Montag, 21. Dezember 1981
Bei der Dekret- und Auszeichnungsverleihung an die Beamten des Hauses
hat mich der Personalabteilungsleiter MR Böhm ersucht, ob sein Stell-
vertreter Dr. Markwitz, der ebenfalls das MR-Dekret von mir bekommen
hat, ein paar Worte an mich richten darf. Selbstverständlich war ich
damit einverstanden. Markwitz, von dem man sagt, er sei der Kopf von
Böhm, hielt eine gut vorbereitete freie Rede, die mich sehr beeindruckte.
Ausgehend von der Tradition der Monarchie, wo stets immer ein Beamter
dem Minister dankte, erinnerte er an diese Tradition auch in der Zwischen-
kriegszeit. Vereinzelt soll es auch in der zweiten Republik der Fall
gewesen sein. Er durch die Überreichung des MR-Dekretes jetzt seine
höchste Beamtenkarriere erreicht, werde nimmer mehr vor seiner Pensio-
nierung zu einer solchen Gelegenheit kommen. Er schilderte die höchste
Verpflichtung des Beamten, loyal dem Staate zu dienen, aber auch die
Verpflichtung, vor dem Fürstenthron in Analogie auf die große Tradition
der Beamten auch seine Meinung zu sagen und nicht nur liebzudienen.
Indirekt dann sehr geschickt der Vorwurf, daß der Beamte auch das Recht
hat, für diese Loyalität und Treue dem Staat gegenüber von den Vertre-
tern des Staates, eben den Ministern, entsprechend behandelt und gewür-
digt zu werden. Indirekt dann eine sehr geschickt angebrachte Kritik
meiner Personalpolitik, wonach eben gewisse Beamte keine Chance haben.
Natürlich erhielt er für diese Rede einen mächtigen Applaus. Auch ich
dankte ihm sehr und verwies nur kurz auf die Möglichkeit, daß er keines-
falls unbedingt das letzte Mal hier im Marmorsaal bei einer Ernennung
sein muß. Indirekt gab ich ihm zu verstehen, daß er keinesfalls darauf
darauf verzichten muß, auf einen Neuner-Posten niemals zu gelangen. Ich
habe lange, bevor das Ausschreibungsgesetz bestand, schon eine Bewertungs-
kommission für die zu vergebenden Posten eingesetzt und trage zwar
letzten Endes die Verantwortung für die Ernennung, doch handle ich stets
nach entsprechenden Vorschlägen. Ich bin sehr gespannt, ob das nächste
Mal wieder ein Beamter das Wort für eine Dankesrede, in Wirklichkeit
für eine Widerrede wünscht. Mir macht es wirklich nichts aus.
Ganz anders die Angelobung der Wirtschaftstreuhänder, diese müssen tra-
ditionsgemäß vor Kruzifix und brennender Kerze schwören, die Steuerbe-
rater legen das Gelöbnis in meine Hand, die Gesetze einzuhalten. Der
Präsident Burkert der Wirtschaftstreuhänderkammer verwies darauf, daß
früher diese Angelobungen stets in der Kammer erfolgten, jetzt aber
das Ministerium den Marmorsaal zur Verfügung stellt und nachher sogar
jedem ein Paar Würstel kredenzt, um einen feierlichen Rahmen abzugeben.
Viele, die jetzt diese Prüfung hinter sich haben, beabsichtigen nicht
mehr in Kanzleien zu bleiben, sondern selbständig zu werden, teils waren
sie es sogar schon.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: In Hinkunft bitte meinen Sohn fragen, wer bei
seinem Nachhilfekurs war.
Beim Journalistenfrühstück referierte GD Fremuth von der Verbund über
die letzte Strompreiserhöhung und insbesondere über die Investitionsab-
sichten. Ergänzt wurde dieser Bericht dann gleichzeitig auch das Taschen-
buch für Energiestatistik, vorgestellt von MR Burian. Da die Polen bis
jetzt ihre Stromlieferungen trotz der kritischen Wirtschaftssituation
weiter nach Österreich liefern, erwartet Fremuth, daß sie auch 1983
die vierfache Menge, die sie sich vertraglich verpflichtet haben, liefern
werden, ebenso die doppelte Menge von Kohle, die jetzt vertraglich ge-
liefert werden müßten, nämlich eine weitere Mio., obwohl jetzt die Kohlen-
lieferungen vollkommen zum Erliegen gekommen sind und auch in den
letzten Monaten vor der Militärdiktatur drastisch zurückgegangen sind.
