Dienstag, 15. Dezember 1981
Im SPÖ-Klub berichtete Fischer über die Vereinbarung mit der ÖVP, Zu-
stimmung zum ÖIAG-Sanierungsgesetz. Überraschend für mich war die Bemer-
kung, daß man für die Zustimmung der ÖVP einen zu hohen Preis bezahlt
hat. Erst im Laufe des Tages konnte ich dann aus Gesprächen entnehmen,
daß führende Genossen über die Verhandlungsweise und vor allem selbst-
herrlichen Entscheidungen der Experten Schmidt, Veselsky, Prof. Nowotny
und Klubsekretär Ostleitner sehr unzufrieden sind. Die Experten haben
scheinbar im Namen des ÖGB, der AK, des Klubs verhandelt, ohne mit diesen
Stellen Kontakt zu haben, geschweige denn ihre Zustimmung zu den Vor-
schlägen, die sie der ÖVP machten, gehabt zu haben.
Ich wurde von Fischer aufgefordert über die Gewerbeordnungsnovelle zu
informieren, Diskussion gab es keine.
Dallinger referierte über die Auseinandersetzung im ORF bezüglich der
freien Mitarbeiter. Im Laufe des Tages wurde dann bekannt, daß es zu
einer einvernehmlichen Regelung zwischen ORF, Betriebsräten und Gewerk-
schaft Kunst, freie Berufe und der ORF-Geschäftsführung gekommen ist.
In einem Initiativantrag wird im ORF-Gesetz eine Novelle eingebracht,
wo die freien Mitarbeiter mit ähnlichen Bestimmungen des Angestellten-
gesetzes geregelt werden.
Der kubanische Vorsitzende der Gemischten Kommission, Llompart, mit einem
Teil seiner Delegation hatte mit Salcher und mir wegen der Kreditgewäh-
rung die erste Aussprache, bevor wir eigentlich die Gemischte Kommission
noch eröffneten. Er beschwerte sich über die Unbalanz , im Vorjahr 68 Mio.
kubanischem Export stehen 113 Mio. österreichischer Export gegenüber.
In den ersten 10 Monaten hat der österreichische Import von 65 Mio. auf
46 Mio. abgenommen, während unser Export von 95 Mio. auf 110 Mio. nach
unserer Statistik angestiegen ist. Kuba möchte 5 Mio. $ Entwicklungshilfe-
kredit innerhalb von 2 Jahren. Dieses Verlangen ist mir umso mehr erklär-
lich, als bereits einmal ein 2-Mio.-$-Kredit ebenfalls von 2 Jahren ihnen
gegeben wurde. Darüber hinaus möchte er noch einen Handelskredit haben,
den er weder der Höhe nach noch den Konditionen nach beschrieb. Salcher
erwiderte, daß wenn er persönlich auch nicht an der Gemischten Kommission
teilnimmt, alles, was ich sage, ist so wie wenn es er sagen würde. Die
Angleichung des Außenhandels ist eine mittelfristige Frage, Entwicklungs-
hilfe gibt der Bundeskanzler aus seinem Budget, über die gesamte Kredit-
gewährung kann erst im nächsten Vierteljahr entschieden werden. Für
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Polen, wo Österreich der größte Gläubiger pro Kopf ist, sind allein 800
Mio. $ notwendig. Insgesamt hat Österreich ein Finanzierungsvolumen, das
heute neben Polen Rumänien, Türkei, Jugoslawien als zweifelhafte Schuld-
ner umfaßt, von 2 Mrd. $ für das nächste Jahr zu finanzieren.
Llompart hat dann vor der Gemischten Kommission mich noch ersucht, ich
sollte dafür sorgen, daß in das gemeinsame Protokoll die Wünsche Kubas
aufgenommen werden und daß die Stellungnahme Österreichs dazu ist, wie
Salcher vorgeschlagen hat, daß im ersten Quartal 82 darüber entschieden
wird. Mit dieser Vorgangsweise war ich einverstanden und auch Salcher hat,
wie ich ihm dann berichtete, dem sofort zugestimmt.
