Montag, 9. November 1981
Der neue jugoslawische Botschafter Pesic machte doch eine Art Antrittsbe-
such. Natürlich kamen wir außer auf den Besuch des Ministers Rotar auch
auf die Unbalanz des Handels mit Jugoslawien zu sprechen. In den ersten
9 Monaten hat der Import, 1,8 Mrd., um 7,1 % abgenommen. Während der Ex-
port auf 5,8 Mrd., +11,6 %, zugenommen hat. Eine Einkaufsdelegation
Österreichs, ursprünglich 10 Mitglieder beabsichtigt, jetzt weniger, wie
der Botschafter meinte, sollen versuchen, mehr Importwaren aus Jugosla-
wien zu kaufen. Der Tourismus bringt bei 4 Mio. Österreich-Übernachtun-
gen bis zu 100 Mio. $ bei nur 250.000 Übernachtungen Jugoslawen in Öster-
reich. Das Zahlungsbilanzdefizit aus Tourismus und Transit wird mit
2,9 Mrd. S wesentlich verringert. Die Gastarbeiterüberweisungen, meinte
der Botschafter, könne man aber nicht als stabil und daher nicht als
konstant betrachten. Er unterschätzt sie auch wesentlich. Immerhin ist
der Betrag nach Mitteilung des MR Dr. Tschach 2,4 Mrd. S. Überhaupt, muß
ich sagen, ist Tschach sehr gut über die einzelnen Zahlungsbilanzposten
informiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bei Auslandsbesuchen soll man diese wichtigsten
Zahlen neben der Außenhandelsbilanz immer kurz zusammenstellen.
Ein arbeitsloser Angestellter, Hr. Danek, ist mit einem Vertreter der
Inzersdorfer Nahrungsmittelindustrie mit seiner Idee zu mir gekommen,
Bevorratungspakete mit einer Gruppe von arbeitslosen Angestellten, die
über 50 Jahre alt sind und daher kaum vermittelt werden können, sozusagen
eine Beschäftigung sich aufzubauen. Die Nahrungsmittelindustrie könnte
sich sehr gut vorstellen, daß diese Arbeitslosen als Verkäufer fungieren.
Da der österreichische Lebensmittelhandel sich dafür bis jetzt nicht
interessiert hat, sondern ganz im Gegenteil selbst bei der Eichhörnchen-
Aktion, die aus Vorarlberg gestartet wurde, sich kaum beteiligte. Ich
sehe zwar einen gewissen Widerstand der Handelsorganisation resp. der
Handelskammer, wenn tatsächlich in größerem Ausmaß diese Bevorratungs-
pakete eben über diese Arbeitslosengruppe vertrieben werden sollten. Da
aber jede Beschäftigung besser ist als eben Arbeitslosengeld beziehen,
habe ich Herrn Danek sofort mit SC Lenert vom Sozialministerium ver-
mittelt. Dieser hat mich nachher noch angerufen und erklärt, sie würden
einer solchen Arbeitslosengruppe eine gewisse Unterstützung gewähren.
Wenn die Industrie sich tatsächlich einer solchen Verteilungsform be-
dient.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte beobachte diese Gruppe.
KR Steidl, der Obmann des Kohlenhandels und gleichzeitig auch der Sek-
tion Handel, sagt mir zu, daß auch sie die Möglichkeit einer Unterstützung
eines Schulbuches für Energiesparen positiv behandeln würden. Dr. Satzin-
ger wird über die Aussprache mit den 4 Gruppen, Elektrizität, Öl, Gas,
Kohle, den Verlag Jugend & Volk verständigen.
Bei dieser Gelegenheit urgiere ich bei Steidl neuerdings die überarbei-
teten Vorschläge bezüglich einer Kohlebevorratung. Steidl sagt mir zu,
daß er dies spätestens noch im Laufe dieses Monates mir zur Verfügung
stellen wird.
Beim Journalistenfrühstück referiert Dipl.Ing. Weiss über das österrei-
chische Montanhandbuch 81, keine Diskussion. MR Sterk und unser Geologe
Dr. Weber über die Rohstoffsicherung in Österreich. Hier sind wirklich
etliche neue Vorkommen an Schwerspat, Feldspat, Mineralwolle, feuerfeste
Tone, Sande usw. entdeckt worden, auch hier gibt es fast keine Diskussion.
