Donnerstag, 3. September 1981
Die Budgetverhandlungen für das Kapitel Handel verliefen, fast würde
ich sagen, wie gehabt. Die Beamtenvorbesprechung zwischen MR Kaber,
Finanzministerium, und MR Marhold vom Handelsministerium, die dies
schon jahrzehntelang machen, sind selbstverständlich von einem Minister-
wechsel überhaupt nicht beeinflußt. Es war alles bis auf den letzten
Schilling vorbesprochen. Mein Konzept, nicht mehr zu verlangen, sondern
sofort schlicht und einfach zu sagen, die Beamten haben abgestimmt,
was wirklich notwendig ist, ging auch diesmal voll auf. Salcher hat
bei dem traditionellen Vier-Augen-Gespräch der Minister mir auch sofort
zugestanden, daß er mit mir die wenigsten Schwierigkeiten hat. Die
Aussprache erstreckte sich daher auf generelle Fragen. Salcher rechnet,
daß er heuer mit 57 Mrd. S Bruttodefizit durchkommen wird. Noch immer
ist aber ein Abgabenminderertrag von 2 Mrd. S nicht endgültig. Im
nächsten prognostizierte ich, daß er 60–65 Mrd. S erreichen wird, er
meinte, 63 Mrd. seien sein Ziel. Die große Frage für ihn ist, das
1983er-Budget. Hier erklärte ich ihm freimütig, das soll ihn am
wenigsten kratzen. Kommt es zu keiner Vorverlegung der Wahl, also
im Herbst 82, und er muß noch ein 83er-Budget machen, so wird es
sicherlich die alte Regierung nicht mehr exekutieren. Da 83 die
Sozialversicherungsfinanzierung, insbesondere aber die Kapitalrück-
zahlung und vieles andere in Angriff genommen werden muß, wird sicher-
lich das dann echte und abgewickelte Budget 83 sich wesentlich von
jedem Budgetentwurf unterscheiden.
Salcher teilte mir auch mit, daß bei dem Pölser Syndikatsvertrag
ein großer Fehler passiert ist. Er hatte angenommen, daß das Handels-
ministerium nicht nur den Ministerratsvortrag und die ganzen Vorbe-
reitungen zur Erstellung der Pölser Sulfatfabrik überwacht, sondern auch
den Syndikatsvertrag, wenn schon nicht ausarbeitet, so doch wesentlich
beeinflußt. Im Finanzministerium hat sein MR Roch aber diese Arbeit
gemacht, ohne mit ihm Kontakt zu halten. Nicht einmal sein Verantwort-
licher im Büro, Sekr. Sellner, wurde herangezogen. Deshalb ist der
Syndikatsvertrag nicht optimal. Ich beruhigte Salcher dahingehend,
daß ich selbstverständlich, obwohl wir mit dem Syndikatsvertrag über-
haupt nicht beschäftigt wurden, dazu stehe, um ihn nicht in entsprech-
ende Schwierigkeiten zu bringen. Die Ergänzungen und Erklärungen bei
der Aufsichtsratssitzung reichen, wenn auch unzulänglich, doch einiger-
maßen aus. Durch die wahrscheinliche Beteiligung von der Halleiner
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Papierfabrik wird es auch bezüglich der Versorgung österr. Firmen
mit Sulfatzellstoff einigermaßen funktionieren. Salcher hofft, daß
niemals mehr wieder eine Informationslücke zwischen den beiden Mini-
sterien, insbesondere aber zwischen uns beiden Ministern entsteht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Sellner ständig Kontakt halten.
Bezüglich der Kapitalreduktion von Jochenstein, 175 Mio. S, und Über-
tragung dieses Finanzerlöses vom Finanzministerium wieder an die
Verbundgesellschaft, war Salcher mit meinem Kompromißvorschlag einver-
standen. Aus budgetären Gründen braucht er diese 175 Mio. S unbedingt,
er stimmte aber dem Kompromiß zu, daß, wenn mit den Deutschen bezüg-
lich Salzachausbau eine Einigung erzielt werden kann, er die notwen-
digen Kapitalmittel dafür zur Verfügung stellen wird. Weder Gen.Dir.
Fremuth, d.h. die Verbund, noch er sollen sich reingelegt fühlen. Er
hält von Fremuth sehr viel und möchte mit ihm ein gutes Einvernehmen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Fremuth verständigen, nächstes Jour fixe mit
ihm setzen.