Beim Jour fixe mit der Handelskammer, Sallinger, Kehrer, Albrecht und
ich, gab es zuerst eine härtere Diskussion über die heute im Plenum
durchzuführende Novelle der Gewerbeordnung. Gen.Sekr. Kehrer, der ja
eigentlich erst die Gefahr für die ÖVP durch einfachgesetzliche Rege-
lung von Energiemaßnahmen in der GewO erkannt hat, wollte ja unbedingt,
daß diese Bestimmung aus der GewO herauskommt. Sallinger meinte, für die
Zugeständnisse, die er im Zuge der Verhandlung auf dem Energiesicherungs-
gesetz gemacht hatte, wurde er in der Handelskammer von den Unternehmern
hart kritisiert. Zynisch wollte ich schon sagen, da muß er ja froh sein,
daß es nicht zu dem von der ÖVP akzeptierten Punkt im Energiesicherungs-
gesetz gekommen ist.
Ich berichtete über die Ausschußverhandlungen wirtschaftliche Integra-
tion betreffend Joghurtvereinbarung. Hier hat die Handelskammer immer
dagegen Stellung genommen, ähnlich die AK, nur die Landwirtschaftskammer
war bis jetzt positiv. Zur größten Verwunderung hat ÖVP-Klub gerade
Landwirtschaftsvertreter jetzt dagegen polemisieren lassen.
Ich informierte Kehrer, während Albrecht dankenswerterweise mit Sallinger
über die Weihnachtsfeiertage und der Einladung von ihm an Albrecht und
mich sprach, über das Ansuchen der Vorwärts AG für einen Bürgeskredit.
Die Wiener Handelskammer hat diesen mit der Begründung, daß es sich um
kein mittleres Unternehmen handelt, abgelehnt. Ich konnte aber ein hal-
bes Dutzend genehmigte Kredite an Druckereien von der selben Größenord-
nung mit einer einzigen Ausnahme bei Globus, also der KP-Druckerei, sagen,
die ebenfalls die selbe Größe haben und ohne weiteres den Kredit bekamen.
Ich habe, nachdem Kehrer sich alles notierte und nichts dagegen vorbrachte,
außer daß die Wiener Kammer eben diese negative Stellungnahme abgegeben
hat, die Bürges verständigt, daß sie den Kredit aufgrund der auch anderen
Druckereien gewährten Kredite geben soll.
Sallinger war wütend über die gestrige Generalversammlung der ÖFVW, über
die ich ihm auch berichtete. Sallinger meinte, der Kompromiß wegen der
Satzungsänderungen, daß ein gemeinsamer Vorschlag der Handelskammer und
der Länder für meine Stellvertretung erfolgen soll, hätte, von wem weiß
ich nicht, besprochen werden müssen. Sallinger und Kehrer gestehen mir
zu, daß ich für dieses Schlamassel nicht verantwortlich bin, sondern die
ÖVP-Fraktion sich hier nicht einigen kann. Kehrer meinte, in der jetzigen
Satzung ist ein geschäftsführender Obmann vorgesehen und es müßte daher
ev., wenn die Satzung nicht geändert wird, ein solcher ernannt werden.
Dies stimmt sicherlich nicht, außerdem könnte ich gar keinen einvernehm-
lichen Vorschlag darüber machen.
Sallinger drohte, er wird seine finanziellen Aktivitäten bei der ÖFVW
genau überlegen, zuerst wollte er sogar die Idee, daß wir das Haus in
der Margaretenstraße kaufen, abrupt ablehnen. Ich konnte ihn dann mit
Unterstützung von Albrecht davon überzeugen, daß es besser ist, erst im
nächsten Jahr darüber zu reden. Allen Ernstes wollte er mir erklären,
daß er durch die 300 Mio. S, die er Kreisky versprochen hat und die aus
den AHF-Beiträgen zu zahlen sind, sowie einer Aufstockung der Exportfi-
nanzierung, 2 bei der Österr. Kontrollbank um 100 Mio. S, der Schlüssel
lautet 1 Teil die Handelskammer, 5 Teile der Bund, keinesfalls mehr die
20 % von 90 Mio. Hauskauf, also 18 Mio. S bereitstellen könnte. Sallinger
ist hier nur aus Verärgerung dagegen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit KR Scheiner verbinden.
