Montag, 13. Juli 1981
Der Vorschlag vom Obmann der Mühlenindustrie, Dr. Köllerer, für die
Lösung des Getreidekonzeptes fand auch die Zustimmung der AK, Dkfm.
Blaha. Blaha war bereit, für den Einbau der heuer anfallenden Zinsen-
erhöhung in die Getreide-, Mehl- und Brotpreiskalkulation im nächsten
Jahr zuzustimmen. Die heuer für den Stützungsabbau notwendigen 15 S
stehen im nächsten Jahr zur Verfügung. Da heuer die vorjährige Ernte
erst vermahlen wird, kann das altpreisige Getreide ab 1. August in das
neupreisige Kalkulationsschema eingebracht werden und gibt eben die
günstige Verwertungsmöglichkeit. Dasselbe wiederholt sich im nächsten
Jahr. Die Mühlen werden ca. 300.000 t Brotgetreide aufkaufen, damit kann
man bis Juni 82 auskommen, erst dann wird das höherpreisige Getreide
aus der Ernte 81 zur Vermahlung gelangen. Dadurch kann die höhere
Zinsenbelastung im nächsten Jahr leicht untergebracht werden und auch
die 17 Mio. S, die der Getreidefonds theoretisch vorschießt.
Köllerer wurde von mir als der wichtigste Mann in der ganzen Brotgetrei-
dekalkulation bezeichnet, was ihn sehr freute. Noch niemals hat eine
einzelner so entscheidend bei der Erstellung der Kalkulation, aber auch
ständig mit neuen Ideen Lösungen allen Organisationen vorgeschlagen.
Dies gilt nicht nur für die Preiskommission, wo er sowohl das Handels-
ministerium, MR Kurzel, sondern auch das Landwirtschaftsministerium, SC
Steiner, ja selbst das Finanzministerium, MR Mehrfeld und MR Schultes,
berät, sondern genauso für alle 4 Interessensvertretungen, d.h. die drei
Kammern und den ÖGB. Die ruhige, stille Art, das Wirken hinter den
Kulissen, imponiert mir bei Köllerer ungeheuer.
Die Aussprache, die ich mit Köllerer und Blaha hatte und wo Details ge-
klärt wurden, brachte durch den Vorschlag Köllerers und durch seine
wirklich integere Art, wie er diese Probleme angeht, eine volle
Übereinstimmung. Köllerer gab auch sofort zu, warum er bei den ganzen
Kalkulationen bis jetzt das Weißmehl stärker belastet als das Brotmehl.
Erstens sagt er mit Recht, was soll ich machen, irgendeine Kalkulations-
post muß ja die Getreideverteuerung und vor allem aber auch die aus
dem System ergebenden Probleme wie z.B. eben jetzt die Stützung der
Zinsenverteuerung aufnehmen. Zweitens kann man, wie er richtig sagt,
bei einer Semmelpreiserhöhung um ein paar Groschen, wobei es wegen des
Wechselgeldes, 10 Groschen, meistens die kleinste Erhöhung ist, leichter
Mehlpreiserhöhungen unterbringen als doch bei dem knapp kalkulierten Brot.
Blaha erklärte aber dann sofort ergänzend, diese Politik bringt aber
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für die Mühlen eine Garantie der Preiselung in der Zukunft durch hohe
indirekte Brotmehlpreisstützung aus dem Weißmehl. Dies bedeutet, wie
ich dann sofort feststellte, eine gewisse Garantie, daß die AK trotz
größter Bedenken sehr wohl für den Fortbestand des Mühlengesetzes ein-
tritt. Würden nämlich heute überhaupt keinerlei Regelungen auf diesem
Gebiet existieren, müßte der Brotpreis wesentlich erhöht werden. So
kann Köllerer still und leise, ohne daß es seine Berufskollegen wahr-
scheinlich merken, für das wichtigste Anliegen der Mühlen, den geordne-
ten Getreidemarkt aufrecht zu erhalten, eintreten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Ich möchte Köllerer für diese Tätigkeit aus-
zeichnen.