Bezüglich der Budgetaufstockung für die ÖFVW um 6 %, wie einige
Länder noch immer nur wünschen, und event. 12 %, hat er sofort erkannt,
daß wir 12 % machen sollten. Wenn die Länder tatsächlich diese Auf-
stockung von 12 % ablehnen, so trifft sie politisch und optisch dafür
die Verantwortung. Der Bund sollte jederzeit sagen können, er hätte die
optimalere Lösung gewählt.
Alle anderen offenen Punkte wurden ebenfalls einvernehmlich festge-
legt. Bezüglich der ERP-Ersatzaktion, 27 Mio. S ins Budget, hat er
nur ersucht, so wie in den vergangenen Jahren, dies erst im Laufe
des Jahres 82 durch ein BÜG entsprechend zu decken. Die gewünschten
Mittel für Hausaktion, +6 Mio., Sonderkreditaktion +12,5 Mio., werden
sofort in Budget aufgenommen. Salcher bemerkte nur, daß Tennishallen
oft für Kreditinstitute finanziert werden, die dies gar nicht brauchen.
Ihm wäre recht, wenn hier bei gewinnträchtigen Tennishallengesell-
schaften dann wieder etwas zurückgezahlt wird.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND HAFFNER: Wir sollten diese Überlegung wirklich
prüfen.
Das Finanzministerium ist mit dem Abschluß der Montangebühren, 5 %
auf 15 %, 900 Mio. S Ertrag, einverstanden, doch möchte er sofortige
Verhandlungen über eine event. weitere Aufstockung auf 20 %, wie in
anderen westeuropäischen Ländern. Gegebenenfalls würde das Finanz-
ministerium eine gesetzliche Regelung vorsehen.
Die Bergbauförderung bleibt mit 216 Mio. S unverändert.
Einvernehmen herrschte auch, daß das Energieförderungsprojekt von Linz
mit 72 Mio. S schon allein aus präjudiziellen Gründen nicht aufgenommen
werden kann. Hier würde der Finanzminister gigantische Belastungen von
anderen Projekten erwarten müssen.
Die einzig problematische Post war der Wunsch des Finanzministers für
das heurige Budget, eine weitere Bindung von 5 Mio. S nicht aufzuheben.
MR Marhold glaubt, daß dadurch die notwendigen Mittel für den Verein
für Konsumenteninformation event. nicht im heurigen Budget aufgebracht
werden können, ich bin fest davon überzeugt, daß dies möglich sein wird.
Sollte es aber tatsächlich Schwierigkeiten geben, wird man neuerdings
im Finanzministerium darüber verhandeln.
Salcher hat festgestellt, daß die Fa. Liebherr in Telfs bei ihrer
Fabrikerrichtung auch gleichzeitig ein Hotelprojekt, 100 Betten in
Buchen, d.h. im überbesetzten Gebiet von Seefeld, errichtet und dafür
noch einen ERP-Kredit bekommt resp. bekommen hat. Ich kenne das Projekt
nicht, ich vermute aber, daß vielleicht doch eine gewisse Koppelung
von Liebherr, ich baue die Fabrik, wenn ich gleichzeitig auch dieses
Hotelprojekt mitfinanziert bekomme, die Ursache ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieso hat Würzl darüber nicht berichtet?
Durch reinen Zufall ist im Kurier wieder einmal ein Bild von mir, ohne
und mit Perücke erschienen. Ich habe daher sofort den Gag dort zu aller
Überraschung gestartet, mir werden eben hier jetzt die Haare geschnitten,
und der Kurier hat dies richtig erkannt. Tatsächlich aber habe ich in
dem strittigen Posten, gegenüber 333 Mio. S heurigem Budget, laut Richt-
linien hätte dies müssen auf 301 Mio. S reduziert werden, volles Ein-
vernehmen erzielt und ergibt eine kleinere Erhöhung des nächstjährigen
Budgets gegen das heurige.
