Donnerstag, 30. Juli 1981
In der LUGA sagte mir der Jugendsekretär, daß die oberösterreichischen
Genossen enttäuscht sind, weil sie keinen Bürgeskredit bekommen sollten.
Die SJ hat ein Camp am Attersee. Für dieses Camp haben sie sogar eine
Gewerbeberechtigung, die formalen Voraussetzungen zur Gewährung eines
Bürgeskredites für Verbesserung der Campeinrichtung wären gegeben.
Da es sich um ein Jugendlager handelt, wurde für die Toilettenanlage
eine Waschrinne und nicht einzelne Waschbecken mit Spiegel, Seifen-
halter usw. angeschafft. Dies ist aber lt. Richtlinienvoraussetzung
zur Gewährung eines Bürgeskredites.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Laß prüfen, was wir hier machen können.
Fr. Fleischanderl, eine der vier Aktivisten, die den Verein Freunde der
AZ gegründet haben und als Buchhalterin beim BFI tätig ist, kommt mich
werben. Angeblich will sie ja nur Kontakt zu den Bezirksobmännern der
Partei, in Wirklichkeit macht sie es sehr geschickt und versteht sofort
ihren Charme zu nützen, damit man gleich in der ersten Minute, falls
man Widerstand leisten würde, kapituliert. Die ganze Angelegenheit wäre
eine Frage von 5 Minuten gewesen. Nachdem ich beigetreten bin, erklärt
sie die Aufteilung der 250 S pro Monat Abonnement und Vereinsbeitrag.
Wir sprechen dann offen über die Gründe, warum die AZ meiner Meinung
nach auch durch diesen Verein nicht gerettet werden kann. Selbst wenn
es tausende so Aktivisten gäbe wie sie, sehe ich trotzdem keine Chance
die AZ ohne wesentliche Millionensubventionen durch die Partei und durch
die Gewerkschaftsfraktion erhalten zu können. Voraussetzung für eine
Zeitung, daß sie tatsächlich existiert, ist, daß ihre Blattaufmachung,
aber vor allem auch ihr Blattinhalt die Käuferinteressen wachhalten
müssen. Dies setzt wieder voraus, daß die Zeitung von einem Team von
Leuten gemacht wird, die imstande sind den Blattinhalt so zu gestalten,
wie es dem Leserinteresse entspricht. Kronen-Zeitung, Kurier, auch einige
"Provinzblätter" existieren ohne solche Vereine, nur Die Presse, die
früher direkt von der Handelskammer subventioniert wurde, jetzt über
einen solchen Verein aufrechterhalten wird, benötigt diese Hilfskonstruk-
tion. Früher glaubte man in der AZ durch den anzustrebenden großen
Leserkreis aus dem finanziellen Debakel herauszukommen. Da dies nicht
gelungen ist, hat man jetzt zur Kenntnis genommen, daß eben eine wesent-
liche Auflagensteigerung nicht möglich ist, weshalb die Redaktion der AZ
jetzt sehr zurückgeschnitten wurd . Auch dieser Weg, fürchte ich, wird
zu keinem positiven Ergebnis führen. Vorübergehend kann bei guten Agita-
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teuren, wie die Kollegin Fleischanderl zweifelsohne eine ist, ein ge-
wisser Vereinsstock geschaffen werden, auf die Dauer fürchte ich, wird
auch das wieder zerbröseln. Ich habe diese Frage mit ihr sehr offen
diskutiert, ich hoffe, daß ich sie nicht allzu sehr enttäuscht habe.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Diese Aktivistin hat sich auch vor Jahren im
Konsumentenforum betätigt.
MR Kurzel und der Vorprüfungsenergiepreismann Dr. Neuhold berichteten mir
über die Vorbesprechung bezüglich des oberösterreichischen Gaspreises.
