Freitag, der 10. April 1981

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Freitag, 10. April 1981

Der Aufbaukurs der Lebensmittelarbeiter war diesmal im Schulungsheim
der AK in Bad Vöslau. Für mich unangenehmer, weil länger anzuweisen,
als das Huemerhaus in Hadersdorf-Weidlingau oder in Neuwaldegg, für
die Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter günstiger, weil die AK es
bezahlt. Bei Aufbaukursen, wo ich nur zwei Stunden Zeit habe, referiere
ich höchstens eine halbe Stunde über aktuelle Probleme und Fragen, um
den Kolleginnen und Kollegen Diskussionsmöglichkeit zu geben. Über-
raschend für mich war die verhältnismäßig hohe Anzahl von weiblichen
Teilnehmerinnen.

Die Erste Österr. Wermut-Kellerei-Fabrik Burschik im 15. Bezirk er-
hielt nach längerem Hin und Her, die AK hatte zuerst Bedenken, doch
das Dekret zur Führung des österr. Staatswappens. Überraschend, daß
dieser 15-Mann-Betrieb gegen die harte ital. Konkurrenz an Wermut
überhaupt noch existieren kann. Zur Feier waren sogar Generalsekretär
Kehrer, der Obmann des Gewerbes, Stadtrat Neusser, Vizepräsident
Schönbichler und viele andere gekommen. Der jetzige Besitzer, Dkfm.
Specht, war stolz, daß sich so viele eingefunden haben. Eine durch
einen geschickten Kellereimeister instandgehaltene Abfüllanlage und
ansonsten umfangreiche Keller unter den Häusern in der Nähe des West-
bahnhofes.

Bei der Besichtigung der Weinkeller erzählte Dkfm. Specht, daß bei Ende
des 2. Weltkrieges sein Vater noch größere Mengen von Wein zur Ver-
teilung an die Bevölkerung bekommen hat. Die Ausgabe war technisch
nicht mehr möglich, die Russen und die Bevölkerung stürmten dann die
Weinkellerei und manche sind dann im wahrsten Sinne des Wortes im
Wein ersoffen.

Die Vöest-Alpine hat dem philipp. Energieminister Velasco ein Lipiz-
zaner-Pferd geschenkt. Da die Vöest dies aber offiziell nicht machen
kann, ersuchte sie mich, ich sollte dieses Geschenk übergeben. Mit
der Überreichung des Ursprungs-, sozusagen Stammabweis, durch mich war
auch scheinbar formell das Dekor gewahrt und scheinbar für Velasco damit
die formelle Begründung, der österr. Staat hätte ihm dieses Geschenk
gemacht. Graf Pallfy, der Haus- und Hofzeremonienmeister der Vöest, für
Ausländerbetreuung zuständig, hat Dr. Haffner erzählt, ein Araber hätte
ihm ein Riesenschwert aus purem Gold geschenkt. Einmal mehr wurde ich
von Velasco namens der philipp. Regierung eingeladen, ich sagte zu, daß,
wenn ich die große Asien-Reise nächstes Jahr mache, selbstverständlich


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auch die Philippinen besuchen würde.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Welchen Zeitplan haben wir wirklich?

Der Leiter der ÖFVW, Dr. Zolles, kam mit dem jugosl. Fremdenverkehrs-
direktor Djuranovic aus Belgrad, der gleichzeitig die neue jugosl.
Fremdenverkehrsvertreterin in Wien vorstellte. Ich sagte ihr selbst-
verständlich jedwede Unterstützung zu. Am meisten überrascht war ich
aber zu erfahren, daß Dr. Snuderl Trauzeuge von ihr gewesen ist. Am
meisten überrascht war ich aber von den beiden Jugoslawen zu hören,
daß man fest damit rechnet, daß ich jetzt doch nach Jugoslawien komme.
Ich erklärte sofort, daß als Termin höchstens der Juli und August
und in Ljubljana dafür in Frage käme.

Was ich die ganze Zeit beim Staatsbesuchs Tichonows befürchtete, ist
dann am letzten Tag zugetroffen. Ich wurde für 13.15 ins Imperial zur
Begleitung auf den Flughafen bestellt, kam in die Kolonne, die durch
die Absperrung vorzeitig erfolgte und sah dann nur von weitem die
Kolonne zum Flugfeld rasen. Dies war mir auf der einen Seite sehr
peinlich, weil ich mich auch von Außenhandelsminister-Stellvertreter
Komarow nicht verabschieden konnte, auf der anderen Seite habe ich
dann einige Zeit gewonnen, um die Restakte noch schnell zu unter-
schreiben. Gegen Freitag und noch vielmehr vor den Feiertagen beginnen
die Beamten des Hauses ihre Aktbestände aufzuarbeiten. Dagegen darf
ich gar nicht besonders wettern, sonst bleiben die Akte womöglich bis
über die Feiertage liegen. Da mein Prinzip nach wie vor ist, möglich
alle Akte am selben Tag noch wegzubringen, muß ich eben diesen Stau
mehr oder minder zur Kenntnis nehmen.