Salcher möchte, wie er mir unter vier Augen vertraulich mitteilte,
heuer die Mineralölsteuer keinesfalls mehr erhöhen, obwohl das Bauten-
ministerium für den Straßenbau beträchtliche Mittel bräuchte. Ich
prognostizierte, daß am 16. September der Normalbenzin um 70 Groschen
und der Superbenzin um 50 Groschen mindestens steigen wird und er sich
daher genau überlegen sollte, ob nicht doch mit eine Mineralölsteuer
von dieser Erhöhung verlangen sollte. Von Marhold habe ich dann er-
fahren, daß Sekanina mit seinen Beamten über das Budget überhaupt noch
nicht gesprochen hat, die Straßenbausektion daher überhaupt nicht
weiß, wie es weitergeht, die Mittel auf alle Fälle unzureichend sind.
Bis jetzt mußten sie auf die neun Bundesländer aufgeteilt werden,
jetzt ist als zehnte noch die neue Straßenbaugesellschaft ASDAG dazu-
gekommen. Nach Meinung Marholds, und hier gibt er nur wieder, was die
Beamten im Bautenministerium denken, war diese Gesellschaft überflüssig,
die dort jetzt eingesetzten Beamten machen dieselbe Arbeit wie bisher,
nur bekommen sie mehr Geld. Tatsächlich aber handelt es sich um die
Entmachtung der Straßenbausektion. Sekanina will billiger, rascher und
vor allem durch eine Novelle des Straßengesetzes auch weniger Auto-
bahnen und S-Straßen bauen, da es bei der Finanzierung unüberwindliche
Schwierigkeiten gibt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Jour fixe AK setzen.
Der Präs. d. Bundeskammer Sallinger feiert seinen 65. Geburtstag.
Sts. Albrecht hat mich, Gott sei Dank, vor längerer Zeit schon darauf
aufmerksam gemacht. Sie selbst ist, wie könnte es bei einer Frau anders
sein, mit einem Bukett von gelben Rosen erschienen. Diese Farbe, sagte
sie mir, ist sehr neutral. Ich selbst habe ihm, außer dem Ersatz des
verbrannten Leherb-Posters, einen herzlichen Brief geschrieben und
gleichzeitig ihm meine Karikaturensammlung eingebunden. Zu meiner
Überraschung hat Dr. Haffner dann etliche gemeinsame Karikaturen darin
gefunden. Wenig später ist auch Finanzminister Salcher mit seinem
Staatssekretär Seidel gekommen. Er hat ihm 65 rote Nelken gebracht und
einen Südtiroler Rotwein. Sallinger war über die nette Idee von mir
sehr überrascht und auch erfreut. Daß wir uns dann wesentlich länger
aufgehalten haben und der Schmäh gelaufen ist, brauche ich nicht
besonders zu erwähnen. Einmal mehr habe ich wieder die Story erzählt,
wie Gen.Sekr. Mussil bei meinem ersten Besuch meinte, wie kurz diese
sozialistische Regierung im Amt sein wird. Sallinger, der dieses Problem
70 schon viel realistischer sah, amüsiert sich immer wieder dabei, daß
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ich, und indirekt damit auch er, eigentlich recht gehabt haben.
MR Schwarz und MR Dersch berichten mir über eine Aussprache mit dem
HK-Präsidialisten Dr. Reiger. Bezüglich der von unseren Repräsentations-
kosten bezahlten 40.000 S, außerordentliches Irakeressen im Hilton
10.000 S, außerordentliches Essen mit den Albanern in der Spanischen
Hofreitschule 8.000 S, zwar von uns nicht bestellte, aber dann doch
von uns zu bezahlende Fotos von Mauthausen 1.400 S, ein Bus für die
Libyer 18.600 S, ein außerordentliches Delegationsessen am Donauturm
3.000 S, wird Reiger dem Präsidenten vortragen, und dieser wird ent-
scheiden, ob und welche Posten sie davon event. übernehmen. Abgelehnt
wird auf alle Fälle, daß die Hotelrechnung für die Libyer im Novotel,
34.000 S, von der HK übernommen wird. Die Libyer haben damals dieses
Hotel verlassen und sind in das Hilton gezogen, die dort auflaufenden
127.000 S hat die HK übernommen. Die Erklärung, daß die Araber unbe-
dingt im Intercontinental oder im Hilton wohnen wollen, behaupten die
beiden Ministerialräte, weil sie Zimmerservice, sprich Hostessen, dort
vermittelt bekommen. Dies war für Haffner und für mich neu, kann aber
sicherlich stimmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Recherchier' einmal vorsichtig.
