Montag, 22. Juni 1981
Bei der Eröffnung des Forschungs- u. Verwaltungszentrums der ITT-Austria,
wo vor nicht ganz zwei Jahren die Grundsteinlegung erfolgte, an der ich
auch teilgenommen habe, gab es sieben Festredner. Vom tierischen Ernst,
Lausecker berichtete über die Leistungen des Bundes für die Elektrowirt-
schaft durch Auftragsvergabe, bis zum Wiener Schmäh. Was blieb mir denn
anderes übrig, infolge mangelnder Unterlagen und schon so vieler Vor-
redner war also alles vertreten. Bautenminister Sekanina, gleichzeitig
Bezirksobmann von Brigittenau, konnte sich nicht verkneifen, als der
Generaldir. erklärte, sie seien nun endgültig mit der Verwaltung von der
Dresdner Straße in die Scheydgasse, also vom 20. in den 21. Bezirk mit
dem Verwaltungszentrum übersiedelt, mir gegenüber zu bemerken, dies sei
ein entscheidender Fehler. So sammelte ich heute Gags, um auch etwas zu
sagen. Die einzige Bemerkung, die meiner Meinung nach von Bedeutung war,
ist, daß ich erklärte, ich hoffe, daß bald die Entscheidung über das
Digitaltelefonsystem, welches jetzt in Österreich aufgebaut werden soll,
fallen wird, damit die Kooperationsmöglichkeit mit anderen kleinen
Staaten, wie z.B. Ungarn, die sich dafür sehr interessierten, auch zu
einem Abschluß gebracht werden kann.
Beim Journalistenfrühstück gab es drei Themen und überhaupt keinerlei
Wortmeldungen von seiten der Redakteure. MR Fälbl berichtete über die
Wirtschaftsgespräche mit dem russischen Baumaterialienindustrieminister.
Ich ergänzte ganz verzweifelt, machte darauf aufmerksam, daß das Handels-
passivum auch in den ersten vier Monaten noch immer sehr hoch ist. 6 Mrd.
Importe, 2,3 Mrd. Exporte. Die Exportsteigerung betrug zwar 50 %, im
Vorjahr hatten wir für 1,5 Mrd. nur exportiert, doch ist das Ungleich-
gewicht auf die Dauer wirklich unerträglich. Durch reinen Zufall hatte
ich diese Ziffern im Kopf, sonst wäre dazu überhaupt nichts zu sagen
gewesen.
Dr. Ladstätter berichtete über die Kennzeichnung textiler Fußbodenbeläge
betreffend der Brennbarkeit. KR Smolka von der HK ergänzte, daß durch
diese Kennzeichnung jetzt vielleicht die Prüfvorschriften, die Landes-
sache sind, vereinheitlicht werden. Auch hier keinerlei Wortmeldung.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie sieht es wirklich jetzt mit diesen Prüfvor-
schriften der Länder aus?
Drittes Thema, Bericht von Dr. Schandel über den Energieverbrauch im
April. Auch hier trotz interessanter Zahlen keinerlei Reaktion der Teil-
nehmer. Provokant versuchte ich dann zu ergänzen und kam auf die Preis-
verhandlungen zu sprechen, worauf dann endlich sich eine kleine Dis-
kussion entwickelte.
Wenn dies so weitergeht, schmieren wir mit der Pressestunde ab, um einen
Theaterausdruck zu gebrauchen. Vielleicht müßte man jetzt sogar auch
schon die Fragen bekannten Redakteuren eingeben, damit überhaupt eine
kleine Belebung in diesem Pressefrühstück wieder kommt. Nicht nur, daß
der Besuch schlechter wird, daß immer nachrangigere Redakteure von den
Zeitungen und den Korrespondenzen geschickt werden, es herrscht auch immer
mehr Interesselosigkeit.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Wir müssen für den Sommer einen entsprechenden
Plan machen.
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Pittel & Brausewetter wurde
in deren Bauhof die Übergabe vor versammelter Mannschaft durchgeführt.
Vorher, da ich zeitig genug dort war, konnte ich den Bauhof besichtigen.
Einen so schön aufgeräumten habe ich überhaupt noch nie gesehen. Be-
eindruckend für mich war die Mischanlage für Bitumen und doch auch die
verhältnismäßig große Reparaturwerkstätte. Schlechtes Zeichen war, daß
verhältnismäßig viele Baumaschinen dort abgestellt waren, herrsche ja
im Bauwesen eine gute Konjunktur, dann wäre der Bauhof leer gewesen.
