Donnerstag, der 17. September 1981

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Donnerstag, 17. September 1981

In der Fachverbandssitzung der Bekleidungsindustrie gab es eine sehr
interessante Diskussion nach einem Referat von mir. Funktionäre der Be-
kleidungsindustrie wünschen, daß der siehe Made in Austria geschaffen
werden soll und nicht abgewartet wird, bis die EG zu einer Lösung kommt.
In Frankreich, Großbritannien, Finnland, USA und Kanada gibt es die
bereits. In der EG wäre es auch längst beschlossene Sache, wenn nicht
Deutschland dagegen wäre. Ich versprach, dies prüfen zu lassen und,
wenn eine Möglichkeit besteht, es sofort in Kraft zu setzen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.

Der Ing. Erhard, österr. Vertreter im europäischen Bekleidungsverband,
berichtete, daß bezüglich des Multifaserabkommens Österreich die ursprün-
glich auch in der EFTA durchgesetzte Resolution von Dr. Waas die beste
Lösung wäre. Ich versprach ihm, Dr. Waas neuerdings an seine Resolution,
auch bei den Verhandlungen mit den anderen europäischen Staaten, EG als
auch Vereinigten Staaten, zu erinnern.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Dr. Waas soll sich mit Ing. Erhard in Verbindung
setzen und dann berichten.

Herr Liegle beschwerte sich, daß neuerdings Umgehungsimporte durchgeführt
werden, weil man an der Grenze fast nichts kontrolliert.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte neuerlichen Bericht vorlegen lassen, dann
mich mit Liegle verbinden.

Über unsere Bekleidungsaktion wurde Kritik geübt, daß wir zwar unbüro-
kratischer als die anderen Ministerien handeln, doch ist die Grenze von
1 Mio. Investitionen zu hoch, außerdem sind die Bauten und die EDV-Anlagen
ausgenommen. Letzteres gilt, wie ich sofort richtigstellte, nicht für
EDV-Anlagen, die zum Produktionsprozeß notwendig sind. Vor allem wurde
kritisiert, daß die Detailunterlagen immer wieder verlangt werden, auch
dann, wenn eine Firma bereits einen 10 %-igen Zuschuß bekommen hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß prüfen, wie weit wir hier wirklich Vereinfa-
chungen machen können.

Als besondere Kuriosität wurde mitgeteilt, daß früher 115.000 Lederhosen


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in Österreich erzeugt wurden, jetzt ist diese Produktion auf 25.000
zurückgegangen, 25.000 werden aus der DDR importiert. Lederhosen sollten
doch wirklich eine österreichische, vielleicht noch bayrische Frage der
Produktion sein und bleiben. Fast handelt es sich hier um eine nationale
Monopolfrage und Produktionssituation.

Im Klub hat Kreisky dann berichtet, so daß ich zu keinem Referat resp.
Bericht über die Benzinpreisentwicklung gekommen bin. Albrecht war aber
sehr froh, daß ich erschien, obwohl ich ihr vorher gleich gesagt habe,
es wird kaum dazu kommen. Kreisky berichtete über die Verhandlungen mit
der ÖVP über die Wirtschaftsfragen. Neues, sagte er, gibt es dazu nichts
zu berichten, das ÖVP-Programm ist ein Abklatsch des SPÖ-Programmes.
Der Mock-Plan wird von den Handelskammerleuten nicht unterstützt, teil-
weise sogar bekämpft, weshalb Mock auch ziemlich allein seine Idee vertre-
ten muß. Die ÖVP-Ideen kommen immer mehr aus der Gruppe Bergmann, Stein-
bauer
usw., sind verbal radikal, die Wirtschaftslage ist sehr kritisch,
obwohl wir den höchsten Beschäftigtenstand, die geringste Arbeitslosigkeit,
1,5 %, und einen Verbraucherpreisindex von 6,4, und damit auch äußerst
günstig gegenüber allen anderen westeuropäischen Staaten liegen. Nach
Klimatechnik, Eumig kommt jetzt auch noch Felten & Guilleaume. Dabei
handelt es sich um einen Luxemburger Betrieb, und die Bundesregierung
wird kaum etwas machen können. Das größte Problem für VEW ist aber Mürz-
zuschlag. Im ganzen Konzern ist es geglückt, fast 4000 Beschäftigte we-
niger zu haben, dabei nur eine minimale Kündigung, 300 Stück, durchzufüh-
ren.

