Montag, 31. August 1981
Wie dem Direktor Klang von der EKB Braunau versprochen, habe ich sofort
mit Dr. Bednar vom Sozialministerium und Dr. Matt von der Finanzierungs-
garantiegesellschaft Kontakt aufgenommen. Ich übergab ihnen die Ansu-
chen, Sozialministerium 10 Mio. S, FGG-Top-Investitionskredit 15 Mio. S,
beide erklärten prinzipiell, daß sie dieses Projekt für förderungswürdig
halten, die Unterlagen entsprechen aber wahrscheinlich auch diesmal
nicht den Anforderungen ihrer Richtlinien. Ich habe deshalb Herrn Klang
angerufen und Bednar hat ihm die Details gesagt. Ich bin fest davon
überzeugt, daß diese Art der Erledigung bei den Firmen einen ungeheuren
Eindruck hinterläßt. Alles, was man sofort macht, wirkt wegen der lang-
samen oder Gar-Nicht-Erledigung der Bürokratie besonders, und wenn dann
das noch ein Minister erledigt, noch mehr beeindruckend. Ich behaupte
und glaube, daß diese Theorie auch dann, wenn die Erledigung negativ
ist, trotzdem beeindruckend bleibt.
Dr. Feltl informiere ich über die Aussprache mit allen drei Teilhabern
von Wiesner u. Hager in Altheim. Zuerst bedanke ich mich für die wirk-
lich umfassende und doch nicht allzu ausschweifende Information über
den Streit in dieser Gesellschaft. Da der oberösterreichische Landes-
hauptmann schon versucht hat, diesen zu schlichten, und kläglich geschei-
tert ist, hatte Feltl nicht angenommen, daß es mir gelingen würde, bei
einer längeren Aussprache alle drei dazu zu bringen, daß sie bereit wären,
das Gewerbescheinproblem mit SC Jagoda, Dr. Feltl und mir zu besprechen,
und doch vielleicht zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Nach Rückkunft Jagoda sofortige Aussprache mit
mir vereinbaren.
Die Fa. Strambach, die Frau des Oberst Corrieri vom Verteidigungsmini-
sterium und Adjutant von Verteidigungsminister Rösch als Besitzerin, er-
suchte, das Dekret zur Führung des Staatswappens sofort zu bekommen.
Corrieri war auch erschienen und ich gratulierte der Frau, ihm und
den Belegschaftsvertretern. Diese Meerschaumpfeifenproduktion exportiert
natürlich fast alles in die Vereinigten Staaten und sonstige Länder.
Das Hauptproblem ist, daß diese Pfeifen handgefertigt aus dem Meerschaum
geschnitten werden. Das Rohmaterial kommt aus der Türkei. Immer wieder
versucht die Türkei, den Export dieses Rohmaterials zu verhindern, um
diese Pfeifen selbst zu erzeugen. Überrascht und erfreut war ich, zu
hören, daß insbesondere MR Waas sich in der Vergangenheit um diesen Roh-
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stoffimport sehr eingesetzt hat. Ich versprach den Firmenvertretern,
daß das Handelsministerium sich weiter sehr bemühen wird, alle Schwie-
rigkeiten, die ev. in dieser Beziehung auftreten könnten, so wie in
der Vergangenheit zu helfen zu beseitigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Waas und mir besprechen, was wir
unternehmen können.
Beim Journalistenfrühstück hat Staatssekretär Albrecht nur einleiten
können und bei dieser Gelegenheit den neuen Telefondienst des Handels-
ministeriums über Konsumententipps, die mit dem Verein für Konsumenten-
information erstellt werden, die Presse informiert. Fragen gab es, wie
könnte es anders sein, dazu leider keine.
Ref. Schandel von der Energiesektion informierte dann mit ausreichendem
Zahlenmaterial über die Erdöl- und Derivateversorgung im ersten Halb-
jahr. Diesmal hatte er eine umfangreiche Analyse mit entsprechenden Pro-
duktions- und Verbrauchsmengen, und insbesondere auch über die Preisent-
wicklung, 7,4 % weniger Erdölverbrauch, die Erdölpreise aber um 33 %
auf 4,300 S fast im Durchschnitt gestiegen.