Bei der Getreide- und Mehlpreissitzung am Nachmittag gab es dann, wie
ich ganz richtig vermutet habe, keinesfalls einen kleinen Kreis, sondern
wieder 30 Teilnehmer. Ich hatte daher gar nicht erst zugewartet, bis
die Diskussion wieder in voller Wucht entbrannte und wir wieder von der
Getreidepreiserhöhung, die längst abgeschlossen war, zu reden begannen,
sondern gleich den Vorschlag, den ich Vormittag mit Köllerer und Blaha
besprochen habe, gemacht. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, daß schon
allein, weil diesmal erstmalig der Finanzminister Salcher bei den Be-
sprechungen anwesend war, Finanzminister Androsch ist ja nie gekommen,
ergab sich eine allgemeine Diskussion. Präs. Bierbaum von der NÖ Land-
wirtschaftskammer erklärte, daß die heurige Getreideernte eine schlech-
te sein wird, weshalb seiner Meinung nach die Verwertungsbeitragser-
höhung um 7 1/2 Groschen nicht von den 15 1/2 Groschen Bruttoerhöhung
für den Bauern abgezogen werden müßte. Dies bedingt natürlich, daß
sofort die AK auf dem Standpunkt stand, dann bräuchte man gar nicht
erst den Getreidepreis um 15 1/2 Groschen erhöhen, sondern hätte die
Möglichkeit mit einer geringeren Bruttogetreidepreiserhöhung das Aus-
langen zu finden. Natürlich war weder der Landwirtschaftsminister, ge-
schweige denn ich bereit über die schon abgeschlossene Vereinbarung
neuerliche Verhandlungen aufzunehmen.
Viel kritischer war, daß die Handelskammer befürchtet, daß die Kredit-
zinsen weiter steigen werden. Gen.Sekr. Kehrer erklärte deshalb, die
Erhöhung von 9 3/4 um 2 3/4 % auf 12 1/2 % für den Getreidehandel, die
der Finanzminister anerkennt, sei unbefriedigend, weil jetzt bereits
die Kreditinstitute 12 7/8 % verlangen. Der Handel kann aus seiner
Spanne die Differenz nicht tragen. Überrascht war ich, daß Abg. Tichy-
Schreder, die den Getreidehandel vertritt, bereit war zuzugestehen,
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daß 1/4 % Zinsenerhöhung in die Kalkulation 1980 bereits eingebaut
wurde. Nach langem Hin und her hat dann Finanzminister Salcher mit
seinen Leuten vorgeschlagen, es soll auf Wunsch der Handelskammer
die prime rate minus 3 3/8 als Grundlage der Berechnungen und auch der
vom Finanzministerium dann anzuerkennenden Zinsenbelastung gelten.
Salcher ist, wie er mir sagte, fest davon überzeugt, daß er durch eine
Kreditwesengesetznovelle zumindestens die hausgemachte Zinserhöhung,
die er mit einem halben % bis 1 % schätzt, runterbringen kann. Auf die-
ser Basis, schlug ich vor, sollten jetzt die Fachleute die Detailberech-
nungen beginnen, der Abschluß des ganzen Paketes könnte dann am näch-
sten Tag erfolgen. Dreimal mußte ich diesen Vorschlag machen, immer
wieder versuchten Bierbaum, aber auch andere neue Fragen aufzubringen,
die unlösbar sind, u.a. wollte die Landwirtschaft nur eine Reporterhöhung
um 5,50 S zugestehen, während die Handelskammer unbedingt 6 S verlangte.
Mein, wie ich zugeben muß, diktatorischer Entscheid war nach Rücksprache
mit Gen.Sekr. Kehrer und Frau Tichy-Schreder 5,80 S.
Nach der Sitzung hat Präs. Lehner mit Finanzminister Salcher wegen der
Rapspreisstützung gesprochen. Salcher hat auch hier, um zu einer Lö-
sung mit der Fettindustrie zu kommen, zugestimmt, daß die 25 Mio. S
Stützung auf 28 Mio. resp. eigentlich genauer inkl. der zu erwartenden
Mehrwertsteuerverteuerung von 2 Mio., die auch zu den 25 dazugekommen
wären, inkl. Mehrwertsteuer auf 30 Mio. S zu erhöhen. Durch diesen Vor-
schlag kann Präs. Lehner jetzt mit der Fettindustrie auf einer ver-
nünftigen Basis abschließen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte sofort mit Dr. Büttner verbinden.
