Donnerstag, der 26. Februar 1981

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Donnerstag, 26. Februar 1981

Die Milchpreisverhandlungen konnten dann mit Präs. Bierbaum von der
NÖ Landwirtschaftskammer einvernehmlich abgeschlossen werden. Bierbaum
ist bekannt, daß er als besonders sturer Vertreter der Landwirtschafts-
interessen gilt. Die AK und ganz besonders der ÖGB waren nur bereit,
wenn sie schon die 25 Groschen für den Erzeuger akzeptieren, den Verbrau-
chermilchpreis um 40 Groschen zu erhöhen. Die Forderung der Landwirt-
schaft war 33 Groschen Erzeugermilchpreis und 80 Groschen Trinkmilch-
verbraucherpreiserhöhung. AK-Präsident Czettel hat sehr geschickt argu-
mentiert. Der wirkliche Durchbruch ist aber gelungen, weil von der
Handelskammer Dr. Farnleitner, der die Gebarung des Milchwirtschafts-
fonds sehr genau kennt, mit Dkfm. Blaha von der AK kleinere Zugeständ-
nisse den Bauernvertretern machen konnte. Die Grenze, ab welcher der
von der Molkerei weit entferntere Bauer Transportkosten vergütet kriegt,
wurde von 3 km auf 2 km zurückgenommen, die an die Trockenwerke gehende
Milch wurde nur um die Erzeugerpreiserhöhung und den Transportfonds,
1 1/2 Groschen, in der Summe also 26 1/2 Groschen erhöht. Alle waren
sichtbar erleichtert, als ich dann doch dieses Kompromiß durchgebracht
habe. Selbst Kreisky, den ich im Parlament nachher berichtete, war über
die Ergebnisse und die einvernehmliche Regelung überrascht. Anschließend
bei einem Radiointerview hat Präs. Bierbaum gemeint, ich hätte ihn durch
meine harte Haltung, entweder es kommt zu einem Kompromiss oder die Preise
werden dem Antrag der AK festgelegt, gezwungen, diesen Kompromiss zu akzep-
tieren. Diese Taktik ist bei Bierbaum tatsächlich aufgegangen, obwohl
ich sie niemals so hart formuliert hatte, als Bierbaum dies jetzt dar-
stellen will. Seine bisherige Politik, die Verantwortung und die Zu-
stimmung abzulehnen und dann zu klagen, daß die Preise für die Traktoren
Landmaschinen, Düngemittel und Dieselpreise zu hoch liegen, wurde dies-
mal erfolgreich durchkreuzt. Wenn die Landwirtschaft ständig jedwede
Kooperation vermissen läßt, dann bedeutet dies sicherlich das Ende der
Sozialpartnerschaft. Die Bundeskammer möchte jetzt dieses Ende dem Sozi-
alminister Dallinger in die Schuhe schieben. Weil Sozialminister Dallinger
in den letzten Monaten seine sozialpolitischen Ziele, 5 Wochen Mindest-
urlaub, Arbeitszeitverkürzung, Pensionsregelung, insbesondere Witwerpen-
sion, Finanzierung der Sozialpolitik durch entsprechende Steuererhöhung,
angekündigt hat, ohne daß er im Konkreten versucht hat mit der Handels-
kammer zu einem Kompromiß zu kommen, meint Präs. Sallinger, diese Poli-
tik müßte zum Ende der Sozialpartnerschaft führen. Ich glaube, daß die


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größere Gefahr aber von der Landwirtschaft her droht, die sich vollkommen
aus der Verantwortung herausstehlen möchte. Diesen Teufelskreis galt
es zu durchbrechen, zu meiner größten Verwunderung ist mir dies bei der
Milch endgültig erstmalig auch wieder gelungen. Der sonstige Verhandlungs-
partner Präs. Lehner von der OÖ Landwirtschaftskammer, aber gleichzeitig
eben Präsident der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, hatte
scheinbar nicht gehofft, daß es zu einer Einigung kommt, weshalb er sich
bereit erklärt hätte, am nächsten Tag, als konzilianterer Verhandlungs-
partner, die Milchpreisverhandlungen zu einem Ende zu führen. Eine solche
Möglichkeit hat es zeitmäßig nicht mehr gegeben, weil am 1. März die
notwendigen Einzelpreise durchgerechnet, vom Fonds verlautbart, in den
Molkereien bereits bekannt und in der Wiener Zeitung, soweit sie amtlich
preisgeregelt sind, verlautbart sein müssen.

