Montag, 6. Juli 1981
Die Fertighausproduzenten haben einen eigenen Verein, wo von den
100 Firmen, die Fertighäuser erzeugen, 40 große organisiert sind, die
ca. 90 % der Häuser produzieren. Der Sprecher Glockenstein schilderte
die Situation dieses Verbandes. Die Bausparkassen teilen zu spät zu,
die Zwischenfinanzierung ist durch die hohen Zinsen nicht mehr möglich,
ihr Geschäft stockt daher vollkommen. Sie haben errechnet, daß ein
Haus, das 1 Mio. S kostet, 700.000 S Zwischenfinanzierung bräuchte.
Deshalb glauben sie, die Österr. Nationalbank soll entsprechende billige
Kredite zur Verfügung stellen, ungefähr 500 Mio. S würde man dazu brau-
chen. Ich erklärte sofort, nur wenn die Bausparkassen überhaupt bereit
sind dabei mitzutun, vielleicht eine Möglichkeit besteht auf anderen We-
gen eine Zwischenfinanzierung zu erreichen.
Sie haben für 137 Mio. S voriges Jahr exportieren können, wobei der
Export sehr zurückgegangen ist. Der Import ist mit 199 Mio. S ziemlich
gleichgeblieben.
Glockenstein hat dann auch noch eine Erfindung, die er mit Innova, der
Zentralsparkassenorganisation, finanzieren will. Diese hat als erstes
von ihm verlangt eine Kontrollstudie, die 220.000 S kosten würde.
Helfen könnte ich den Firmen nur bei ihrer dritten Forderung, daß sie
bei Exporten in arabische Staaten stärker von österreichischen Firmen,
die dort große Aufträge zu erfüllen haben und ihre Leute unterbringen
müßten, herangezogen werden. Die Firma Hartl, ein zweiter Sprecher, ist
z.B. jetzt mit Voest-Alpine wegen der großen Stahlwerke in Misrata,
Libyen, im Gespräch.
Die Verbandsvertreter haben sich sehr aufgeregt, daß sie nicht nur dem
Handelsministerium, sondern auch dem Finanzminister Salcher und Bauten-
minister Sekanina geschrieben haben und von dort bis jetzt nicht ein-
mal eine Antwort bekommen haben. Ich habe sie wenigstens jetzt einge-
laden und angehört. MR Hönel wird sie weiter beraten, ich habe ihnen
keine Illusion gemacht und dezidiert erklärt, ich sehe keine Möglich-
keit, daß ihre Probleme leicht zu lösen sind. Ihre Behauptung oder
Vermutung, daß das Handelsministerium für Gewerbebetriebe, sie selbst
sind scheinbar lauter Industriebetriebe, entsprechende Budgetmittel
für diese Wirtschaftssituation zur Verfügung stellen kann, ist eine
60-0846
Illusion.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Hönel soll für Minister Salcher und Sekanina
ein Schreiben entwerfen.
Im Pressefrühstück, das natürlich wegen der schon beginnenden flauen
Sommerurlaubszeit sehr gut besucht war, berichtete der vom Statisti-
schen Zentralamt zu uns gekommene Grossendorfer über die Außenhandels-
entwicklung. Die Prognose für das heurige Jahr ergibt, daß wir durch
eine wesentlich höhere Export- als Importzuwachsrate das Außenhandels-
defizit absenken können. Bei den Exporten sind es aber meistens Posi-
tionen wie 300.000 to Getreide nach Polen mit 732 Mio. oder 80.000 to
Zucker nach dem Osten mit 156 Mio., die alle auf Kredit geliefert
werden, bei Getreide noch wesentlich vom Finanzminister subventioniert.
Die größte Einsparung erreichten wir derzeit bei PKW-Importen, wo wir
immerhin um 8,7 % weniger oder 623 Mio. ersparten. Obwohl wir mengen-
mäßig Rohöl in den ersten 5 Monaten 1,8 % weniger importierten, mit
den Produkten sogar um −7 %, sind die Aufwendungen für Energie trotzdem
exorbitant gestiegen.
Dr. Smeral vom Wirtschaftsforschungsinstitut erklärte, daß die Dollar-
aufwertung im 4. Quartal 80 6 1/2 % ausgemacht hat, jetzt in den ersten
5 Monaten 81 bereits 18 %. Das Handelsbilanzdefizit wäre um 11 Mrd. S
niedriger, wenn der Dollar gleichgeblieben wäre. Die Prognose lautet,
daß die 5,2 % Importpreise durch die Aufwertung verteuert wurden und
2 1/2 % die Exportpreise nur.
Über diese Problematik gab es eine längere Diskussion und für mich ent-
scheidend war, daß das Außenhandelsdefizit und die guten Fremdenver-
kehrseinnahmen, wahrscheinlich auch die Leistungsbilanz wesentlich re-
duziert wird. So wie ich das letzte Mal die Wirtschaftsforschungsdaten
bezüglich Bruttoinlandsproduktion, die minus ergeben sollten, wie ich
glaube und annehme, daß wir plus 0 mindestens heuer abschneiden, so
wird auch des Leistungsbilanzdefizit mindestens auf 15 Mrd. S fallen.