Dies hätte die Firma mehr gefreut, und ich muß gestehen, auch mich. Da ich
beim gestrigen Treffen im Burgenland auch den Betriebsratsobmann der
Fa. Pittel & Brausewetter kennenlernte, der mit einem Gipshaxen herum-
rannte, war es mir ein leichtes, ihn auch bei der Baufirma wieder zu
entdecken. Von den vier Geschäftsführern sind in der vierten Generation
einer auch noch vom Gründer Brausewetter tätig. Über die Besitzver-
hältnisse, die mich sehr interessiert hätten, war und bin ich allerdings
nicht informiert. Ich bin davon überzeugt, daß die Firma aber entsprech-
ende Jahresberichte oder, nachdem sie jetzt 111 Jahre besteht, gelegent-
liche Festschriften hat.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Vielleicht kann man dies in Zukunft von seiten
des Branchenreferates immer verlangen.
Die Staatswappenverleihung an die Fa. Schunk & Ebe, ein Tochterbetrieb
des großen deutschen Konzerns, gab mir einmal mehr Gelegenheit, den
anwesenden Generaldirektor aus der BRD zu bitten, er solle in Österreich
mehr investieren. Die erfreulichste Mitteilung, die ich aber dort machen
konnte, war, daß die Firma Weiß aus dem Konzern der deutschen Mutter
jetzt in Grünbach die zugrunde gegangene Österr. Klimatechnik übernimmt.
Die ausgezeichnete Firma hat 70 Beschäftigte, in Grünbach werden es
in der ersten Phase 40 sein. Da der deutsche Betrieb ein gesundes Unter-
nehmen ist, bin ich fest davon überzeugt, daß dies eine gute Grundlage
für den Grünbacher Betrieb wird. Die Betriebsbesichtigung hatten wir
vor der Verleihung durchgeführt, die Übergabe erfolgte sogar, was mir
sehr recht war, in der Werkshalle. Die Sozialräume und den Imbiß konnte
ich gar nicht mehr besichtigen.
Fast hatte ich einen fünften Sinn, daß ich schnell noch zum Flughafen
Schwechat zum Empfang des libyschen Ministers im Sondergastraum des
Flughafens Schwechat erschienen bin. Meine Überlegung war, daß, wenn
das Flugzeug zeitgerecht ankommt, ich den nächsten Termin noch ein-
halten konnte, kommt es aber später, so war es für mich eine gute Ent-
schuldigung, daß ich eben unverzüglich nach Wien zurückfahren muß, um
den Vortrag vor der Intern. Vereinigung der Einkaufsverbände zu halten.
Zu meiner größten Überraschung traf ich dort die libysche Delegation,
geführt von einem Staatssekretär, wie man im Wienerischen sagt, unge-
heuer verärgert oder sauer. Am Vortag war die Delegation angekommen,
zwar von Dr. Dersch und Dr. Sachs und einem Vertreter der HK begrüßt
worden, dann aber von niemanden ins Hotel begleitet. Dazu kam, daß
Dr. Dersch kein anderes Hotel mehr für die Delegation fand als das
Novotel in der Südstadt. Die Delegation hatte ja bereits wieder ihre
Koffer gepackt und war aufgrund einer Vermittlung eines Arabers in
Übersiedlung ins Hilton begriffen. Eine solche Blamage und Skandal hatte
ich wirklich noch nicht miterlebt. MR Fälbl war weder am Sonntag und
auch heute nicht am Flughafen, weil er sich seine Zeit einteilt und
heute Fr. Sts. Albrecht nach Preßburg begleitete. Ich möchte wissen, wie
darauf reagiert, wenn er nach Tripolis käme, ihn dort überhaupt niemand
in das Hotel begleitet, das noch dazu so weit vom Zentrum entfernt liegt.