Mein ehemaliger Mittelschullehrer und späterer Vizekanzler Pittermann,
der ja leider jetzt vollkommen erblindet ist, feiert seinen Geburts-
tag, und ich gratulierte ihm herzlichst. Da er geistig vollkommen wieder-
hergestellt ist, nur sein Augenlicht verloren hat, sitzt er jetzt in
seiner Genossenschaftswohnung im dritten Stock, von seiner Tochter
bestens betreut. Beide erzählten mir ihre privaten Sorgen, die ich
versprochen habe, so weit wie möglich mit ihnen gemeinsam zu lösen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Gebietskrankenkassendir. Pascher ver-
binden.
Die HK hat mir bezüglich der Joghurt-Abschöpfungsbetragsreduzierung
schriftlich mitgeteilt, daß sie den Vorschlag von Minister Haiden,
Reduzierung der Abschöpfung von 750 S pro m... auf 500 S, aus
prinzipiellen Gründen nicht akzeptieren kann. Kehrer ersuchte mich,
ich sollte unbedingt versuchen, dies rauszuschieben, obwohl er selbst
einsieht, daß ich dazu kaum, auch bei dem Staatsbesuch, eine Möglichkeit
haben werde. Ein Telefongespräch mit Präs. Lehner von der LWK ergab
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hier eine weichere Haltung. Zustimmen wollte er dieser Lösung aber
auch nicht. Mit Dkfm. Blaha von der AK war die Situation ähnlich.
Haiden dürfte hier wirklich eine Zusage gemacht haben, ohne die
Folgen im einzelnen erkannt zu haben resp. entsprechend informiert
gewesen zu sein. Die 3 % Joghurt, die präferenziell jetzt herein-
kommen würden, machen ca. 800 to aus. Die 750 S pro m... braucht
der Milchwirtschaftsfonds natürlich primär aus der inländischen
Produktion, um den Preisausgleich durchführen zu können. Tatsächlich
wurden aus der Schweiz derzeit nicht einmal 1 % importiert, die
größere Menge wird insbesondere den Vorarlberger Raum überschwemmen.
Den Milchwirtschaftsfonds habe ich aufgefordert, mir entsprechende
Unterlagen sofort zu schicken.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte urgiere bei dem Geschäftsführer, falls sie
nicht bis Montag früh da sind.
Die Wirtschaftsgespräche der Regierung mit der ÖVP verliefen in einem
sehr guten Klima. Bundesparteiobmann Mock war mit Gen.Sekr. Lanner,
dem Wirtschaftssprecher Graf, HK-Präs. Sallinger, dem ÖAAB-Obmann Kohl-
maier und dem Bauernbundobmann Derfler erschienen. Auf der sozialist.
Seite war Kreisky mit den Wirtschaftsministern und Sts. Eypeltauer, mit
Sekanina u. Sts. Schober ohne Haiden, dazu noch Klubobmann Fischer er-
schienen. Kreisky eröffnete, indem er erklärte, es wäre zweckmäßig,
wenn jetzt die Wirtschaftsprogramme zwischen den beiden Parteien durch
die eingesetzte Arbeitsgruppe mit einer Zeitbegrenzung, Deadline, wie
er sagte, ausgearbeitet werden. Von sozialistischer Seite sind in dieser
Arbeitsgruppe NR Schmidt und Nowotny, Klubsekr. Ostleitner und Kabinetts-
chef Lacina. Von der ÖVP-Seite wurden Wirtschaftsprecher Graf, NR Taus,
Dr. Dietz vom ÖAAB und Dr. Festa von der HK nominiert.
Mock urgierte allerdings, so glaube ich zu Recht, daß ihr Memorandum
bereits am 9.6. übergeben wurde, am 31.7. hatte er dann mit Kreisky
eine Aussprache und dieser meinte, die Minister werden dazu Stellung
nehmen. Kreisky bekannte sofort, daß er dies im Trubel der Ereignisse
und insbesondere durch seinen Urlaub vergessen hatte. Er forderte aber
sofort die Minister auf, zu dem 7-Punkte-Programm Stellung zu nehmen.
Salcher zu den Finanzproblemen, ein Abgabenänderungsgesetz ist in Ent-
wurf, dieser wird 6 Mrd. S Steuersenkung bringen, 3 Mrd. davon muß der
Bund bezahlen. Über die Direktförderung könnte man noch entsprechende
Gespräche führen, er erwartet von der HK in der Begutachtung entsprech-
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ende Vorschläge und wird diese bemerkenswerten berücksichtigen.