Sie waren fest davon überzeugt, daß es volkswirtschaftlich gerechtfer-
tigter wäre den von der OÖ Ferngas eingereichten Antrag und das Prinzip
zu akzeptieren, nämlich einen gespaltenen Gaspreis in Oberösterreich
zu dekretieren. Dieser logische Vorschlag ergab sich aus der Tatsache,
daß für Chemie Linz, aber auch für die Haushalte in Oberösterreich eine
größere Gasmenge bereitgestellt werden muß. Die anderen Bezieher von
Gas haben teilweise auf ihre zustehende Menge verzichtet. Deshalb sollte
bis zu 50 % Gasbezug der Gaspreis mit 3,12 S festgelegt werden, die
darüber hinausgehende Gasmenge aber 3,94 S kosten. Der durchschnittliche
Gaspreis, der für die OÖ Ferngas notwendig gewesen wäre, wurde mit 3,36
S errechnet. Gegen diesen gespaltenen Gaspreis hat sich nicht nur der
Generaldirektor Buchner von Chemie Linz ausgesprochen, diese Regelung
würde ihm nicht nur 850 Mio. S Jahresbelastung bringen, selbst die ge-
nerelle Erhöhung kostet ihn noch 500 Mio. S, sondern eine ganze Reihe
von oberösterreichischen Funktionären. Bürgermeister Hillinger erklärte
mir frei weg, die Bevölkerung Linz, aber auch der umgebenden Dörfer und
Orte würde nicht verstehen, daß sie jetzt durch den gespaltenen Gas-
preis noch mehr bezahlen müssen, als die Erhöhung von 2,50 S auf 3,36
S schon ausmacht. LH-Stv. Hartl erklärte, er würde mit Protest über-
haupt eine Gaspreiserhöhung zur Kenntnis nehmen, schon gar nicht aber
den gespaltenen Gastarif. Wir einigten uns dann letzten Endes, daß
wenn, wie MR Kurzel mir vorschlug, 3,60 S für alle der Gaspreis jetzt
festgesetzt wird, er nur mehr mit Bedauern diese Gaspreiserhöhung zur
Kenntnis nimmt und keinerlei Proteste mehr losschickt. AK-Präsident
von Oberösterreich, Schmidl, sprach sich ganz entschieden gegen den
gespaltenen Gaspreis aus, weil die Belastung für die höheren Gaspreis-
tarifabnehmer inakzeptabel sei. Ähnlich äußerte sich auch der leitende
Sekretär des ÖGB, Hofstetter. Von der AK Wien, Dr. Maurer verwies darauf,
daß im neuen Wirtschaftsprogramm der Partei Prioritäten beim Gasbezug
für den Haushalt und für die chemische Industrie festgelegt wurden.
Maurer mußte mir gegenüber allerdings zugeben, daß ich mit einem sozi-
alistischen Wirtschaftsprogramm kaum als Preisbehörde operieren könnte.
Am meisten überraschte mich, als auch Präs. Lehner mich anrief und er-
klärte, neben ihm seien die Büroleute der Präsidentenkonferenz und er
spreche sich auch ganz entschieden gegen einen gespaltenen Gaspreis aus.
Dies veranlaßte mich der Preisbehörde zu empfehlen, keinen gespaltenen
Gaspreis zu machen und Kurzel hatte dafür volles Verständnis und meinte
nur, dies sei aber diesmal als Weisung zu betrachten. Scheinbar hat er
sich doch schon weitestgehend mit dem gespaltenen Gaspreis abgefunden
resp. diesen Vorschlag der OÖ Ferngas akzeptiert. Andererseits wieder
meinte er, um allen einigermaßen gerecht zu werden, würde er dann vor-
schlagen, daß 3,60 S als höchster Gaspreis festgelegt werden soll.
Vom Preisunterausschuß der PK hat Dr. Hörmann als Handelskammervertreter
mir einen neuen Vorschlag machen wollen, seiner Meinung nach wäre es
möglich, einen Sockelbetrag für Gasbezug festzulegen, die Chemie Linz
müßte dann aufgrund dieses Sockelbetragpreises die für das Inland
bestimmte Düngemittelmenge einen entsprechenden gesenkten Düngepreis
festlegen. Eine solche Vorgangsweise halten ich, aber auch MR Kurzel und
Neuhold vollkommen als inakzeptabel und undurchführbar. Ich habe Dr.
Neuhold ersucht, er soll alle, die interveniert haben, noch einmal kon-
taktieren, um alle Vor- und Nachteile mit ihnen telefonisch zu bespre-
chen. Ich war mir vollkommen klar, daß dies überhaupt keinerlei Wir-
kung haben kann, da Neuhold außerstande ist, diese zu überzeugen, ge-
schweige denn vielleicht gar einen neuerlichen Akkord zu erzielen.
Vizepräsident Seidl von der OÖ Ferngas hat dann später angerufen und
ich habe ihm meine Entscheidung klargemacht. Er hat dies eingesehen,
war nur wegen der gekürzten 6 Groschen ein wenig enttäuscht, da die
Erhöhung aber vom Durchschnitt 2,50 auf 3,30 S sowieso eine wesentliche
und beträchtliche ist, akzeptierte er letzten Endes. All den Anrufern
habe ich klargemacht, daß eine weitere Gaspreiserhöhung trotzdem nicht
zu verhindern ist, die RAG hat jetzt für die 70 Mio. m³ Gas aus der
Nordsee, das sie über Deutschland bezieht, der Vertrag läuft bis 1984,
3,91 S pro m³ genehmigt bekommen. Selbst wenn man jetzt einen Mischpreis
mit dem billigeren RAG-Inlandspreis macht, eine weitere Verteuerung
ist auf alle Fälle zu erwarten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Überlege bitte mit AK, wie wir doch hier ein-
heitlicher vorgehen können.