Da die Verbund wegen ihrer nicht sehr glücklichen PR-Kampagne "Jedermann
braucht Strom" stets angegriffen wird, haben sie sich jetzt entschlossen
einen größeren Geldbetrag der Polenhilfe zu spenden, was Fremuth sofort
verlautbarte.
Dr. Rieder vom Justizministerium, der in Wirklichkeit das ganze Mieten-
gesetz ausgearbeitet hat, referierte darüber. Ich ersuchte ihn die
Materie so einfach wie möglich darzustellen, was für einen Initiator
einer so großen Novelle und einem so profunden Kenner sehr schwer ist.
Außerdem hat er mir vorher schon gesagt, daß das erklärte politische
Ziel war, eben zu sagen, daß es keine generelle Mietzinserhöhung gibt,
obwohl durch die Einführung des Erhaltungsbeitrages sehr wohl, so bin
ich überzeugt, fast jeder eine Mietzinserhöhung im nächsten Jahr erwar-
tet. Rieder allerdings meinte mir gegenüber, er glaubt, daß die privaten
Hausherren in Wien nicht allgemein eine Erhaltungsaufwandlösung anstre-
ben. Nur die Gemeinde Wien hat schon beschlossen, daß in allen ihren
Wohnhäusern diese Mietzinserhöhung genützt wird, um eben Geld für Ver-
besserung der Wohnhäuser zu bekommen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Wie wird das Statistische Zentralamt
diese Entwicklung statistisch erfassen.
Prof. Mang hat ein Ladenbaubuch in Deutschland herausgebracht, mir eines
übergeben und dabei gleich festgestellt, daß in Österreich viel zu wenig
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technische Neuerungen bei den Supermärkten zur Anwendung kommen, die
auch architektonisch entsprechen. Ich habe ihm keinerlei Zusagen ge-
macht, doch bin ich sehr froh, daß Staatssekretär Albrecht, die leider
bei der Übergabe nicht anwesend sein konnte, im Zuge ihrer Design-Ak-
tivitäten dieses Buch und insbesondere diese Sparte besonders beachten
will.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Ich bin sehr einverstanden dies in einem
Pressefrühstück vorzustellen.
Vertreter der Teigwarenindustrie mit der Handelskammer wünschen, daß
ein Antidumpingverfahren wegen der billigeren Teigwarenimporte aus
Italien und in Hinkunft sicherlich auch aus der BRD eingeleitet wird.
Insbesondere die Firma Hofer hat dezidiert solche Importe angekündigt.
Angeblich kann sie um 13.50 S Teigwaren verkaufen, die in Österreich
17,70 S kosten würden. Mit dem italienischen Preis sind nicht einmal
das Material und die Löhne gedeckt. Die Beamten des Handelsministeriums,
insbesondere Dr. Tschach, in dessen Abteilung die Antidumpingverfahren
laufen, verwies zu Recht darauf, daß die vorgelegten Unterlagen nicht
ausreichen, um ein einwandfreies Verfahren abzuwickeln. MR Bachmayer
verwies darauf, daß die Gefahr besteht, wenn Italien oder gar Deutschland
dann auch einbezogen werden, sich an die EG in Brüssel wenden, diese dann
für die seinerzeitige GATT-Kündigung von Teigwaren entsprechende Kom-
pensation als Gegenforderungen sofort aufstellen werden. Damit würde die
Teigwarenindustrie in wesentlich schwierigere Situationen kommen, als
sie jetzt noch ist. Wir einigten uns daher darauf, daß ich Gespräche
mit den Hofer-Vertretern GD Willbrandt und Melchart, dem Einkaufschef,
führen werde, um sie neuerdings für österreichische Teigwarenkäufe zu
animieren. Darüber hinaus wird die Abteilung mit dem italienischen Han-
delsrat über diese Dumpingimporte Gespräche führen, vielleicht, daß
die Italiener sie selbst abstellen können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte für die Hofer-Vertreter auch die positi-
ven Zahlen der schon getätigten Inlandsverkäufe zusammenstellen lassen.