Die Milchpreisregelung, obwohl 40 Groschen Erhöhung für den Verbraucher
auch eine gewisse Belastung bedeuten, wird eigentlich weniger Aufregung
verursachen als die letzte Benzinpreiserhöhung. Jetzt bekomme ich nicht
nur von der oö Arbeiterkammer, sondern auch von Betrieben entsprechende
Protestresolutionen, daß so schnell den Ölfirmen diese ungerechtfertigte
Preiserhöhung gegeben wurde. Ich habe mich diesbezüglich bei Präs. Czettel
und auch NR Schmidt vom ÖGB beschwert, daß die AK und der ÖGB diese Vor-
gangsweise mir mehr oder minder aufgezwungen haben, und jetzt die eige-
nen Organisationen sich anschießen. Ich werde dies auch jeden Betrieb
und ganz besonders der Landesexekutive OÖ der AK OÖ, aber auch der SPÖ
mitteilen, die mir entsprechende Vorwürfe machen.

Die Gespräche mit dem rumänischen Minister Avram, mit jeweils zwei Herren
GD Dumitrescu und Handelsrat Ceausescu, der Bruder des Präsidenten, und
auf unserer Seite MR Fälbl und Handelsrat Renner von Bukarest brachten
eine wichtige Klärung. Die rumänische Seite ist bereit, daß Gesetz zur Si-
cherung der Valuta, welches die Kompensation fast gesetzlich vorschreibt,
nicht, wie dort vorgesehen, durch Parallelverträge zwischen dem österrei-
chischen Exporteur und dem rumänsichen Importeur, der gleichzeitig
dann auch seine Waren als Kompensation absetzen muß, restriktiv auszu-
legen. Die rumänische Seite ist bereit, dem österreichischen Exporteur
eine ganze Reihe von Kompensationswaren anzubieten. Im praktischen Bei-
spiel an Voith, die 50 Mio. jetzt Kupplungen liefern, wurde gefragt, was
Voith alles von Rumänien importieren möchte, besser gesagt, könnte. Die
rumänische Seite wird prüfen, welche Waren sie von den Wunschlisten der
österreichischen Exporteure liefern kann. Vor allem soll in Hinkunft
nicht mehr, wie rumänischen Außenhandelsorganisationen auch versuchten,


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bei Lieferung von österreichischen Waren nur generell ein Vertrag abge-
schlossen werden, daß sie so und so viel Millionen Schilling die öster-
reichischen Firmen Kompensationswaren übernehmen müssen, ohne zu wissen,
um welche Waren es sich überhaupt handelt. Bezüglich der stornierten Edel-
stahlaufträge für 180 Mio. S sollen neuerdings jetzt sofort Verhandlun-
gen in Bukarest geführt werden. Bezüglich der Zahlungsverzögerung wird
die rumänische Seite prüfen, so schnell als möglich die Rechnungen zu
begleichen.

Auch bei der Vorsprache des Minister Avram beim Bundespräsident Kirch-
schläger
, hatte ich diese Ergebnisse zur Sprache gebracht, damit die
rumänische Seite sozusagen durch die nicht widersprochene Mitteilung,
daß sie hier eine Lösung suchen und finden wird, an den Präsidenten, für
die Rumänen die höchste Stelle, die man sich vorstellen kann, gebunden
ist, eine Lösung finden zu müssen. Avram legte nämlich während der
ganzen Verhandlung größten Wert darauf, daß wenn der Staatsbesuch
Ceausescus in diesem Jahr erfolgt, womöglich keine offenen Fragen exis-
tieren, die ich oder vielleicht gar der Bundespräsident zur Sprache
bringen müßten. Die Rumänen haben eine ungeheure Angst vor Ceausescu.
Kirchschläger erzählte mir vorher, daß er einmal, als er noch Außenmi-
nister war, mit Ceausescu ein Essen hatte, wo der rumänische Außenmi-
nister nicht ein einziges Wort sich zu sagen getraute. Wir können uns
kaum eine Vorstellung machen, wie diktatorisch dort nicht nur gegenüber
der Bevölkerung, sondern auch gegenüber den engsten Mitarbeitern gehandelt
wird.

Dr. Wegener erhielt von der ÖFVW die goldene Ehrenmedaille. Insbesondere
das Diplom schaut sehr schön aus und alle sind immer begeistert, wenn
ich dies dann sozusagen in meinem Büro feierlichst überreiche. Ich
glaube, daß wir noch einen größeren Erfolg hätten, wenn eine kleine
Anstecknadel dieses Set ergänzen könnte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Für nächstes Jour fixe Zolles vormerken.

In Ellmau hat Frau Pöltl ein Hotel errichtet und kämpft seit 2 Jahren
um einen Stromanschluß. Das örtliche EVU, ein Privater namens Lechner,
ist nur bereit, wenn fast für 1 Mio. S Anschlußkosten übernommen werden.
Ein Konkurrenzoffert zeigte, daß man es um die Hälfte auch bekommen
könnte. Frau Pöltl ist mit einem Vertreter des österreichischen Energie-
konsumentenverbandes gekommen. Sie war sehr dankbar, daß ich mir sie nicht


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nur angehört habe, sondern auch bereit war an den Landeshauptmann
Wallnöfer einen diesbezüglichen Brief zu schreiben. Ich habe als Elektri-
zitätsminister keine Möglichkeit mangels gesetzlicher Grundlage einzu-
greifen. Wenn die Tiroler sich aber unfähig zeigen sollten, dieses Pro-
blem zu lösen, dann werde ich es auf alle Fälle im Zuge der Energiesi-
cherungsgesetzverhandlung im Parlament zur Sprache bringen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Zluwa darüber sprechen.