Dr. Hille berichtet über die Kohlesituation, dem Verbrauch wurde in den
ersten 8 Monaten 1,4 % weniger zugeführt. Dies dürfte auf einen Lager-
abbau bei den Verbrauchern, insbesondere bei der Industrie, zurückzuführen
sein. Wenn dieser Verbrauchsrückgang auch geringer ist als bei flüssigen
Brennstoffen, –7,6 %, dürfte doch der Jahresverbrauch dann efektiv zuneh-
men, wenn man die Meldung, nicht wie jetzt von den Importeuren und Händ-
lern bekommen hat, sondern eben von den Verbrauchern selbst. Bei dieser
Gelegenheit verweise ich gleich auf die Zusagen von Steidl, daß wir
jetzt eine Kohleversorgung anlegen, nachdem wir bei Öl und Gas entspre-
chend große Vorratslager haben.
Diese Pressekonferenz war sehr gut besucht, da unser Pressereferent
Dr. Pein für dieses Spezialthema die Spezialjournalisten der Zeitungen,
aber auch Fachzeitschriften extra eingeladen hat. Diskussion hat es
dann darüber auch fast keine gegeben. Doch wurde von 2 Journalen als auch
vom Fernsehen dann ein Statement aufgenommen.
GD Horwath von der BEWAG wollte unbedingt mit seinem Finanzmann mich
überzeugen, daß diese Landesgesellschaft denselben Prozentsatz der
Erhöhung ihres Stromtarifes bekommen müßte wie die Verbund. Da bekannt-
licherweise die Verbund aber zu einem wesentlich tieferen Preis Strom
an die Landesgesellschaften abgeben muß, wäre eine gleichzeitig paralelle
Erhöhung und ein selber Prozentsatz bei der BEWAG für diese eine sehr
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gute Lösung, um nicht zu sagen ein sehr gutes Geschäft. Davon konnte mich
Horwath auch nicht überzeugen, als er einen Brief von LH Kery vorwies,
wo dieser sehr wohl auch für diese exorbitante Erhöhung eingetreten ist.
Derzeit bin ich nicht einmal noch imstande, die AK davon zu überzeugen, daß,
wenn die Verbund fast 18 % bekommen wird, die BEWAG 15,6 % Preiserhöhung
bekommen sollte. Die AK hat maximal 14 % zugestimmt. Horwath behauptet
zwar, daß die Landesarbeiterkammer im Burgenland sehr wohl seiner Idee
zustimmen würde, doch wird dies ganz entschieden bestritten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bei der Mittwochsparlamentssitzung bitte mit
Kammeramtsdirektor Kapaun besprechen.
Der Sportklub Handelsministerium, dessen neue Führungsgruppe, Obmann
Müller, MR Steiger und zwei andere Herren, die ich nicht so genau kannte,
bei mir wegen einer Subvention vorgesprochen hat, einigten wir uns über
eine neue Vorgangsweise. Richtig ist, daß der Sportklub Handelsministerium,
neben den anderen Sportklubs in anderen Ministerien, ebenfalls vom Han-
delsministerium eine Subvention bekommt. Diese wird und muß im Subven-
tionsbericht erwähnt werden und dient dann dem Redakteur Nimmerrichter,
um seine bissigen Staberl-Bemerkungen zu machen. Mit Recht verweisen
die Sportklubfunktionäre , daß es in jedem Betrieb heute solche Einrich-
tungen gibt und diese auch vom Betrieb immer unterstützt werden. Sie
erwarten heuer einen 100.000-S-Betrag, wie dies auch in den vergangenen
Jahren der Fall war. Ich habe ihnen sofort vorgeschlagen, daß es un-
zweckmäßig ist, 100.000 S zu geben, es müßte 2.000 unter diesem Betrag
bleiben, darüber hinaus aber glaube ich, ist es am wichtigsten, daß wir
nicht ganz einfach 100.000 S Subvention überweisen, sondern der Sport-
klub eine entsprechende arbeitsplatzschaffende, gerade für die Winter-
beschäftigung wichtige, spezielle Subvention für den Ausbau seiner Sport-
halle verlangt. Hier könnten wir dann Detailrechnungen als Grundlage
unseres Zuschusses verwenden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die Budgetabteilung soll den optimalen Vorgang
mit Dir und dem Sportklub festlegen.
Der Wiener Vorstand und dann auch der Wiener Ausschuß beschäftigte sich
mit der Volksbefragungsproblematik. Für die von der ÖVP initiierte
Stadterneuerung, sprich in Wirklichkeit eingepackt in eine Wohnungsver-
besserungslösung, die prinzipiell von den sozialistischen Gemeindefun-
ktionären abgelehnt wird, als auch die zweite Frage, der Ausbau der Hofburg,
war ursprünglich so unglücklich formuliert, daß jetzt die ÖVP selbst,
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die Kurzfassungen, die sie propagiert, gar nicht mehr den vollständigen
ursprünglichen Fragenkatalog umfassen. Jetzt ist die ÖVP sogar dazu über-
gegangen, eine amtliche Kundmachung, wenn man so will, überall anzuschla-
gen, die auch nicht dem Volksbefragungstext entspricht. Bgm. Gratz sieht
darin eindeutig eine Täuschung und wird dies entsprechend in der Öffent-
lichkeit kritisieren.
