Samstag, der 5. September 1981 bis Sonntag, der 6. September 1981

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Samstag, 5. September und Sonntag, 6. September 1981

Die Wahlreise in der Steiermark war, wie man so schön sagt, locker.
Raaba, ein Vorort von Graz, ist eine kleine Gemeinde, wo, wie mir
der soz. Gemeindekassier und ein zweiter Funktionär, uns begleitete,
mitteilten, bei der letzten Gemeinderatswahl ein Mandat verloren
gegangen ist. Wir besuchten eine Anzahl von Geschäften, wo er jeden
der Besucher kannte, die Käufer waren sehr freundlich, interessanter-
weise sogar meistens Genossen. Die Geschäftsinhaber waren sehr
überrascht, daß ich gerade sie aufsuchte. Es herrscht eine sehr
freundliche Stimmung. Übereinstimmend klagten die Unternehmer, die
alle Kleinbetriebe sind, über die hohen Zinsen. Keiner war Gott sei
Dank auf die Einkünfte aus diesen Lebensmittel-, Fleischhauer-,
Gemüse-, Blumengeschäften angewiesen, weil entweder der Ehegatte oder
irgendwie sonst ein zweites Einkommen als unselbständiger Arbeiter
zur Verfügung stand.

Am interessantesten für mich war der Besuch beim ÖVP-Bürgermeister
in Raaba, der die größte Rosenzucht Österreichs hat. Die Frau klagte
über die Billigimporte aus den NL, nur durch beste Qualität sind
sie imstande, ihren Absatz in Vorarlberg bis Wien aufrechtzuerhalten.
Die Frau hatte, wie mir wie ihre Tochter nachher unter vier Augen sagte,
sich vorgenommen, alles was sie bedrückte mir sehr hart und mit
entsprechendem Nachdruck zusagen. Vielleicht war es mein Charme,
vielleicht aber doch die Autorität des Handelsministers, daß es
eine sehr freundliche Aussprache wurde. Obwohl der Bürgermeisterbe-
such nicht geplant war, dann aber eingeschaltet wurde, dürfte er,
der Bürgermeister, ja doch fest damit gerechnet haben, daß ich ihn
auf alle Fälle besuchen werde.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER und BURIAN: Vielleicht sollte man auch bei die-
sen Wahlreisen die Bgm.-Besuche einplanen.

In dem Gasthaus, wo wir zu Mittag gegessen haben, traf ich zwei Hoch-
zeitsgesellschaften, auch dort habe ich natürlich den Wiener Schmäh
rennen lassen. Da wir importierte Rosen aus NL verteilten, habe ich
mit kleinen Sträußerln meine Aufwartung machen können.

Bei der ersten Wahlkundgebung in Kainbach konnte der Ortsobmann
feststellen, daß ich jetzt nach Rösch, Haiden, Moser, Sinowatz,
Kreisky der sechste Minister bin, der im Laufe der 11 Jahre in diese


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Kleingemeinde gekommen ist. Begleitet wurde ich von NR Ing. Ressel
und dem Sekretär von der Grazer Umgebung, Hoffmann, sowie, es so schön
heißt, einer Stewardess, in Wirklichkeit Angestellte der steirischen
Landespartei.

Beim ASKÖ-Turnier in Feldkirchen, war sehr gut besucht, da es über
diesen Tisch-Tennis-Wettkampf mit Jugoslawien ASKÖ-Teilnehmer aus
den verschiedensten, oft weitentlegenen Gruppen gab, die gegen die
Jugoslawen kämpfen wollten. Mit den Aktiven, aber gleichzeitig auch
Funktionären für Tischtennis aus Voitsberg, unterhielt ich mich über
die guten jugoslawischen Tischtennisspieler. Die Erklärung ist
einfach, Tischtennis ist in Jugoslawien fast ein Pflichtfach in den
Schulen, der österr. Unterrichtsminister, so wurde ich ersucht,
sollte mindestens vorsorgen, daß in allen Schulen die Möglichkeit
besteht, entsprechende Tischtennisclubs üben zu lassen. Die Tische,
Schläger, Bälle beizustellen ist kein Problem für den ASKÖ oder eine
andere Sportorganisation. Ich versprach nur, mit Unterrichtsminister
Sinowatz darüber zu reden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächste Ministerratssitzung errinnern.

Da ich zwar gegen den Bürgermeister von Feldkirchen sogar ein
offizielles Match spielte, das ich mit 18 zu 21 verlor, beide waren
wir richtige Wappler, wenn mir einmal ein Schlag, was selten genug
war, gelang, erntete ich frenetischen Beifall, ergab sich dann wegen
der Zeitdifferenz zur nächsten Wahlkundgebung die Möglichkeit und
der Wunsch, wir sollten noch den Flughafen von Graz-Thalerhof
in der Gemeinde Feldkirchen besuchen. Im Flughafen selbst wurden
wir dann über alles wissenswerte aufgeklärt. Die Wetterauskunft,
Radaranlage, Turm, Flughafenleitung, Towerbüro mit 4 Beschäftigten
wurde genau besichtigt und wird bis in die letzte Einzelheit er-
läutert. Der Eindruck bei mir war, daß technisch alles bestens aus-
gerüstet ist, eine volle Besatzung von früh bis spät in die Nacht
vorhanden ist, der Flughafen nur eines bräuchte, einen regeren Flug-
verkehr.