Kehrer hat dann in einer Eindringlichkeit, die ich von ihm noch nie er-
lebte, über die Verhandlungen der Handelskammer mit Dallinger über das
Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz gesprochen. Er meinte, die Handels-
kammer hat überall nachgegeben, in einem Punkt aber wird es zum großen
Krach kommen. Die Gewerkschaftsjugend hat verlangt, daß Schulzeit gleich
Arbeitszeit ist, dadurch müßten die Lehrlinge, da die Schulzeit 45 Stun-
den beträgt einen Freizeitausgleich bekommen. In den Bundesländern, wo die
meisten in Internaten entweder 8 Wochen oder 12 Wochen untergebracht
sind, würden daher 1 bis 1 1/2 Wochen zusätzlicher Urlaub als Freizeitaus-
gleich gegeben werden müssen. Damit sei das Glas zum Überlaufen gebracht
worden, es würde die Einstellungsbereitschaft der Unternehmer sehr zurück-
gehen. Ich versprach darüber mit Dallinger und Benya zu reden, Sallinger
meinte, mit Dallinger sei es ganz sinnlos.
Ich habe dann tatsächlich trotzdem Dallinger darüber angesprochen und er
hat eine einzige Bemerkung, das sei erledigt. Mit Benya hatte ich dann
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eine längere Aussprache, dieser sagte, man wird noch einmal mit Dallinger
im ÖGB darüber reden müssen. Er könne sich sehr wohl vorstellen, daß
man, wenn schon diese Bestimmung jetzt im Gesetz beschlossen werden soll,
die Wirksamkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt, wie ich vorgeschlagen
habe, eintreten sollte. Eine ähnliche Regelung schwebt Benya auch von
der zusätzlichen Urlaubswoche für den Mindesturlaub vor, Gesetzesbeschluß
also noch im Jahre 82, die umstrittenen harten Kerndifferenzen aber erst
zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft setzen. Bei den Lehrlingen wäre
dies auch deshalb günstig, weil dann eine geringere schulentlassene
Zahl untergebracht werden muß. Begründung wäre, daß man die jetzt in
einem Lehrverhältnis stehenden Jugendlichen ausnehmen müßte, da die Lehr-
herren ja noch die Belastung, die ihnen aus der Lehrausbildung erwachsen,
anders kalkuliert haben.
Bei dieser Gelegenheit habe ich Benya auch über meine unverbindlichen
Gespräche beim Rückflug von den Golfstaaten mit Kreisky informiert. Ich
glaube, daß man die Wahlen unter gar keinen Umständen vorverlegen sollte.
Das Jahr 82 mit Anfang einer großen Krisenentwicklung, und Benya befür-
chtet einer Arbeitslosenzahl von 150.000, könnte dazu benützt werden, nicht
nur das große Regierungsprogrammpaket Mitte Jänner vorzulegen , sondern
sofort entsprechende finanzielle Mittel für den Finanzminister zu verlan-
gen. Dies wären nach meinem Vorschlag die Quellensteuer und die höchsten
Einkommen bei der Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezuges. Benya meinte
zu Recht, dann hätten wir diese Probleme nicht mehr im Wahlkampf 1983. Ob
Kreisky allerdings darauf einsteigt, wissen weder Benya noch ich.
Bei der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky über Polen. Das
Wichtigste sei, keine Intervention von außen. Die Leitung der Solidari-
tät hat scheinbar keine Tiefenwirkung. Die Mischung verschiedener Per-
sönlichkeiten, auch der radikalen, hat in der Vergangenheit dazu geführt,
daß die Regierung jeden Tag mit Streikbeschlüssen konfrontiert wurde.
