Mittwoch, der 11. März 1981

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Mittwoch, 11. März 1981

Der ostdeutsche Journalist Resch wollte die Ergebnisse der DDR-Öster-
reich-Beziehungen seit dem Besuch von Honecker wissen. Er war, wie dies
bei allen ostdeutschen Journalisten der Fall war, äußerst gut informiert.
Interessant für mich waren etliche Informationen, die sicherlich weder
der Abteilungsleiter Tschach noch ich kannten. So teilte er uns mit,
daß von den Konsumgüterimporten in die DDR die Fa. Krause, Herr Fuchs,
95 % davon abwickelt. Von den 630 Mio. S des Vorjahres Konsumgüterimporte
sind 580 Mio. bereits jetzt bis März bestellt, so behauptete Staatssekre-
tär Beil bei seinem letzten Besuch, Herr Fuchs hat angegeben, daß er
350 Mio. abwickelt. Bei dem diesjährigen DDR-System, nur die Fa. Krause
einzuschalten, würde dies bedeuten, daß doch andere Firmen zum Zuge
kämen oder Staatssekretär Beil Bonn Ziffern mitteilte, die noch nicht
vergeben sind.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Tschach sollte versuchen, diese Differenz
mit Fuchs aufzuklären.

Resch wollte unbedingt wissen, wieso Österreich jetzt diesen starken
Handelsaustausch mit der DDR zustandebringt. Hier war es das einzige
Mal, wo ich ihm nicht reinen Wein einschenkte. Meiner Meinung nach ist
es ganz klar, die DDR möchte sich von der BRD weg nach dem neutralen
Österreich hin orientieren. Dies soll durch eine deutliche Verbesserung
der Handelsbeziehungen dokumentiert werden. Natürlich fragte der Redak-
teur, warum die DDR durch die Zölle bei Exporten nach Österreich noch
immer benachteiligt wird, die bisherigen Zugeständnisse der 4 Positi-
onen, die uns innerösterreichisch so große Schwierigkeiten bereitet
haben, werden scheinbar von der DDR nicht als Endstadium betrachtet.
Ebenso wollte er eine Benachteiligung durch die Vidierung feststellen,
hier konnte ich ihm anhand der Praxis, da wir kein einziges Geschäft
abgelehnt hatten, klar und deutlich machen, daß es sich nur um eine
Gleichstellung der Information zwischen Staatssekretär Beil und mir
handelt. Sein Beispiel, daß einmal 50 t Kekse nur nach Österreich gelie-
fert werden konnten, die DDR wollte wesentlich mehr liefern, allerdings
zu so tiefen Preisen, daß selbst dann die deutsche Seite eingesehen
hat, daß dies für sie kein gutes Geschäft ist und sich daher mit 50 t
begnügte. Ein kleines Detail am Rande, er teilte mir mit, daß Honecker
bei dieser Leipziger Messe 39 Stände anlaufen wird, da kann man sehen,
mit welcher preußischer Gründlichkeit in der DDR alles vorbereitet und


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wie sehr in Detail die Pressevertreter informiert sind.

Dir. Schneider von der CA teilt mir mit, daß sie jetzt mit den Polen
dahingehend verhandelt hat, daß bis Ende März die E-Wirtschaft doch
den Kohleliefervertrag ändern möchte, damit die zweiten 150 Mio. $ aus-
bezahlt werden können und dadurch die Bundesgarantie wirksam wird,
ansonsten die österreichischen Banken in der Luft hängen. Für die insge-
samt zu liefernden 20 Mio. t muß man einen Betrag von 1,2 Mrd. $ veran-
schlagen. Da die NEWAG, GD Gruber, nicht bereit ist, aufgrund der Ereig-
nisse in Polen sich mit den seinerzeit geschlossenen Vertragsmengen,
aber auch den Preisen zufrieden zu geben, wären die Polen bereit,
auf 10 Mio. t die Menge zu senken und gleichzeitig auch die Liefertermine
bei nicht zeitgerechter Fertigstellung des Kohlekraftwerkes im Tullner-
feld zu verschieben. Mit 600 Mio. $ Lieferumfang wären dann die Bundes-
garantie und die Kredite von 300 Mio. $ trotzdem noch gedeckt. Schneider
kämpft verzweifelt gegen die Elektrizitätswirtschaft. Diese ist fest
davon überzeugt, daß sie auf dem längeren Ast sitzt und möchte unbe-
dingt eine Preisreduktion resp. Änderung der Preisklausel erreichen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächstes Jour fixe Fremuth setzen.