Ich ergänzte über die geringeren Gasverbräuche, –6,3 %, und über trotz
alledem größeren Verbrauch der Elektrizität von 0,4 % im ersten Halbjahr.
Im Juli ist ein weiterer Verbrauchsanstieg von 0,2 %, in den ersten
26 Tagen des Augusts sogar von +9 %, inkl. des Pumpstroms, zu ver-
zeichnen. Auch über diese Berichte gab es fast keine Diskussion.
MR Obermair, Energiesektion, MR Kotrausch vom Bautenministerium, Hofrat
Hüttner von der Versuchsanstalt Arsenal und der dortige Beauftragte für
Energiesparfragen, Ing. Ratschina, berichteten über die Energieeinsparung
im Bereich der Bundesverwaltung. Bei der Energiekrise 74 wurde das
Beamtenkomitee geschaffen. Durch die Einführung der Energiebuchhaltung,
insbesondere durch die Heizerschulung, aber ganz besonders durch den Ener-
giesonderbeauftragten, derzeit 23 im Bundesbereich, wurden beträchtliche
Einsparungen erzielt. 78 8,4 %, 79 2 1/2 %, 80 7 %. Interessant für mich
war, daß bei 110 Objekten, die man untersuchte, festgestellt wurde, daß
weniger die Frage der Isolierung zu diesen Erfolgen geführt hat, sondern
die genaue Überprüfung und ständige Kontrolle der Heizungsanlagen und
der Heizer. An einem einfachen Beispiel konnte man den Grund sofort er-
kennen. Während früher die Heizer die Kohlen in die Öfen feuern mußten,
manchmal sogar die Kohlenkübel bis in den dritten Stock hinaufschleppen,
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haben sie schon allein aus körperlichen Belastungsgründen nur die not-
wendigen Temperaturen erzeugt. Jetzt, wo es sich nur darum handelt, einen
Schalter einzuschalten oder einen Hahn aufzudrehen, fällt diese schwere
Arbeit weg, weshalb sie rein aus menschlichen Gründen gerne bereit sind,
gegebenenfalls Sonderwünsche auf mehr Wärme, wobei der andere dann das
Fenster aufreißt, gerne zu erfüllten. Hier hat sicherlich der Energie-
sonderbeauftragte wesentliches an Einsparungen erreichen können.
ORat Reim vom Handelsministerium berichtete über einen internationalen
Vergleich des Energieverbrauches mit mehr oder minder fraglichen Durch-
schnittsziffern, bezogen dann auf das Bruttoinlandsprodukt schneidet
Österreich sehr günstig ab und liegt an siebenter Stelle. Diese in meinen
Augen immer sehr unzulänglichen Durchschnittsaussagen, die von Reim
zwar sehr gewissenhaft erörtert und erklärt wurden, identifiziert sich
sofort die Presse als Headline, und in den Massenmedien wird daher ent-
sprechend darüber berichtet. Wenn man bedenkt, daß die Schweiz an der
Spitze steht, leicht zu erklären durch das hohe Sozialprodukt, welches
die Dienstleistungen, z.B. die Banken, dort beeinflussen. Luxemburg am
Ende dieser Skala, durch die große Eisen- und Stahlindustrie, die ungeheuer
viel Energie verhältnismäßig verbraucht, so sind die beiden Extreme
schon charakterisiert. Ich bin überzeugt, daß diese Erklärung kaum ge-
bracht wird, sondern daß man sich eben an der Aussage, Österreich liege
an 7. Stelle, delektieren wird und dies herausposaunt. Wir werden diese
Statistik natürlich jetzt weiter zu führen haben, denn erst im weiteren
Vergleich der Zeitreihe könnte man überhaupt aus diesen Ziffern Schlüsse
ziehen und Erfolge oder Mißerfolge ablesen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Reim muß jetzt mindestens einmal im Jahr diese
Berechnungen fortsetzen.
