Mittwoch, 19. August 1981
Vertreter der Fa. Kapsch klären, warum sie den Heeresauftrag von 1.500
Funkgeräten für Panzer bekommen wollen. Kapsch sieht für die Zukunft
im Funkgeschäft einen großen Umsatzträger. Mit der englischen Firma
Racal haben sie einen Partner, der ihnen auf Lizenz die Funkgeräte in
Österreich erzeugen läßt. Vor allem aber dürften sie dann in Hinkunft
auch noch selbständige Entwicklung auf der Racal-Basis durchführen. Sie
wollen also unbedingt, wie sie glauben in das zukunftsträchtige Funkge-
schäft einsteigen. Die Möglichkeit, in Fürstenfeld die Produktion aufzu-
bauen, ist minimal. Natürlich sagen sie jetzt zu, daß sie, würden sie
diesen Auftrag bekommen, eine Teilfertigung auch der Telefonie-Digital-
produktion in die Steiermark verlegen würden, primär kommt aber, wie sich
dann in der Diskussion herausstellt, ohne daß sie es konkret sagen, da-
für höchsten St. Peter bei Graz in Frage. Kapsch selbst will also in das
neue Gebiet für sie, nämlich die Funkeinrichtungen, einsteigen, gleich-
zeitig aber alles daran setzen, damit z.B. Philips nicht in das Telefo-
niegeschäft aufgenommen wird. Dieses Verhalten ist nicht typisch Kapsch,
sondern ganz allgemein. Jede Firma möchte womöglich Umsatz ausweiten,
gleichzeitig aber ihren öffentlichen Auftragssektor nicht mit anderen
teilen. Ich bin sehr froh, daß ich nicht die Entscheidung zu treffen
habe, wer von den öffentlichen Aufträgen beteilt wird. Auch Kapsch
teilt meine Ansicht, daß ich als Handelsminister alle Firmen gleichmäßig
gut oder schlecht behandeln muß, mein Prinzip, nur zu trachten, die Pro-
duktion in Österreich zu halten, oder gar ausländische Investoren nach
Österreich zu bringen, wird restlos anerkannt.
Die Elektrofirmen erkennen nun schön langsam, daß doch durch die Ein-
schaltung bei den Gesprächen um die Frage von öffentlichen Aufträgen
das Handelsministerium auch von Bedeutung ist, und sind jetzt endlich be-
reit, dieses Ministerium auch zu informieren. SC Marsch Mag. Fabrizii
waren bei den Sitzungen anwesend, dadurch hoffe ich, werden wir in Hin-
kunft für unsere Fachreferate, aber auch für die Arbeitsgruppe Vergabe
mehr Informationen bekommen.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte diese Gesprächsbasis zu halten.
Wie wichtig es ist, einigermaßen auf dem laufenden zu sein, ergibt die
Eumig-Konkurssiutation. SC Marsch, den ich ersucht habe, er soll an den
Sitzungen teilnehmen, aber nicht die Möglichkeit hatte, in der Steiermark,
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Oberösterreich und Niederösterreich teilzunehmen, weiß leider nicht einmal,
wie viele Firmen sich jetzt für Kirchdorf in Oberösterreich interessieren.
Bei uns hat sich nur die Firma Carrera gemeldet, und darüber kann ich
genaue Berichte geben. Zu meiner größten Verwunderung hat Marsch seine
Leute auch mit niemand in Oberösterreich kontaktiert, so daß ich selbst
Landesrat Leibenfrost anrufe um ihn von der Vorsprache Carreras zu infor-
mieren. Natürlich war er über diese Möglichkeit voll informiert, es war
für mich ja auch nur ein Vorwand, um ihn zu fragen, welche sonstigen Be-
triebe sich noch für Kirchdorf interessieren. Leibenfrost wieder war sehr
verwundert, daß ich nicht wußte, daß auch eine deutsche Gießerei Haue
daran brennendst interessiert ist. Neue Verhandlungen werden geführt.
