Mittwoch, 13. Jänner 1982
Im Unterausschuß des Handelsausschusses über Energiesicherung erklärt
die ÖVP sofort, daß sie keine konkreten Verhandlungen mehr führen will.
Der von den Experten ausgearbeitete Fernwärmegesetzentwurf ist bis
auf einige Kleinigkeiten die die ÖVP jetzt neuerdings urgiert fertig
aufgebaut. Auch der FPÖ-Vertreter hat dem zugestimmt, so daß eigentlich
ein einstimmiger Gesetzentwurf vorliegt. Vorsitzender Staudinger möchte
aber unter gar keinen Umständen nachdem weder Dr. Mock noch der Energie-
sprecher Dr. König derzeit im Inland weilen, die Verhandlungen weiter-
führen, andererseits aber auch nicht abbrechen. Die Sitzung ist daher
sehr kurz und endet abrupt als die ÖVP nicht einmal bereit ist, ihre
neuerlichen Expertenwünsche wie sie allerdings selbst sagt, zu Kleinig-
keiten mitzuteilen.
In der Vorbesprechung im sozialistischen Klub wurde bereits festgehalten,
daß was immer von seiten der ÖVP geschieht, wir den Unterausschuß dann
beenden, um im Handelsausschuß mit der Mehrheit den von den Experten
ausgearbeiteten Gesetzentwurf über die Fernwärme als auch das in groben
Zügen fertiggestellte Energiesicherungsgesetz durchzubringen und dann
ins Plenum zur Beschlußfassung zu befördern. Dort allerdings wird die
ÖVP sicherlich diesen Gesetzentwurf, der die 2/3-Mehrheit braucht, ab-
lehnen, worauf unverzüglich dann der einfachgesetzliche Entwurf von uns
beschlossen werden sollte. Zu prüfen ist jetzt sofort, wie wir diesen
einfachgesetzlichen Fernwärmegesetzentwurf dann ins Plenum bringen.
Schlecht wäre es, wenn wir nach Ablehnung der ÖVP im Plenum des 2/3-
Gesetzes keinerlei einfachgesetzliche Regelung mehr zur Abstimmung ha-
ben. Wahrscheinlich müssen wir deshalb bereits im Handelsausschuß auch
den Alternativgesetzentwurf irgendwie reinbringen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Dr. Zluwa soll sofort mit Parlamentsfachleuten
diese Variante überlegen.
Bei der Inbetriebnahme der Fernwärmehaupttransportleitung Innere Stadt
Kagran wurde von Bgm. Gratz der Vorschlag gemacht, es müßte der Ausbau
des Fernwärmenetzes über einen Fonds, ähnlich dem Wasserwirtschaftsfonds
geschaffen werden. Die Fernwärme ist als bequeme Wärme gegenüber der
Individualheizung bis 73 sozusagen gebaut worden. Seit dieser Zeit aber
muß aus Energiespargründen Fernwärme als nationales Anliegen betrachtet
werden. Deshalb sollte das Handelsministerium sofort die Verhandlungen
mit den Interessensvertretungen und den Ländern über eine Fondskonstruk-
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tion aufnehmen. So wie im Wasserwirtschaftsfonds natürlich die Brunnen-
besitzer hätten sagen können, wozu brauchen wir eine Wasserleitung oder
die Senkgrubenbesitzer erklärte hatten, eine Kanalisation ist über-
flüssig und trotzdem wurde eben der Wasserwirtschaftsfonds geschaffen
um diese kulturelle Tat, die insbesondere in dem letzten Jahrzehnt be-
sonders ausgebaut wurde, so müßte dies jetzt beim nationalen Anliegen
der Fernwärme ebenfalls geschehen. Gratz erwähnte nur, daß eine Möglich-
keit darin bestünde, einen einheitlichen E-Preis in Österreich zu ma-
chen und die Differenzbeträge, die abgeschöpft werden, dann eben z.B.
diesem Fernwärmefonds zuzuführen.
Ich akzeptierte sofort die Idee, daß eine großzügige Lösung gesucht
werden soll. Die Speisung des Fonds mit einem einheitlichen E-Preis und
Differenzabschöpfung erklärte ich allerdings für kaum mit westlichen
Bundesländern durchführbar. Der E-Preis von S 1.-- im Westen und 1,60 S
im Osten insbesondere in Wien und daraus aufgebaute Abschöpfung wird
niemals in den westlichen Bundesländern akzeptiert werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Gratz Idee im Detail ausarbeiten lassen
insbesondere Wasserwirtschaftsfondskonstruktion prüfen und dann auf Jour
fixe AK und HK setzen.
Bei der Eröffnung lernte ich auch die Vertreter von Mannesmann Anlagen-
bau kennen. Der österreichische Direktor Katzenschlager hat mir den
Dipl.Ing. Schwarzbach, Vorstandsmitglied aus der BRD vorgestellt. Von
diesem erfuhr ich von meiner größten Überraschung, daß es keine moderne
Fernwärmeleitung als in Wien gibt, die Deutschen demonstrieren an dieser
Leitung von Interessenten westlicher Bundesländer wie sie moderne Fern-
leitungen bauen. Wien ist weltweit die beste Anlage. Ich bin überzeugt
davon, daß dies auch in der Energiesektion kaum jemand weiß.