Die Eröffnung der Wiener Frühjahrsmesse verlief im üblichen Rahmen.
Beachtet war nur, daß Bürgermeister Gratz von einem kleinen Teil der
Zuhörer Zwischenapplaus bekam. Der hatte nämlich auf die Ungleichge-
wichtigkeit von Arbeit und Kapital indirekt hingewiesen. Seine Ausfüh-
rungen zur Hochzinspolitik gipfelten darin, daß diese für die Unterneh-
mer, wenn die Investitionen damit finanziert werden müssen, unbefriedigt
ist, gleichzeitig aber den Einleger, sozusagen ohne Aufwand, einen hö-
heren Zinsertrag gab, als die Lohntangente und Erhöhungen der Arbeiter
für ihren Einsatz bekommen. Er meinte, ohne daß er es besonders im
Detail ausführte, daß hier die soziale Symmetrie der Verteilung dadurch
gestört wird.

Interessant war, daß alle Redner sehr optimistisch waren. Ich selbst
versuchte klarzulegen, daß die negativen Prognosen für das heurige Jahr
keinesfalls auch schon ein solches negatives Ergebnis bringen müssen.
Anhand von Beispielen aus dem Vorjahr versuchte ich dies klarzumachen.
Den größten Beifall bekam ich, als ich mit einem Gag endete, ich hoffe,
daß volle Orderbücher die Unternehmer von dieser Messe befriedigen, denn
vom Schmäh kann nur ein Minister leben. Kirchschläger meinte nachher,


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damit war die Frau Minister Firnberg, die eine diesbezügliche Bemerkung
zu Kirchschläger machte, nicht sehr einverstanden.

Kirchschläger hat, wie er mir vorher auch schon ankündigte, darauf verwie-
sen, daß es dringend notwendig ist, die österreichische Sozial- und
Wirtschaftspartnerschaft zu erhalten. Er appellierte an alle dazu beizu-
tragen, er hätte viel Verständnis für manche Reden, die oft ja nicht
für den anderen, sondern für die eigenen Reihen bestimmt sind, doch
sollte man dies nicht zu weit treiben.

Bei der Eröffnung der Landwirtschaftskammerausstellung gab es wieder
das übliche Hickhack, wobei Haiden meistens so lange repliziert, daß
die Zuhörer sehr unruhig werden. Da diesmal aber das Wetter verhältnis-
mäßig schön war, störte der lange Aufenthalt im Freien nicht allzu sehr.

Da in der Frühjahrsmesse niemals eine Kollektivausstellung der ausländi-
schen, insbesondere der Oststaaten stattfindet, brauche ich nicht allzu
viele Besuche beim Rundgang zu absolvieren. Die mich besonders einge-
laden haben, wurden alle besucht.

Die Direktoriumssitzung in der ÖFVW war eine Routinesitzung. Interessant
war nur, daß sich sowohl der Syndikus für den Fremdenverkehr, Dr. Schimka,
und der Obmann der Sektion Fremdenverkehr, KR Scheiner, bitte beschwerten.
Sie haben die Aktion zur Förderung des Tourenschilaufes im Fernsehen
gesehen und hatten, ohne daß sie dies aussprachen, sofort eine soziali-
stische Angelegenheit dahinter vermutet. Meine Erklärungen wurden zwar
akzeptiert und als objektiv dargestellt, aber die Anwesenheit von Klub-
obmann Fischer als Naturfreundemann, von Nationalbank-Generaldirektor
Kienzl wurde als eine reine parteipolitische Angelegenheit betrachtet.
Ich erklärte ihnen, wie es überhaupt zu dieser Aktion gekommen ist und
weshalb die ÖFVW sie infolge der Kürze der Zeit nicht durchführen konnte.
Das Fazit für mich ist, daß eine Sonntag-Zeit-im-Bild-Sendung, so groß
aufgemacht, wie dies Kreuzer, der auch daran teilgenommen hat, den man
aber nicht sah und der diese ganze Aktion im Fernsehen entsprechend
protegierte, ungeheuer viele Seher hatte. Da sonntags in den seltensten
Fällen große inländische Mitteilungen, außer wenn eine Politiker-Presse-
stunde war, dann das Abendprogramm dominieren, müßte man sich für Sonntag
solche Gags einfallen lassen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wir müssen Sonntag stärker ins Fernsehen mit
Nachrichten und Informationen kommen.