Natürlich ergab sich dann bei der Diskussion dann die Frage, wann der
Benzinpreis und in welcher Höhe von mir festgesetzt wird. Ich verwies
einmal mehr darauf, daß dies eine Angelegenheit der Preiskommission
ist.
SC Peyerl berichtete über die Tiefenprüfung der Internationalen Ener-
gieagentur. Mit Recht konnte er darauf verweisen, daß die IEA-Prüfer,
60-0847
die 1978 und jetzt in Österreich waren, bei dieser Prüfung festge-
stellt haben, daß Österreich mustergültig die Vorschläge der IEA zum
größten Teil berücksichtigt. Nur die neuerliche Forderung, die Mehr-
wertsteuer mit 18 % festzulegen, habe ich entschieden abgelehnt. Der
Finanzminister hat mir dezidiert erklärt, daß er bei der jetzigen
Benzinpreiserhöhung keine Mineralölsteuer oder sonstige Steuer erhöhen
wird. Der erste Schritt von 8 auf 15 % Mehrwertsteuererhöhung wurde
erst im vergangenen Jahr wirksam und hat die Energie sowieso stark ver-
teuert.
Nächsten Montag hat der Finanzminister, wie mir Dr. Burian versicherte,
ausnahmsweise eine Pressekonferenz bei sich vorgesehen. Aus diesem
Grund haben wir daher im Einvernehmen mit ihm erklärt, daß das nächste
Pressefrühstück am Montag bei uns entfällt. Die große Gefahr sehe ich
darin, daß, durch die flaue Urlaubssommerzeit bedingt, diese Pressekon-
ferenz äußerst gut besucht sein wird. Die Finanzministeriumleute könnten
auf die Idee kommen, daß der Montag ein so günstiger Termin ist und
sich dann auf diesen Montag Vormittag immer draufsetzen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT UND BURIAN: Bitte klärt, daß dies wirklich nur
eine Ausnahmsmontagpressekonferenz des Finanzministers bleibt.
Bei der IBM gab es ein zweites Zulieferergespräch, an dem diesmal mehr
Firmen teilnahmen als beim ersten. Damals hatten nur 6 Firmen Interesse
gezeigt und eine einzige ist dann mit einem konkreten Auftrag ins Ge-
schäft gekommen. IBM betrachtet einen solchen Zufallstreffer als gün-
stig. Ich erklärte den Firmen, daß es so wie bei den Autozulieferern,
wo wir ja wesentlich bessere Erfolge erzielen konnten, ungeheuer schwie-
rig ist bei großen internationalen Firmen als Lieferant unterzukommen.
Wenn man aber die Hürden genommen hat, ist dies, wie auch eine Aus-
stellung bei IBM selbst zeigt, eine gute Liefermöglichkeit. IBM hat
jetzt mit der Voest-Alpine einen großen Liefer- und Kooperationsvertrag
abgeschlossen. Dkfm. Stöckl, der Generaldirektor, ist davon überzeugt,
daß es sich dabei um eine zukunftsträchtige Entwicklung dieser beiden
Firmen handelt. Ähnlich hat seinerzeit vor Wochen, als dieser Vertrag
zur Unterschrift fertig war, GD Apfalter von der Voest-Alpine diese
neue Produktionsmöglichkeit für strukturschwache Gegenden bezeichnet.
Daß es überhaupt bei IBM zu diesem Durchbruch des Kaufens von öster-
reichischen Waren gekommen ist, führe ich nur auf eine Organisations-
60-0848
änderung zurück. 1978 wurde ein internationales Einkaufsbüro in Wien
errichtet und Ing. Retz aus der BRD mit dieser Aufgabe im Rahmen des
IBM-Konzernes betraut. 1978 waren es 3 Mio, 1980 102 und dieses Jahr
sollen es 165 Mio. S Zukauf werden, für IBM mit 1700 Beschäftigten und
einem Umsatz von über 3 Mrd. eine unbedeutende Ziffer, doch bin ich
überzeugt, daß sie noch wesentlich ausgebaut wird. Auch der Voest-
Alpine-IBM-Vertrag wird für 5 Jahre jetzt abgeschlossen, am Anfang
nur 130 Mio. S bringen.
