seiner Advokatenphilosophie ab, daß
wir uns in Arabien Geld leihen, weil dies gegen die Neutralität ver-
stößt. Dies ist tatsächlich ein schlechtes Argument, weil die Schweiz
als typisch neutrales Land sehr wohl große arabische Geldtransfers
vornimmt und viel Geld von den Arabern bei sich liegen hat. Wenn über-
haupt etwas gegen die Neutralität verstößt, dann sicherlich wenn man
einem kriegsführenden Staat, wie die Araber generell gegen Israel
sich jetzt befinden, Geld borgt.
Die Deutschen haben überlegt, ob Gaddafi nicht über die Deutsch-
Arabische Gesellschaft Möllemann nicht eingeladen werden könnte.
Diese Idee wurde aber fallen gelassen, wahrscheinlich um die Amerikaner
nicht zu verärgern. Kreisky nimmt an, daß er jetzt von dem vorgesehenen
Mittagessen in Washington ausgeladen wird. Gaddafi gilt überall als der
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Urheber aller Anschläge. Lanc berichtet, daß keine Indizien vor-
liegen, daß die Anschläge in Österreich auf Gaddafi zurückgehen.
Man hätte nur eine unbestätigte Meldung, daß angeblich eine Gruppe
nach Amerika unterwegs sein, um Präs. Reagan zu töten und auch nach
Europa eine entsendet.
Kreisky bespricht dann einige Einladungen an denen er nicht teilnehmen
kann oder will und delegiert an andere Minister. Politisch meinte er
gäbe es nichts zu berichten, der neue Gen.Sekr. d. öVP sei nicht be-
merkenswert. Für mich so nach dem Motto des österr. Kritikers in der
Ersten Republik, Karl Kraus, zu Hitler fällt mir nichts ein.
Haiden berichtet dann über die ÖAAB-Broschüre gegen seine Personal-
politik. Er hält dieses Vorgehen der ÖVP für äußerst bedenklich, weil
bestqualifizierte Land- u. Forstwirtschaftsbeamte dadurch diskriminiert
werden. Von ausgeschriebenen 55 Dienstposten in seiner Zeit werden
nur 8 vom ÖAAB jetzt beanstandet. Der Anlaßfall sei mit der Gewerk-
schaft öffentlicher Dienst, Obmann Bundesrat der ÖVP Sommer abge-
sprochen gewesen. Abteilungsleiter Stühlinger, der gleichzeitig Gruppen-
leiter ist und drei andere Abteilungen als Gruppenleiter mitvertritt,
hätte seine Abteilung aufgeben müssen und als vierte Abteilung eben
zur Gruppe noch dazubekommen hätte. Jetzt wird die vorgesehene
Beamtin, eine Sekretärin bei Lausecker, Löschnak und ihm, Redl so
disqualifiziert. Bei Haidens Amtsübernahme hat Präs. Minkowitsch auch
wegen eines Schleinzer-Sekretärs als Abteilungsleiter-Besetzer
interveniert. Haiden sieht darin eine Beamtenhatz des ÖAAB à la
McCarthy in Amerika. Sts. Löschnak sieht darin den Versuch der ÖVP alle
Personalfragen wieder aufzugreifen, insbesondere auch die Anfragen
wegen der Arbeitsleihverträge. Lausecker bestätigt, daß der Obmann der
Gewerkschaft öffentlicher Dienst, der Bundesrat Sommer zugibt, daß
alles abgesprochen war und daß man sich halt gegen die Personaltaktik und
Angriffe des ÖAAB-Flügels nicht wehren könne. Wenn ich mir diesen
Personalrummel, nicht nur bei Haiden, sondern auch bei anderen
Ministern vorstelle, dann bin ich einigermaßen beruhigt, daß bei uns
im Handelsministerium dies doch alles so verhältnismäßig ruhig ge-
regelt werden kann. Ob es bessere Taktik ist oder ob vielleicht doch
auch unsere Personalvertretung einsichtiger ist, möchte ich gar nicht
im Detail untersuchen.