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Die Geschäftsführung hat eine Kostenberechnung für das alte Haus in
der Hohenstaufengasse, das dem Bund gehört und jetzt renoviert wird, und
für das neue private Haus der Generali-Versicherung aufgestellt. Natür-
lich ist es sowohl was den Betrieb als auch die Kosten betrifft günsti-
ger, im neuen Haus zu bleiben. Einem diesbezüglichen Beschluß aber, er-
klärte ich, könnte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen. Dadurch
würden unsere Verhandlungen mit dem Hausbesitzer, die entweder über
den Kaufpreis, er stellt sich 110 Mio. S vor, oder über eine entsprechen-
de Mietreduktion, wenn wir endgültig drinnenbleiben, stören. Mit dieser
Vorgangsweise waren alle einverstanden. KR Scheiner als Obmann der
Sektion Fremdenverkehr, aber auch als mein Stellvertreter wird jetzt
neuerdings mit GD von Generali Verhandlungen darüber beginnen.

Über die weiteren Wünsche des Betriebsrates zur Verbesserung der Ar-
beitsbedingungen und des neuen Vertrages konnte eine einvernehmliche
Richtlinie ausgearbeitet werden. Die Handelskammervertreter, und dafür
habe ich volles Verständnis, waren nur nicht bereit, für jetzt durch
Gesetze geregelte Materien wie z.B. Abfertigungen, Arbeitszeit, Ur-
laube usw. auch nur einen Schritt der Belegschaft entgegenzukommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie steht die Gewerkschaft der Privatangestellten
zu dem neugewählten Betriebsrat?

Im Bundeskanzleramt unter Vorsitz von Kreisky bei Anwesenheit von
Minister Lausecker als Ressortverantwortlicher und Benya, ÖGB, sowie
Sekanina, Metallarbeiterobmann, vor allem aber den Vertretern der Post-
direktion fand die Fraktionsbesprechung über die weitere Vorgangsweise
für das moderne digitale Telefonsystem statt. Schwierig wird die Ent-
scheidung, weil die Firmen Kapsch und Schrack das kanadische System an-
bieten, ITT ist vor längerer Zeit schon ausgeschieden, Siemens hat jetzt
in der BRD große Anstrengungen unternommen, um ihr System zu verbessern
und dem kanadischen anzugleichen. Siemens-Betriebsräte, die überall
intervenieren waren, behaupten sogar, daß in kürzester Zeit wieder an
der Spitze liegen werden. Ursprünglich war gedackt, eine vertikale
Teilung des Systems, die Wählerämter an der Basis hätten die Kanadier
bekommen sollen und je weiter rauf es zur Spitze kam die Siemensleute,
weil sie hier die größeren Fortschritte angeblich erzielt haben. Jetzt
ist man davon abgekommen, weil die Zusammenfügung der beiden Systeme
große Schwierigkeiten bereiten würde. Generalpostdirektor Übleis, aber
auch der im Sekretariat verantwortliche Martinek erörterten, daß es