Leibenfrost teilt mir auch mit, daß Arbeiter bei der Fa. Lutzky Glasfabrik
und Mittermauer, wo Dornbau in Laakirchen , bis 50 Beschäftigte sofort
unterkommen könnten. Wichtig erscheint aber, daß die Auffanggesellschaft
die Spritzgußgehäuseproduktion für KTM fortsetzen kann. Der Inhaber KTM,
Trunkenpolz, hätte sonst gar keine Möglichkeit, so schnell einen anderen
Gehäuseproduzenten zu finden. Bei der letzten Aussprache war aber niemand
bereit, die notwendigen finanziellen Mittel dafür zur Verfügung zu stel-
len. Leibenfrost sieht darin die größte Gefahr für die Nachfolgegesell-
schaft von Eumig in Kirchdorf.
Kreisky ruft mich an, um von mir zu erfahren, welche Gesellschaften ich
bis jetzt kenne, er glaubt ja fest so detailliert bearbeite , daß es über
das Handelsministerium möglich wäre, Produktionsstätten in Eumigbetriebe
zu legen. Ich erkläre ihm primär die Situation in Oberösterreich, Kirch-
dorf, und er entscheidet sofort, daß ich Leibenfrost mitteilen kann,
er, der Bundeskanzler, übernimmt die Hälfte der aufgelaufenen Finanzie-
rung resp. Verlustabdeckung für Kirchdorf, wenn das Land Oberösterreich
die zweite Hälfte bestreitet. Leibenfrost ist über diese Mitteilung dann
sehr erfreut, da er dadurch eine bessere Verhandlungsbasis hat. Die
Länderbank wird aus dieser finanziellen Belastung herausgehalten, wie
Kreisky mir ausdrücklich erklärt. Zur Sicherheit informiere ich auch
noch über diese Entscheidung von Kreisky den LH-Stv. Hartl, der mich er-
sucht, die oberösterreichische Arbeiterkammer, Vizepräsident Freyschlag,
zu informieren.
Als zweites interessantes Projekt kann ich Kreisky über die Absicht der
Fa. Grundig informieren, eine größere Anzahl von Wr. Neudorfer Arbeiterin-
nen und Arbeitern zu übernehmen. Kreisky erkundigt sich sehr genau über
die Bedingungen von Grundig bezüglich der Einfuhrwünsche japanischer
zollfreier Farbfernsehröhren. Die Grundigleute sind nämlich schlauerweise
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sehr bereit, auch in Eumignachfolgegeschäfte einzusteigen, wenn sie in
Hinkunft bezüglich der japanischen Importe von zollfreien Farbfernseh-
röhren entsprechende Zusagen bekommen. Ich erinnere Kreisky daran, daß
die Regierung, und ganz besonders der Finanzminister, in einem Brief an die
Firma Philips den Zollschutz aber bei Errichtung des Farbfernsehwerkes
in Lebring und insbesondere jetzt die weitere Produktionsausdehnung auf
neue kleine Farbfernsehröhren zugesagt hat. Grundig will weitere zollfreie
Japanimporte, Philips will den absoluten Zollschutz. Kreisky muß daher
mit Zusagen sehr vorsichtig sein, ich erkläre ihm, wie ich mich in der
Vergangenheit immer bemüht habe, zwischen diesen beiden großen Investoren
und Produzenten in Österreich einen Kompromiß zu erzielen. Bis jetzt ist
es auch einigermaßen geglückt, und ich erkläre Kreisky, ich bemühe mich
derzeit auch um weitere Kompromisse.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte die Stellungnahme vom Finanz-
ministerium vorsichtigst ergründen.