Ich halte diese Vorgangsweise wirklich für skandalös. Ich habe deshalb
sofort umdisponiert, SC Jagoda ersucht, er soll im letzten Moment ins
Palais Schwarzenberg eilen, um mich dort zu entschuldigen, und dann auf
den Minister gewartet. Außerdem erklärte ich mich dann sofort bereit,
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auch an dem Abendessen von Austroplan teilzunehmen, um doch diesen
furchtbaren Eindruck, den die Vorbereitungen für diesen libyschen
Besuch bei den Libyern auslösen mußten, einigermaßen wieder auszu-
bessern. Auf die Dauer werde ich aber nicht auf meine Kosten, besser
gesagt auf meine Zeiteinteilung, alles immer ausbügeln, was hier verhaut
wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Jour fixe Sektionsleitersitzung setzen.
Bei der Internationalen Vereinigung der Einkaufsverbände war außer
meiner Begrüßung als nächster Punkt vorgesehen, daß Prof. Theuer ein
Grundsatzreferat halten sollte. SC Jagoda berichtete mir, daß er ange-
kündigt hatte, fünf Punkte zu besprechen, und dann nur zwei sehr flüchtig
erwähnte. Mit bissigen Nebenbemerkungen, daß in Österreich die Inter-
vention eine große Rolle spielt, der Benzinpreis zu wenig hoch ist, usw.
hat er Schläge gegen die Regierung ausgeteilt. Leider war er dann, als
ich dort erschienen bin, nicht mehr anwesend. Ich bemerkte deshalb
schnippisch zum Präsidium, er hat seinen Part gehalten und kassiert
und ist daher verschwunden. Der Gen.Sekr. der Vereinigung meinte zu mir,
kassiert hat er noch nicht, aber er ist sehr teuer. Ich kann ja nicht
verstehen, warum diese internationalen Vereinigungen sich so teure
Professoren engagieren, die in Wirklichkeit, wie mir Jagoda auf der
Rückfahrt ins Büro dann sagte, auch überhaupt nichts Brauchbares dort
vortrugen. Soviel er bei den Teilnehmern in der Pause rumhörte, waren
diese über den Vortrag sehr erschüttert.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Laß bitte den Vortrag von Reim analysieren und
versuche, das Honorar vom Gen.Sekr. der Vereinigung zu erfahren.
Beim sog. Arbeitsessen der Fa. Austroplan hat sich diese entsprechend
vorgestellt. 120 Projekte in 40 Ländern hat sie bereits in den 25 Jahren
des Bestehens, teils als Ingenieurbüro, teils als Durchführende abge-
wickelt. Seit 74 verhandelt sie allerdings schon über ein Glasflaschen-
fabriksprojekt mit Libyen, ohne zu einem Abschluß kommen. Der libysche
Minister versicherte zwar, in all den Problemen, die wir bei diesem
Arbeitsessen aufbrachten, daß sie gelöst werden, ich dagegen den Eindruck
daß mit jeder Problemlösung, die die Libyer am grünen Tisch machen,
zehn neue Probleme entstehen. Für die Firma ist es in Libyen ungeheuer
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schwierig, konkrete Projekte zu bekommen, und noch schwieriger, dann diese
auch auszuführen.
Außenminister Pahr hat mir einen Brief geschrieben, wo er ersucht, ich
möge wegen der Eingriffe der libyschen Verwaltung in Mietverhältnisse, die
die österr. Botschaft oder der Handelsdelegierte hat, Österreich benach-
teiligt wird. Ich habe mit Pahr darüber am Telefon gesprochen und ihm
erklärt, ich denke nicht daran in diese Situation einzugreifen. Die
Informationen, die ich von unserem Handelsdelegierten habe, der gerade
neben dem jetzt anwesenden Minister wohnt, zeigen mir ganz ein anderes
Bild. Der Libyer baut an seinem Haus, braucht einen Teil des Grundes
unserer Handelsdelegation. Nach Meinung von Dr. Festin könnte dieser
Grund auch ohne weiteres dem Minister Hijazi abgetreten werden, was eine
gute Geste wäre. Da all die österreichischen Mietverträge entweder bis
Ende diesen Jahres, längstens bis Ende nächsten Jahres laufen, ist ein
stures Verhalten Österreichs nur dazu angetan, die nächsten Mietverhand-
lungen sehr zu erschweren. Pahr hat dies auch sofort eingesehen, meinte,
den Brief hat er eben geschrieben, weil es die Botschaft in Tripolis so
will, er selbst ist aber nicht bereit, mit dem libyschen Sekretär des
Volkes, wie dort die Minister heißen, zu sprechen. Ich bin wirklich für
alle der größte Trottel.
Tagesprogramm, 22.6.1981