Die Firma Schmidt befindet sich in einer schwierigen Finanzsituation.
Der Arbeiterbetriebsrat, aber auch der Angestelltenbetriebsrat sind mit
dem Gewerkschaftsvertreter zu mir gekommen, um mir nicht nur diese Si-
tuation zu schildern, sondern auch in der Hoffnung, daß ich Betriebs-
mittelkredite zur Verfügung stellen könne. Da ich dafür im Budget gar
keine Möglichkeit habe, auch niemals noch von irgendwelchen anderen
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Betriebsmittelkredite gegeben wurden, gibt es als einzigen Ausweg, falls
der Betrieb größere Kündigungen beabsichtigt, eine Hilfe über die Ar-
beitsmarktförderung durch das Sozialministerium.
Die steirische Baufirma Lieb-Bau in Weiz erhielt das Dekret zur Führung
des Staatswappens und wollte es unbedingt sofort haben. Vor kurzem
hat die Firma ein 50-Jahr-Jubiläum gefeiert, schade, daß es nicht bei
dieser Gelegenheit schon möglich war, ihnen das Staatswappen zu über-
reichen. Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter, was selten ist,
Mann und Frau, sind mit Betriebsräten und ihrer Tochter und Sohn er-
schienen. Nett war, daß sie für unsere Tombola, da sie ja nicht wissen
ein riesiges Pschorpackerl mitgebracht haben.
Dir. Kreutler von Semperit, der, wie er mir erklärte, gerne zweimal im
Jahr kommen möchte, um die Situation in seinem Betrieb zu schildern, be-
richtete von einer jetzt gerade absolvierten Japanreise. Er ist fest
davon überzeugt, daß man mit den Japanern größere gemeinsame Investi-
tion, also Joint-ventures machen kann. Sie selbst werden jetzt eine Keil-
riemenproduktion aufziehen. Dafür sind 200 Mio. S Investition notwendig.
Die Keilriemen werden dann in Europa von Semperit und in Japan und Ame-
rika von den japanischen Geschäftspartnern vertrieben. Wenn Semperit
neue Produkte erzeugt, dann kann es auch, wenn es in kleinerem Produk-
tionsstätten geschieht, sehr positiv abschließen. IPW, die Plastikfa-
brik in Wels, hat heuer einen Umsatz von 450 Mio. S, exportiert 70 %
und kann sogar 30 Mio. positiv gebaren. Der ganze Semperitkonzern hat
im Vorjahr 145 Mio. S Verlust gemacht und wird heuer 300 Mio., nicht zu-
letzt auch durch die irische Fabrik, machen. Der technische Sektor, den
Kreutler betreut, kann die Riesenverluste der Reifenerzeugung nicht
annähernd kompensieren. Früher war es gerade umgekehrt, da waren die
positiven Ergebnisse der Reifenproduktion die tragende Säule des Sem-
peritkonzern.
Der Personalvertreter Herold wollte ein Gespräch mit mir. Vorher hat mich
Burian informiert, daß sie wegen der offenen Fragen, Ausschreibung des
Energiesektionspostens der Abteilung 5 wegen des Referates von Blass
und bezüglich der Stellvertretung der Personalvetreterin Steffek in
einer anderen Abteilung, da sie in ihrer keine Chance hat, verhandelt ha-
ben und sich eine Einigung abzeichnet. Das Ganze soll wieder einmal ein
Paket werden. Gegen die Auflösung der Gruppe B in der Dreier-Sektion
wird sich der Zentralausschuß neuerdings damit beschäftigen und sicher-
lich dagegen Stellung nehmen. Dies ist meiner Meinung nach nicht nur das
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legitime Recht der Personalvertretung, sondern auch ich würde gar nicht
anders handeln, da jede Personalvertretung Aufstiegsmöglichkeiten offen
halten will, weil dadurch andere vorrücken können.