Kreisky ist über das Ergebnis der Handelsbilanzsituation mit Japan, wahr-
scheinlich 10 Mrd. Import von Autos und Elektronik bei nur 2 Mrd. Export
österreichischer Waren, sehr überrascht und meint, diese Entwicklung könnte
man sich nicht gefallen lassen, er selbst wird den Japanern gegenüber
eine härtere Gangart vorschlagen. Wir seien nicht vertraglich gebunden,
den Japanern Zollfreiheit zu gewähren, weshalb er daran denkt, die Auto-
zölle zu erhöhen. Hier erkläre ich Kreisky, müßten wir äußerst vorsich-
tig vorgehen, denn die Japaner haben zwar den 17 %-Anteil ihrer Autoimpor-
te jetzt mit Semperit, und in letzter Zeit Eybl Teppichprodukte, 200.000,
50.000 m² werden von ihnen übernommen, als Kompensation akzeptiert. Jede
weitere Erhöhung oder gar die Wiedereinführung der Zollerhöhung würde
zwar vertraglich vielleicht möglich sein, was sofort auf die schärfste
Reaktion der Japaner stoßen würde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß die Entwicklung und vor allem die der-
zeitige Situation schriftlich zusammenfassen und unsere Aktivität doku-
mentieren.
Der Zentralsekretär der Bau und Holzarbeitergewerkschaft, Köteles, und der
Innungsvertreter der Belagsverleger, Speigner, haben sich bei der letzten
Lohnverhandlung geeinigt, daß es doch einen Lehrberuf geben sollte. Sie
haben ein diesbezügliches Schreiben an den Berufsbildungsbeirat gerich-
tet und stellen sich eine 2-jährige Lehrzeit vor. Schwierigkeiten wird
es mit den Tapezierern geben, denn diese haben jetzt auch die Verlegung
gemacht, die Holzparkettverlegung bleibt den Tischlern vorbehalten. Staats-
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sekretär Albrecht ist vom Konsumentenstandpunkt, insbesondere der Neu-
aktion gefährlicher Produkte, sehr für diese Berufsausbildung, weil immer
wieder vorkommt, daß die Klebemittel unsachgemäß behandelt werden und
dadurch Brände, manchmal sogar Explosionen mit Verletzten, vereinzelt
auch Toten, vorkommen. Ich bin ein wenig vorsichtig, denn zuerst müssen
alle Aspekte dieses Wunsches geprüft werden, insbesondere doch auch ge-
fragt werden, wie die Handelskammer und die Arbeiterkammer zu diesem Ver-
langen stehen. Prinzipiell nämlich waren die AK und die Gewerkschaftsjugend
gerade gegen Lehrberufe, die nicht besonders umfangreiche Kenntnisse er-
fordern. Ich erinnere mich noch an die Diskussion der Fensterputzer, dort
wird auch mit vielen chemischen Mitteln gearbeitet, und die Innung hat
selbst immer wieder gesagt, es wäre dringendst notwendig, diesen Lehr-
beruf aufrecht zu erhalten. Die Gegenargumentation war, im ersten Lehr-
jahr lernt der Lehrling vom Wasser und im zweiten Jahr vom Schwamm. Auch
der dafür zuständige MR in der Lehrlingsabteilung meinte, man müsse ab-
warten, was der Berufsausbildungsbeirat dazu sagt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Albrecht und mich ständig am laufenden hal-
ten. Jour fixe AK und HK setzen.
Herr Sendlhofer vom AVL-Institut informiert mich über sein großes Aus-
bildungsprogramm und audiovisuelle Möglichkeit, Fachleute zu schulen. Da-
mit gerät er natürlich in Gegensatz zum WIFI und wird von der Handles-
kammer scheel angesehen. Er hat nun ein eigenes Konzept für Managerschu-
lung für Exporte in den Nahen und Mittleren Osten in Arbeit. Er wird
das Projekt, wenn es fertig hat, dem Handelsministerium vorlegen. Finan-
zielle Unterstützung erwartet er nicht, und ich habe ihm auch klar und
deutlich gesagt, daß ich sehr vorsichtig vorgehen muß.
Herr Sendlhofer erörtert mir aber, wie er doch Marktnischen entdeckt.
Derzeit hat er 60 deutsche Manager, die 9 Tage in Kärnten Urlaub gemacht
haben und ein Urlauberseminar von ihm besuchten. Die deutsche Finanz ist
doch noch immer bereit, diese Schulungen als Betriebsausgaben zumindes-
tens teilweise anzuerkennen.