Die SPÖ-Volksbefragung, die in Form eines Wahlkampfes jetzt von der
Wiener Organisation vorbereitet und durchgeführt wird, muß dagegen einen
vollen Erfolg bringen. 2.800 stehen dann mit 2-Bogen-Plakaten, 100 Türme
mit 16-Bogen-Plakaten, der Text, es geht um den sozialen Wohnbau, sozialer
Wohnbau schafft Arbeitsplätze, wird in der ersten Phase, in der zweiten
Phase dann ein Gratz-Plakat die Wähler auffordern, dieser Volksbefragung
zuzustimmen. 5 Fragen hat der Gemeinderat mit sozialistischer Mehrheit
beschlossen, die Bürgerinitiative, die sich auch mit der Verbauung der
Steinhofgründe beschäftigt, hat die Frage so formuliert, daß jetzt, auch
wenn sie eine gemeinsame Volksbefragung jetzt zwischen der SPÖ und der
Bürgerinitiative gibt, die Sozialisten propagieren können, 6-mal ja. Die
Frage der Bürgerinitiative lautet nämlich: Sind sie für die Verbauung
der Steinhofgründe? Da dies bereits in der 4. Frage der SPÖ-Formulierung
beinhaltet ist, kann man daher ohne weiteres propagieren, 6-mal ja bei
dieser Volksbefragung.
Die sozialistische Gewerkschaftsfraktion, insbesondere in Wien, hat be-
schlossen, daß sie auch ihren Mitgliedern empfehlen wird, die ÖVP-Volks-
befragung auch zur Abstimmung zu gehen und eben mit nein zu stimmen.
Die Gefahr, die die Gewerkschaftsfraktion sieht, ist, daß ansonsten, wenn
auch bei einer verhältnismäßig geringen Beteiligung, doch zu viele Ja-
stimmen kommen werden. Nach einer längeren Diskussion einigten wir uns,
daß zwar die Wiener Partei keine Empfehlung einer Beteiligung an der
ÖVP Volksbefragung aussprechen wird, doch es selbstverständlich ist, wenn
jemand hingeht, er mit nein stimmt.
Wichtiger dagegen wird es sein, daß tatsächlich entsprechendes Informa-
tionsmaterial allen unseren Funktionären, ja sogar unseren Mitgliedern
zur Verfügung gestellt wird. U.a. behauptet der Kurier, daß die Stein-
hofgründeverbauung 65,- S pro m² kosten, in Wirklichkeit wird 21,65
Groschen der m²-Mietpreis sein.
In der Ausschußsitzung hat dann NR Schemer als Mitglied des Unterausschus-
ses im Justizausschuß über das Mietengesetz berichtet, und daran entwickelte
sich eine lange Diskussion. Über dieses Problem wird weniger in der
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Öffentlichkeit, dafür aber um so mehr nach der Zinserhöhung bei den Leuten
eine sehr harte Diskussion geführt werden. Ich persönlich glaube, daß
es sogar gut ist, daß die ÖVP nicht zustimmt, damit kommt klar und deut-
lich zum Ausdruck, daß die Hausherren, die ja ganz heftig dagegen pro-
testieren, und damit auch die ÖVP, die durch die Ablehnung als Hausherren-
partei automatisch gestempelt wird, klar und deutlich zeigt, daß für
eine Kompromißlösung, der sie zugestimmt hätten, noch mehr Belastung
für den Mieter entstanden wäre. Die Bevölkerung wird die Diffizilprobleme
gar nicht kennen, sich dafür auch gar nicht interessieren, sondern eben
den brutalen, harten Tatbestand der Zinserhöhung kritisierend zur Kennt-
nis nehmen. Hätte die ÖVP dem zugestimmt, dann wäre sicherlich bei den
Mietern der Eindruck entstanden, die Sozialisten haben hier zu stark
nachgegeben, die Interessen der Mieter verraten und sich auch als Haus-
herrenpartei benommen. Die ÖVP hätte uns damit einen sehr fraglichen
Dienst erwiesen. Jetzt ist die Konfrontation hier, und diese kann sich
politisch, glaube ich, für uns nur günstig auswirken.