Bei der letzten Wahlkundgebung in Seiersberg hat sich Kollege Reiss
sofort daran erinnert, daß wir dort vor 3 Jahren waren. Einige
Fotografien von dieser seinerzeitigen Kundgebung mußte ich dann auch
sozusagen mit meinem Autogramm besiegeln. Überall hatte ich das
Gefühl, und man hat es mir auch bestätigt, daß ich natürlich, außer


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mit den Geschäftsbesuchen, das heißt mit den Unternehmern, sonst
nur mit lauter Genossen zusammengetroffen bin. Viel bringt dies in
den Wahlkampf sicherlich nicht. Ohne daß wir viel darüber gesprochen
hätten, denn ich möchte ja keinesfalls, daß eine solche Wahlreise
womöglich dann durch Kritik oder gar besondere Fragen wie stets
unsere Funktionäre noch deprimiert, habe ich doch den Eindruck, daß
dieser Wahlkampf für Krainer besser läuft als für Gross. Krainer hat
also mit der Vorverlegung von seinem Standpunkt aus recht gehabt,
die wirtschaftlich kritische Situation in der Steiermark wird also
Krainer nicht schaden, sondern wahrscheinlich ganz im Gegenteil
Krainer helfen, der überall und jedermann erzählt, die Steirer müs-
sen zusammenhalten, um in Wien mehr zu erreichen. Krainer, von ÖVP
dargestellt aus gutem steirischen Holz, die SPÖ zu einem guten
Gegenslogan, Herz statt Holz, veranlasst. Das grüne steirische Herz
ist seit Jahren das Signet für den steirischen FV. Von der Wahlpro-
paganda ist daher, glaube ich, von soz. Seite wirklich alles ge-
schehen. Ich würde meinen Freund Gross, der nach so kurzer Zeit
den ersten Wahlkampf liefern muß, nicht nur in jeder Beziehung
unterstützen, sondern auch Erfolg wünschen.

Sonntag, 6. September 1981

Die Aufnahmen im Austrofonstudio im Konzerthaus gaben mir Gelegenheit,
ein bißchen mit Künstlern Kontakt zu nehmen. Diese Musiker, die selbst
am Sonntag, und wenn notwendig rund um die Uhr, d.h. zu jeder Tages-
u. Nachtzeit arbeiten müssen, um Aufnahmen für den Rundfunk, für
Platten oder sonstige Auftraggeber erledigen, sind wirklich
Idealisten. Das Studio ist bestens ausgestattet, angeblich das
größte in ganz Österreich. Gehört Privaten und wird vom ORF nur mit
entsprechenden Aufträgen versorgt. Die Arbeitsbedingungen sind meiner
Meinung nach, schon allein, da alles im Keller ist, kein Lichteinfall,
wahrscheinlich nicht einmal eine überwältigend gute um den Vor-
schriften entsprechende Lüftung, alles andere als ideal. Niemand, der
eine Fernsehsendung sieht, macht sich einen Begriff davon, was hier
an Aufwendungen, sowohl Zeit als Geld, dahintersteckt. Ich selbst habe
dies auch nicht bemerkt und mich auch gar nicht dafür interessiert.
Mein Motto, seit in der Singrienergasse das erste Fernsehstudio in einer
Schule eingerichtet war, vor etlichen Jahrzehnten schon, dort gehe
ich hin, mache sofort Live- oder ev. Bandaufnahmen, bereite mich aber
garantiert in keiner Weise vor. Bis jetzt hat das Improvisieren
vollkommen gelangt. Ich habe wahrscheinlich für die, wenn man's zu-


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sammenzählt, für die stundenlangen Sendungen nicht annähernd soviel
Vorbereitung gehabt, als diesmal, wo allerdings eben auch ein Musiker,
von dem mir die Studioleute gesagt haben, schade, daß er nicht Be-
rufsmusiker wird, nämlich mein Sohn, mich sozusagen managt. Daß
er mit seiner Aussage recht hat, wenn man etwas macht, dann muß man
es perfekt machen, bestreite ich gar nicht, ich zweifle allerdings
nur, ob ein Politiker normalerweise soviel Zeit aufbringen könnte.
Wenn ich mir vorstelle, daß es in den Parteien auch das Bestreben
gegeben hat, man sollte den Politiker entsprechend fernsehgerecht
schulen, Auftritte simulieren, in Videorekordern ihm vorführen, was
er schlecht und gut macht, um perfekter zu werden, so kann ich mir
vorstellen, daß diese Politiker dabei mitmachen. Ob es wirklich etwa
hilft, bezweifle ich, ich bin fest davon überzeugt, daß Unmittelbare,
das Improvisierte, das auch natürlich dabei auftretende Fehlerhafte
von den Leuten als ganz normal, eben als menschlich, von ihnen akzeptiert
wird.

Die dort für andere Sendungen anwesenden ORF-Verantwortlichen,
meistens allerdings freie Mitarbeiter, haben mir aber mit Überzeugung
dargelegt, daß allein, damit der ORF in der Konkurrenz gegen Deutsch-
land z.B. bestehen kann, man dieses hohe Niveau, wie es die Deutschen
auch haben, anstreben muß, ob sich dieser Aufwand lohnt.

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Tagesprogramm, 5./6.9.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: NR-Abg. SPÖ


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    Tätigkeit: Unterrichtsminister


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      Tätigkeit: Bautenminister


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: steir. ÖGB-Landessekr., dann LH-Stv.


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              Tätigkeit: Chauffeur Staribachers


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                Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                    Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                      GND ID: 118566512


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                        Tätigkeit: Sekretär SPÖ Graz-Umgebung


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