Donnerstag, der 17. Dezember 1981

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Donnerstag, 17. Dezember 1981

Im Parlament, das Schlußkapitel Handel und Finanzen und gleichzeitig auch
der letzte Tag des Parlaments, mußte ich natürlich fast die ganze Zeit
auf der Regierungsbank sitzen. Die Kritik der Opposition bei meinem
Handelskapital war in Wirklichkeit eine Kritik des Finanzministers. Immer
wieder kam der Wunsch entsprechende steuerliche Erleichterungen für die
Betriebe. Zum Glück, könnte man sagen, wird eben gleichzeitig auch das
Finanzkapitel behandelt, wodurch sich eigentlich die gesamte Kritik an
den Finanzminister wendet. Interessant für mich war, daß immer wieder aus
den ÖVP-Reihen gefragt wurde, wo ist der Finanzminister, obwohl 2 Staats-
sekretäre, Karl und Seidel, wenn Salcher abwesend war, sozusagen auf der
Regierungsbank ihn vertraten. Auf meiner Seite war Albrecht. Ihr macht
es angeblich Riesenspaß, in Wirklichkeit habe ich das Gefühl, will sie
mich, wie sie glaubt, schwerer Stunde nicht im Stich lassen. Bereits bevor
noch die Debatte richtig begonnen hat, meinte sie, ich müßte doch jetzt
sofort feststellen, wer aller reden wird. Mir genügte vollkommen, daß
der Wirtschaftssprecher der ÖVP, HK-Präsident vom Burgenland Graf, mir mit-
teilte, ohne die Minister seien es 19 Redner. Albrecht konnte es nicht
ertragen, nicht zu wissen, wer die einzelnen Redner sind. Ich erklärte ihr,
dies erfahre ich noch immer zeitgerecht, wenn sie eben zum Rednerpult
kommen. Liebenswürdigerweise hat sei eben doch über einen Amtsgehilfen
die Rednerliste ergattert und fleißig abgestrichen resp., wenn ich heraus
gegangen bin, sogar alle Details mitgeschrieben.

Sallinger leitete die Debatte ein und behandelte mich sehr schonend. Na-
türlich versuchte er zu behaupten, daß für die Klein- und Mittelbetriebe
oder, wie er immer sagte, den Mittelstand zu wenig geschieht. Mühlbacher,
der dann entsprechend replizierte, hatte als Hit noch, daß vielleicht
Sallinger für die Kleinbetriebe eintritt, aber nicht alle Wirtschaftsbund-
funktionäre, einen Brief der Niederösterreichischen Handelskammer. Dort
werden die Bauunternehmer aufgefordert mit dem grünen Riesen, Verband
ländlicher Genossenschaften, zu kooperieren, da ansonsten dieser grüne
Riese sich eine eigene Bauorganisation aufbaut. Mühlbacher charakteri-
sierte dies als eine Art Erpressung. Die ÖVP-Abg. waren wirklich sehr be-
troffen. Der einzige, der gut informiert war, war der Wirtschaftsbund-
generalsekretär Schüssel, der sofort dazwischenruft, der Brief war ein
Irrtum und ist längst zurückgenommen. Mühlbacher hat dann dies mit dem
Vorlesen beider Schreiben bestätigt. Das Argument, daß hier man sich aber
nicht nach dem Motto, für die Kleinen sich einzusetzen, gehandelt hat,
konnte aber von der ÖVP nicht mehr vom Tisch gewischt werden. Stix be-


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schwerte sich einmal mehr über die Krisenvorsorge, entwickelt vorher aber
eine neue Wirtschaftstheorie, die aber auch wieder nicht neu war. Er
meinte, es gäbe keine Angebots- und keine Nachfragewirtschaftstheorie-
politik, selbstverständlich sagte er dies in Neudeutsch, demand resp.
supply policy, sondern eben eine kaufkraftorientierte, d.h. bei den Ab-
nehmern zu subventionierende Nachfragepolitik. Nach Vorschlag der FPÖ
sollte man dem Wohnungsmieter resp. dem Geschäftsmann doch Subvention
imstande setzen, eben eine Miete sich leisten zu können und dadurch der
Bauwirtschaft resp. dem Bauherrn die Möglichkeit geben, Wohnungen oder
Geschäftslokale anzubieten.

Dittrich kritisierte als Wiener Handelskammerpräsident, daß die Gemeinde
Wien eine dreimonatlich für nicht eine Lehre findende Jugendliche zu
subventionierende Aktion zuerst die Stadtverwaltung zugesagt hat und
jetzt absagte. Objektiverweise berichtete er, daß jetzt die Arbeitsmarkt-
verwaltung mit der Handelskammer gemeinsam diese Aktion starten wird.

