Mittwoch, 20. Mai 1981
Der Personalvertreter Herold ersuchte mich um einen Aussprachetermin.
Er war sehr überrascht, als ich ihm sofort erklärte, die Frage am
besten gleich zu besprechen. Wie ich erwartet hatte, kam er wegen der
Bestellung des Bautenministersektionschefs Bujatti zum provisorischen
Präsidialisten. Sein Vorschlag war, man sollte die Stellvertretung so
lassen, wie sie bis jetzt war, in diesem Fall hätte MR Böhm für das
Handelsministerium-Präsidium bis zur endgültigen neuen Bestellung diese
Funktion automatisch ausgeübt. Ich erklärte ihm, daß dazu keine Möglich-
keit besteht, denn in diesem Fall wäre ja dann das Präsidium von zwei
Personen geführt worden. Für das Bautenministerium war nämlich der Stell-
vertreter vom verstorbenen Sekt.Chef Kazda Pindur. Sekt.Chef, Meisl,
den ich dann auch zu dieser Besprechung als jahrzehntelanger Angehöriger
des Handelsministeriums und vor allem erfahrener Beamter, auch in Personal-
fragen, zuzog, hat dann auf die Agendentrennung verwiesen, dies wäre der
erste Schritt, um die Präsidien endgültig zu trennen. Eine Vereinigung
nachher wäre äußert schwierig. Mein weiteres Bedenken war, daß in diesem
Fall dann MR Böhm über MR Marhold, um nur ein Beispiel zu sagen, drüber-
gesetzt worden wäre und dies hätte beträchtlich Unruhe im Handelsmini-
sterium ergeben. Sekt.Chef Meisl fragte Herold rundheraus, was denn
eigentlich jetzt hier von seiten der Personalvertretung gespielt werden
soll. Herold meinte, es gebe keinerlei Hintergedanken dabei, das einzige,
was er beabsichtigt, ist, die Position für das Handelsministerium zu
halten. Er schlug deshalb dann auch vor, es könnte ja Sekt.Chef Jagoda
z.B. diese Sektion zusätzlich führen. Letzten Endes hatte er aber keine
Argumente mehr insbesondere gegen die Ausführungen von Sekt.Chef Meisl
vorzubringen.
Im Parlament, wo die Sozialgesetze, insbesondere das Witwerpensions-
gesetz zur Debatte stand, hat mich dann Bautenminister Sekanina mit dem
Vorschlag überrascht, ich sollte zustimmen, daß der Präsidialposten über-
haupt in den Personalstand des Bautenministeriums überführt wird. Er
hätte diesbezüglich mit Sts. Löschnak schon gesprochen, der selbstver-
ständlich damit einverstanden war. Löschnak, der vorüberkam, meinte, dies
könne erst mit der Dienstpostenplanänderung für das nächste Jahr vorge-
nommen werden. Sekanina wird eine diesbezügliche Anforderung an das BKA
stellen. Sts. Löschnak wird dann die Verhandlungen mit mir respektive mit
dem Handelsministerium aufnehmen. Ich erklärte aber, daß es hier größere
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Schwierigkeiten geben könnte, ich müßte daher entsprechenden Widerstand
leisten. Letzten Endes aber muß ich doch einsehen, daß die Tatsache,
7 x so viel Beschäftigte im Bautenministerium als im Handelsministerium,
diese Forderung berechtigt ist.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Sektionsleitersitzung setzen.
Die Vertreter der Teigwarenindustrie, der große Teigwarenproduzent Wolf
als Obmann, gleichzeitig aber auch der Vertreter der Inzersdorfer, KR
Pecher als Obmann der LUGA und Dr. Voith von der Inzersdorfer waren mit
dem Hofer-Vertreter Prok. Melchart nach längerer Vehandlung bereit, über
eventuelle Lieferungen aller größeren Teigwarenfirmen an die Fa. Hofer
bilaterale Gespräche zu führen. Die Fa. Hofer benötigt 2.800 t Teigwaren.
Derzeit ist der Verbraucherpreis 16,90 S, bei einem Importpreis frei Haus
aus Italien von 13,50 S. Damit seien nicht einmal die Rohstoffkosten
gedeckt, wie Dr. Smolka, Fachverbandsekretär, behauptet. Die Italiener
geben jetzt, wie Melchart freizügig bekannte, 103 Lire als Rückvergütung.