Dagegen waren die Regierung und auch Jaruzelski vollkommen hilflos. Die
KP Polens ist nicht mehr existent gewesen. Die Solidarität, aber auch
Walesa hat keinerlei politischen Kontakt mit anderen europäischen poli-
tischen Parteien gesucht, höchstens mit Gewerkschaften. Es waren keine
politischen Tendenzen da zu einem politischen Weg, man hat die Zeit
vertan und die Wirtschaftslage hat sich ständig verschlechtert. In Polen
hat es genug Zeit gegeben, zum Unterschied von Ungarn und der CSSR, wo
ja sofort die Russen einmarschiert sind. Österreich wird nach wie vor
als Asylland auftreten. Die Visa werden jetzt freimütigst gegeben. Pahr
ergänzte dann, daß auch aus Polen mehrere hundert gekommen sind, daß
aber insbesondere aus anderen Oststaaten, allein aus Jugoslawien 100
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Polen jetzt nach Österreich als Flüchtlinge kamen. Die USA hat jetzt
auch alle als politische Flüchtlinge anerkannt, aber noch keinesfalls
entsprechende Einreisevisa gegeben.
Kreisky meinte, die katholische Kirche hat in Polen in den letzten Mona-
ten dominiert und eine große Chance vertan. Ihn erinnert dies alles
an das Jahr 1934 in Österreich, wo auch ein Zeitpunkt und eine Situation
vollkommen falsch eingeschätzt wurde. Sozialisten dürften keine roman-
tische Verherrlichung der Geschichte machen, sondern müßten sich kri-
tisch auseinandersetzen. Polen hat eine falsche politische Richtung
eingeschlagen. In Polen gibt es aber auch keine Arbeiterklasse in unserem
Sinne, sondern nur aus Dörfern zugewanderte und zusammengewürfelte Ar-
beiter. Die Polen seien auch nicht klassenbewußt, die Politik war ziel-
los. Die katholische Kirche hat die dominierende Stelle ebenfalls ver-
spielt und jetzt sagen der Papst und der Erzbischof, man könne nur mehr
beten. In der machtlosen Phase der polnischen Regierung wäre jeder ak-
zeptiert und jeder Vorschlag wahrscheinlich aufgegriffen worden. Ent-
weder kommt es jetzt zu einem Generalstreik oder gar vielleicht zu einem
Bürgerkrieg, den wir alle nur hoffen können, daß er nicht eintritt und
den auch niemand will, oder die Solidarität ist ein tönendes Koloß. Da
die SU in Polen nicht intervenierte, wäre der große polnische Staat
der erste gewesen, der eine Staatsreform ermöglicht hätte.
Pahr berichtete dann über das Ministerratsmandat in der EG für Verhand-
lungen über Finanzierung der Pyhrnautobahn. Da die EG aber sehr viele
österreichische Gegenmaßnahmen wie Straßentonnenbeschränkungserhöhung,
Aufhebung der LKW-Abgabe, die Österreich 1 1/2 Mrd. S pro Jahr kosten wür-
de, meinte Kreisky, zum Schluß würden wir froh sein, daß die EG mit die-
sem Mandat zu keinem positiven Ergebnis kommen kann. Dieses Mandat
wieder erlöscht.
Löschnak berichtet, daß sich eine Fa. Hazet an alle Minister wendet, weil
angeblich die Rechnungen des Bundes nicht bezahlt werden. Lausecker für
Bahn und Post, Sekanina für Bauten stellten richtig, daß gar nichts
offen ist.
Giese hat für die Staatsvertrag-Veranstaltungen noch 3,4 Mio. Restsub-
vention vom BKA und 400.000 vom Außenamt zu bekommen. Da jetzt über-
prüft wurde, daß keine strafrechtliche Schlamperei vorliegt, wird, wie
Kreisky berichtet, dem Dr. Giese dieser Betrag bezahlt werden müssen.