Dir. Reh aus der DDR bringt mir von Staatssekretär Beil eine Einladung
zur Leipziger Messe. Mein Versuch Frau Staatssekretär Albrecht dafür
vorzuschlagen, scheitert daran, daß Reh mir vertraulich mitteilt, ich
müßte wegen der Geschäftsbeziehungen VÖEST-Alpine mit DDR unbedingt
diesmal wieder bei der Leipziger Messe anwesend sein. Er hätte mit GD
Apfalter bereits darüber gesprochen und es besteht die Möglichkeit,
Sonntags morgens mit dem Privatflugzeug der VÖEST nach Leipzig zu flie-
gen und am Abend wieder zurück. Da auch der neue Abteilungsleiter Tschach,
der 15 Jahre bereits die DDR bearbeitet, noch nie dort war wird auch
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er auf meinen Vorschlag mitfliegen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte unsere 3 Plätze sofort sichern.
Tschach macht Reh darauf aufmerksam, daß die VÖEST-Alpine jetzt 7.000
to Stahlroheisen, das sie eigentlich für die nicht genug aufzubringen-
de Schrottmenge einsetzt, aus der Schweiz von Philipp Brothers aus Zug
beziehen kann. Die DDR hat ausdrücklich auf diese Liefermöglichkeit
aufmerksam gemacht. Warum die DDR diese Menge über die Schweiz liefert
ist für mich nur so erklärlich, daß sie eben dorthin größere Liefer-
mengen disponiert hat und jetzt eben von dort abrufen kann. Für die
816.000 $ wünscht nun die VÖEST-Alpine, daß dies als Direktbezug direkt
behandelt wird und daher in die Kompensation die VÖEST-Alpine erbringen
muß, angerechnet wird. Reh kennt dieses Geschäft nicht, was mich sehr
wundert und erklärt sofort, er wird es nach seiner Rückkehr am Montag
nach Berlin, entsprechend sofort behandeln.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß bitte dann über das Ergebnis dann dir sofort
berichten.
Der russische Lebensmittelminister Laos aus Estland hat die Firma
Dragoco besucht. Seinerzeit habe ich bei der Überreichung des Staats-
wappens bereits die gemeinsame Kaugummiproduktion. Dragoco liefert die
Aromate von dieser großen Geschäftsverbindung. Sie wird immer mehr aus-
gebaut, da Estland für Gesamtrussland gewisse Lebensmittelproduktionen
ausbaut. Ich weise darauf hin, daß aus den hohen Passivum, das wir ge-
genüber der sowjetischen Handelsbilanz haben, die SU jedwede Zuliefe-
rung von Komponenten daraus bezahlen kann. Leider hat Estland hier
keine autonome Entscheidungsgewalt sondern muß eben auch vom sojweti-
schen Außenhandelsministerium in Moskau, sprich eigentlich Patolitschew
die Zustimmung bekommen.
Der algerische Transportminister ist angeblich der erste offizielle
algerische Ministerbesuch in Österreich. Wir unterhalten uns über die
Exportmöglichkeit Österreichs. Da wir aus Algerien doch etliche Tonnen
Öl beziehen, sind auch wir nach Algerien passiv, 1980 haben wir für 1,8
Mrd. S importiert und nur für 1,2 Mrd. exportiert. In den ersten 11 Mona-
ten des vergangenen Jahres wurde der Import auf 3 Mrd. erhöht und der
Export ist fast mit 1,3 Mrd. annähernd gleichgeblieben. Ich versuche des-
halb dem Transportminister klarzumachen, daß Steyr-Daimler-Puch an Lie-
ferungen von 700 Bussen und bis zu 400 schwere LKW 280 PS sehr interes-
siert wäre. Goudjil antwortete wie zu erwarten, daß sie bereits im 80er
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versucht haben 1.000 Busse und 500 LKW die ausgeschrieben waren auch
für SDP die verspätet offeriert haben, diese einzuschalten. Das Ergeb-
nis war allerdings, daß sie dann doch um 22 % teurer waren als die Fiat
anboten. Im 80er-Jahr hat sogar die Absicht bestanden, 20.000 Mopeds
in Österreich zu kaufen. Die Preise sind leider so hoch, daß die algeri-
sche Seite die Zuschläge nur sehr schwer, bei allem politischen Willen
vertreten könnten. Die Algerier sind aber insbesondere auch an einem
technischen Know-how-Austausch über ihre Einkaufsfirma Somakom sehr
interessiert.