Interessanterweise wollte aber Herold über diese Punkte mit mir über-
haupt nicht verhandeln, sondern nur über die Frage der 10 %-ige Über-
stundeneinsparung. Mit Recht erinnerte mich Herold daran, daß seiner-
zeit, als die Überstunden pauschaliert wurden, die Ministerialzulagen
verschwunden sind und man contra legem auch von seiten des BKA erklär-
te, mit den Überstundenpauschalen könnten diese, ohne daß den Beamten
ein Verlust entsteht, eingebaut werden. Jetzt sollen aber die Überstunden
gekürzt werden gerade bei denjenigen, die seinerzeit Ministerialzulagen
bekommen haben, gar keine Überstunden machen und sozusagen gesetzeswi-
drig ermächtigt wurden, solche Überstundenpauschalen zu beantragen, auch
dann, wenn gar keine Überstunden geleistet werden. Herold war sehr zu-
frieden von mir zu erfahren, daß eben keine 10 %-ige generelle Kürzung
erfolgen soll, sondern die Sektionsleitungen die einzelnen Überstunden-
pauschalen einzeln prüfen müssen. Wer Überstunden macht, wird weniger
gekürzt als der, der überhaupt keine mehr erbringt. Herold forderte nur,
daß auch jetzt in dieser Phase bereits die Personalvertretung zugezogen
wird. Dagegen habe ich gar nichts einzuwenden, insbesondere wenn die
Sektionsleiter ihre Sektionspersonalvertretungsvertrauensperson darüber
informiert.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Nächste SL setzen.
Die ÖFVW hat sowie alle Jahre ein Weihnachtsfest, diesmal hatten sie
es in der neuen Lagerhalle im 22 Bezirk. Die vom Art-Direktor Schanovsky,
ein Bekannter aus der SJ-Bewegung aus 45 hatte dazu eine eigene Weg-
skizze auf die Einladung gedruckt. Leider war sie total falsch gezeich-
net, eine einzige Querstraße obwohl es in Wirklichkeit fast ein halbes
Dutzend waren. Ich fuhr daher ganz verzweifelt rum, konnte den Weg nicht
finden, habe einen Taxler gefragt, dieser hatte auf seinem Wienplan ge-
sehen, dort waren überhaupt keine Straßen eingezeichnet, sodaß ich ver-
zweifelt weitersuchte. Ich war sehr überrascht, als er mir dann in
kürzester Zeit folgte, mir erklärte, daß er über Funk sich nach der
Straße erkundigte und mich dann auch tatsächlich dort hinlotste. Natür-
lich hatte er mich als Minister erkannt und daher dieses besondere
Service geleistet. Ich habe mich dafür in seinem Gästebuch herzlichst
bedankt und war sehr glücklich, daß wir etliche Zigaretten im Auto jetzt
immer haben.
Bei der Weihnachtsfeier bin ich dann, da ich ja keine Ansprache mehr
halten konnte, von Tisch zu Tisch gegangen und habe mich mit allen kurz
unterhalten. Überrascht war ich, von den älteren Mitarbeitern der ÖFVW
zu hören, daß ich ja auch bei jeder Weihnachtsfeier bis jetzt immer
anwesend war. Daß ich die neue Halle dann bis ins einzelne besichtigte,
war selbstverständlich, alles ist sehr großzügig geplant, jetzt muß
ich mir kritisch selbst vorwerfen, daß wir wahrscheinlich am zweck-
mäßigsten ausgestiegen wären, wenn wir nicht nur diese Lagerhalle mit
gleichzeitigem Lagervertrieb dort gebaut hätten, sondern vielleicht
dann ein bißchen zentraleren Stelle, nicht so weit vom Zentrum ent-
fernt, gleich eine Lagermöglichkeit und das Bürogebäude.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Jour fixe Zolles setzen.
Überrascht und erfreut war ich, daß ich bei dieser Gelegenheit gleich
den Wiener Fremdenverkehrsseelsorger kennenlernte. Überrascht deshalb,
weil ich gar nicht wußte, daß außer dem sehr aktiven holländischen
Pater, der Kärnten betreut, auch in Wien ein Wiener als Fremdenverkehrs-
seelsorger fungiert.
Tagesprogramm, 21.12.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)