Der erweiterte Wiener Vorstand war zu meiner größten Überraschung
doch verhältnismäßig sehr stark besucht. Ich hatte eigentlich ange-
nommen, daß durch die beginnenden Osterferien wesentlich mehr abwe-
send sein werden. Die Diskussion über die Maßnahmen, besser gesagt, das
Maßnahmenpaket, welches wir in Wien infolge des AKH-Berichtes schnüren
sollten, dauerte bis 21.45. In dieser fast sechsstündigen Sitzung wurde
von vielen aus den Bezirken die kritische Situation berichtet, von
einigen auch diverse Vorschläge gemacht, wie ich aber dann als einer
der letzten Redner feststellen konnten, ein konkretes Paket aber vor-
geschlagen. Ich sagte, nur die Paketschnur ist schon klar und der
Zeitpunkt, daß dieses vor dem Parteitag im Mai beschlossen sein muß.
Alle waren wir uns nämlich darüber einig, daß unbedingt, schon um gegen


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die Bundesländer entsprechend argumentieren zu können, bis zu diesem
Zeitpunkt Maßnahmen gesetzt sein müssen. Die Bundesländer beginnen
nämlich jetzt in immer stärkerem Maße die Wiener für den zu erwarten-
den nächsten Wahlverlust verantwortlich zu machen. Die Meinungsumfra-
gen in Wien sind auch verheerend. SPÖ ist von 79 51 % auf Jänner 81
46 und jetzt März 81 sogar 44 % gefallen. Die ÖVP von 21 % auf 28,
jetzt 30 %. Die FPÖ von 2 auf 5, jetzt wieder auf 2 zurück, die KPÖ
von 2 auf Null, jetzt wieder 1 %. Die Nichtwähler von 6 auf 8, jetzt
aber schon 10 %, und die keine Angaben machen von 18 auf 13 % gefallen.
Von den 10 % Nichtwählern stammen 6 % von SPÖ-Sympathisanten respektive
Wählern. Alle hoffen oder rechnen, daß es uns wenigstens gelingt wie
im Jahre 49, wo auch nur 49 % die Sozialisten wählten, 53 Mandate zu
erhalten. Dieser Rückschlag ist verheerend. Sollten wir uns nicht
wesentlich verbessern, ist natürlich auch, wie immer die Bundesregierung
gut gegenüber der Wiener Landesregierung oder Gemeindeverwaltung be-
wertet wird, die nächste Gemeinderats-, aber auch Nationalratswahl ver-
loren. Selbst wenn die absolute Mehrheit an Mandaten in Wien gehalten
wird, die absolute Mehrheit in der Nationalratswahl verloren, für uns
auf der Landstraße aber garantiert der Bezirksvorsteher.

Gratz faßte dann zusammen, daß die Maßnahmen zur Umschichtung erfol-
gen müssen, Beschlüsse über das AKH zeitgerecht fertiggestellt wer-
den, ein detaillierter Verantwortungs- u. Personenbericht erfolgen
wird, es aber im Zusammenhang mit dem AKH keine personellen Änderungen
geben sollte. Da alle einig waren, daß Gratz als Bürgermeister das
Vertrauen ausgesprochen bekommen solle, er aber entsprechend durch-
greifen müßte, war diese Zusammenfassung für mich einigermaßen sehr
enttäuschend. Wenn man auch keiner Köpferollen will, müßte, und dies ha-
be ich ganz entschieden vorgeschlagen und verlangt, ein Stadtrat muß aus-
schließlich mit dem AKH-Problem befaßt werden. Wenn auch der ehemalige
Rechnungshofpräsident Kandutsch jetzt als Vorsitzender des Aufsichts-
rates der GesmbH bei Beibehaltung der begleitenden Kontrolle gewonnen
werden konnte, müßte ein politisch Verantwortlicher in der Gemeinde,
eben ein Stadtrat, entweder mit ihm zusammenarbeiten oder gegebenen-
falls ihm die notwendigen politischen Entscheidungen vorgeben. Auch im
Bund wird man für den 2. 50%igen Anteil meiner Meinung früher oder
später nicht umhin kommen, eine solche Sonderaufgabenperson zu schaffen.
Die jetzige Konstruktion Salcher und Firnberg, in Wien Stadtrat Mayr
und Stacher als Eigentumsvertreter in die Gesellschafterversammlung
zu schicken, ist meiner Meinung nach zu schwach. Ich habe allerdings
sofort ausgeführt, daß es sich hier um ein Himmelfahrtskommando han-


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delt, wenn ein solcher ausschließlicher Verantwortlicher bestimmt
wird. Ohne deutlich sichtbare personelle Lösung wird es nicht gehen.
Ich bin kein Freund von Köpferollen. Aber deutlich sichtbare Zeichen
wünschen nicht nur, wie unser Bezirksvertreter GR Sallaberger bei die-
ser Sitzung sagte, sondern wahrscheinlich die meisten Funktionäre in
Wien und vor allem unsere Wähler.

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Tagesprogramm, 10.4.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: stv. UdSSR-Außenhandelsmin.


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: sowj. Regierungschef ab 1980


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Wr. Gesundheits- u. Sozialstadtrat


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Wr. Stadtrat, ÖVP


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Dkfm. Nationalbank, Naturschützer


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Präs. Rechnungshof


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Gen.Sekr.


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Obmann Sektion Handel BHK


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Wermut-Kellerei Burschik


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ehem. Handelsdelegierter


                          Einträge mit Erwähnung:


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                              GND ID: 11869104X


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                                  Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                    Tätigkeit: jug. FV-Dir.; evtl. ident mit MP V. Djuranovic oder Verwechslung im Original


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                                      Tätigkeit: Energieminister Philippinen


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