Dallinger berichtet von der Arbeitsministertagung aus Paris, über die
gegensätzlichen Standpunkte der verschiedensten Sozialminister.
Salcher referiert über die Sanierung der Länderbank und über die von
ihm jetzt schnell vorgelegten Regierungsvorlagen zu dieser Sanierung.
Wenn man nicht, wie ich dies ja sofort mache, die Gesetze überfliegt,
dann kann man mit den Ausführungen von Salcher beim besten Willen
nichts anfangen. Die Materie ist wie immer beim Finanzminister äußerst
kompliziert, da Salcher sich in den letzten Wochen mit dieser Frage
intensivst beschäftigt hatte, erscheint ihm jede Ziffer als geläufig,
die anderen hören sie zum ersten Mal und interessieren sich wahrschein-
lich auch gar nicht dafür. Der Grundtenor ist, daß die Länderbank bis
zu 3 Mrd. S Zinsentgang und Wertberichtigungen braucht, daß das Geld für
den Bund durch Aussetzung der Rückzahlung, die sonst aus Gewinnen der
österr. Nationalbank vom Bund wieder der Nationalbank zugeführt werden,
für die Jahre 82 bis 84 im Einvernehmen mit Präs. Koren von der National-
bank aufgebracht werden können. Da die Länderbank aber nicht das Geld
avot pertüt bekommen soll, wird mit Verbesserungsscheinen bei ent-
sprechender günstiger Ertragslage der Bund wieder von der Länderbank
einen Teil rückvergütet erhalten. Dies gilt auch, wenn die vorgesehene
Rationalisierung, insbesondere auch des Filialnetzes der Länderbank,
aber auch ihrer Tochterbetriebe ÖCI und Merkurbank durch Verkauf von Be-
teiligungen usw. die entsprechenden Ertragsverbesserungen bei der
Länderbank in Zukunft doch vielleicht eintreten. Diese Detailinforma-
tionen, die von einzelnen Ministern oft gegeben werden, dienen in meinen
Augen wirklich nur dazu, zu sagen, der Ministerrat wurde informiert.
Verstehen kann der andere, der die Materie nicht bearbeitet oder der, wie
ich annehme, so wie Bundeskanzler Kreisky vorher informiert wurde,
die Einzelheiten keineswegs. Da erscheint mir mein System seit 1970
schon zweckmäßiger, wenn ich dem Ministerrat etwas zu sagen habe, in
Form eines regelrechten schriftlichen Berichtes, den allerdings, davon
bin ich auch überzeugt, auch niemand liest.
Kreisky stellt zusammenfassend fest, daß nach wie vor die Ursache
für dieses Länderbank-Debakel bei den vier jetzt ja weggeschickten
Direktoren, Nichtprüfung der Eumig-Kredite durch Zusammenführung der
Österr. Klimatechnik mit Elin, also durch fahrlässige Handlung, ent-
standen ist. Ein Gerichtsverfahren ist noch immer nicht auszuschließen.
Fischer fragt, ob der Wirtschaftsbericht, der für 12. Mai vorgesehen
wird, so wie die ÖVP jetzt verlangt, vorverlegt wird. Salcher erklärt,
im Gegenteil, er wird erst im Juni gegeben werden, da die notwendigen
Unterlagen erst bis zu diesem Zeitpunkt zusammenbringen kann. Kreisky
meint, man wird weiter mit Mock reden, insbesondere auch die Gespräche
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mit den Ministern sollen weitergehen, man wird aber keine Forderung
der ÖVP erfüllen. Es ist lächerlich von der Regierung einen Offen-
barungseid zu verlangen, der jetzt zu erwartende OECD-Bericht ist
für Österreich äußerst positiv. Wenn die Volkspartei bei den
Gesetzen nicht mitmacht, würde sich dies auf die Personalpolitik
auswirken, da ja überall ihre ÖVP-Vertreter in den Spitzen sitzen.