Alle anderen Redner, soweit sie zum Kapitel Handel sprachen, befaßten
sich dann primär mit Fremdenverkehr oder Energie, Landgraf und Westrei-
cher
besonders über die steuerlichen Belastungen der Getränkesteuer und
der sonstigen unnötigen Arbeiten der Gastwirte für den Staat. Typisch
war nur, daß Landgraf sich bei mir erkundigte, ob tatsächlich so wenig
Budgetmittel jetzt für Reisen der Beamten zur Verfügung stehen, daß
in Zukunft die Gefahr besteht, daß sie eben nicht mehr genug Dienstrei-
sen machen könnten. Dies hatten sich sicherlich ein paar Beamte bei ihm
bestellt. Gleichzeitig hat er aber auch besonders lobend hervorgehoben,
daß sowohl SC Jagoda als auch Gruppenleiter Würzl Dank verdienen für
ihren Einsatz für die Fremdenverkehrsbetriebe. Fachleutner, ein Bauern-
vertreter und gleichzeitig Obmann des Getreidewirtschaftsfonds, hat
sich mit den Möglichkeiten der Ölsaatenproduktion, Biosprit-EG-Verhand-
lungen beschäftigt und mir ein gutes Argument geliefert, in dem er auf
die gute alte ÖVP-Zeit verwies. Selbstverständlich habe ich dann in
meiner Replik darauf hingewiesen, daß zur guten VP-Zeit einmal 305.000
Arbeitslose waren, mit einer Arbeitslosenrate von 8,7 % zum Unterschied
von der heurigen mit 2,4 %. Löffler ging auf die Energiepolitik ein und
meinte, man sollte bei der Fernwärme vorsichtig sein, worauf ich ihn
darauf aufmerksam machte, daß sein ÖVP-Kollege Energiesprecher König so-
gar verlangt hat, von Wien bis Linz eine Fernwärmeschiene zu legen. Die
SPÖ-Sprecher, insbesondere Heindl, beschäftigten sich mit Außenhandelspro-
blemen. Da er mich gelegentlich fragt, was ich zu seiner Rede sagte,
meinte ich, dort wo er unmittelbar beteiligt ist, d.h. bei Fremdenver-
kehr, Energie spricht er vollkommen frei, braucht kein Konzept und wirkt


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sehr gut, dort wo er das Gefühl hat, er muß auch etwas dazu sagen, wie
eben beim Außenhandel, ist es besser, er spart sich diese Themen. Köck,
der Betriebsratsobmann der DoKW ist, spricht natürlich immer nur über Ener-
gie. Diesmal hat er zum Schluß nur gemeint, es müßten also der Gesund-
heitsminister und Landwirtschaftsminister sich endlich mit dem Energie-
minister über den Standort Hainburg einigen.

Die Budgetdebatte ging wider Erwarten viel früher zu Ende, als alle ange-
nommen haben, weil dann doch mehr als 1/3 der Redner gestrichen wurden.

Mit dem Finanzministerium wurde von Jagoda und Würzl und Burian über die
3 resp. auf 4 % zu erhöhende Zinsenstützung verhandelt. Zu meiner größten
Überraschung erfuhr ich dann nach dem Abschluß dieser Verhandlungen, daß
man im Büro des Finanzministers allen Ernstes gedacht hat, nur die
Gewerbestrukturaktion von 3 auf 4 % aufzustocken. Dies hätte den Finanz-
minister nur 30 Mio. S gekostet, wäre aber ganz unmöglich gewesen. Ich
habe dies der Bürokollegin, die dafür zuständig ist, klar und deutlich
gemacht, entweder alle Bürgesaktionen inkl. auch der ERP-Ersatzaktion
oder gar nichts. Salcher hat dies sofort eingesehen und daher zugestimmt,
daß wir mit 81 Mio. S ca. damit alle Aktionen abdecken und zugestimmt.

Bezüglich der Möglichkeit einer dritten Papieraktion war Salcher im
Prinzip dafür. Ich habe von ihm nur verlangt, daß er den Wunsch der
Papierindustrie erfüllen will, dann müßte dies auch unbedingt bei der
Regierungsklausur im Jänner beschlossen werden. Salcher wird sich noch
überlegen, ob er, so wie Kaber ihm vorschlägt, nur 2 Mrd. S Kreditumfang
macht oder ob nicht, wie die zweite Aktion, er diesmal wieder 3 Mrd. S
bereitstellt.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte alles für die Klausurarbeit vorbereiten.

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Tagesprogramm, 17.12.1981


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sts. HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Präs. HK Bgld.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO DoKW


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Sts.


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Präs. Wr. HK


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Ökonom, ab 1981 Sts.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ÖVP-BR- bzw. NR-Abg.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: ÖVP-Wirtschaftsbund


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Obmann Getreideausgleichsfonds


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                    GND ID: 102318379X


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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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