Die Staatssekretärinnen-Broschüre ist fertig; Fast meinte, warum gerade
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nur die vier weiblichen Staatssekretäre berichten sollten. Kreisky schlug
daher vor, es wird jetzt für alle Staatssekretärstätigkeiten ein Bericht
vorgelegt. Darin soll die Arbeitsleistung aller Staatssekretäre heraus-
gestrichen werden. In der Vergangenheit haben diese Arbeiten höhere Beam-
te gemacht, aber niemals dafür politische Verantwortung getragen. Dies
sei eben die wichtigste Tätigkeit der Staatssekretäre. In der Gesundheits-
politik war ein Beamter gleichzeitig auch Sektionschef und noch immer
Gerichtsmediziner. Er meinte Breitenecker, der gleichzeitig auch noch
im Sozialministerium für die Gesundheitspolitik verantwortlich war.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT UND BURIAN: Jetzt könnte man die notwendigen Er-
gänzungen noch machen.
Pahr berichtet, daß es im nächsten Jahr eine UNO-Konferenz über Probleme
des Alterns gibt. Der Vorsitzende im Nationalkomitee könnte Dallinger oder
Firnberg einnehmen. Firnberg hat erklärt, sie hätte sich schon längere
Zeit mit diesen Problemen beschäftigt, und Dallinger hat sowieso sofort
Firnberg als Vorsitzende vorgeschlagen.
Lausecker erinnerte daran, daß aus Bayern ein Vorschlag gekommen ist,
man sollte den Rhein-Main-Donaubesprechungen einen Vertreter entsenden.
Dies sollte man unbedingt ablehnen, aber gleichzeitig auf die rasche
Fertigstellung des Kanals im Antwortschreiben drängen.
Haiden erinnerte wieder an das Biospritkomitee und meinte, es müsse jetzt
schnell eine Entscheidung fallen. Ich kam nicht umhin darauf zu verwei-
sen, daß, da Salcher auf der Regierungsbank gesessen ist, alle Vorstel-
lungen der Landwirtschaft immer auf Kosten des Finanzministers gehen.
Mit der ÖVP sei jetzt im Zuge der Energiegespräche vereinbart worden,
daß man eine Enquete über die Frage, wie weit Biosprit den Bleizusatz er-
setzen kann, abhalten sollte. Firnberg warnte davor, weil sie meinte,
jede wissenschaftliche Diskussion wird nur verschiedenste Gutachter mit
verschiedensten Ansichten bringen. Durch den Flottentest, den sie ange-
ordnet hätte, sei nachgewiesen, daß man 5 % ohne weiteres heimischen
kann. Dies wurde von mir auch gar nicht bezweifelt, sondern nur festge-
stellt, daß dadurch nicht der Bleigehalt gesenkt werden kann. Lausecker
berichtet, daß jetzt die entsprechenden Novellen, Bleigehaltsenkung
von 0,4 auf 0,15 in der Begutachtung sind, gleichzeitig auch im Kraft-
fahrgesetz außer Blei zur Klopffestigkeit auch andere Zusätze getätigt
werden können. Kreisky ersuchte, daß man unter allen Umständen noch
vor der Klausur einen Vortrag fertig machen müsse. Haiden wird die Ein-
ladungen durchführen, verlangt aber insbesondere endgültige Stellung-
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nahmen der Arbeitskreise, die das Handelsministerium betreut.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort Entsprechendes veranlassen, da
die Sitzung am 7. Jänner sein wird.
Kreisky berichtet, daß er jetzt über die ÖIAG Booz Allen Hamilton beauf-
tragt hat, Vorschläge über Investorenwerbung zu erstatten. Er meinte, die
Vergangenen hätten dies amateurhaft nur bewältigt. Das BKA hat die gro-
ßen Firmen GM, BMW entsprechend betreut. Booz Allen Hamilton schlägt vor,
es soll jetzt eine eigene Stelle geschaffen werden, die den Investoren die
ganze Arbeit abnimmt. Da von dieser Maßnahme sowohl das Finanzministerium,
Sozialministerium, Handelsministerium betroffen sind, kann lt. Ministe-
riengesetz nur des BKA als integrale Funktion infrage kommen. Die Sek-
tion vier des BKA wird diesbezüglich vorgeschlagen, bei der Regierungs-
klausur soll dies dann verlautbart werden.