GD Buchner und Dir. Rimsky von Chemie Linz informierten mich über ihre
Wünsche bezüglich Stickstoffpreiserhöhung in der PK. Da in der PK aber
dann beschlossen wurde, den ganzen Stickstoffpreisantrag an den Preis-
unterausschuß zurückzuweisen, brauchte ich keinerlei konkrete Vermittlungs-
verhandlungen zwischen den Bauern und der Handelskammer führen. Beim
israelischen Botschafter am Abend habe ich dann Rimsky darüber infor-
miert.

In der PK gab es eine einzige interessante Diskussion. Kreisky hatte
selbst den Vorsitz geführt, da das französische Fernsehen die ganze
Sitzung aufzeichnete. Die Ölindustrie hatte den Antrag gestellt, es
sollte nicht nur der Benzinpreis, sondern die gesamte Produktionspalette
freigegeben werden, d.h. auch aus der Preisbestimmung der PK herausgenom-
men werden. Darüber konnte keine Einigung erzielt werden, so daß man
letzten Endes beschlossen hat, für Normal- und Superbenzin wird die auch
die ansonsten der PK unterliegende Preisregelung bis zum 31. Jänner ausge-


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setzt. Alle anderen Produkte bleiben aber in der PK. Damit wäre meiner
Meinung nach der richtige Weg eingeschlagen. Wenn die Ölindustrie sich
nicht sehr schlecht aufführt und entweder abgesprochene Preise oder
vereinzelt zu hohe Preise festsetzt, wird wahrscheinlich es möglich sein,
mit 1. Februar dann zu verhindern, daß es zu einer amtlichen Preisrege-
lung wieder kommt, dafür aber dann Benzin auch der PK ab diesem Zeit-
punkt unterworfen ist.

Der neue Vorsitzende des Wirtschafts- und Sozialbeirates, NR Schmidt, be-
richtete, daß jetzt eine Wohnbaustudie fertiggestellt wird, eine Ener-
gieproblemstudie vor der Fertigstellung ist und eine regionale Struk-
turpolitikstudie bis 1982 vollendet werden soll.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte was weißt Du über die Energieproblemstu-
die?

In der Fraktionssitzung der LUGA berichtete ich über die politische Si-
tuation. Übereinstimmend wurde dann in der Diskussion festgestellt, daß
doch viel zu wenig Fraktionsarbeit geleistet wird. Interessant für mich
war, daß diese berechtigte Kritik von unserem neuen Zentralsekretärstell-
vertreter Göbl kam. Die jungen Leute nehmen sich also scheinbar doch
mehr um die politische Arbeit auch innerhalb der Gewerkschaft an. Von den
alten Sekretären war dies und ist dies sicherlich auch in Zukunft nicht
zu erwarten. In der Zentralvorstandssitzung selbst wurde dann die Dis-
kussion fortgesetzt, aber natürlich über den Benzinpreis. Die meisten
Funktionäre aus den Betrieben, unser Zentralvorstand setzt sich ja aus
Betriebsratsobleuten zusammen, berichteten, daß es im Betrieb eine starke
Diskussion über die gesamte Benzinpreisentwicklung und Freigabe gegeben
hat. Die Freigabe hat jetzt wirklich schockartig gewirkt, insbesondere
Bäcker, die nachts gar kein anderes Fahrzeug hätten als ihren eigenen
Wagen, meinen, man müsse für die Nachtschichtarbeiter, die kein öffent-
liches Verkehrsmittel haben, eine entsprechende steuerliche Regelung
oder entsprechende Zuschüsse erreichen. Da dies von vornherein aussichts-
los ist, erklärte ich ihnen sofort, hier könnten wir höchstens an die
Unternehmer herantreten, damit diese entsprechende Abgeltung geben.
Immer wieder wird aber auch die Frage der Mitbestimmung diskutiert. In
diesem Punkt gibt es glaube ich gegenüber den Auffassungen des Sozialmi-
nisters Dallinger kaum eine differente Stellungnahme der Gewerkschaften.
Bei seinen anderen Programmpunkten ist dies nicht so einheitlich. Die
Live-Sendung WIR war nicht, wie im Tagesprogramm angezeigt, eine Diskussion
über den Benzinverbrauch, sondern selbstverständlich primär über die Ben-