Landesrat Rümmele von Vorarlberg hat angerufen und vorgeschlagen, wir
sollten den Aufsuchungsvertrag mit der Vorarlberger Landesgesellschaft
VEF bei der Dornbirner Messe feierlichst unterzeichnen. Im Prinzip wäre
ich damit einverstanden, erklärte nur sofort, ich müßte mit MR Mock
sprechen, ob die notwendigen Voraussetzungen dafür schon gegeben sind.
Rümmele selbst mußte zugeben, daß noch die Versicherungs- und Haftungs-
frage, insbesondere aber das Arbeitsprogramm und die Exportklausel,
damit ev. gewonnenes Rohöl im Ausland verarbeitet werden darf, zustimmen.
Eine Rücksprache mit MR Mock ergab, daß die Vorarlberger, aber insbeson-
dere die deutschen Konsortialpartner keinesfalls die notwendigen Unter-
lagen bis jetzt geliefert haben. Die Preussag AG, welche der Hauptsprecher
der Deutschen ist, hat bis jetzt ein entsprechendes Aufschlußbohrungs-
programm abgelehnt. Die Kosten seien zu hoch, die anderen Konsortial-
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partner Wintershall, BP und ein Gewerk Elwerath haben sich überhaupt
noch nicht entsprechen zustimmend geäußert. Mock befürchtet, daß alle
diese deutschen Konsortialpartner, die sich durch ihre Tochterfirmen,
Mock bezeichnet sie als Briefkastenfirmen, vertreten lassen und auch
entsprechend verhandeln, von seinem Standpunkt keine Garantie dafür
abgeben, daß die Aufschlußarbeiten so durchgeführt werden, wie dies
die ÖMV oder auch die RAG machen würde. Mock wird aber über die deut-
schen Konsortialpartner nicht hinweg kommen, denn die Vorarlberger ha-
ben sich mit diesen fest verbunden. Ich unterstütze MR Mock aber in
seinem berechtigten Forderungsprogramm, die nächsten Verhandlungen sind
aber jetzt erst für 27. Juli in Wien vorgesehen. Bis zur Vorarlberger
Messereröffnung Ende Juli kann daher unmöglich der Vertrag fertig sein.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit LRat Rümmele verbinden.
Präs. Benya wurde von RA Dr. Stern wegen Auszeichnung der Kürschnerfirma
Lischka mit dem Staatswappen angegangen und hat sich die Stellungnahme
der AK und des ÖGB verschafft. Benya befürchtete, daß vielleicht die
Textilarbeitergewerkschaft wegen mangelnder Organisation in diesem
Betrieb über die AK abgelehnt hat. Dies war aber nicht der Fall, es
liegt nur von der Gewerkschaft der Privatangestellten ein negatives
Gutachten vor, ohne daß der Grund der AK mitgeteilt wurde, die AK hat
aber genauso wie die HK im Begutachtungsverfahren die Genehmigung zur
Führung des Staatswappens einstimmig abgelehnt. Benya sieht daher ein,
daß ich der Fa. Lischka derzeit das Staatswappen nicht verleihen kann.
Benya hat andererseits wieder bestätigt, daß wenn eine unglückselige
Formulierung in der Ablehnung, weil kein Betriebsrat vorhanden ist oder
gar keine gewerkschaftliche Organisation existiert, ich diese Begrün-
dung nicht nur nicht akzeptieren kann, sondern dieser Firma dann sogar,
wenn unbedingt notwendig, das Dekret zur Führung des Staatswappens ge-
ben müßte, wenn die HK darauf besteht. Da dies aber nicht zutrifft,
kann ich Präs. Benya ein ganz neutrales Schreiben schicken, worin ich
ihm mitteile, daß beide Interessensvertretungen, wie das Überprüfungsver-
fahren ergeben hat, ablehnen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte den Akt mit Briefentwurf vorlegen.