Die Abschöpfung in Österreich beträgt 2,80 S. Löwa verlangt derzeit
22 S, Konsum rund 30 S für Eier-Teigwaren. Mir erschien die Preisver-
handlung in diesem großen Kreis nicht möglich. Wichtig war nur, daß es
zu bilateralen Gesprächen kommt und daß vor allem die Aufteilung auf die
einzelnen größeren Teigwarenfabriken möglich ist. Wenn nämlich nur eine
Fabrik, wie z.B. 1978 die Fa. Wolf 1.700 t an Hofer liefert, besteht die
große Gefahr, daß die anderen Abnehmer diese Fabrik dann boykottieren.
Wolf respektive Pecher wird daher die größeren Teigwarenfabriken zu einem
Produktionspool zusammenfassen, der sich die Hofer-Lieferung aufteilt.
Zu meiner großen Überraschung war Prok. Melchart damit einverstanden. Für
das Auslieferlager-Hofer in Rietz/Tirol 400 t käme die Fa. Recheis in Frage,
für Haus bei Amstetten, 700 t, die Fa. Wolf, für Trumau, 800 t, Inzersdorf
und für Sattledt 800 t die Fa. Fritsch. Mit dem von mir organisierten Zusam-
menbringen der beiden Teile waren alle nicht nur einverstanden, sondern, wie
sie sagten, sehr dankbar für meine Initiative.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Bitte laßt euch über den weiteren
Vorgang und das Ergebnis berichten.
Zu der von AK-Präs. Hesoun gewünschten Aussprache mit Firmenvertretung
Zizala kamen nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Betriebsrat-
obleute beider Betriebe. Ing. Karl Zizala protestierte zuerst, daß die
FGG für Prüfungsunterlagen einen Fragebogen schickte, der angeblich
85.000 S kostet. Im weiteren Verlauf stellte sich dann heraus, daß die
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FGG, wenn es zu einer Haftung für die 40 Mio. S, die die NÖ-Hypobank
verlangt, diese 85.000 S auf die Haftungsgebühr angerechnet bekommt.
Verärgert war der Firmenvertreter, aber auch Dr. Haas als Rechtsanwalt
von der Firma, über die neuerlich von der FGG verlangten Unterlagen über
die Firma, die längst alle bei der Hypobank vorlagen. Das Klima war über-
haupt denkbar schlecht. Überraschend war, neben der deutschen Firma
Ullmann, die bekanntlicherweise nur den Wieselburger Betrieb übernehmen
würde und dort die Belegschaft auf ein Drittel reduziert, vor zwei Tagen
auch die österr. Firma KTM, Trunkenpolz, als Kaufinteressent erschien. KTM
würde den Werkzeugbau und insbesondere nach Wieselburg die Fahrradferti-
gung legen und wesentlich ausbauen. Dadurch könnten alle Arbeiter weiter
beschäftigt werden. Dies wäre eine optimale Lösung. Wir einigten uns
daher darauf, daß es jetzt drei Lösungen gibt. Die erste, die NÖ-Hypo-
thekenanstalt steigt mit 40 Mio. S Beteiligung ein, die Inhaber, Zizala,
scheiden aus dem Unternehmen aus. Die zweite wäre, daß Trunkenpolz die
Firma als Ganzes kauft, die dritte und für die Beschäftigten schlechteste
Lösung, daß man Ullmann doch heranziehen muß. Trunkenpolz verlangt 80 Mio.
S Zuschuß vom Land respektive vom Bund. Ein solcher Betrag kann sicher-
lich nicht annähernd aufgebracht werden.
NR Hesoun und ich sprachen dann im Parlament noch mit Sozialminister
Dallinger wegen Zuschüsse aus der Arbeitsmarktförderung, AFM-Mittel.
Dieser ist prinzipiell dazu bereit. Voraussetzung ist aber, daß das Land
Niederösterreich auch zumindestens mit dem selben Betrag einsteigt.
Überrascht war ich, daß die Arbeiterschaftvertretung, also die Betriebs-
räte, erklärten, sie könnten sich sehr gut vorstellen, daß sich auch die
Arbeiterschaft mit 10 Mio. S ca. an diesem Betrieb beteiligt. Ich habe
die Vertreter davor gewarnt, selbst wenn die Arbeiter dieses Opfer bringen
und ihr Geld in den Betrieb reinstecken, könnten sie einen Ausgleich
respektive wahrscheinlich sogar früher oder später einen Anschlußkonkurs
gar nicht verhindern. Jetzt steht schon fest, daß wenn wir keinen Käufer
finden, mit einer neuen Produktion und einem ordentlichen Management, der
Betrieb nicht nur, wie die derzeitigen Besitzer, Zizala, hoffen, liquidiert
werden muß, sondern sicherlich ein Ausgleich, wenn nicht sogar dann ein
Anschlußkonkurs herauskommt.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Gröger soll mich ständig am
laufenden halten.