Salcher denkt, wie er mir vorher schon einmal sagte, das Problem
der Goldschmiedeumsatzsteuerbelastung zu lösen. Sparbuchsteuer und
Anonymitätsabgabe, Besteuerung des Weihnachts- u. Urlaubsgeldes ist
derzeit überhaupt nicht aktuell, ebenso die 13.-u.-14.-Urlaubsgeldbe-
steuerung. Einheitswerterhöhung müßte es geben, hier sei ein Ein-
frieren unmöglich, 60.000 landwirtschaftliche Betriebe werden weniger
bezahlen, für 60.000 bleibt es gleich und 60.000 werden gerechte und
notwendige Erhöhungen bekommen.
Bezüglich Konferenzzentrum meinte Kreisky, dieses dürfe man nicht
erklären, es kommt nicht in Frage, sondern gegebenenfalls höchstens
zurückstellen. In der ÖVP-Zeit hat Sts. Bobleter mit den intern.
Organisationen Verhandlungen geführt und mehr oder minder dieses
Konferenzzentrum zugesagt. Auch UNO-Gen.Sekr. Waldheim hat jetzt
neuerdings bestätigt, daß ein solches wichtig ist. Genf hat eine
solche Einrichtung, weshalb Schweizer Journalisten, die jetzt mit
ihm gesprochen haben, darauf besonders verwiesen, die Hofburg ent-
spricht nicht. Wenn kein Konferenzzentrum gebaut wird, gehen die
ganzen Großkonferenzen nach Afrika oder Asien. Der Bund hat durch
Subventionen jede Landeshauptstadt in ihren Großbauten gefördert,
Bregenz 105 Mio. S, Salzburger Festspielhaus 297 Mio. S, Linzer Bruckner-
haus 145 Mio. S, Innsbruck 184 Mio. S, nur Wien hat bis jetzt nichts
bekommen. Sekanina ergänzte, die Hofburg wird jetzt mit 33 Mio. S
renoviert, selbst wenn man die Bühne und die Dolmetscherkabinen weg-
räumt, so könnten höchstens statt tausend Personen 1.400 Personen
untergebracht werden.
Bezüglich der Wohnungsproblematik erklärte Sekanina, hier werden bis
zum Herbst Abschlußarbeiten wegen der Vielseitigkeit der Materie
nicht möglich sein. Vorarbeiten hat das Bautenministerium erledigt,
es muß eine bedürfnisgerechte Planung und entsprechende Mitbestimmung
gesichert sein. Die Wohnbauförderung 68 war gut, das Gesetz muß aber
den Entwicklungen Rechnung tragen und daher novelliert werden. Be-
rücksichtigen muß man auch die Arbeitsmarktsituation, der Wohnbau muß
rationeller, schneller und billiger vor sich gehen.
Über Arbeitsplatzsicherung durch Investitionsoffensive berichtet dann
Salcher, über das 4-Punkte-Programm der Regierung, TOP-Investitionen
1 Mrd. S bei 8 % Verzinsung, Forschungsüberleitung 100e Mio., die die
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HK auch zur Verfügung stellt mit 5 %, über Innovations- und Leistungs-
bilanzvorschläge. Es wird jetzt zu einer Zentralbankgeldschöpfung
von 7 Mrd. S kommen, die allerdings keine Inflationstendenzen haben,
sondern sich aus der wachsenden Wirtschaft ergeben. Die von Mock an-
gekündigte Forschungsförderung statt 300 auf 1 Mrd. S zu erhöhen,
kann Salcher wegen der inflationären Wirkung nicht zustimmen.
Bezüglich Pensionsgarantie beichtete Dallinger, daß eine solche
nicht notwendig sei, laut Gesetz hat der Bund jetzt die Ausfalls-
haftung. Jedwedige Erklärung würde daher nur die Bevölkerung be-
unruhigen. Über die zukünftige Abwicklung hat er dem Wirtschafts-
forschungsinstitut den Auftrag gegeben, eine Vorschau bis zum Jahre
1990 über die Sozialversicherungsentwicklung zu erstellen. Ebenso
hat der Pensionsbeirat eine mittelfristige Finanzvorschau erstellt.
Finanzierung der Spitäler, hat Salcher festgestellt, ist ein paktiertes,
zwischen Bund und Ländern 78 geschaffenes Gesetz, er wendet sich nur
gegen die Abgabendeckung, die dort vorgesehen ist, und möchte eine
verteilungsgerechte neue Finanzierung mit den Ländern besprechen.