BK Kreisky hat anstelle, daß er sich jetzt erholt, für abends die
Interessensvertretungen, aber auch Rechnungshofvertreter und die davon
betroffenen Minister Lausecker, Salcher, Sekanina und mich wegen der
Entscheidung der Telefonsysteme zu sich gebeten. Einleitend stellte
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er fest, daß jetzt eine Entscheidung fallen muß, er verlangt aber, daß
äußerst vorsichtig vorgegangen wird, denn GD Wolfsberger von Siemens
hätte ihn verständigt, daß die Frau Untersuchungsrichter Dr. Partik-
Pable ihn bei einem Verhör gefragt hat, wieviel Siemens bezahlt hat,
daß er jetzt doch in das in Österreich zu errichtende System aufgenom-
men wird. Kreisky hat auf diesen Vorwurf sofort mit einem Brief an
Partik-Pable reagiert. Dies war auch der Grund, warum er wahrscheinlich
den Rechnungshof erstmalig jetzt bereits bei der Entscheidungsfindung
zugezogen hat. Lausecker erörterte, warum es notwendig ist, das neue
System einzuführen, 2.200.000 Telefonteilnehmer gibt es jetzt, 200.000
kommen jährlich brutto dazu, da sich 40.000 ungefähr abmelden, bleiben
160.000 netto. Die Post hat sich jetzt technisch durchgerungen, wie
die anwesenden Herren der Post, GD Übleis, und auch die zuständigen Tech-
niker bestätigen, auch fast alle anderen europäischen Staaten, ob groß
oder klein, werden mindestens 2 Systeme, wahrscheinlich sogar mehrere
haben. Derzeit hat Österreich 6 Systeme. Die Entwicklungskosten, die
einmalig durch diese Doppelsystemlösung anfallen, werden 250 bis 300
Mio. S betragen, maximal könnten sie 600 Mio ausmachen. Bei einem
Investitionsaufwand von 2 Mrd. S pro Jahr würde dies ohne weiteres ver-
kraftbar sein, insgesamt werden ja 50 Mrd. S in 25 Jahren aufzuwenden
sein.
Natürlich kam auch der Wunsch der Philipsgesellschaft, ebenfalls in
die ÖFEG aufgenommen zu werden, zur Sprache. Sekanina fragte, warum
und wie Philips eingeschaltet werden könnte. Lausecker meinte, es war
vorgesehen, daß auf dem Peripheriesektor Philips sehr wohl auch einge-
schaltet wird, ohne daß er als 5. Gesellschaft in die ÖFEG aufgenommen
wird. Ich erkundigte mich bei dem Sekretär, ob eine ÖFEG-Aufnahme von
Philips erzwungen werden kann, was dieser sehr bezweifelt. Kreisky
berichtete, ihm hätte Philips vorgeschlagen, eine Forschungsstätte in
Österreich für dieses Telefoniesystem zu errichten und daran auch die
Fa. Kapsch und Schrack, die ja jetzt mit der Canadian Northern Tele-
com verbündet ist, sozusagen zu Philips herübergezogen. Dies lehnt
Kapsch und Schrack aber entschieden ab.
Entscheidend für mich war, daß SC Winternitz vom Rechnungshof, schein-
bar ist der Präsident Broesigke auf Urlaub oder konnte nicht kommen,
vielleicht wollte er auch nicht, von Kreisky aufgefordert worden, Be-
denken gegen das Zweiersystem in Österreich äußerte. Der Rechnungshof,
meinte er, befürchtet, daß zwei Systeme höhere Schulung und größere
Beamtenstände notwendig machen, weshalb bis jetzt abgelehnt wurde. Da
SC Winternitz, solange ich ihn kenne, und das ist seit 35 Jahren aus
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dem Ernährungsministerium und dann schon unter dem ersten Rechnungs-
hofpräsidenten nach 45, wo er als kleiner Beamter gedient hatte, sagte
niemals irgendwo nein oder ja, sondern hat immer nur herumgeredet.
Interessanterweise hätte der Rechnungshof nichts dagegen einzuwenden,
wenn eine weitere Firma bei der ÖFEG aufgenommen wird, tritt also
indirekt für Philips ein. Ich verwies nur auf eine dringende Entschei-
dung dieses Problems, nicht nur wegen der inländischen Abstimmung,
sondern weil auch die Ungarn neuerdings urgierten, die sich ja an die
österreichische Entscheidung anlehnen wollen. Den Ungarn schwebt vor,
eine Kooperation mit der österreichischen Postverwaltung, wodurch sich
für beide, wenn gleiche Systeme gewählt werden, eine kostengünstigere
Produktionsmöglichkeit ergibt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Wie weit wird unser Branchenreferat
dabei eingeschaltet?
Tagesprogramm, 13.7.1981