Arch. Grünberger hätte, wie er in einem Schreiben an mich mitteilte
und dann persönlich noch erörterte, die Chance etliche Glasgroßhändler
mit 50 Mio. S an der Floatingglasgesellschaft sich zu beteiligen. Sie
haben berechnet, daß sie bei 300 t, also einer kleineren Fabrik als die
beabsichtigten 500 t, noch immer imstande wären, das Glas um 50 S zu er-
zeugen, jetzt müssen sie es um 72 S kaufen. Arch. Grünberger war sehr
überrascht von mir zu hören, daß seine unmittelbare Gründung einer
solchen Gesellschaft derzeit von der ÖIAG gar nicht mehr als so dringend
bearbeitet wird. Der zuständige Referent Dr. Bauer in der ÖIAG möchte zwar
sehr gerne, da diese Fabrik in NÖ liegt und er auch niederösterr. Funktio-
när ist, so schnell als möglich zu einem positiven Abschluß kommen.
GD Grünwald dagegen hat mir unter vier Augen vertraulich gesagt, daß man,
da die Amerikaner, die diese Floatingglasfabrik errichten wollen, nicht
in das steir. Notstandsgebiet gehen möchten, daran nicht mehr primär
interessiert ist.
Arch. Grünberger hat dann auch ein eigenes Konzept über die Vorfinanzierung
eines Hallenbades auf der Landstraße. Die Gemeinde hat nämlich vor
längerer Zeit ein Bäderkonzept veröffentlicht. Dort wäre auch für die
Landstraße ein städtisches Bad vorgesehen, bei der jetzigen finanziellen
Situation ist damit garantiert erst in etlichen Jahrzehnten zu rechnen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte diese Unterlagen für Parteitag in Graz mit-
geben.
Fr. Klösch Renate und Hubert haben beim Schloß Dirndlhof ein Trennstück
von 1.200 m² geglaubt seinerzeit mitzukaufen. Jetzt stellt sich heraus,
daß dies nicht stimmt. Die Gemeinde hatte vor längerer Zeit dafür
510.000 S verlangt. Da Fr. Klösch aber schwer erkrankte, wurden die Ver-
handlungen nicht weiter geführt. Jetzt soll dieses Trennstück zu einer
Schule zugeschlagen werden. In diesem Fall würde der Restaurantbetrieb
darunter sehr leiden. Ich versprach mit Stadtrat Veleta darüber zu
sprechen.
ANMERKUNG FÜR SCHWOIGER: Bitte nach Graz mitgeben.
Bei der Eröffnungsfeier der Gewerkschaft Druck u. Papier hat eine angeb-
liche Amateur-Jazzband, neun exzellente Musiker, sechs Bläser, die garan-
tiert nicht alle Amateure waren, den Kongreß eröffnet. Der Obmann der
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Graphikergewerkschaft, Brunner, wollte mir einreden, daß dies alles
Zeitungsarbeiter sind, die während der Nacht arbeiten können und daher
während des Tages im Mozarteum studieren. Ich habe nachher mit den
Musikern gesprochen, die mir sofort zugegeben haben, daß natürlich
meistens Profis darunter waren. Ich bin nicht ganz überzeugt, ob es
anderen auch gefallen hat, mir hat diese Einleitung sehr gut gefallen.
Hier wurde echter Jazz gespielt und nicht Kommerz. Nach der Begrüßung
durch den Obmann wurde BK Kreisky, der beim Erscheinen frenetisch be-
grüßt wurde, um seine Begrüßungsworte ersucht. Er ging weniger auf die
graphischen Probleme als vielmehr auf die Massenmedienfrage ein. Er
sagte, die Mitglieder dieser Gewerkschaft wissen es am besten, wie in
Österreich zwei Parteien existieren und außer unbedeutenden Zeitungen
für die Arbeiterschaft die gesamte Presse sich gegen die Regierung
wendet. Er kam dann, wie wäre es anders denkbar, auch auf die AKH-Debatte
im gestrigen Nationalrat zu sprechen. Da bekanntlich dann zum Schluß die
ÖVP einen Mißtrauensantrag nur gegen Kreisky eingebracht hat, meinte er
jetzt schon mehr belustigend, dies sei für ihn eine große Anerkennung.