Einen großen Vertrag hat er aber mit Siemens Österreich. Dir. Turner hat
ihn jetzt beauftragt, im Medienverbund Filme für 350.000 S herzustellen,
sonstige Aufwendungen von 600.000 S, also fast 1 Mio., ergehen an ihn, um
Basisprogramme zu erstellen. Insgesamt werden sie 2 1/2 Mio. S kosten,
da Siemens den größten Teil auch selbst dazu beiträgt. Damit wird Siemens
Austria der deutschen Siemens diese Programme präsentieren, damit sie
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eventuell in Deutschland für die 370.000 davon betroffenen Berufsschüler
Verwendung finden könnten. Die Verteilung an die Lehrer und Schüler wird
weitere 1 1/2 Mio. S kosten. Sendlhofer möchte damit beweisen, daß man
früher aus Deutschland österreichische Manager geholt und auch geschult
hat, jetzt bedienen sich die deutschen der österreichischen Schulungs-
institute, ohne daß diese natürlich groß in Erscheinung treten können, und
nützen deren Kenntnisse und Erfahrung.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Unsere Managementarbeitsgruppe soll
sich damit befassen.
Der Steyr-Daimler-Puch-Vertreter in Oman, Lukis, Besitzer der Firma
Latechnik, informiert mich über Herrn Pribauer, dessen Tochter den
Scheich dort geheiratet hat, daß für Steyr-Daimler-Puch die große Ge-
fahr besteht, durch angebliche Lieferungen an Israel auf die Boykottliste
der Araber gesetzt zu werden. Lukis fürchtet scheinbar, daß die SDP-
Leute dies nicht ernst genug nehmen, weshalb er sich ans Handelsministe-
rium wendet. Ich habe natürlich keine andere Möglichkeit, als ihm sofort
zu erklären, daß ich mit dem GD Malzacher, derzeit auf Urlaub, resp. dem
für die Waffenproduktion zuständigen Dr. Prottnik darüber sprechen werde.
Dr. Sachs von der Abteilung Fälbl, zuständiger Referent für die arabischen
Staaten, ist davon auch nicht informiert. Er hat bei Vorbesprechungen mit
Steyr-Daimler-Puch herausgehört und erwartet, daß man ev. wegen Liefer-
verzögerungen sich im Handelsministerium beschweren will. Diese kommen
aber gar nicht zur Sprache, sie dürften auch gar nicht von so großer Be-
deutung sein.
ANMERKUNG FÜR SCHWOIGER: Bitte mit Dr. Prottnik verbinden.
Ein junger Genosse Ferjan hat an das Handelsministerium geschrieben und
kommt jetzt von Auswärts sogar nach Wien, um, wie er sagt, mit dem Han-
delsminister über die Benzinpreisfrage zu verhandeln. Selbstverständlich
stehen Dr. Satzinger und ich zur Verfügung, ohne daß er darauf verweisen
muß, im neuen Parteistatut ist ein solcher direkter Kontakt vorgesehen.
Er selbst erklärt uns die Gefahr, die er darin sieht, daß die Multis uns
erpressen, er sieht als junger Sozialist das Problem leider sehr ein-
seitig. Die ÖMV erwähnt er in keinem einzigen Zusammenhang der Preisbil-
dung. In der Vergangenheit sicherlich auch in der Zukunft. Obwohl
Satzinger sehr richtig entschieden hat, daß er dem Mann einen Termin ge-
geben hat, kann ich mir vorstellen, wenn tatsächlich die junge Genera-
tion oder einzelne Mitglieder der SPÖ beginnen, auf dieses Recht zu po-
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chen und von jedem Minister immer eine persönliche Aussprache wünschen,
denn kann damit der Regierungsapparat fast lahmgelegt werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER UND BURIAN: Wie steht es wirklich mit dieser Be-
stimmung im Parteistatut und wie wird sie gehandhabt?
Tagesprogramm, 19.8.1981