Samstag, der 24. Oktober 1981

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Samstag, 24. Oktober bis Montag, 26. Oktober 1981

Beim Jugendgewerkschaftskongreß, der zum Unterschied vom Kongreß
des Gewerkschaftsbundes alle zwei Jahre stattfindet, hatte ich die
Gelegenheit, als Vertreter der Bundesregierung, Kreisky hat abgesagt,
diesen zu begrüßen. Ich beglückwünschte die Gewerkschaftsjugend, als
größte Jugendorganisation hat sie über 100.000 Mitglieder, zu diesem
Ergebnis. Die Gewerkschaftsjugend hat zumindestens, wie alle anderen
Jugendorganisationen, sehr hohe ideelle Ziele, Abrüstung, Entwicklungs-
hilfe usw. Darüber hinaus aber arbeitet sie sehr pragmatisch und
setzt sich auch für die einzelnen Jugendlichen in zweifacher Hinsicht
ein. Sehr konkrete Vorstellungen entwickelt sie über die Berufsaus-
bildung, insbesondere Lehrlingswesen.

Nach der feierlichen Eröffnung und vor allem nach den Berichten des
Gewerkschaftsjugend-Obmannes und vor allem des Jugendsekretärs
Verzetnitsch, habe ich mit dem sozialistischen Präsidium über die
weitere Vorgangsweise ihrer Zielvorstellung verhandelt. Ich habe,
als ich vor dem vorletzten Jugendkongreß über das Berufsausbildungs-
gesetz berichtet habe, der Gewerkschaftsjugend versprochen, ihre
Wünsche weiterhin entsprechend stets zu beachten. Damals habe ich
zu dem Kompromiß des Berufsausbildungsgesetzes, welches im Handels-
ministerium zwischen den Sozialpartnern erzielt werden konnte, ge-
raten. Die Begründung war, daß es dringendst notwendig ist, als
wichtigstes Ziel die starken Geburtenjahrgänge bis 1979/80 unterzu-
bringen. Dies ist jetzt gelungen, nun kann man den alten Wunsch der
Gewerkschaftsjugend, mit der Berufsausbildung nicht im Handelsministerium,
sondern kompetenzmäßig im Sozialministerium verankert zu werden, näher-
treten. Ich berichtete dem Präsidium, daß ich auch in dieser Zwischen-
zeit mit dem jeweiligen Sozialminister darüber sehr eingehend ge-
sprochen habe. Dies trifft insbesondere für den leider früh ver-
storbenen Sozialminister Weißenberg zu. Ich schlug vor, sie sollten
jetzt mit Sozialminister Dallinger, der nachmittags beim Jugendkongreß
referierte, auch über diesen ihren Wunsch mit ihm besonders sprechen.
Ich verwies darauf, daß insbesondere Weißenberg nach Rücksprache mit
seinen Fachleuten genau untersuchen ließ, welche verfassungsrechtlichen
Folgen die Kompetenzübertragung vom Handelsministerium ans Sozial-
ministerium auslösen könnte. Angeblich ist die gesamte Arbeitsmarkt-
politik im Sozialministerium verfassungsrechtlich nicht allzu stark
verankert und gesichert.



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Die Gewerkschaftsjugend hat zwei offene Wünsche. Der erste ist die
Errichtung eines Ausbildungsfonds, den die Unternehmer zu bezahlen
hätten, damit durch überbetriebliche Lehrwerkstätten und vor allem
durch entsprechende Subvention der Lehrlingsausbildung diese wesent-
lich verbessert werden könnte. Der zweite ist ein organisatorischer,
nämlich die Lehrlingsstellen entweder aus der HK eben in das Sozial-
ministerium zu überführen, oder zumindestens eine paritätische Mitbe-
stimmung, d.h. eine sozialpartnerschaftliche Zusammensetzung zu er-
reichen. Beides hat bis jetzt die HK ganz entschieden abgelehnt.
Beides ist sicher wesentlich leichter zu lösen, wenn nicht das
Handelsministerium, sondern eben das Sozialministerium dafür zu-
ständig wäre.

ANMERKUNG FÜR SC JAGODA UND BURIAN: Bitte vertraulich im Sozial-
ministerium vorfühlen und Rücksprache mit mir halten.

Über diese Frage habe ich auch vor der Ministerratssitzung am Staats-
feiertag mit Dallinger kurz gesprochen und ihn insbesondere auf die
verfassungsrechtliche Problematik aufmerksam gemacht.

Die Kranzniederlegung wird eine reine Routinesache, sehr wenige Zu-
schauer und einzelne bescheidene Applausansätze für Kreisky. Ich habe
immer so das Gefühl, daß dort mehr Kriminalbeamte stehen, seitdem vor
Jahren einmal die Neonazis vom Dach des Burgtors Flugblätter geworfen
haben, als Zuschauer.

In der anschließenden Festsitzung hat Kreisky dann auf die Bedeutung
des Staatsvertrages, auch routinemäßig zum 12. Mal verwiesen. Besonders
unterstrich er die soziale und wirtschaftliche Errungenschaft und
meinte, beim letzteren, daß man dort nicht ausschließlich nach Renta-
bilitätsgesichtspunkten vorgehen kann.

In der darauffolgenden offiziellen Ministerratssitzung wurde die
Tagesordnung routinemäßig erledigt. Vorher hat Broda, der den Außen-
minister vertritt, mich ersucht, in der Delegation zur Spanischen
Großen Gemischten Kommission den Vertreter des Handelsministeriums
nicht mit dem Hinweis, nach Möglichkeit, sondern eben nach finanzieller
Möglichkeit zu bestimmen. Mit dieser Vorgangsweise war ich einver-


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standen. Nicht aber, daß man ohne irgendeine Bemerkung Dr. Raaber
nominiert, der, wie mir SC Meisl besonders mitteilte, nicht fahren
wird.

ANMERKUNG FÜR SC MEISL UND BURIAN: Wie soll es jetzt weitergehen?

Der ASKÖ Wien hat mich, so wie alle Jahre, zum Nationalfeiertags-Fit-
marsch in die Hauptallee geladen. Bei den 9-km-Spaziergang, den ich
in weniger als einer Stunde leicht bewältigte, erfuhr ich vom Vize-
präsidenten des ASKÖ viel über dessen Probleme. Anschließend konnte
ich noch die besten Steinheber mit drei Pokalen auszeichnen.

Sonntag hatte ich Gelegenheit, mit Dr. Kienzl bei einer Rax-Überquerung
und Montag dann mit Dr. Heindl spezielle Gewerkschafts- und Parteiprob-
leme, aber selbstverständlich auch die wirtschaftliche Lage besonders
zu besprechen. Wir sollten wirklich viel mehr diese Kombination Wandern
und Diskutieren, schon allein aus gesundheitlichen Gründen forcieren.
Schließlich und endlich erinnerte ich mich, daß wir in der Jugend und
insbesondere in der Illegalität dies stets so gehandhabt haben. Man
soll allerdings nicht nostalgisch werden.

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Tagesprogramm, 24./26.10.1981

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Tagesordnung 106. Ministerratssitzung, 26.10.1981

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Inf. BM betr. Gemischte Komm. Spanien, 23.10.1981


Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Justizminister


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      Tätigkeit: Sozialminister
      GND ID: 118806904


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ÖGB


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter Sekt. I HM


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 119100339


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                  GND ID: 102318379X


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                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                    GND ID: 118566512


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                      Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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