Die Firma Metzger in Liesing ist eine alte Eisenbahnwaggonreparaturwerk-
stätte. Ich war bei der Betriebsbesichtigung sehr überrascht, zumindestens
eine solche noch im Prinzip anzutreffen. Das Staatswappen hat sie nämlich,
zumindestens nach meiner Redeunterlage, für die Vermietung von Eisenbahn-
waggons, insbesondere Container, bekommen. Dies ist auch das Charakteri-
stische der 1903 in Triest gegründeten Firma. Für die ÖMV und für die
Milchwirtschaft repariert sie die Waggons und streicht sie neu an und
kommt trotz der sehr schlechten Eisenbahnmaterialpreise doch auf ihre
Rechnung. Am meisten überrascht war ich aber, daß aus Tarifgründen die
Firma z.B. alte Eisenbahnwaggons umbaut, 2 Zweiachser durch eine feste
Kupplung verbindet, und dadurch die verbilligten Tarife der 4-achsigen
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Wagen mit diesen alten zusammengebauten Waggons auch erreichen kann.
Beschlossene Waggons wieder haben auch einen höheren Tarif bei der Bahn,
weshalb Waggons mit einem Kunststoffdach versehen werden, wodurch auch
wieder ein Tarifvorteil entsteht. Ich hätte nie geglaubt, daß man durch
Umbau von Waggons solche Tarifvorteile erreichen kann, die die Bahn
letzten Endes auch sogar akzeptiert. Dieses Erkenntnis war für mich
ganz neu, und ist typisch, wie findige Unternehmer Tarife, auf die sie
keinen Einfluß haben, durch entsprechende besonders gebaute Waggons
ausnützen.
Die Buchhandlung Lechner, die ich vor drei Jahren besuchte, ist jetzt auf
das Industriegelände in Liesing übersiedelt. Dort wurden ganz moderne
Oneline-Verfahren, mit einem riesigen Lager kombiniert, aufgebaut. Die
Firma hat im Vorjahr durch die Fusion mit Danubia, bösartige Zungen be-
haupten, das einzige positive Unternehmen der Sozialistischen Partei,
welches unerklärlicherweise verkauft wurde, einen weiteren großen Auf-
schwung genommen. Ich gratulierte daher Dr. Lechner und besprach anschlie-
ßend mit ihm und Dr. Berger, auch ein großer Buchhändler, und seinem Be-
triebsleiter Prinz die Wünsche des Buchhandels im kleinsten Kreis. Zuerst
wollten sie die sogenannte Feier zur Verleihung des Staatswappens nicht
durch Geschäftsbesprechungen stören und glaubten, sie müßten unbedingt
extra zu mir kommen. Die Aussprache zeigte mir aber dann, daß es doch
zweckmäßig und zeitsparend war, sie gleich abzuführen. Im Prinzip konnten
sie eigentlich mit der Politik des Handelsministeriums, ja selbst der
Bundesregierung, wie sie selbst zugaben, zufrieden sein. Prinz meinte nur,
ihnen fehle im Parlament eine Lobby, wie dies in anderen Staaten der Fall
ist. Gefahr sehen die Buchhändler in den Attacken einzelner, den festen
Ladenpreis zu Fall zu bringen. Die Regierung oder das Handelsministerium
hat keine solche Absicht, ich glaube auch nicht, daß er, außer bei einigen
Diskontern, die jetzt insbesondere in den Märkten und den großen Han-
delsorganisationen auftauchen, auch nicht gefährdet ist. In Deutschland
beträgt die Mehrwertsteuer derzeit 6 1/2 %. Es ist noch nicht sicher,
aber immerhin besteht die Gefahr für den dortigen Buchhandel, daß sie
auf 13 % erhöht wird. Da wir in Österreich derzeit 8 % Mehrwertsteuer
und keine wie immer geartete Absicht mir bekannt ist, diesen Mehrwertsteuer-
satz auf 13 oder gar 18 % umzustufen, sind die Buchhändler mit dieser
Politik sehr einverstanden. Ebenso äußerten sie sich über die Preis-
festsetzung durch die PK einigermaßen befriedigt.
Sorgen bereitet dem Buchhandel nur, daß deutsche Großisten jetzt leicht
nach Österreich hereinliefern und ganze Absatzorganisationen sich auf-
bauen. Die Fa. Koch, Neff & Oetinger aus Stuttgart hat eigene LKW laufen,
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die bis Linz den ganzen westlichen Raum mit Büchern versorgen. Kriti-
siert wird aber, daß diese LKW über die Autobahn Walserberg bevorzugt
abgefertigt werden. Nach Meinung von Prinz, der es sich sogar ange-
schaut hat, ohne Kontrolle. Da natürlich der Buchhandel größte Angst
hat, daß, wenn er sich dagegen beschwert, dann besonders zum Beispiel bei
der Autobahnstelle Walserberg schikanös behandelt wird, habe ich ver-
sprochen, das Handelsministerium wird, ohne den Namen auch nur anzudeuten,
entsprechende Erkundigungen einheben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte ohne Namensnennung soll das Handelsministe-
rium recherchieren.