Im Einvernehmen mit Finanzminister Salcher schlug ich vor, daß die Maß-
nahmen, die bei der Regierungsklausur z.B. für das Handelsministerium die
Bürgeszinsstützungsaufstockung nicht von jedem einzelnen Minister in
einem MRV festgehalten werden sollte, sondern daß so wie beim Baugipfel
das BKA einen gemeinsamen Ministerrat macht, die einzelnen Ministerien
werden die notwendigen Punkte dem BKA liefern.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Entsprechendes vorbereiten.
Kreisky schlug vor, daß man sich die Industrieanlagen, sprich GM oder
BMW-Steyr, aber auch Kindberg, Voest-Alpine, als Regierung anschauen soll-
te. Die Bevölkerung muß die Angst der toten Hand, die jetzt über der
Wirtschaft liegt, überwinden. Der Sinn der Klausur ist ein beschäfti-
gungspolitischer Paukenschlag. Wichtigste Punkte: 1) Althaussanierung,
2) 5000 neue Wohnungen, 3) Erhöhung der top-Investition, 4) ERP-Ersatz-
aktion, 5) Vorziehen der Budgetansätze für Maßnahmen im zweiten Halbjahr
auf das erste Halbjahr und auch neue Aktionen, wodurch die große be-
schäftigungspolitische Reserve im Verkehrsministerium, ÖBB und Post usw.
bei anderen Ressorts wirksam wird. Mit der OeNB, Prof. Koren, werden dann
Benya, Sallinger, Salcher unter Führung Kreisky ein Gespräch führen.
Die OeNB kann nämlich den Geldhahn abdrehen. Ob wir derzeit wie 74–76
eine solche Finanzierungsmöglichkeit haben, ist nicht wahrscheinlich,
aber es müssen jetzt beschäftigungspolitische Maßnahmen gesetzt werden.
Die europäischen Sozialdemokraten erleiden aus der Wirtschaftslage immer
wieder Niederlagen wie in Norwegen, Dänemark, aber auch in Deutschland
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gibt es große Schwierigkeiten.
Dallinger berichtet über Textil-West. Das Drittel hat Tirol zugesi-
chert. Vorarlberg hat nur sich bereiterklärt die Darlehen zu verlän-
gern. Die Länderbank und insbesondere CA lehnen die Beteiligung ab. Die
Arbeitsmarktverwaltung wird daher die Restfinanzierung übernehmen, bis
die Gutachten vorliegen. Kreisky meinte, die Länderbank ist sowieso hin
und die CA zeichnet sich aber durch besondere Härte aus. In Vergangen-
heit hat man die Konzernbetriebe laufen lassen, jetzt soll eine straffe
Politik durchgezogen werden, was die Krise nur verschärft.
Im Ministerrat wurde die Tagesordnung wie üblich abgewickelt, Pahr be-
richtete dann nur, daß der Prälat Aichern zum neuen Bischof in Linz er-
nannt wurde. Kreisky fragte, warum Wagner, der als fortschrittlich gilt,
nicht zum Zuge kam. Hier hat es eine konservative Front unter Beteili-
gung des BR Schambeck der ÖVP gegen Wagner gegeben.
Mit Löschnak habe ich dann außerhalb der Tagesordnung über die Karen-
zierung Satzingers gesprochen. Er meint, auch Fremuth und Jankowitsch seien
zeitlich befristet, er wird sichs aber noch einmal anschauen. Die Günsti-
gerstellung von Puxbaum der Energiesektion lehnte er aus präjudiziellen
Gründen entschieden ab. Ich habe ihr dies selbst und Dr. Zluwa dann so-
fort mitgeteilt. Dieser war sehr erschüttert und meinte, dies trägt zur
Motivierung der Beamten nicht bei.