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zweckmäßiger wäre, territorial oder regional zu teilen, nicht also
Ortsämter den Kanadiern und die Spitze dann den Siemensleuten, sondern
eben gewisse Gebiete den Siemensleuten und gewisse Gebiete den Kanadiern.
Rein die technische Bewertung hätte ergeben, daß die Northern Telecom
75 Punkte und Siemens nur 64 Punkte erreichten. Auch andere Staaten
haben eine territoriale Aufteilung zwischen verschiedenen Systemen.
Dies gilt selbst für kleine Staaten wie Finnland, Niederlande und jetzt
auch Jugoslawien. Dadurch gibt es zwischen den beiden Systemen eine
gesunde Konkurrenz. Die Befürchtung Kreiskys, daß wir dann von den Massen-
medien hart attackiert werden, daß das kleine Österreich sich zweiteilt,
sehen diese Genossen nicht. Die AK-Präs. Czettel, aber ganz besonders
der Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung, Wehsely, hatte
ein umfangreiches Material in Form von zwei großen Ordnern. Staatssekre-
tär Albrecht, die mich vorher vertreten hat, von unserer Abteilung eine
3 Seiten Aktennotiz bekommen, die, wie Wehsely aber mir bestätigte, falsch
informierte. Endgültig wurde dann beschlossen, daß wir nur gemeinsam
morgen feststellen werden, bei der offiziellen Sitzung, daß einer terri-
torialen Abgrenzung und Teilung die Regierung sich zuneigt, endgültig
noch nichts entschieden ist, beide Anbieter sich jetzt entsprechend an-
strengen müssen, damit Österreich eine optimale Lösung bekommt. Die
Behauptung von Präsident Benya und teilweise auch des Ministers Sekanina,
daß die Kleinen benachteiligt werden, stimmt bei der Telefonievergabe
nicht. Im vergangenen Jahr und in den Jahren zuvor hat den größten An-
teil Kapsch mit 31, Siemens mit 28, ITT mit 24 und Schrack mit 17 %.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Was sagt das Handelsministerium zu
der territorialen Aufteilung.

Der tunesische Fremdenverkehrsverband hat zu einer Großveranstaltung
ins Hilton geladen. Abgesehen davon, daß ich zuerst in verkehrten Hotels
war, war ich über die Großzügigkeit der Einladung dann sehr beeindruckt.
Ein verhältnismäßig sehr teures Essen mit einer großen Anzahl von ge-
ladenen Gästen, entsprechenden Vorführungen von Bauchtänzen und dann
einer langen Modeschau gipfelte spät abends dann in der Verleihung einer
symbolischen Jasminstatue, genannt die Goldene Jasmin, sozusagen das
Fremdenverkehranerkennungssymbol. Eine ganze Reihe von Fremdenverkehrs-
leuten als auch Journalisten erhielten diese Trophäe. Da ich dort war,
war ich natürlich der erste. Überraschend war, daß auch der Vertreter
des neugegründeten tunesischen Reisebüros Karthago diese Auszeichnung
erhielt. Die neben mir sitzende Frau von Präs. Raml, der Busfahrten
von Linz bis in den Süden Tunis führt, meinte, sie getraue sich bei die-


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sem Reisebüro nicht zu buchen. Die Anbote sind derartig günstig, daß
sie, obwohl das Reisebüro jetzt erst gegründet wurde, in absehbarer
Zeit mit einem finanziellen Fiasko rechnen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß die Abteilung darüber?

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Tagesprogramm, 11.3.1981

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hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: DDR-Journalist


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: AK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sts. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 119100339


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Präsident AK
              GND ID: 121924882


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Verkehrsminister


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GD NEWAG


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                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Beamter HM


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                        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 115563237


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                            Tätigkeit: -obmann


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                              Tätigkeit: DDR-Konsumgüterimporteur


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                                Tätigkeit: Präs. Verb. d. Reisebüros


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                                  Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                    Tätigkeit: MR HM


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                                      Tätigkeit: GD Post


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                                        Tätigkeit: Dir. Telefonkonsortium ÖFEG; Falschschreibung?


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                                          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                                            Tätigkeit: HK Wien


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                                              Tätigkeit: Obmann Sektion FV BHK


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                                                Tätigkeit: 1. Sekr. d. ZK d. DDR


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                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                                    Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                                    GND ID: 11869104X


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                                                      Tätigkeit: CA


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                                                        Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                                          Tätigkeit: -min.


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                                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                            GND ID: 118566512


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                                                              GND ID: 118723189


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