Lausecker berichtet über die Verkehrsminister-Tagung der deutschen,
Schweizer u. österr. Verkehrsminister in Zürich. Dort hätte ihm der
deutsche Verkehrsminister Hauff den Kabinettsbeschluß vom 27. Jänner
wegen der qualifizierten Beendigung des Ausbaues des Rhein-Main-Donau-
Kanals gegeben. Dieser Beschluß wurde gegen den Bundeskanzler Schmidt
gefaßt. Die Unterlagen stimmen nicht, nicht 2,7 Mio. to würden auf
dem Kanal befördert werden, sondern nach Lauseckers Rechnung 5,5 Mio.
Kreisky meint sogar 7,5. ...... erklärt, er hätte mit dem bayer.
Ministerpräs. Strauß jetzt einen Termin. An dieser Besprechung werden
der Bundeskanzler, der Verkehrsminister, der Handelsminister und die
drei betroffenen Landeshauptleute teilnehmen. Österreich hat aufgrund
des Vertrages und Zusagen gewaltige Investitionen an der Donau ge-
tätigt. Natürlich würde er lieber mit bayer. Sozialisten verhandeln,
doch diese bayer. SPD wurde von den Linken unwiederbringlich ruiniert.
Schmidt wurde bei dem Kabinettsbeschluß überstimmt, er ist aber davon
überzeugt, daß weitergebaut wird. Die Frage Lauseckers, ob jetzt ein
Datenaustausch auf Beamtenebene erfolgen kann, verneint Kreisky, da
er meint, darüber sollten nur mehr Verhandlungen geführt werden. Das
Außenamt ersucht er, eine Stellungnahme zur Einstellung des Kanalbaus
auf diplomatischem Wege der deutschen Bundesregierung zu übermitteln.
Lanc berichtet, daß der Innenminister Baum in einer Aussprache mit
ihm, der ja auch für den Umweltschutz für den Donau-Rhein-Main-Kanal
zuständig ist, zu erkennen gegeben hat, daß man in Deutschland sich
jetzt auch der Unterstützung gegen den Kanal mit den Niederländern
verbündet.
Salcher berichtet, daß jetzt das BÜG 1982, welches er eingebracht
hat, noch durch Ergänzung der Nächtigung für Sonderfinanzierung
Straßenbau von 1,5 Mrd. auf 2,1 Mrd. vorgenommen wird, dies ist
hauptsächlich wegen der Rechnungshofbeanstandung erforderlich und kommt
dem Bautenminister Sekanina entgegen.
Sinowatz berichtet über die 7. Schulorganisations-Novelle. Daran
wurde 10 Jahre gearbeitet, 4/5 ist mit der ÖVP alles abgesprochen,
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da es ja ein Verfassungsgesetz ist, das nur mit ÖVP-Zustimmung im
Parlament verabschiedet werden kann. Die wichtige Erneuerung ist,
daß die Hauptschule jetzt, wo ja 80 % der Schüler hingehen, eine
wesentliche Änderung vornimmt. Nach Abschluß kann daher jeder in die Ober-
stufe überwechseln. Das Bundeskanzleramt und das Finanzministerium
hat keine Stellungnahme zur Novelle abgegeben, weil sie befürchten,
daß daraus höhere Kosten entstehen. Wäre allerdings die von den
Sozialisten gewünschte Gesamtschule gekommen, gäbe es tatsächlich
wesentlich höhere Kosten. Sinowatz fürchtet, daß das gar nicht zu
finanzieren wäre.