Bei dem Baugipfel unter Vorsitz von Kreisky wurde von diesem nur wie ver-
einbart zugesagt, daß die laufenden Vergabeverhandlungen beschleunigt
werden. Kreisky wird auch einen diesbezüglichen Brief an Länder und Ge-
meinden richten, wo regional besonders starke Arbeitslosigkeit herrscht
wie in Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark sollen
die Monatskreditraten vorgezogen werden. Zusätzliche budgetäre Mittel
durch sozusagen jetzt schon Inkrafttreten des Konjunkturausgleichsbud-
gets sind derzeit nicht vorgesehen. Wichtig ist auch, daß die Förderungs-
maßnahmen nicht in gut beschäftigte Branchen der Bauwirtschaft gelenkt
werden.

Die Bauwirtschaft, Gewerkschaft, aber auch Unternehmer waren mit dieser
Lösung vollkommen einverstanden und haben sich für das jetzige bereits
Inkrafttreten der Budgetmittel durch raschere Vergabe sehr bedankt.
Insbesondere Dr. Herbeck, GD der Porr AG und Sprecher der Bauwirtschaft,
hat auch gemeint, diese Maßnahme genügt vollkommen. Im Jänner, Februar,
März, ja manchmal sogar bis April, hat es in der Vergangenheit zu Auf-
tragslücken geführt, die sich auch heuer wiederholen würden. Der Ge-
werkschaftsobmann Rauter von den Bauarbeitern hat gemeint, es sei not-
wendig bessere Organisation und Koordination nicht nur beim Bund, sondern
insbesondere bei manchen, wie er sich ausdrückte, schwarz geführten
Ländern notwendig wäre. Vor allem kritisierte er, daß von der VIBÖ,
eine private Vereinigung der Bauindustrie, deren Vertreter Rendulitsch
von einer Notwendigkeit zur Bildung eines Krisenstabes spricht. Eine
Krise sei überhaupt in der Bauwirtschaft nicht zu verzeichnen. Dies
wurde dann auch sofort von Herbeck zugegeben, der meinte, er könnte nicht
für irgendwelche Äußerungen von VIBÖ-Mitgliedern die Verantwortung über-
nehmen. In einem Zwischenruf verwies ich darauf, daß ja deshalb von mir
der jahrzehntelange alte Wunsch der Bauindustrie, eine eigene Fachgruppe
Bauindustrie, losgelöst vom Baugewerbe, in der Handelskammer geschaffen
wurde.



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Im Parlament wurde, nachdem gestern über den Rechnungshof, heute über
Unterrichtsberichte und ganz besonders dann abends über Sportberichte
diskutiert. Zuerst war vorgesehen, daß wegen des Opernballes zeitgerecht
die Sitzung enden wird. Die ÖVP hat dann aber an Broda wegen der Zu-
stände bei den Gerichten, wie sie es bezeichnen, eine dringliche Anfrage
gerichtet. Broda konnte nachweisen, daß wesentlich mehr Richter als in
der ÖVP-Zeit derzeit wirken und daß ganz systematisch neue Gerichtsge-
bäude errichtet werden. Tatsache ist, und dies wurde zwar in der offenen
Sitzung nicht gesagt, aber hinten herum von jedermann bestätigt und er-
zählt, die Richter normalerweise mittags bereits das Amtsgebäude verlassen.
Immer mehr greift im öffentlichen Dienst die Nichteinhaltung der gesetz-
lich vorgesehenen Arbeitszeit um sich. Dies gilt, wie ich objektiver-
weise aber feststellen muß, nicht nur für die Richter, die dieses Privi-
leg schon seit Jahrzehnten handhaben, sondern immer mehr für die Beamten
in der Zentralverwaltung. Nur wo es festgesetzte Dienststunden mit Par-
teienverkehr gibt, ist es besser.

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Tagesprogramm, 26.2.1981

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: HK


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Hotelbesitzerin Ellmau


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: rum. Maschinenbauminister


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Präsident AK
        GND ID: 121924882


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Präs. LWK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Büro des Bundesministers


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Beamter HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Staatpräs. Rumänien


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GD Porr


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Justizminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: nö. ÖVP-LR, Präs. LWK NÖ


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Dipl. Ing. Bauindustrie


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: ADAC Berlin


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Handelsrat Bukarest


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: GD Rumänien, Vertreter Außenhandelsministerium (?); Falschschreibung?


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Obmann Gew. Bau-Holz


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: rumän. Handelsrat, Bruder von Nicolae C.


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Beamter HM


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: privater Stromanbieter Ellmau


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                GND ID: 118764136


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: AK


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                    GND ID: 118566512


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                      GND ID: 118723189


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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