Er war es nämlich, der, und das weiß die Bevölkerung, verlangt hat, jetzt
müßte eine saubere Trennung erfolgen, die Reorganisation für eine saubere
Verwaltung sei von ihm angeregt worden und eingeleitet und werde jetzt
durchgeführt. Wenn man da jetzt ihn anklagt, ist dies ja fast für ihn
eine Ehre. Tatsächlich wurde auch vom letzten Sprecher, NR Graf, fast
eine entschuldigende Erklärung, warum die ÖVP gegen Kreisky den Miß-
trauensantrag einbringt, vorgebracht.
AK-Präs. Czettel begrüßte dann den Kongreß und entschuldigte alle anderen
Minister oder Regierungsmitglieder und Nationalräte, die zur Eröffnung
nicht kommen konnten, weil es zu Kampfabstimmungen im Parlament gekommen
ist. Mir ist es nur gelungen, weil ich Klubobmann-Stellvertreter Graf
von der ÖVP für ein Hearing gewinnen konnte. Klubobmann Fischer hat
hier mit Ach und Krach dann zugestimmt. Nicht einmal den Sozialminister
hat man weggelassen.
Als letzter Tagesordnungspunkt wurde dann die Genehmigung der Staatsan-
waltschaft erteilt, gegen Udo Proksch, wegen Beleidigung des Parlaments,
Anklage zu erheben. Bei dieser Gelegenheit, ganz wider den parlamenta-
rischen Sitten, hat der politische Direktor NR Bergmann neuerdings das
Verhältnis von Proksch zu Kreisky in einer langen Wortmeldung erörtert.
Wieder wurden falsche Behauptungen von Bergmann aufgestellt. NR Blecha
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hat sich dann von seiten der SPÖ zu Wort gemeldet, um gegen diese
Vorgangsweise zu protestieren und gleichzeitig zu erklären, die
Sozialisten werden der Tradition und Gepflogenheit entsprechend bei
Auslieferungsbegehren keinerlei Debatte führen, also, wenn man so will,
daß Gerichtsverfahren vorwegnehmen. Das Klima im Parlament verschlechtert
sich zusehends.
Sekr. Tumpel vom ÖGB berichtet mir, daß sie jetzt die in Drei-Monats-Frist
vorgesehenen Gespräche mit den Ölfirmen wegen ihrer Preisanträge geführt
haben. AK und ÖGB sind zur Überzeugung gelangt, daß es doch eine weitere
Preiserhöhung geben muß. Die Unterdeckung beträgt 600 S pro t, dies würde
bedeuten, daß der Verbraucherpreis für Benzine und Ofenheizöl extraleicht
um 60 Groschen erhöht werden müßte. Ich habe mit aller Deutlichkeit klar-
gemacht, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß in absehbarer Zeit eine
solche Preiserhöhung erfolgen sollte. Nicht einmal die Hälfte dieses
Betrages, der sicherlich von der Ölwirtschaft sofort akzeptiert wird,
kommt jetzt im Mai oder im Juni in Frage. Auch NR Schmidt meinte, wir
müßten diesmal ein längerfristiges und genaues Preisverfahren abwickeln.
Die letzte schlagartige schnelle Erledigung hat auch im Gewerkschafts-
bund großen Widerstand ausgelöst. Die Resolutionen von den Betrieben
veranlassen den Gewerkschaftsbund wieder zur alten Taktik zurückzukehren.
Ich habe dann Gesundheitsminister Steyrer wegen Reduzierung des Bleige-
haltes zum Gespräch zugezogen. Steyrer ist sehr verärgert, daß er mit
GD Bauer von der ÖMV vereinbart hat, es wird ein Expertenkomitee einge-
setzt, das so schnell als möglich alle Variationen, Ersatz des giftigen
Bleis mit anderen Produkten, errechnen und vorschlagen soll. GD Bauer hat
dann bei der Pressefahrt am Semmering öffentlich erklärt, vor 1985
könnte nichts gemacht werden. Steyrer ist darüber so verärgert, daß er
sogar am Parteitag diesbezügliche Angriffe an die ÖMV richten wird.
Steyrer möchte sehr schnell irgendeine Lösung, damit der Bleigehalt
auf 0,15 reduziert werden kann. Sekr. Tumpel erklärte ihm, daß dies
sehr schwierig sein wird, für das Vorgehen von Steyrer hatte er aber
selbst als Aufsichtsrat der ÖMV volles Verständnis.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche herauszubekommen, was in diesem
Komitee besprochen wird und laß dir von der ÖMV genau berichten.
Tagesprogramm, 20.5.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)