Sts. Fast urgiert, daß jetzt der Bund, aber insbesondere auch die
Verstaatlichte Industrie viel zu wenig Lehrlinge einstellen. Kreisky
meint, hier müsse man auf eine besondere Lösung anstreben, die Aus-
bildungskapazität der Verstaatlichten ist für ihren eigenen Bedarf
viel zu groß, es kann keine Anstellungsgarantie daher für ausgelernte
Lehrlinge geben. Er überlegt, ob man nicht jetzt bei einsetzender
Konjunktur dann eine gewisse Refundierung für die Firmen vorsehen
könnte, die sich jetzt die Aufwände einer Lehrlingsausbildung machen.
Dallinger verweist darauf, daß Lehrwerkstätten auch für die Verstaat-
lichte beträchtliche Subventionen bekommen. Wenn die Verstaatlichten
jetzt restriktiv vorgehen, wird diese negative Haltung Folgen auch für die private
Wirtschaft haben. Die Ausrede oder das Argument wird sein, selbst
die Verstaatlichte stellt weniger Lehrlinge ein.
Kreisky verweist darauf, daß er jetzt die sozialistischen Ökonomen,
aber auch die Minister gebeten hat, man möge unverzüglich ein Arbeits-
programm ausarbeiten. Der wichtigste Arbeitskreis wird ja jetzt von
Salcher bereits geführt, damit nächstes Jahr nicht zu hohe Arbeitslosen-
ziffern im Jänner und Februar zu verzeichnen sind. In diesem Fall
meinte er, wäre die Wahl 83 schon verloren. Innerhalb der SPÖ gibt es
wegen der Gastarbeiter-Neuregelung heftigste Kritik, dies insbesondere
in Vorarlberg. Er hat dort mit den Landesarbeitsamt-Leiter Landtags-Abg.
Neururer gesprochen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Neururer verbinden.
Im Ministerrat selbst ist außer ein paar Auslandsbesuchen von Ministern
oder Berichten darüber nur interessant, daß Finanzminister Salcher ein
Bundesleistungsgesetz an die österr. Nationalbank § 2 mit der Rückwirkung
für das Jahr 1981 streichen läßt. Kreisky erwähnt neuerdings, daß das
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Kuratorium, welches den Franz-Josefs-Bahnhof überbaut und dieses
Großprojekt seiner Meinung nach vom Rechnungshof überprüft werden
soll, diese Forderung ablehnt.
Er fragt den Umweltschutzminister Steyrer wie es jetzt mit einer
gesetzlichen Regelung wegen giftiger Abfallstoffe bestellt ist, die
Gesundheitssprecher der ÖVP, Wiesinger urgiert. Steyrer erklärt,
im Gewerbe-, Wasser- u. Baurecht sei bis jetzt schon alles geregelt,
darüber hinaus hat aber lange bevor Wiesinger dies urgiert bereits
einen Gesetzesentwurf in Arbeit, der im Mai auch in den Ministerrat
kommen soll.
Bei der Bundeskonferenz der Molkereiarbeiter Österreichs der Lebens-
mittelarbeitergewerkschaft berichte ich über die Preisverhandlungen.
Die Freiheitlichen Bauern, der allgemeine Bauernverband verlangen
1,30 S auf den derzeitigen Erzeugermilchpreis von 4,20 S, die Vereini-
gung der Bergbauern 1,05. Die Präsidentenkonferenz die ja wesentlich
seriöser kalkuliert, begnügt sich theoretisch mit 55 Groschen. Die
Frage ist immer die Laufzeit dieser Preisregelungen. Da Lohnbewegungen
in der Milch nur untergebracht werden können, wenn gleichzeitig der
Verbraucherpreis erhöht wird, ergibt sich daher auch eine verschiedene
Laufzeit bei den Molkereiarbeitern. Die längste war einmal 18 1/2
Monate. Im Vorjahr waren es 15 Monate, der Preis wurde mit 1. März 1981
festgestellt und die Löhne damals durchschnittlich 8,3 % erhöht. In der
Diskussion gab es den Wunsch, man möge doch die 5.000 Molkereiarbeiter
nicht vergessen, die Lebensmittelarbeitergewerkschaft wurde kritisiert,
ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Richtig ist, daß andererseits
die Bauern wieder darauf verweisen, daß für die 5.000 Molkereiarbeiter
bei der letzten Regelung 150 Mio. S aufgewendet werden mußten, während
die 130.000 Milchbauern nur 550 Mio. S bekommen haben. Diesmal hat die
Konferenz ein richtig gehendes großes Forderungspaket beschlossen, von
dem jedermann weiß, daß man nur einen Bruchteil dessen wird bei dieser
Lohnbewegung unterbringen können.