Die Gemischte Kommission mit Kuba verlief wie vorgesehen. Von mir wur-
den die Listen übergeben und erörtert. Aussicht hat in Wirklichkeit nur
das Andritzer Projekt von 540 Mio., in der Zwischenzeit um 200 Mio. zusam-
mengestrichen. Unser österreichischer Handelsdelegierter Kuzmich meint,
dieses Aluprofilwalzwerk sei sinnlos und mehr ein Prestigeprojekt.
Das Essen im Bristol dauerte meiner Meinung nach viel zu lange und war
wieder einmal gar nicht typisch wienerisch.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich fürchte, Du wirst Dich darum mehr kümmern
müssen.
Im Plenum des Nationalrates gab es über die GewO eine verhältnismäßig
sehr sachliche Diskussion. Insbesondere der sozialistische Sprecher
Heindl hatte sehr cool die Entwicklung dieser Materie geschildert. Stix
hatte insbesondere Dr. König wegen seiner intransigenten Haltung ange-
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klagt. Er meinte, dieser stoße immer wieder gefährliche Drohungen, die
fast Erpressungen sind, aus. Die Replik Königs war äußerst schwach, die
Sachargumente sprachen auch tatsächlich für unsere Vorgangsweise, der
sich auch die FPÖ im großen und ganzen anschloß. Klubobmann Fischer meinte,
ich sollte dazu überhaupt nicht Stellung nehmen, was Albrecht, die so
lieb an meiner Seite auf der Regierungsbank saß, innerlich empörte. Benya
bestand allerdings dann darauf, daß ich auf König repliziere. Mein
Kompromißvorschlag war, wie viele Minuten gibt mir der Klub, Fischer
meinte 5 und ich kam damit auch tatsächlich aus. Ich verwies nur darauf,
daß auch der Handelsausschußobmann Staudinger, der die positive Seite
der GewO-Novelle mit Ausnahme der Energiefrage besonders erwähnte und
immer wieder auf die Tatsache verwies, daß wir in den 11 Jahren im Han-
delsausschuß immer einstimmige Beschlüsse fassten. Stix hat dann aber
darauf verwiesen, daß dies eben auf Sozialpartnerebene geschieht und die
FPÖ stets uninformiert bleibt. Da ich ihm im Ausschuß schon versprochen
habe in Zukunft zu informieren, habe ich dies auch im Haus getan, was
eine spontane Beifallswelle der FPÖ auslöste. Abg. König dagegen warf
ich vor, daß wir im Handelsausschuß deshalb immer die Konsenspolitik er-
reichen konnte, weil eben die Energieleute früher darin nicht tätig
waren. Jetzt, seitdem sie dort mitmischen, gibt es in den Energiefragen
niemals einen Konsens. König will uns eben immer durch Abdrängen auf
die 2/3-Mehrheit zu einer solchen Politik zwingen, obwohl wir bei ein-
fachgesetzlichen Regelungen, wie Staudinger selbst aufzählte, stets eine
Konsenslösung erzielten.
Über die Integrationsgesetze ist nichts zu berichten. Obwohl die ÖVP ver-
sprochen hat, über die Joghurtsache überhaupt nicht zu sprechen, hat der
ÖVP-Sprecher Hietl dann doch, wenn auch nur sehr dilatorisch, dazu Stellung
genommen. Darauf mußte der Obmann des Integrationsausschusses Teschl
replizieren. Zum Glück gab es doch keine größere Joghurtdiskussion.
Albrecht kann und will es nicht verstehen, daß ich viel zu sehr auf
Klubwünsche Rücksicht nehme. Andere Minister, sagt sie mit Recht, scheren
sich darum überhaupt nicht oder kaum. Mir erscheint aber ein gutes Ein-
vernehmen mit den Klubs mehr wert als längere Ansprachen zur nächtlichen
Stunde.
Tagesprogramm, 15.12.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 113. Ministerratssitzung, 15.12.1981
62_1444_03Nachtrag TO 113. Ministerratssitzung, 15.12.1981
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)