Mittwoch, der 17. Dezember 1980

Mittwoch, 17. Dezember 1980

In der Beiratssitzung der Bürges verabschiedete ich den langjährigen
Vorsitzenden MR Schuster und inthronisierte, wie man so schön sagt,
den neuen jungen Dr. Vondruska. Die Geschäftsführung berichtete,
daß trotz der irrsinnig gestiegenen Zinsenbelastung die Investitionen
der Klein- und Mittelbetriebe nicht annähernd im umgekehrten Maße
zurückgegangen sind. Ganz im Gegenteil, selbst in der Hochzinsphase
sind die Klein- und Mittelbetriebe bereit, die Aktionen in Anspruch
zu nehmen. Mir ist allerdings vollkommen klar, daß heute bei den
verschiedensten Kreditinstituten die verschiedensten Methoden ange-
wendet werden, um den Kreditnehmerdem Kreditnehmer? den Kreditnehmern? mehr als die zulässigen 10 % rauf-
zupelzen. Auch im Jahre 1980 wird das Kreditvolumen genauso hoch
sein wie im Vorjahr und wieder die 5,4 Mrd. S erreichen. Ich dankte
den Geschäftsführern und ganz besonders der Belegschaft für die
geleistete Arbeit und wünschte dem Beirat ein gutes neues Jahr.

GD Fremuth, SL Peyerl sowie Dr. Zluwa und Satzinger, in dem Fall
sogar als Aufsichtsrat der ÖDK, bedrängten mich, ich müßte unbedingt
für die morgen stattfindende a.o. Hauptversammlung Dr. Zluwa als
Eigentumsvertreter ermächtigen, die Entlastung für die persönliche
Haftung der Aufsichtsräte und des Vorstandes der ÖDK wegen Voits-
berg III genehmigen. Dazu sei ich aufgrund des Ministerratsbeschlusses
ermächtigt. Ich selbst hatte ja nie die Absicht, dies nicht zu tun.
Strittig für mich war nur, ob ich tatsächlich dafür allein kompetent
sei oder ob ich nicht mit einem anderen Minister, vielleicht sogar
mit der Finanzprokuratur, vorerst zu verhandeln hätte. Ich verlangte
deshalb, daß Zluwa mit dem Verfassungsdienst diese Frage bespricht
und mir aktmäßig meine alleinige Kompetenz bescheinigt. Dies war
nach Rücksprache mit Prof. Adamovich und seinen Herren im Verfas-
sungsdienst dann am Abend auch tatsächlich eindeutig geklärt. Mit
diesem Beschluß werden der Vorstand und die Aufsichtsräte ihrer per-
sönlichen Haftung entbunden, dadurch kann, ohne daß ein endgültig
rechtskräftiger Baubescheid vorliegt, in Voitsberg weitergebaut wer-
den. Niemand hätte, nebenbei bemerkt, verantworten können, nur wegen
des Einspruchs der Anrainer und wegen der unzulänglichen steirischen
Baubehörde einen Baustopp zu erlassen, die Bauausführung zu unter-
brechen, um nach Abwicklung des Bauverfahrens mit entsprechenden
Millionenverlusten dann fortzusetzen. Eine solche Vorgangsweise wäre
von mir auch deshalb nicht zu vertreten, weil ja die Umweltschutz-


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gruppe in Voitsberg sich jetzt mit der ÖDK über die Fragen der Ent-
schwefelungsanlage geeinigt hat.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte mit Fremuth die schnellste Abwicklung
des neuen Bauverfahrens besprechen.

Im Plenum stand das Kapitel Handel und Finanzen zur Debatte. Ich hätte
eigentlich erwartet, daß die ÖVP zum Abschluß noch einmal ganz harte
Attacken gegen den Finanzminister Androsch starten wird. Zu meiner
größten Verwunderung wurde aber den meisten Oppositionsrednern zwar
die Unzulänglichkeit der Finanzpolitik, aber in viel geringerem Maße,
als ich glaubte, der Finanzminister persönlich attackiert. Das Kapi-
tel Handel kam – wie dies auch in den vergangen Jahren immer der Fall
war, seitdem diese beiden Kapitel an einem Tag verhandelt werden –
was die Angriffe der Opposition und überhaupt das Interesse für das
Handelsministerium betrifft, zu kurz. Präs. Sallinger von der HK
eröffnete, setzte sich auch mehr mit der Finanzpolitik, ja fast würde
ich sagen, fast ausschließlich, auseinander und erwähnte das Handels-
ministerium wirklich nur so nebenbei. Selbst der Abg. Taus als promi-
nentester Sprecher der ÖVP beschäftigte sich mehr mit theoretischen
Problemen, auch der Schlußsprecher der Wirtschafts- und Klubobmann
Graf stürzte sich ebenfalls nur auf die Finanzseite. Einleitend mein-
te er sogar, er würde sich mit meinen Ausführungen später einmal
beschäftigen. Für mich war dies deutlich sichtbar, daß er eben mit
mir gar keine Kollision, zumindestens in der jetzigen Phase, wünsch-
te.

Entscheidend für die ganze Debatte war für mich nur Sts. Albrecht,
ich darf wohl sagen, mit aller Gewalt zur Erklärung von der Regierungs-
bank zu veranlassen. Albrecht war stets eine gute Rednerin, die frei
nach gewissenhaftester Vorbereitung immer das Ohr des Plenums hatte.
Auch diesmal war es nicht anders. Sie erklärte ihre Tätigkeit im
Ministerium bis jetzt und schilderte vor allem den Ausblick für die
zukünftige Arbeit, die sie leisten wird. Meine Überlegung, als ich
sie zu diesem ersten Auftritt von der Regierungsbank ein wenig zwingen
mußte, war, sie sollte dokumentieren, was sie bereits geleistet hat
und welche Arbeit sie jetzt in Angriff nimmt. Niemand sollte jemals
sagen, daß der Staatssekretär im Handelsministerium nicht ganz kon-
krete Arbeiten erledigt.

Die wichtigste Arbeit aber, daß sie mich zeitweise bei vielen Ge-
legenheiten vertritt, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Darüber hat sie leider im Details gar nichts gesagt.

In der Schlußansprache haben dann Präs. Benya sowie Sallinger als
erster Redner an die Abgeordneten appelliert, man sollte alles daran
setzen, daß die Gesprächsbasis nicht verlorengeht. In manchen Sparten
und von manchen Politikern wird so hart, um nicht zu sagen gehässig,
miteinander gesprochen oder, besser gesagt, schon gar nicht mehr ge-
sprochen, sondern nur mehr polemisiert, verleumdet, ja fast belei-
digt, daß wir wirklich schon ein ausgesprochen schlechtes Klima ver-
einzelt feststellen können. Ich hoffe, daß sich dies wieder ändert.
Die Aussichten dafür sind allerdings sehr gering, wenn die Meinungs-
umfragen ergeben werden, daß die absolute Mehrheit der sozialistischen
Regierung schwindet. Je näher die nächsten Wahlen kommen werden, um-
so schlechter wird das politische Klima. So fürchte ich es zumindes-
tens.