Die Möbelausstellung am Messegelände, als Messe sozusagen für die
allgemeine Frühjahrsmesse gibt immer Gelegenheit, die besten Produkte
zu prämieren. Im Vorjahr wurde die Verleihung des Staatspreises ausge-
setzt, weil reformiert wurde. Jetzt ist eine neue Jury, Techniker- und
Marketing-Manager, die Preise je 20.000 S werden gleichmäßig auf drei
verteilt. KR Effenberg meinte, endlich sei ich wieder dort, nachdem
ich drei Jahre nicht die Preisverleihung durchgeführt habe.
Ich verwies sofort darauf, daß ich diesmal auch nur in Vertretung der
Frau Sts. Albrecht bin, da sie diese Branche und diese Frage jetzt
im Handelsministerium besonders liebevoll behandelt und bearbeitet.
In meiner Ansprache konnte ich darauf verweisen, daß die österr.
Exporte um 15,7 % gestiegen sind und im Vorjahr 1,8 Mrd. S ausmachten,
die österr. Importe aber, die allerdings noch 3,2 Mrd. betragen um
3,2 % zurückgegangen sind. Blamabel war, daß mir der zuständige
Referent MR Hönel aufgeschrieben hat, die Produktion der österr.
Möbel hat um 1 % auf 6,5 Mrd. S im vergangenen Jahr zugenommen, die
Zunahme stimmt, nur ist die Produktion nicht 6,5 Mrd., sondern 10,3 Mrd.,
wie mich Effenberg dann korrigiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieso kriege ich so falsche Ziffern?
Frau Minister Lanc als Public-Relations-Vertreterin der Zweirad-
Industrie organisierte die Eröffnungseier d. Honda Motor Ges.m.b.H.
Honda hat mit der Fa. Faber eine gemeinsame Tochtergesellschaft ge-
gründet. Die mit 30 Mio. S von Faber gebaute Halle wird jetzt an
die neue Gesellschaft vermietet. Da dies eine wenigstens teilweise ge-
meinsame Kooperation oder wenn man so will ein Joint venture zwischen
einer japanischen und österr. Firma ist, war ich besonders interessiert,
mit den japanischen Herren von Honda ins Gespräch zu kommen. Der
Generalmanager Verkaufsdirektor Sakama erörterte mir, daß er bereit
wäre, mehr autotive Teile aus Österreich zu beziehen, wenn er die
notwendigen Anbote bekommt. Es wäre für sie unzweckmäßig, die Teile
nach Japan zu exportieren. Er stellt sich vor, man könnte diese dann
zu ihren Assembling-Werk nach Belgien liefern. Auf diesen Vorschlag
bin ich sofort eingegangen und wir werden ihm die österr. Liefer-
möglichkeiten unsere autotive Lieferliste sofort übermitteln. Die
Eröffnungsfeier war eigentlich sehr aufwendig und vielleicht auf
japanische Wünsche abgestellt. Ein kleines Symphonieorchester, über
ein Dutzend Musiker, eine Sängerin gaben bekannte österr. Lieder zum
besten. Ein riesiger Schlüssel wurde den Japanern übergeben, die
Halle im vollen Ornat von einem Abt gesegnet, mit einem Wort ein
richtiggehendes großes Spektakel. Bösartige Zungen würden behaupten,
Frau Lanc versucht ihren 13.000 S Gehalt aus Public-Relations-Managerin
für die Zweirad-Industrie auch optisch zu begründen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Unsere Industriesektion soll viel mehr mit
den einzelnen Geschäftsleuten der Japaner Kontakt halten.