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zinpreisentwicklung. Auch WIR wird in Hinkunft alle Donnerstage der
Hörerschaft mitteilen, wo es preiswerte Benzine zu kaufen gibt. In
Österreich herrscht jetzt wirklich eine Benzinhysterie. Da ich immer be-
haupte, es gibt nur drei Preise, die den Mann interessieren, nämlich Bier-
preis, Zigarettenpreis und Benzinpreis, so ist halt jetzt durch die Er-
höhung des Benzinpreises, aber insbesondere durch die Freigabe und die
ungewohnte Art, wie jetzt die Preise in Hinkunft sich entwickeln werden,
nämlich differenziert, teilweise weit auseinanderliegend, zumindestens
in den nächsten Tagen ein ergiebiger Diskussionsstoff.

Da niemand wußte, wie lange im Parlament die Diskussion über die Kreisky-
Erklärung dauern wird, konnte ich auch vorherein keine Zusage machen,
bei der Verabschiedung des israelischen Handelsrates zum Empfang zu
kommen. Ich habe zwar von vorneherein erwartet, daß die über 20 Redner
sehr lange brauchen werden, allgemein glaubte man aber, zwischen 6 und
8 Uhr wird es zu Ende gehen. Nach der Live-Sendung bin ich aber dann doch
noch zum Empfang gefahren, damit ja nicht der Eindruck entsteht, daß
ich persönlich oder vielleicht auch die Regierung irgendetwas gegen die
israelische Vertretung hat. Ich weiß allerdings nicht, wie viele Minister
außer mir noch hingekommen sind. Ich selbst habe dort niemanden getrof-
fen. Der israelische Botschafter hat mir strengst vertraulich gesagt und
mich ersucht, ob ich nicht doch auch eine Aussprache zwischen ihm und
dem Bundeskanzler einleiten könnte. Mein Vorschlag ihm gegenüber, er
solle sich bei Kreisky melden, und ich würde Kreisky vorher davon verstän-
digen, geht leider nicht, weil er aus Israel die Weisung hat, er darf
nicht mit Kreisky Gespräche beginnen. Andererseits macht er sich große
Vorwürfe und hat angeblich schlaflose Nächte wegen des schlechten Klimas
zwischen Kreisky und der israelischen Regierung. Ich versprach ihm,
Kreisky davon zu informieren.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte nächsten Ministerrat erinnern.

Im Kolosseum gibt es jetzt als neueste Attraktion gleichzeitig 7 Kino-
vorstellungen. Da die Parlamentsdebatte aber bis spät in die Abendstunden
dauerte, habe ich gerade noch 5 Minuten von einem Film gesehen. Die
Ausstattung dieses Kinocenters ist sehr beachtlich, muß auch sehr viel
Geld gekostet haben, der Vorteil der Konzentration von 7 Filmen in einem
Haus liegt darin, daß Leute eben wählen können, wenn ein Film besonders
gut geht, kann man ihn in einen größeren Saal verlegen, angeblich wird
auch bei den Vorführern gespart, weil mehrere Filme gleichzeitig bedient
werden. Ob sich das ganze allerdings rentiert, wird erst die Zukunft er-
weisen.



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ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was sagt man im Filmbeirat dazu?

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Tagesprogramm, 17.9.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


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        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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