Die IBM-Leute haben mir vorgeschlagen, man sollte die Handelsdelegier-
ten in den einzelnen Ländern stärker einschalten und insbesondere aber
die österreichische Arbeitsgemeinschaft zur Erzeugung von österrei-
chischen Qualitätsprodukten, die eine Liste von Waren herausbringt,
müßte man über die Handelsdelegierten stärker propagieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Minister Patolitschew hat den österreichischen Botschafter Hinteregger
bei seinem Abschiedsbesuch gefragt, ob es nicht möglich wäre, daß wir
die nächste russisch-österreichisch Gemischte Kommission, die in Wien
stattfinden sollte, nach Moskau verlegen können. Es gibt technisch-
wissenschaftliche Wochen im September und er hat den Ehrenschutz dar-
über sowie ich den Ehrenschutz darüber übernommen. Selbstverständlich
habe ich sofort zugesagt und den SC Simakow, der jetzt hier ist, um
die Gemischte Kommission vorzubereiten, davon verständigt. Patolitschew
und insbesondere die Russen sollen deutlich sehen, daß solche formelle
Wünsche von mir sofort erfüllt werden. Ich hoffe doch, daß jetzt die
sowjetische Seite größere Anstrengungen unternimmt, damit das Außen-
handelsdefizit abgebaut wird.
Simakow berichtete auch, daß jetzt er mit MR Fälbl die Warenliste, die
im Zuge des 10 jährigen neuen Wirtschaftsprogrammes für die 80-er Jahre
gelten soll, durchgegangen ist. Da mir Fälbl vorher berichtet hat, daß
die Haushaltsglaslieferungen, die der zuständige sowjetische Glasmi-
nister Jaschin bei seinem Besuch erklärt hat, die SU wird jetzt grö-
ßere Mengen kaufen, darauf nicht aufscheinen, haben wir neuerdings für
diese Kristallusterlieferung das besondere Lieferinteresse Österreichs
herausgestrichen. Ich erwähnte insbesondere, daß auch der sowjetische
Botschafter in Österreich, der Jaschin und mir am Sonntag sogar ein
Essen gegeben hat, sowie der sowjetische Minister selbst mit größeren
Lieferungen rechnen. Simakow erklärte, dies würde in der SU noch genau
geprüft und bis zur Gemischten Kommission sei noch entsprechende Zeit
60-0849
vorhanden. Ich bin sehr gespannt, ob diese Lieferungen aufgenommen
werden.
Simakow erklärte, auch bezüglich der Zulieferung von Atomkraftwerksteilen
für das Kernkraftwerk in Libyen wird das Staatskomitee für außenwirt-
schaftliche Beziehungen, GKS, zu entscheiden haben. Er regte an, ich
sollte an dieses Komitee über die sowjetische Handelsdelegation, wo
ein eigener Vertreter dieses Staatskomitees sitzt, ein diesbezügliches
Schreiben richten. Ich habe MR Fälbl sofort beauftragt, er soll jetzt
klären, wie wir, Austroplan resp. die Handelskammer, die dieses Projekt
angeblich als möglich und dringend verfolgen, vorgehen wollen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Verschaffe bitte alle Unterlagen.
Prof. Dr. Stadler, ein Wirtschaftsprüfer, hat seinen 75. Geburtstag ge-
feiert. Zu wirklich seiner größten Überraschung, er hat dies nicht
erwartet, konnte ich ihm das Silberne Ehrenzeichen, an und für sich
ein niederer Orden, mit einer lustigen Laudatio überreichen. Sämtliche
Beschäftigte waren versammelt, für ihn ist zu seinem 75. Geburtstag
bei Orac eine Festschrift erschienen, wo mehr oder minder bedeutende
Wissenschafter, aber auch Praktiker Artikel geschrieben haben. Mit 75
Jahren stellte ich fest, ist er nicht nur geistig sehr rüstig, er
berät heute noch die Länderbank, aber ganz besonders ist er seit Jahr-
zehnten der Rechtsberater der Steuerberater der Österreichischen Nati-
onalbank und führt in Wirklichkeit zwei große Kanzleien, Stadler,
Wirtschaftsprüfung, und Exinger, Steuerberatung. Mein Sohn Andreas war
sehr glücklich, daß es doch noch geglückt ist, trotz aller terminlichen
Schwierigkeiten zeitgerecht diese Auszeichnung zustandezubringen.
In der Beratung über ein neues Berufsrecht der Steuerprüfer und Wirt-
schaftsprüfer gibt es jetzt eine neue Phase. 6 teils auch mir gut be-
kannte Steuerprüfer und Wirtschaftstreuhänder wehren sich gegen die
Vorgangsweise der Mehrheit innerhalb der Wirtschaftsprüferkammer. Ge-
genseitig werden ununterbrochen Disziplinarverfahren angedroht, teil-
weise durchgeführt. Der Präsident der Kammer, Burkert, ist sehr um-
stritten, der ÖVP-Vizepräsident Böck noch viel mehr. In der neuen
Gruppe, die rebelliert, befindet sich ein so ehrenwerter Mann wie
Präsident a.D. Ziegler. Wie mir mein Sohn dann abends mitteilte, wird
innerhalb dieser Kammer ständig intrigiert und eine Politik verfolgt,
die die Jungen genauso ablehnen als ein Großteil der etablierten
Kammermitglieder. Da sich aber keine vernünftige Opposition bis jetzt
60-0850
organisieren konnte, scheinbar handelt es sich doch um lauter Indivi-
dualisten, bleibt nur das ewige Hickhack.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Wie beurteilst Du die neue Situation.
Tagesprogramm, 6.7.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)