In der Gewerkschaftsfraktion berichtete Dallinger über die Arbeits-
losensituation, Sekr. Schmidt über die vom Bundeskanzler angeregte
mittelfristige Arbeitsbeschaffungsprogrammarbeiten. In der Diskussion
kritisierte der Bauarbeiter-Zentralsekr. Millendorfer die Schwierig-
keiten bei den Bauarbeitern in Verbindung mit den Kompetenzstreitig-
keiten innerhalb der Regierung. Sekanina verwies dann darauf, welche
Schwierigkeiten er bei den Wohnbau- u. Straßenbau hat. Alle Abteilungen,
Gruppen und Sektionen sind von ÖVP-lern besetzt, die, wie er glaubt,
auch mit den Ländern mehr kooperieren, als den wirtschaftlichen Not-
wendigkeiten der Regierungsbeschlüssen nachzukommen. Ich selbst ver-
wies darauf, daß ich mit dem Landwirtschaftsminister Haiden und
Steyrer, die von Millendorfer besonders wegen ihrer Umweltfreundlich-
keit angesprochen wurden, keinerlei Schwierigkeiten habe. Die müssen
ihren Standpunkt vertreten, meine Idee ist es, still und leise ein
Projekt nach dem anderen doch über die Runden zu bringen. Greifenstein
wird gebaut und über Hainburg werden wir uns auch einigen. Personelle
Schwierigkeiten habe ich in meinem Ministerium nicht, mein Prinzip
ist, in jeder Frage und bei jedem Problem pragmatisch vorzugehen und
nicht große prinzipielle Auseinandersetzungen zu suchen. Dies kriti-
sierte dann der geschäftsführende Obmann der Metallarbeiter-Gewerk-
schaft NR Wille. Er meinte, man müsse ehrlich den Leuten die Gegen-
sätze zwischen der Ökologie und Ökonomie vortragen und versuchen,
zu einer gemeinsamen erträglichen Lösung auch innerhalb der Regierung
zu kommen. Präs. Benya war dagegen mehr auf meiner Seite. Chemiearbeiter-
Obmann NR Teschl machte zur Arbeitssituation den Vorschlag, man sollte
doch überlegen, ob man nicht die kontinuierlichen Betriebe von 40
Stunden auf 36 Stunden die Arbeitszeit senken sollte, dadurch würde
eine fünfte Schicht notwendig werden und auf alle Fälle mehr Arbeiter
unterkommen. Bei der jetzt vorgesehenen Urlaubsregelung, die im
Präsidium jetzt endgültig besprochen und auch beschlossen wurde, näm-
lich Erhöhung um eine Woche, könnten dagegen nur geringfügige zu-
sätzliche Arbeitskräfte untergebracht werden.
Kritik gab es auch, daß bei dem letzten Club 2 die beiden Gewerk-
schaftsvertreter NR Wille und GD Kienzl bezüglich Arbeitszeitver-
kürzung und wirtschaftliche Folgen so verschiedene Standpunkte ver-
treten haben. Für mich ganz klar, weil es sich hier, eben wie ich
immer sage und vermeiden möchte, um theoretische Auseinandersetzungen
gehandelt hat. Wenn Wille glaubt, daß dadurch die Bevölkerung und
insbesondere unsere Mitglieder begeistert feststellen, aha hier gibt
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es zwei verschiedene Meinungen und die werden fair diskutiert, so
irrt er. Was unsere Leute wollen ist, diskutiert's das in kleineren
Kreisen und tretet's dann mit einer einheitlichen Meinung in die
Öffentlichkeit.