GD Bauer wurde vom Geschäftsträger in Moskau, Dr. Siegl, über den Sektions-
chef Peyerl ersucht, an der Gemischten sowj.-österr. Kommission im
September teilzunehmen. Bauer hat größte Bedenken, dies zu tun, er
befürchtet, daß dann von der Kommission wegen der Gasleitung und insbe-
sondere der Gaspreisverhandlungen sofort ein gefährlicher Auftrag, wo-
möglich mit Limits, gegeben werden könnte. Diese Meinung teile ich zwar
nicht, denn noch niemals hat eine solche Kommission so konkrete Aufträge
an Unterkommissionen abgegeben. Das Vis-à-vis von GD Bauer, der GD von
Sojus Gasexport, hat Bauer auch mitgeteilt, daß er selbst auch nicht an
der Kommission teilnehmen wird, es sei denn, er bekommt von Handels-
minister Patolitschew einen besonderen Auftrag. Baranowski wird Bauer,
falls dies eintritt, sofort verständigen. Ich selbst habe GD Bauer er-
klärt, daß es ausschließlich in seiner Entscheidung liegt, ob er an
der Kommissionssitzung teilnehmen will.
Dr. Satzinger hat die Gelegenheit benützt, auf Bauer einzudringen, damit
er am 16. September nicht eine unverantwortliche Benzinpreispolitik
einleitet. Bauer ist sich nämlich vollkommen klar, daß es letzten Endes
von der ÖMV abhängt, wie hoch die Benzinpreise in Österreich steigen
werden. Ich habe Satzinger sofort gesagt, ich werde mich in diese Dis-
kussion nicht einmischen und nur als interessierter Zuhörer dabeisitzen
und kein Wort verlieren. Dies ist mir sehr schwergefallen, Satzinger hier
allein kämpfen zu lassen. Bauer sollte aber nicht das Gefühl bekommen,
daß ich mich jetzt sofort, oder bei der Freigabe dann sozusagen als Preis-
behörde, neuerdings einmischen werde. Der Wunsch der Landeshauptleute
war dieses Arrangement, und jetzt wird sich eben zeigen, welche Politik
von den Ölgesellschaften gemacht wird. Die Grundkonzeption hat Bauer
angedeutet, der Normalbenzinpreis wird höher erhöht als der Superpreis,
im Jänner selbst, oder vielleicht knapp vorher, wird die ÖMV dann beabsi-
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chtigen, damit sie eben die Preisfreigabe weiter retten kann, eine gewis-
se Senkung des Benzinpreises vorzunehmen. Bauer hat versucht, Satzinger
klarzumachen, daß er nur mit größter Anstrengung die 240 Mio. S Dividende,
Rücklagenauflösung und sonstigen Bilanztricks der ÖMV, zahlen konnte.
Durch die Gewinnabschöpfung, 1,2 Mrd., so wollte er uns einreden, ist die
ÖMV schwer belastet. Wir haben ihm sofort entgegengehalten, daß die
1,2 Mrd., wenn sie überhaupt heuer zur Auszahlung an den Finanzminister
gelangen, von der gesamten Ölwirtschaft zu tragen sind, und die ÖMV wahr-
scheinlich die Hälfte davon bezahlt. Die tiefen Inlands-Gas- und Ölpreise
werden von der ÖMV auch sehr gerne vergessen, und Satzinger hat ihn daher
besonders darauf verwiesen. Bauer meinte abschließend, er müsse die Ent-
wicklung der ÖMV viel mehr allen beteiligten klarmachen, ihnen geht es
nicht viel besser als den Multis, trotzdem werde er seine Aufgabe und
seine Führungsrolle in dieser Frage nicht vergessen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche über deine privaten Verbindungen zur
ÖMV die beabsichtigten Preise zu erfahren.
Tagesprogramm, 31.8.1981