GD Fremuth von der Verbund teilt mir mit, daß er jetzt die Vorarbeiten
fertig hat, damit die Bundesregierung die Verordnung für Ausrufung des
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Notstandes heuer für den Winter zeitgerecht durchführt. In den letzten
2 Jahren habe ich dies abgelehnt, weil ich darin eine gewisse Beun-
ruhigung der Bevölkerung gesehen habe und eigentlich gar nicht überzeugt
war, daß wir diese Maßnahme wirklich setzen müssen. Heuer werde ich
über diesen Schritt nicht hinwegkommen, glücklich bin ich darüber nicht,
denn auch wenn wir dies noch so still und leise machen würden, es wird
in der Öffentlichkeit bekannt und eine gewisse Beunruhigung auslösen.
Ich überlege mir daher allen Ernstes, ob es nicht zweckmäßiger ist,
die Maßnahme an einem Pressefrühstück durch Fremuth erörtern zu lassen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte prüf mit unseren Leuten diese Frage.
Die Aussprache mit GD Streicher, VMW, Aluminiumfabrik Ranshofen, und
GD Fremuth zwecks Kooperation für eine eigene Stromerzeugung war, wie
mir Fremuth mitteilte, sehr kurz. An dem Ill- oder Salzachausbau kann
sich Ranshofen keinesfalls beteiligen, eine gemeinsame kalorische Pro-
duktion, wie Fremuth jetzt mit Apfalter für die Voest-Alpine besprochen
hat, kommt wegen der Höhe des Preises um 95 Groschen für die kWh nicht
infrage. Immerhin bezieht jetzt Ranshofen von der Verbund um 36 Groschen
die kWh. Niemand kann jetzt um diesen Preis Strom erzeugen. Ranshofen
wird daher nach wie vor am Bezug von Verbundgesellschaft gebunden aber
auch interessiert sein. Fremuth ist fest davon überzeugt, auch in Hin-
kunft für die 175 MW einen besonderen günstigen Preis geben zu können
und damit die Forderungen der Ranshofner weitestgehend zu erfüllen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: MR Burian soll neuerlich die stromintensiven
Betriebe, insbesondere Ranshofen, wegen der nächsten Preisrunde beson-
ders überprüfen.
Die Preiskommission hat für den amtlich geregelten Brotpreis eine 70-
Groschen-Erhöhung einstimmig beschlossen. Dr. Rief von der Handelskam-
mer hat nur noch mit den Vertretern des Gewerbes, Bundesinnungsmeister
Maureder, und der Industrie, Mailath-Pokorny, neuerdings bei mir vorge-
sprochen, ob nicht doch eine Vorziehung auf den 1. August gleichzeitig
mit dem Mehlpreis möglich wäre. Bundesinnungsmeister Maureder hat außer-
dem angeregt, ob nicht doch der Wecken um weitere 10 Groschen verteuert
werden könnte. MR Kurzel hat klargemacht, daß eine solche Vorverlegung
nicht nur die AK, Dr. Weiß, sondern auch die Landwirtschaftskammer, Ing.
Astl, auf das entschiedenste ablehnt, da der Kollektivvertrag mit 17.
8. abgeschlossen ist. Eine Kollektivvertragsverkürzung unter 1 Jahr
geht offiziell nur sehr schwer; hätten die Industrie und das Gewerbe
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sich geschickter verhalten, wäre vielleicht eine diesbezügliche Lösung
möglich gewesen. Bundesinnungsmeister Maureder erklärte zuerst, er
sei von der LUGA reingelegt worden, zuerst verdächtigte er sogar die
Industrie, weil sie keinen eigenen Kollektivvertrag für den 1.8. abge-
schlossen hat, sie hätte die Idee Maureders, zwei Kollektivverträge je
nach dem Geltungsbeginn festzulegen, sabotiert. Letzten Endes hat er
dann aber abgeschwächt und gemeint, die LUGA hätte die Interessen der
Bäckerinnung vernachlässigt. Für die Bäckerinnung ist es entscheidend,
wann der nächste Semmelpreis festgelegt wird. Der jetzige wurde am
1. Juni 81 erst um 10 Groschen erhöht, die Bäckerinnung hofft aber,
da das Weißmehl um 70 Groschen teurer wurde, das Brotmehl nur um 20
Groschen, daß die AK einsieht, daß mit diesen Weißmehlpreisen der
Semmelpreis nicht allzu lange gehalten werden kann. Da diese Frage in
der Paritätischen Kommission abgehandelt werden muß, ist die Preisbe-
hörde davon nicht berührt. Ich informierte Dr. Rief von der Handels-
kammer, daß ich der Bäckerinnung und der Brotindustrie versprochen ha-
be, bevor wir im nächsten Jahr die Mehlpreise durchrechnen, die Brot-
erzeuger zu kontaktieren, um ihre Meinung bezüglich der Relation zwi-
schen Brotmehl und Weißmehl zu erfahren. Wahrscheinlich können wir auf
die Dauer die wesentlich geringere Erhöhung des Brotmehls, damit der
Brotpreis nicht allzu stark steigen muß, und dadurch eine starke Er-
höhung des Weißmehlpreises durchsetzen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jour fixe AK und HK setzen.
Tagesprogramm, 30.7.1981