Klubobmann Fischer berichtet über die nächsten Arbeiten des
Parlaments, Rechnungsabschluß für 1980, AK-Gesetz-Novelle, die mit
der ÖVP ja weitestgehend abgestimmt ist, Sicherheitsbericht,
7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, Länderbank-Sanierung, Budget-
überschreitungsgesetz, Polenhilfe, Enquete für den Biosprit, die
Volksbefragung der ÖVP zum Konferenzzentrum, trotzdem aber die März-
und Aprilsitzungen nicht so belastet, dagegen wie alle Jahre sicher-
lich wieder vor der Sommerpause.
Hofstetter berichtet dann über die Verhandlungen über den am 15. Mai
vorgesehenen Friedensmarsch. Die Gewerkschaftsjugend-Vertreter er-
gänzten, daß jetzt 18 Organisationen daran teilnehmen werden, die
Gewerkschaftsjugend war nicht Spiritus rector dieser Idee, diese stammt
von wahrscheinlich der Soz. Jugend oder der Jungen Generation. Dies
gilt insbesondere auch über die Frage, wer aller eingeladen wird, wer
aller mitzuwirken hat u. wie kann man verhindern, daß nicht die KP
an diesem Friedensmarsch rein optisch dominiert. Der letzte Stand ist,
daß jetzt der Bundesjugendring die ganze Organisation und Veranstaltung
übernehmen soll. Zentralsekr. Marsch bemerkte nur, daß man seinerzeit
beschlossen hat, daß der heurige 1. Mai im Zeichen des Friedens und
der Freiheit stehen soll. Jetzt sieht er durch diese am 15. Mai
durchgeführte Friedensmarschbewegung die dominierende Stellung der
Soz. Partei gefährdet. Mit Recht hat Präs. Benya darauf verwiesen, daß
müsse er sich in der Löwelstraße, also dem Sitz der Soz. Partei mit
der SJ und der JG ausmachen.
Bundespräs. Kirchschläger hat sich über meinen Besuch im Allgemeinen
Krankenhaus sehr gefreut. Er befindet sich auf dem Weg zur Besserung,
empfängt schon alle Besucher, die Lungenentzündung klingt ab, er
bleibt aber, wie die Ärzte wünschen, 10 Tage im Spital und wird
anschließend daran 8 Tage noch zu Hause bleiben. Die Amtsgeschäfte
kann er auch von dort führen, obwohl es ihm, so ist zumindest mein
Eindruck, wesentlich besser geht, als Kreisky, hält er sich doch wesent-
lich mehr an die Anordnungen der Ärzte, so habe ich zumindestens den
Eindruck. Natürlich interessierte er sich besonders auch über den
Gaddafi-Besuch. Für mich ist dieser Besuch deshalb auch noch so
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problematisch, weil ich den ganzen Tag mit dem Problem konfrontiert
wurde, wie ich gleichzeitig auch den britischen Handelsminister
und sein Programm unterbringen kann. Der britische Handelsminister
ist ausschließlich nach Österreich gekommen, so wurde zumindestens
vom britischen Botschafter mitgeteilt, damit er mit GD Apfalter
Kohlebezüge besprechen kann. Jetzt müssen alle Programme umgestellt
werden, da zu diesem Zeitpunkt Gaddafi auch in Linz ist. Ich habe
natürlich gar kein Interesse, den britischen Gast zu verärgern oder
auch nur optisch den Eindruck entstehen zu lassen, daß man Gaddafi
bevorzugt. Gaddafi wird allerdings wesentlich größere Aufträge zur
VÖEST bringen, der britische Handelsminister dagegen will unbedingt
Kohle der VÖEST verkaufen. Zuletzt ist es aber dann doch geglückt,
ein optisch erträgliches Programm auch für den Handelsminister zu
erstellen.
Tagesprogramm, 9.3.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 124. Ministerratssitzung, 9.3.1982
64_0303_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
Nachtrag TO 124. Ministerratssitzung, 9.3.1982
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)