Er hat den Landeshauptleuten dies vorgeschlagen, der Sprecher der
Landeshauptleute, Wallnöfer, hat es weitergeleitet, eine Antwort steht
noch aus. Der Vorschlag von Gesundheitssprecher Wiesinger der ÖVP
würde die Bundesleistung verdreifachen.
Über genügend Energie für alle referierte ich, daß beim Energiesparen
die bekannten Erfolge, Öl -7,4, Gas -6,3, Elektrizität mit +0,4 fast
gleich, ein geringerer Kohlenmehrverbrauch durch Umschichtung von
Öl auf Kohle, große Sparerfolge gebracht hat. Bezüglich Ab- u. Fern-
wärme verwies ich auf die STEWEAG, Grazer Stadtwerke, Wien, Flughafen
Schwechat, ÖMV, Fernwärme, OKA, die jetzt Überlegungen anstellt, und
Kufstein sowie viele andere Projekte. Hier wurden ohne Finanzzuschuß
oder Subvention des Staates die notwendigen Ab- u. Fernwärmenützungen
durchgeführt. Bezüglich der Erzeugung von Biosprit habe ich auf die
Beimischungszwangslösung des Verkehrsministers verwiesen. Nach der
Sitzung hat Bauernbundobmann Derfler gemeint, er hofft, daß die ÖMV
und die WÖF jetzt bald zu einer Einigung kommen.
Bezüglich der Energieimporte und Diversifikation verwies ich auf unsere
Bemühungen, der jetzt zu erstellende Maßnahmenkatalog Energie einsparen,
aber insbesondere Energiebericht, der letzte wurde im Nationalrat ein-
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stimmig beschlossen, gibt Hoffnung, daß auch heuer wieder ein Einver-
nehmen erzielt werden kann. Zum Schluß erklärte ich dezidiert, ohne
Kernkraftwerk könnten wir, wie alle intern. Behörden feststellen, nicht
auskommen und appellierte an eine emotionsfreie, sachliche Diskussion
im Unterausschuß und hoffentlich baldige Beschlußfassung über den
Weiterbau und damit dann Inbetriebnahme.
Mock bedankte sich über die Information und wollte sie schriftlich.
Dies wurde von Kreisky sofort zugesagt, dann entspannte sich eine
lange Diskussion, ob die ÖVP die Sondersitzung verlangen sollte oder
nicht. Kreisky verwies darauf, daß dies für die Gestion und, wenn man
so will, Beschäftigungssuche für Eumig-Beschäftigte nicht günstig ist.
Es würde bei dieser Diskussion natürlich dann das Problem der Ver-
schuldung der Länderbank zur Sprache kommen und alles wieder aufge-
rührt werden. Mock verpflichtete sich zwar, daß von ihrer Seite nur
sachlich diskutiert wird, und der ganze Eumig-Komplex und die Gefähr-
dung von event. Ersatzbetrieben durch ausländische Investoren ver-
mieden wird. Fischer replizierte treffend, indem er meinte, aus all
den Äußerungen ergibt sich, daß die ÖVP ja schon beschlossen hat,
diese Sondersitzung zu verlangen. Unerklärlich ist es nur, warum man
dann gesagt hat, man wartet die heutige Besprechung noch ab. Wenn
jetzt die Sondersitzung verlangt wird, nimmt man an, daß die Gespräche
in einem harten, vielleicht sogar unsachlichen Klima geführt wurden,
gerade das Gegenteil ist der Fall. Kreisky verwies noch darauf, daß
jetzt die Deutsche AEG nicht mehr zu retten ist, niemand würde aber
jetzt im Bundestag darüber diskutieren. Ähnlich war es bei den Schweizer
Uhrenfabriken vor etlichen Jahren der Fall. Ich bin allerdings fest
davon überzeugt, daß die ÖVP diese Sondersitzung verlangen wird, auch
dann, wenn die Aussprache, was mich sehr verwundert hat, wirklich sehr
freundschaftlich geführt wurde.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte für den Punkt 7, genügend Energie für alle,
sofort eine schriftliche Stellungnahme, was wir alles getan haben, im Hin-
blick auch auf meine Ausführungen veranlassen.
Tagesprogramm, 3.9.1981