Natürlich kommen wir dann auf die Gaslieferungen der Sonatrach resp.
die Verhandlungen zu sprechen. Da die Sonatrach jetzt mit Belgien an-
geblich einen für sie günstigen Gasvertrag abgeschlossen hat, auch die
Franzosen sind jetzt wesentlich verhandlungsbereiter als dies von der
Regierung Giscard d'Estaing war, zeigt die algerische Seite kein beson-
deres Interesse mit Österreich zu einem anderen Abschluß zu kommen. Auch
die Italiener müssen früher oder später die Sonatrach-Bedingungen akzep-
tieren, da sie ja bereits eine Gaspipeline von Algerien über Tunis und
das Mittelmeer nach Italien gelegt haben. Goudjil wird das österreichi-
sche Interesse an Sonatrach-Gasbezügen seinem Energieministerkollegen mit-
teilen. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, daß wir keine allzu
positive Reaktion in der nächsten Zeit darauf bekommen können.
Mit AK, Maurer und Hruby, und ÖGB, Tumpel, bespreche ich sehr eingehend
mit Jagoda und unserem Büro die weitere Vorgangsweise bei der Gas- und
Benzinpreisfestsetzung. Die AK und ÖGB gehen auf dem wie ich glaube sehr
vernünftigen und für uns einzig möglichen rechtlich einwandfreien Vor-
schlag Jagodas nicht ein. Sie stehen auf dem Standpunkt, es ist durch
eine Verordnung für den inländischen Gaspreis eine Differenzierung zwi-
schen RAG und ÖMV nicht möglich. Die Idee, die Tiefenbohrungen oder die
geologisch ungünstigen Bedingungen der ÖMV als Grundlage für einen hö-
heren Verordnungspreis zu machen, können nicht erbracht werden. Da die
AK aber insbesondere aus OÖ eine Nachziehung des RAG-Gaspreises auf den
ÖMV-Gaspreis ganz entschieden ablehnt und kostenmäßig auch sicherlich
nicht begründet ist, sieht Jagoda und auch ich dann letzten Endes selbst
ein, daß wir auf diesem Weg nicht weiterkommen. Wir beschließen daher,
daß die AK noch einmal mit den OÖ Kollegen festlegt, welchen Gaspreis
von derzeit S 1.-- auf wahrscheinlich S 1,35 bis S 1,45 die AK zustimmen
kann. Dieser wird dann von der Preiskommission, hoffentlich einstimmig,
beschlossen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich seinerzeit
einmal festgehalten, daß wenn in der Preiskommission ein einstimmiger
Beschluß mit den beteiligten Ministerien und vor allem den Interessens-
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vertretungen zustande kommt, dies als der richtige volkswirtschaftlich
gerechtfertigte Preis akzeptiert werden kann. Der Verwaltungsgerichts-
hof dagegen hat ja durch sein Urteil den seinerzeitigen Preisbescheid
für die RAG aufgehoben. Auch die zwei jetzt angefochtenen Bescheide
werden sicherlich vom Verwaltungsgerichtshof gespritzt.
Für den ÖMV-Inlandspreis schlägt AK und ÖGB dann die von der ÖMV ver-
langten 1,95 S vor. Zuerst wollten sie diese Preishöhe noch nicht der
ÖMV mitteilen, natürlich zuerst der RAG-Preis verhandelt und beschlos-
sen werden muß. Da ich aber im Zuge des Benzinpreisverfahrens strengst
vertraulich dem GD Bauer diese Gaspreislösung mitteilen muß, damit die-
ser eine vernünftige Benzinpreissenkung akzeptiert, stimmt auch AK und
ÖGB dieser Politik der Mitteilung zu.
Bezüglich der Benzinpreissenkung schlage ich vor, daß man 20 Groschen
mit GD Bauer sofort vereinbaren sollte. AK aber auch der ÖGB, obwohl
Tumpel gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied der ÖMV ist, meint man sollte
von Bauer 1 S Benzinpreissenkung verlangen. Dadurch würden wir tief
unter dem Schweizer Preis aber annähernd an den deutschen Preis kommen.
Eine solche Preissenkung ist in meinen Augen vollkommen unmöglich. Wir
vereinbaren daher, daß zwar AK und ÖGB als Verhandlungsbeginn einen
solchen Vorschlag machen sollen, daß wir uns aber doch unter allen Um-
ständen mit Bauer auf eine vernünftige Preissenkung einigen sollten.
Satzinger und Grossendorfer übernehmen es, von der ÖMV die Bündeler-
löspreise wie sie derzeit verrechnet werden, unverzüglich zu beschaffen.
Ich selbst bin an einer Benzinpreissenkung nicht besonders interessiert,
begnügte mich daher mit einer optischen wesentlich kleineren Benzinpreis-
senkung, um im Bündel dann die für die Industrie wichtigen Heizölprei-
se vielleicht neuerdings senken zu können. Da diese Senkung aber größten-
teils die ÖMV allein tragen muß, bekomme ich für diese Idee von der AK
und dem ÖGB keine große Unterstützung. Diese Preissenkung müßte dann
übrigens auch im Rahmen der Paritätischen Kommission verhandelt werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Bündelkalkulation vielleicht auch
außer von der ÖMV auch von den Multis vertraulich versuchen zu bekommen.
Tagesprogramm, 13.1.1982